Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend innovative Hochschulen in Hessen – Drucks. 19/5167 –
Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Forschungsförderung in Hessen – Drucks. 19/5461 –
Die erste Wortmeldung kommt vom Kollegen Grumbach, SPD-Fraktion. Sie haben noch 2 Minuten und 25 Sekunden Redezeit. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Entspannt euch. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben gestern erlebt, wie der Herr Ministerpräsident im Rausch der Zahlen versunken ist. Dabei hat die Wissenschaft eine Rolle gespielt. Ich finde, man kann den Rausch der Zahlen der Dauer der Redezeit zuordnen. Meine Redezeit ist kürzer. Für einen Rausch reicht es zwar nicht, aber für die Erdung.
Ja, das Land Hessen liegt auf Platz 2 bei den Hochschulausgaben pro Einwohner. Ja, das Land Hessen liegt auf Platz 2 bei der Steigerung der Hochschulausgaben. Aber dann hört es mit dem Ja auch schon auf. Wenn wir nämlich darüber reden, dass dies eines der reichsten Bundesländer Deutschlands ist, stellen wir plötzlich fest, dass Hessen auf den Plätzen 7 bis 9 liegt – drei Länder sind auf demselben Platz –, wenn es um die Hochschulausgaben pro Bruttoinlandsprodukt geht. Wir unterschreiten damit den Stand der Europäischen Gemeinschaft um 0,5 %. Das heißt, eines der reichsten Bundesländer leistet sich nicht einmal das, was wir gemeinsam für Europa vereinbart haben.
Noch spannender wird es, wenn wir darüber reden, wie es bei den Ausgaben pro Studierenden aussieht. Wir hatten das hier schon einmal. Da wird dann gesagt, es gebe so viele Studierende in Hessen. Ja, wir liegen auf Platz 12 bei den Ausgaben pro Studierenden.
Jetzt kommt der spannende Punkt: Die Landesregierung betreibt eine schöne Seite – „regio pro“ heißt sie –, auf der gezeigt wird, wie die Fachkräfte über das Land verteilt sind: ob es da einen Überschuss oder einen Mangel gibt. Wenn man sich dort anschaut, wie es um die akademische Bildung in Hessen bestellt ist, sieht man eine Zahl, die zeigt, dass in Hessen im Verhältnis zu der Zahl der Arbeitskräfte, die das Land braucht, 3 bis 5 % zu wenig Akademiker ausgebildet werden. Das heißt, die wirtschaftsfreundliche Landesregierung sorgt nicht einmal dafür, dass das Land Hessen in der Lage ist, die Arbeitskräfte auszubilden, die es braucht. Ich finde, damit ist das Urteil schon gesprochen: Hier wird das Mittelmaß zum Maßstab erklärt.
Ein Punkt, den wir gemeinsam regeln müssen – dafür wird die Redezeit nicht reichen –, ist die Qualität des Studiums. In Europa leistet man sich im Durchschnitt 37 Studierende pro Professor; in Deutschland sind es bestenfalls 55, schlimmstenfalls 95 Studierende pro Professor. Auf 99 Studierende pro Professor kommt man in NRW. Das Land Hessen ist mit 77 Studierenden pro Professor in diesem Ranking ziemlich weit abgeschlagen. Auch dort heißt es: Wer ein qualitativ hochwertiges Studium will, muss etwas anderes tun, als so weiterzumachen. Auch dort hat das Land mit großen Worten Mittelmaß verkauft.
Zusammengefasst: Es gibt zwar das größte Plakat für Kultur und einen netten Werbespot für Cybersicherheit. Aber wer sich das einmal genau anschaut, stellt Folgendes fest – ich zitiere Herrn Kotler aus „Grundlagen des Marketing“ –:
Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Wolff, CDU-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort. Sie haben noch 13 Minuten Redezeit.
Das ist ja prima. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eben den Eindruck, Kollege Grumbach hat ein Wollknäuel hochgeworfen, und die Fäden haben sich dabei verwirrt. Er hat auf verschiedene Punkte abgehoben, die aber in keinem Zusammenhang mehr stehen.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Doch, wir haben ihn verstanden! – Janine Wissler (DIE LINKE): Aber er hat etwas Gutes daraus gestrickt!)
Herr Kollege Grumbach, Sie haben mit der Akademikerquote angefangen, obwohl wir uns im Land doch eher über die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung auseinandersetzen müssten. Wir haben es in Hessen ermöglicht, dass die Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung fließend geworden sind und dass es jedem Menschen offensteht, alle Abschlüsse zu machen. Auf eine bereits absolvierte Ausbildung kann eine Weiterbildung mit den entsprechenden Zertifikaten draufgesetzt werden. Ich glaube, damit kann sich Hessen sehen lassen – sogar mehr als das: Es kann damit auch als Vorbild dienen.
Darüber, dass uns jemand, der die Zeit vor 1999 gut kennt, sagt, wir seien nur Mittelmaß, muss ich mich schon wundern. Herr Kollege Grumbach, diesen Abschnitt ihrer Biografie sollten Sie nicht dem Vergessen anheimfallen lassen, sondern Sie sollten sich daran erinnern, wie es damals war. Wer nicht anerkennt, dass wir von diesem Ausgangspunkt aus in Hessen ein derartiges Maß an Exzellenz erreicht haben, dass der Doppelhaushalt 2018/19 mittlerweile eine Größenordnung von 6 Milliarden € beträgt und dass darin Leistungen für Lehre, für Forschung und auch für Kultur in einem sehr beachtlichen Umfang abgebildet werden, der ignoriert das, was in diesem Land geleistet wird.
Meine Damen und Herren, ich denke, das ist schon sehr beachtlich. „Wünsch dir was“, kann man noch immer haben. Das ist kein Problem. Das teilen wir. Was aber hier geleistet worden ist, ist von enormer Quantität und Qualität.
Ich will drei Kapitel aufgreifen. Das erste Kapitel ist die Forschung. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen wir fast kein Forschungsinstitut in Hessen hatten, das von überregionaler Bedeutung war. Wenn wir uns jetzt an
schauen, was in diesem Haushalt zusätzlich an bestehenden Instituten gefördert und was angestrebt wird, an zusätzlichen Instituten zu fördern, kann ich nur sagen: Da reicht die Zeit zur Aufzählung nicht.
Wenn ich mir die Gesellschaft für Schwerionenforschung anschaue, die Grundlagenforschung, die dort passiert, wenn ich mir die medizinische Exzellenz im Bereich von Herz-Lungen-Krankheiten, im Bereich von Krebskrankheiten und der Erforschung neuer Methoden der Heilung anschaue, wenn ich mir den gesellschaftswissenschaftlichen, interdisziplinären Bereich der „normativen Ordnungen“ anschaue, wenn ich den Begriff der Cybersicherheit – dazu kann ich mir Ihre Bemerkung von eben überhaupt nicht erklären – nehme und mir anschaue, dass wir das Institut CRISP verstetigt und in Darmstadt ein Nationales Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit haben, das von europäischer Bedeutung ist, und Sie wissen, dass wir dort ein Max-Planck-Institut anstreben und hoffentlich bekommen, dann stelle ich fest: Das ist ein enormer Leuchtturm, den das Land Hessen aufzuweisen hat.
Meine Damen und Herren, damit wollen wir Impulse geben. Dieser Haushalt gibt weitere Impulse und ermöglicht es den Instituten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und zu steigern. Darauf legen wir diesen Haushalt an. Damit sind die besten Voraussetzungen gegeben, wenn Sie sehen, dass wir in Frankfurt ein weiteres Fraunhofer-Institut zur Förderung der öffentlichen Sicherheit, der IT-Infrastruktur anstreben, wenn Sie sehen, dass wir dabei sind, das ursprüngliche LOEWE-Zentrum für Herz-/Lungenkrankheiten in ein Helmholtz-Zentrum umzuwandeln, und dass wir hoffentlich mit dem Max-Planck-Institut im Bereich der Cybersicherheit werden punkten können. Im Bereich der Forschung haben wir wirklich allen Anlass, auch bei einzelnen Rückschritten im Hinblick auf die Exzellenzförderung, stolz zu sein auf das, was erreicht worden ist, und es verbleibt mir, unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit der Unterstützung des Landes, die sie haben, weiterhin viel Erfolg bei der Weiterentwicklung zu wünschen.
Das zweite Kapitel ist der Bereich von Lehre und Personalentwicklung. Das Grundbudget wird im nächsten Jahr um 24,1 Millionen € und im Folgejahr um 43,7 Millionen € gesteigert. Das ist eine solide weitere Finanzierung auf einem hohen Niveau und bei nicht mehr steigenden, sondern bei zunehmend auf dem gleichen Niveau verbleibenden Studierendenzahlen.
Dazu gehört, dass wir innerhalb der Hochschulen einen Haushalt in Höhe von 1,7 Milliarden € haben, ohne all das, was in den Bereich von Forschung und Exzellenz gehört. Dazu haben wir noch den Hochschulpakt 2020 mit 497 Millionen €. Das sind enorme Zahlen. Ich darf auch darauf verweisen, dass wir im Bereich der Personalentwicklung 71 Professuren von W 1 nach W 2 heben werden, um es den Hochschulen mit dem Tenure-Track-Programm möglich zu machen, dass sie Personalentwicklung ganz klar beschreiben und vollziehen können. Auch sollen sie die Menschen, die diese Personalentwicklung machen sollen, einstellen können. Wir haben vor einer Woche im Wissen
schaftsausschuss den Präsidenten der TUD gehabt, der sich dafür bedankt und gesagt hat, er warte und hoffe, dass er die entsprechenden Einstellungen zu Jahresbeginn werde vornehmen können. Das ist gut so.
Wir werden auch im Bereich des dualen Studiums mehr Gelder einsetzen, weil wir glauben, dass den Hochschulen diese Differenzierung guttut. Daher legen wir in Bezug auf die duale Ausbildung aus wissenschaftlicher und beruflicher Bildung noch einen guten Betrag drauf. Nicht zu verschweigen ist auch, dass wir die Ausgaben für die Studierendenwerke in den letzten Jahren um 20 % gesteigert haben. Das ist enorm viel; und wir geben noch je eine 1 Million € drauf.
Ich will ein drittes Kapitel ansprechen, das der Kultur, weil es, im Hinblick darauf, wie wir das kulturelle Leben fördern, darstellt, wie wir Kultur leben. Wir haben in jedem Bereich unseres Landes, im Norden, in der Mitte und im Süden, jeweils ein starkes Staatstheater sowie Landesmuseum; und gerade wurde im Bereich der Landesmuseen in mächtigen Schritten renoviert. Wir geben den Staatstheatern mittlerweile wieder den vollen Betrag, den die Tarifsteigerung verlangt. Das sind drei große Säulen und Flaggschiffe. In beiden Bereichen wird dafür gesorgt, dass es in jedem regionalen Bereich Hessens, auch in der Peripherie, im ländlichen Raum, möglich ist, in Theater und Museen zu gehen. Dafür gibt es immer wieder Angebote.
Aber wir haben unsere Anstrengungen auch sehr stark darauf ausgerichtet, dass wir in den Flächen des Landes kulturelle Angebote machen. Deswegen ist es wichtig, dass wir im Bereich der kulturellen Bildung in den Jahren 2016 bis 2019 rund 5,5 Millionen € ausgeben, unter anderem mit den Mitteln für den Kulturkoffer, der in allen Dörfern und Städten genutzt werden kann; und von diesem wird Gebrauch gemacht. Ich glaube, dass das eine multiplikatorische Wirkung ausstrahlt, die nicht zu unterschätzen ist.
Kultur lebt aber auch von Tausenden – da ist die kulturelle Bildung zum Teil dabei – privaten Initiativen und von Ehrenamtlichen, die sich in diesem Bereich engagieren. In allen Gemeinden wird darauf geachtet – das erlebe ich in meinem eigenen Wahlkreis oftmals –, dass kulturelle Angebote nicht nur in einem Gemeindeteil, sondern in allen Gemeindeteilen gefördert und getragen werden, um örtliches Leben auch wirklich darzustellen und um in der kulturellen Förderung keine Hierarchien zu haben. Es gibt private regionale Museen; es sind in Hessen mehr als 400; es gibt in den Regionen Kulturdenkmäler, Musikgruppen, Theaterinitiativen, private Initiativen, Zeitzeugenaktivitäten, Fördervereine und vieles andere mehr, was ich gar nicht aufzählen kann. Das gibt es alles in der Fläche des Landes; und das ist von außerordentlicher Bedeutung. Es gilt eben nicht, was Herr Schulz in der letzten Woche beim Parteitag der SPD etwas lächerlich gemacht hat, indem er die FDP angegriffen und gesagt hat, „privat vor Staat“ sei doch wohl das Letzte.
Meine Damen und Herren, was das Ehrenamt angeht, gilt das Umgekehrte. Das ehrenamtliche Engagement, die ehrenamtlichen Initiativen nehmen aus eigener Kraft, aus eigener Initiative und mit eigener Leistung etwas in die Hand. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir mit staatlicher Unterstützung noch stärken und stützen, was an ehrenamtlicher Initiative möglich ist und ermutigt werden kann.
Nun ist es ein deutliches Signal, dass wir im Bereich ehrenamtlicher kultureller Arbeit schon jetzt mit 2,5 Millionen € dabei sind und uns vorgenommen haben, gerade die Initiativen im ländlichen Raum zu stärken, indem wir jeweils 200.000 € für Museen, Heimatvereine sowie für die regionale Denkmalpflege draufsetzen. Bei regionalen, spartenübergreifenden Projekten setzen wir wiederum den gleichen Betrag drauf, um kulturelle Angebote in der Region zu fördern. Gleiches gilt übrigens für die Musikschulen. Auch dort sind in den letzten drei Jahren 1 Million € dazugekommen.
Es ist mir zugegebenermaßen wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir unsere zentrale Einrichtung für die Musikförderung, für die Fort- und Ausbildung, die Probenwochen unserer Landesmusikorchester, die Landesmusikakademie in Schlitz, zusätzlich mit 100.000 € fördern, um zusätzliche Angebote finanzieren zu können. Dann müssen nicht so viele Anfragen abgewiesen werden.
Zusätzlich gibt es noch die Verstärkung des historischen Erbes. Das ist etwas, was in die Region hineinwirkt. Es geht darum, zu schauen, wo Tourismus gestärkt werden kann, im Blick auf die Erhaltung des historischen Erbes, im Blick auf das Annehmen des historischen Erbes als Ort, der einen Besuch lohnt. Auch in diesem Bereich wird mit einem Sonderprogramm in Höhe von 3,5 Millionen € zu rechnen sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können sehen, dass wir nicht nur an verschiedenen Orten ohne Zusammenhang Stichworte hineinwerfen, sondern der Einzelplan 15 ein Konzept hat. Die Forschung, die Lehre und die kulturelle Arbeit, insbesondere in der Region, sollen gestärkt und zukunftsfähig aufgestellt werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wolff. Das war wirklich eine Punktlandung. – Frau Kollegin Wissler, Sie sind die Nächste für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Hochschulen in Hessen sind unterfinanziert, insbesondere beim Grundbudget. Die Mittel, mit denen die Hochschulen langfristig planen können, sind zu niedrig. Wenn gesagt wird, es würden so viele Mittel für die Hochschulen bereitgestellt wie noch nie, dann müsste man sich einfach einmal anschauen, wie viele Mittel das pro Studierenden sind.
Der Ministerpräsident hat gestern gesagt, Hessen habe die höchste Pro-Kopf-Wirtschaftskraft bundesweit. Dann müsste Hessen eigentlich so viel Geld für die Hochschulen ausgeben wie kein anderes Bundesland. Das ist aber nicht so.