Protocol of the Session on December 13, 2017

(Michael Boddenberg (CDU): Das war nicht treuherzig, sondern misstrauisch!)

Herr Boddenberg, Wahrheit ist und bleibt, dass der Finanzierungsanteil des Landes an der frühkindlichen Bildung hessenweit bei unter 20 % liegt und dass das so nicht bleiben kann.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das ist der Punkt, denn die Kosten für die frühkindliche Bildung werden weiter steigen. Bedauerlicherweise wird mit dem dahingeschluderten Gesetzentwurf, über den morgen zu reden sein wird, den Sie unter dem Druck der Vorschläge, insbesondere der SPD-Fraktion, aber auch anderer Fraktionen hier im Haus,

(Michael Boddenberg (CDU): Wie bitte? Wie kommen Sie darauf?)

in einer Panikreaktion im August nachgeschoben und präsentiert haben, die Situation haushaltsmäßig nicht besser. Sie nehmen zwar zu Recht Abschied von dem bisher vertretenen Dogma, dass Gebührenermäßigungen des Teufels seien, aber Sie können sich nicht dazu verstehen, die Mindereinnahmen, die bei den Kommunen und den freien Trägern entstehen, vollständig zu tragen, wie es das Konnexitätsprinzip eigentlich erfordern würde, sondern Sie bringen für die Hälfte des Geldes, das Sie hierfür zusätzlich veranschlagen, Zweckbindungen im Kommunalen Finanzausgleich aus.

Ich werde morgen mehr zu diesem Gesetzentwurf sagen. Ich will hier nur noch anfügen: Sowohl die Kollegin Wiesmann als auch der Minister und auch die Kollegen von den GRÜNEN haben uns die ganze Zeit rauf und runter gepredigt, Qualität gehe vor Gebührenentlastung. Jetzt haben wir die Situation, dass Sie für das Jahr 2018 130 Millionen € und für das Jahr 2019 310 Millionen € zusätzlich für Gebührenentlastungen zur Verfügung stellen, aber nur 50

Millionen € für beide Jahre für die Qualitätsverbesserung. Das kann ich keine Schwerpunktsetzung nennen.

(Beifall bei der SPD)

Was wollen wir? Über unseren Gesetzentwurf und unser Gesamtpaket rede ich nachher. Wir werden für den Haushalt 2018 zusätzlich 85 Millionen € und für den Haushalt 2019 zusätzliche 225 Millionen € für die Kindertagesstätten beantragen. Damit wird die vollständige Gebührenbefreiung finanziert, unabhängig vom Alter des Kindes und der Betreuungszeit, und damit wird die Einführung der ersten Stufe der von uns gewünschten Qualitätsverbesserungen finanziert, nämlich für die mittelbaren pädagogischen Zeiten – alles ohne Eingriff in den Kommunalen Finanzausgleich.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das ist bekannt. Alle unsere Haushaltsvorschläge – wie auch alle anderen Vorschläge, die ich jetzt noch vortragen werde – sind gegenfinanziert. Weil Sie immer fragen, wo das Geld herkommt: Ihr Geld kommt aus dem Haushalt, und unser Geld auch. So viel dazu.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Zum Thema Pflege. Ich möchte eingangs etwas sagen, was auch für viele andere Bereiche gilt. Es gibt eine ganze Menge Maßnahmen im Haushalt des Sozialministers, die im Grunde richtig sind, die nicht zu beanstanden sind, die in die richtige Richtung gehen. Der Minister und alle anderen, die mir und den Kolleginnen und Kollegen zuhören, wissen, dass wir das anerkennen und auch sagen, wenn es angezeigt ist. Das, was Sie im Bereich der Pflege tun wollen, reicht aber nicht aus, um sich den großen Herausforderungen der Fachkräftesicherung und der Fachkräftequalifizierung zu stellen. Aus meiner Sicht ist die in der kursorischen Lesung getroffene Aussage, es werde möglicherweise eine größere Nachfrage nach Altenpflegefachkräften geben, in diesem Haushaltsplanentwurf nicht abgebildet. Sie sprechen von „einer möglicherweise größeren Nachfrage“. Jeder weiß, dass die Nachfrage nach Fachkräften in der Pflege steigen wird, dass wir gut qualifiziertes, gut bezahltes Personal brauchen, dem wir gute Arbeitsbedingungen schaffen müssen. In einer solchen Situation einen solchen Satz zu sagen, dafür fehlt mir, ehrlich gesagt, jegliches Verständnis.

(Beifall bei der SPD)

Ich könnte jetzt noch viele Hinweise zu den Notwendigkeiten geben, die aus der Umstellung auf die Generalistik resultieren, die aus den notwendigen Pflegestandards resultieren würden – wenn wir sie denn bekämen –, und auf vieles andere mehr. Unter dem Strich bedeutet das, dass die Anstrengungen in diesem Bereich, insbesondere bei der Ausbildung von Altenpflegekräften, dramatisch verstärkt werden müssen. Deswegen schlagen wir vor, die Mittel hierfür um insgesamt 3,4 Millionen € zu erhöhen und auf die Jahre 2018 und 2019 sowie auf zwei VE für die folgenden Jahre zu verteilen: 3,4 Millionen €, verteilt auf vier Jahre.

(Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)

Ein erhöhtes Angebot an Ausbildungsplätzen und eine Verbesserung beim Schulgeld, beides ist dringend erforderlich, Herr Minister.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt im Grunde auch für die gesundheitliche Versorgung. Sie unternehmen Anstrengungen zur Beseitigung des Landarztmangels, indem Sie Stipendien für Landärzte ausschreiben. Das ist in Ordnung, das kann man machen. Das alleine wird aber – das ist der Punkt – nicht hinreichend sein, weil wir wissen, dass das alte Modell des Landarztes, das im Hintergrund dieser Stipendienvergabe steht, nicht funktionieren wird, insbesondere dann nicht, wenn wir über junge Ärztinnen reden, die mit ihrer Familie aufs Land ziehen, um diesem an sich sehr schönen Beruf nachzugehen, aber neben ihrer Arbeit nicht mehr rund um die Uhr zur Verfügung stehen können, wollen und sollen, wie das die alten Landärzte getan haben. Deswegen ist eine allein auf eine private Praxisversorgung gestützte Sicherstellung der Gesundheitsfürsorge im ländlichen Raum nicht zu erreichen, sondern wir brauchen andere Lösungsansätze, z. B. medizinische Versorgungszentren.

Ich will das Augenmerk noch auf den Hebammenmangel legen. Auch darüber haben wir schon diskutiert. Wir wissen, dass die Schwierigkeiten im Wesentlichen in den Bestimmungen des Bundesrechts begründet liegen. Die Situation ist unbefriedigend. Deshalb werden wir beantragen, Geld in den Haushalt einzustellen, damit das Land die Haftpflichtversicherungen für Hebammen übernehmen kann. Hier müsste ein vernünftiger Weg gefunden werden. Wir wollen das an dieser Stelle als Merkposten ausbringen. Wir werfen einen Stein ins Wasser, damit endlich ein Schritt nach vorne getan werden kann, auch in praktischer Hinsicht.

(Beifall bei der SPD)

Stichwort: Sozialbudget. Meine Damen und Herren, seit Jahr und Tag brüstet sich die Koalition damit, dass sie mit dem Sozialbudget Haushaltsmittel vor sich selbst in Sicherheit bringt. Das ist der Punkt. Das Sozialbudget besteht ausschließlich aus Mitteln, von denen Sie sagen, dass sie vor Kürzungen besonders geschützt sind. Das ist bei einer CDU-geführten Landesregierung in der Regel auch nötig.

Aber ich habe schon einmal darauf hingewiesen, dass damit überhaupt keine gesetzliche Verbindlichkeit einhergeht. Es ist nur ein etwas vergrößertes politisches Versprechen. Das nehme ich zur Kenntnis. Aber ich nehme auch zur Kenntnis und weise darauf hin, dass, wenn Sie sagen, es seien 10, 15 oder 20 Millionen € mehr im Sozialbudget, das in aller Regel nicht heißt – so auch dieses Mal nicht –, dass real mehr Geld zur Verfügung steht, sondern Sie haben nur mehr Geld in Ihr Sozialbudget geschrieben, das sich ansonsten irgendwo außerhalb dieses Budgets befindet. Das ist z. B. bei den ausbildungs- und arbeitsmarktpolitischen Programmen der Fall.

Einen Punkt will ich vorziehen, den ich mir eigentlich für später vorgenommen habe: das Beispiel des Programms „Sozialwirtschaft integriert“. Das ist ohne Frage ein schönes Programm.

(Claudia Ravensburg (CDU): Genau!)

Ja, Frau Kollegin. – Aber die Nachricht, dass das 10 Millionen € sind, ist nicht ganz richtig; denn diese 10 Millionen € sind über sechs Jahre gestreckt und werden auf 26 Gebietskörperschaften verteilt. Dann rechnen Sie sich einmal aus, was über das Jahr bei einer Gebietskörperschaft ankommt, um ein – ich wiederhole es – im Grunde sehr gutes Programm auszufinanzieren.

Das Zweite ist, dass es diese 10 Millionen € ohne eine für mich erkennbare Erhöhung des Ausbildungs- und Arbeitsmarktbudgets gibt. Das heißt, Sie nehmen es aus den schon vorhandenen Mitteln. Herr Minister, wenn es falsch ist, korrigieren Sie es.

(Minister Stefan Grüttner: Mache ich schon! – Vize- präsidentin Heike Habermann übernimmt den Vor- sitz.)

Wir haben in der kursorischen Lesung danach gefragt und haben keine andere Auskunft bekommen als diese.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich muss zum Schluss kommen.

Ja, die Redezeit ist schon überzogen.

Schon? Das hätte mir einer sagen müssen. – Wir werden für das neue Förderprogramm „Soziale Sicherheit und Zusammenhalt“ für die Jahre 2018 und 2019 weitere 45 Millionen € – 15 Millionen € für 2018 und 30 Millionen € für 2019 – beantragen. Wir werden diese in eine neue Struktur bringen. Ein paar Hinweise habe ich schon gegeben, z. B. zum Hebammenprogramm und zur Aufstockung der Mittel für das Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogramm, insbesondere die Aufstockung der Mittel für die Frauenhäuser, für die Beratungs- und die Interventionsstellen, für die Schuldnerberatungsstellen und für die Migrationsberatung.

Ich konnte jetzt leider nichts mehr zum Thema Integration und Sozialberichterstattung sagen. Vielleicht noch zwei Sätze von mir dazu: Bei der Integrationspolitik ist es so, dass wir im Grunde fünf Jahre verloren haben. Wir hätten nach der letzten Legislaturperiode auf der Grundlage des vorliegenden Berichts der Enquetekommission zu einer geplanten und koordinierten Integrationspolitik kommen können. Stattdessen haben Sie darauf bestanden, noch einmal die Schleife durch eine Integrationskonferenz zu ziehen, mit der Absicht, einen Integrationsplan vorzulegen, von dem wir hören, er werde Anfang nächsten Jahres vorgelegt, und es werde noch viel Zeit dafür bleiben, alles, was drinsteht, abzuarbeiten.

Ähnliches gilt leider Gottes für den Sozialbericht, der auch viel zu spät vorgelegt worden ist und jedenfalls diesem Landtag keine Chance mehr lässt, geordnet mit dem drängenden Phänomen der Kinderarmut umzugehen. Das ist bedauerlich. So viel zu diesem Haushalt. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Bartelt für die CDU-Fraktion.

(Manfred Pentz (CDU): Jetzt wird geklärt, was Sache ist!)

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine bedarfsorientierte Sozialpolitik hält unsere Gesellschaft zu

sammen: die junge und die ältere Generation, alteingesessene und neu hinzugezogene Hessinnen und Hessen mit Migrationshintergrund sowie wohlhabende und unterstützungsbedürftige Menschen. Sie ist Grundlage für ein Gefühl der Sicherheit und das Vertrauen in die Werte und die Institutionen unseres Staates.

Mit der Behandlung dieses Doppelhaushalts stellen die Regierungsfraktionen fest, dass alle Vorhaben des Koalitionsvertrags, was die Sozialpolitik betrifft, in den Haushalten abgebildet worden sind. Gleichzeitig wurde das Ziel, keine neuen Schulden aufzunehmen, vorzeitig erreicht. Darüber hinaus wurde die Herausforderung, in den Jahren 2015 und 2016 sehr viele Flüchtlinge aufzunehmen, auch haushaltsmäßig bewältigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Diese Aufgabe war bei Abschluss des Koalitionsvertrags gar nicht vorhersehbar. Die Erstaufnahme wurde im Ländervergleich vorbildlich organisiert. Aufgrund des vorausschauenden Managements der Nutzung der Erstaufnahmeeinrichtungen wurden nach dem Rückgang der Flüchtlingszahlen die meisten Einrichtungen wieder aufgelöst oder in den Stand-by-Modus versetzt. So konnten diese Ausgaben wieder sehr schnell reduziert werden.

Die Unterstützung der kommunalen Familie war bedarfsgerecht und mit ihr abgesprochen. Der nachhaltige Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts wurde auf den Weg gebracht. Das ist eine Erfolgsbilanz dieser schwarz-grünen Regierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte beispielhaft auf drei Schwerpunkte dieses Haushalts eingehen. Auch in diesem Haushalt wurde das von dieser Koalition eingeführte Sozialbudget wieder deutlich erhöht. Es wird um 43 % auf 100 Millionen € im Jahr 2018 und 118 Millionen € im Jahr 2019 angehoben. Kommunen, Träger sozialer Dienste erhalten Planungssicherheit.

Ein paar Beispiele: Die Kommission „Hessen hat Familiensinn“ wird im Doppelhaushalt mit 1,5 Millionen € ausgestattet. Vertreter von Verbänden und zivilgesellschaftlichen Gruppen erarbeiten Handlungsempfehlungen zur praktischen Familienpolitik. Die Mittel für die Frühförderstellen werden um 1 Million € erhöht. Damit besteht das Angebot für betroffene Eltern und Erzieherinnen jetzt flächendeckend in allen Landkreisen. Es werden Beratungen angeboten, wenn eine Behinderung festgestellt oder auch nur vermutet wird. Der Begriff „Behinderung“ wird dabei weit gefasst, einbezogen sind z. B. auch Autismus und Verhaltensstörungen. Das Sprachförderungsprogramm für Kindergärten wird um eine halbe Million Euro erhöht. Dem zusätzlichen Bedarf wird damit Rechnung getragen.

Beim Engagement für den ländlichen Raum bildet die ambulante medizinische Versorgung einen Schwerpunkt. Die Förderung von Projekten der Telemedizin kommt besonders dem ländlichen Raum zugute. Die Kommunikation zwischen Patient, Hausarzt, Fachärzten und medizinischem Fachpersonal wird effektiver. Die Förderung der Ansiedlung und Übernahme von Landarztpraxen wird fortgesetzt und erweitert. Das vorübergehend unterbrochene Engagement der Kassenärztlichen Vereinigung – bei dem Punkt besteht noch Gesprächsbedarf – hindert nicht daran, dieses

Projekt fortzusetzen. Dafür sorgt das Land. Die Tätigkeit der Gemeindeschwestern wird verstärkt gefördert. Auch medizinische Versorgungszentren werden gefördert, wenn Inhaber von Landarztpraxen keinen Nachfolger finden.

Der Höhepunkt des Einzelplans 08 – Sozialpolitik – ist zweifelsohne die Finanzierung der Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs ab dem vollendeten dritten Lebensjahr für sechs Stunden am Tag.