Protocol of the Session on February 1, 2018

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland hat sich verpflichtet, die Klimaschutzziele einzuhalten, und das aus gutem Grund. Wenn Deutschland, ein so wohlhabendes Land, aufgibt, was machen dann erst die Schwellenländer? Was machen die Entwicklungsländer, wenn es Deutschland nicht schafft? – Deutschland trägt also weltweit eine Verantwortung, und es muss Verantwortung übernommen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden unseren Kopf in Hessen jedenfalls nicht in den Sand stecken, auch wenn die Rahmenbedingungen nicht gut sind; denn ich bin froh, mit Priska Hinz als leidenschaftlicher Umwelt- und Klimapolitikerin eine Ministerin mit kühlem Kopf und einem Herzen für den Klimaschutz zu haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben das feste Ziel: Hessen soll bis 2050 klimaneutral werden. Wir haben uns Zwischenziele gesetzt, und wir haben für alle klimarelevanten Bereiche konkrete Maßnahmen ergriffen – angefangen beim Verkehrssektor und bis hin zu den Themen Energieeffizienz, Wärmedämmung und vielem mehr. Wir haben auch beschrieben, wie wir diese Ziele erreichen wollen, Schritt für Schritt. Das ist mühsam, und das macht Arbeit.

(Gerhard Merz (SPD): Dafür werden wir auch bezahlt!)

Aber wir werden es mit diesem Klimaschutzplan schaffen. Wir werden diesen Klimaschutzplan ganz konsequent abarbeiten, Schritt für Schritt. Ich glaube, diese Mühe lohnt sich. So geht erfolgreiche Klimaschutzpolitik in Hessen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Allein die Überschrift des Werbeantrags von CDU und GRÜNEN, „Hessen übernimmt Verantwortung für Klimaschutz …“, ist scheinheilig und täuscht die Menschen im Land. Die Landesregierung gaukelt den Menschen vor

(Ismail Tipi (CDU): Das ist unverschämt, was Sie hier sagen!)

nein, Ihre Politik ist eine Unverschämtheit –, dass die Klimaschutzziele mit dem hessischen Klimaschutzplan 2025 zu erreichen wären. Das sind sie aber nur, wenn man die Treibhausgasbilanz des Landes schönrechnet, und genau das hat die Landesregierung gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der Bilanzierung der klimarelevanten Emissionen behauptet die Landesregierung, dass im Vergleich zum Basisjahr 1990 bereits eine Senkung um 26 % erreicht worden sei. Damit läge das selbst definierte Zwischenziel der Landesregierung, eine Treibhausgasreduktion um 30 % bis 2020, in greifbarer Nähe. Zu diesem Ergebnis kommt die Landesregierung, weil der nach Hessen importierte Strom in der CO2-Bilanz nicht auftaucht. Ja, Sie haben richtig gehört: Wenn wir Strom verbrauchen, der in anderen Bundesländern z. B. in Braunkohlekraftwerken erzeugt wurde, ist das für Hessen quasi klimaneutrale Energie.

Die Kritik daran ist nicht neu. Sie wurde vom BUND erarbeitet und von uns bereits bei der Vorstellung des hessischen Klimaschutzplans 2025 vor knapp einem Jahr vorgebracht. Geändert hat die Landesregierung ihre eigenwillige Bilanzierung seitdem aber nicht – ganz einfach deshalb, weil ohne diesen Bilanztrick der ganze Klimaschutzplan 2025 einfach hinfällig wäre.

Bilanziert man auch den importierten Strom, hat Hessen seit 1990 erst eine Senkung der CO2-Emissionen um 12 % erreicht, nicht um 24 %. Für das Ziel der Landesregierung, die CO2-Emissionen bis 2020 um 30 % und bis 2025 um 40 % zu verringern, müsste der CO2-Ausstoß jedes Jahr um mindestens 3,5 % gesenkt werden. Die Landesregierung plant auf der Grundlage ihrer Spezialbilanzierung aber nur eine Reduktion um 1,5 %. Über alle Maßen erschreckend ist, dass selbst diese Vorgabe nicht erreicht wird. Aktuell schaffen wir es in Hessen noch nicht einmal, ein halbes Prozent weniger CO2 im Jahr freizusetzen. Aber anstelle einer Berichterstattung über die aktuelle Situation

müssen wir uns die Selbstbeweihräucherung der Regierungsfraktionen anhören, und wie toll ihr Klimaschutzplan sei.

Mit dem hessischen Klimaschutzplan 2025 wird keines der Klimaschutzziele zu erreichen sein

(Zuruf von der CDU: Es ist ein guter Plan!)

weshalb soll dies ein toller Plan sein? –, weder das von Hessen selbst gesteckte niedrige Klimaschutzziel für 2020 noch das Ziel für 2025 und schon gar nicht die Erfüllung des Pariser Abkommens. Der hessische Klimaschutzplan, den die Regierungsfraktionen in ihrem Antrag lobpreisen, ist so schlecht, ja, so falsch, dass sich der BUND Hessen gezwungen sah, ihm einen eigenen Klimaschutzplan entgegenzusetzen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Jetzt reden wir noch einmal über „Verantwortung“, die in dem Schaumschlägerantrag von CDU und GRÜNEN so hoch gehängt wird. Wie, bitte, verteidigen Sie die Entscheidung – es war eine Entscheidung, die die CDU und die GRÜNEN getroffen haben –, die Stromimporte nach Hessen bei der CO2-Bilanz nicht zu berücksichtigen?

Stellen Sie sich einmal vor, wir würden nach dieser Logik den CO2-Ausstoß des motorisierten Straßenverkehrs bewerten. Die Ölquellen in Hessen sind eher selten, der Anteil an Bioethanol im Sprit auf 5 oder 10 % begrenzt. Seien wir großzügig und gehen von einem Import der Energieträger für den Straßenverkehr von 85 % aus. Weil das Öl für den Sprit nicht aus Hessen kommt, hätten wir nach der Bilanzlogik der Landesregierung sofort eine Verminderung des CO2-Ausstoßes um 85 % erreicht. Damit wäre der Verkehr fast klimaneutral.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!)

Warum rechnet die Landesregierung im Verkehrssektor nicht genauso wie bei den Stromimporten? – Ganz einfach: weil es falsch wäre, weil es den tatsächlichen CO2-Ausstoß in Hessen verschleiern würde und weil es Betrug wäre. CDU und GRÜNE mobilisieren in ihrem Antrag alles, was die Phrasendreschmaschine hergibt: „Schutz und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen“, Ausgleich von „Ökologie und Ökonomie“ und „Verantwortung für kommende Generationen“. Verantwortung ist ein wirklich gutes Stichwort. Es ist an der Zeit, dass Priska Hinz und Tarek Al-Wazir – die beiden grünen Vorzeigeklimaschützer – Verantwortung für die Klimapolitik der Landesregierung übernehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sollten für diese gezielte Desinformation, die Sie verbreiten, um das Scheitern Ihrer Klimapolitik in Hessen zu kaschieren, Verantwortung übernehmen. Die „Waldeckische Landeszeitung“ vom 27.01. zitiert Herrn Minister AlWazir mit dem Slogan: „Wer grün wählt, bekommt grün“. – Ich möchte nicht polemisch werden, es ist sicher schwierig, der CDU auch etwas Klimaschutz abzutrotzen. Das will ich Ihnen zugestehen. Aber man darf doch am Ende die grün angestrichenen CDU-Positionen nicht mit den eigenen Inhalten verwechseln, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Geradezu dummdreist ist es, sich hierhin zu stellen und den Menschen weismachen zu wollen, dass die Klima

schutzpolitik in guten Händen sei, dass der hessische Klimaschutzplan toll sei und man auf dessen Grundlage die Klimaschutzziele erreichen würde, und sich nicht davor zu scheuen, alternative Fakten zu schaffen. Das ist das Gegenteil von Verantwortung übernehmen. Das ist Heuchelei und Verleumdung. Das ist genau die Art von marketinggetriebenem Politikzirkus, weshalb sich die Menschen immer weiter von der Politik und von den Parlamenten abwenden.

Seien Sie ehrlich, sagen Sie den Menschen, wo wir im Klimaschutz in Hessen wirklich stehen. 13,5 % ökologisch bewirtschaftete Flächen sind noch keine Agrarwende. Bei der Energiewende hängt der Ausbau der Windenergie dem Ziel, einem Zubau von durchschnittlich 400 MW jährlich, erheblich hinterher. Im Jahr 2017 waren es 280 MW. Und 2018 – wie viele Anträge liegen denn überhaupt vor, kommen wir überhaupt in die Nähe? – Seien Sie an der Stelle ehrlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Verkehrssektor nehmen die Emissionen zu und nicht ab. Wir haben keine Abnahme, Sie müssen handeln. Wir sind nicht auf dem Weg, auch nur eines der Klimaschutzziele zu erreichen. Sie sagen immer, wir seien es. Es ist aber eben nicht so.

Um Herrn Kaufmann zu zitieren: Das „Gequäke“ der Landesregierung ist hier nicht hilfreich. Die Landesregierung tut so, als könnten wir weitermachen wie bisher. Der Kapitalismus muss eben nur etwas grüner werden. – Das ist falsch, und das wissen Sie auch. Wenn wir den Klimaschutz wirklich ernst nehmen, stehen wir vor einem grundlegenden sozial-ökologischen und demokratischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

(René Rock (FDP): Das gefällt euch!)

Bestimmte Realitäten sind einfach nicht wegzuleugnen. Man wird es nicht hinbekommen, solange es darum geht, Profite in höchstmöglichem Maß zu erzielen, das legitim ist. Wir werden an bestimmten Stellen ganz heftig umsteuern müssen; sonst sind wir da – da bin ich auch durchaus bei der Position der GRÜNEN –, was Wissenschaftler immer prognostizieren, dass dieser Planet irgendwann nicht mehr bewohnbar ist. Dann müssen wir uns doch entscheiden, was wir wollen: Gewinnerzielung um jeden Preis, oder wollen wir diesen Planeten und die darauf lebenden Menschen retten? Die Frage muss man sich doch einmal ehrlich beantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn die GRÜNEN der Meinung sind, wir müssten so weitermachen, dann machen Sie so weiter. Wenn Sie es aber mit Ihrem Klimaschutz ernst meinen, dann müssen Sie Dinge verändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen verlässliche Zahlen darüber, wo Hessen bei der Reduktion der Treibhausgase steht, und zwar einschließlich der Stromimporte.

Sie müssen Ihre Zielsetzung korrigieren. Das 2-Grad-Ziel muss 2040 und nicht erst 2050 erreicht werden. Es müssen mindestens 90 % der Treibhausgase gegenüber 1990 reduziert werden. Auf dieser Grundlage muss die Landesregierung überprüfbare Mindestziele in Fünfjahresschritten festlegen. Sie muss sich dann auch ehrlich die Karten legen und nicht sich und der Bevölkerung in die Tasche lügen.

Es ist doch wichtig, dass wir an dieser Stelle genau hinsehen.

Wie wir im Fall der Stickoxidbelastung sehen, muss Klimaschutz einklagbar sein. Anstelle eines unverbindlichen Plans mit unzähligen Vorschlägen, die man nehmen kann oder auch nicht, wenn man nicht will, fordern wir ein rechtsverbindliches hessisches Klimaschutzgesetz.

Liebe GRÜNE, das habt ihr doch auch schon einmal gewusst, das habt ihr doch selbst schon gefordert. Steht doch auch dazu, und setzt es jetzt, wo ihr die Chance habt, um. Wir brauchen keine unverbindlichen Pläne, bei denen man irgendetwas machen oder lassen kann. Wir brauchen Regelungen, die einklagbar sind, wir brauchen einen Klimaschutz, der durchsetzbar ist, und nicht einen Haufen gute Worte. Wenn Sie noch mehr Anregungen brauchen, dann sehen Sie in unsere Haushaltsanträge, und hören Sie auf, sich nur selbst zu loben.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Kollegin Schott. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Löber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nun gehöre ich diesem Hohen Hause seit über vier Jahren an. Aus nächster Nähe erlebe ich, was mich in früheren Jahren erst nach der medialen Filtration der Medienschaffenden erreicht hat. Seit vier Jahren prasselt die volle Dosis auf mich ein. Immer wieder muss ich hier sitzend ertragen, wie diese Regierung und die sie stützenden Fraktionen dieses Parlament mit Inhaltslosem beschäftigen. Wieder ein neues Kapitel in dem dicken Buch schwarz-grüner Belanglosigkeit. Wäre es nicht viel wichtiger, die kostbare Debattenzeit nicht für Lobhudelei, sondern für konkrete Ziele und Veränderungen zu nutzen, die für Hessens Zukunft wichtig sind?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Das wäre z. B. echter Klimaschutz. Mit dem integrierten Klimaschutzplan hat sich das Land Hessen zum Ziel gesetzt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 30 % im Vergleich zu 1990 und bis 2025 um 40 % zu reduzieren. Bis 2050 will Hessen klimaneutral werden.

„Wow“, könnte man da sagen, „gutes Ziel“. Aber was ist denn nun seit März 2017 konkret passiert? Wie hat sich die Treibhausgasemission in den letzten Jahren verändert? Haben Maßnahmen Ergebnisse gebracht und welche Ergebnisse? – Die Zahlen sind doch vernichtend. Stattdessen berichten die Medien bereits jetzt vom Nichterreichen der Klimaziele in ganz Deutschland,