Protocol of the Session on December 12, 2017

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir im Juni in der ersten Lesung über diesen Gesetzentwurf diskutiert haben, habe ich Ihnen eine muntere Debatte versprochen. Genau die hat es an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Gelegenheiten gegeben.

Ich will an dieser Stelle einfach festhalten: Viele Beteiligte haben sich zu den unterschiedlichen Gesetzesänderungen geäußert. Den einen ging der Gesetzentwurf nicht weit genug, den anderen ging er zu weit. Es war uns vorher schon klar, dass das genau so kommen wird.

Deswegen will ich noch einmal generell etwas zu der Frage sagen, warum wir das eigentlich machen. Rein formal: Das geltende Spielhallengesetz läuft Ende des Jahres aus. Wir haben schon Dezember. Deswegen ist klar, dass wir jetzt hier beschließen müssen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen an dieser Stelle auch sagen: Aus meiner Sicht ist es noch wichtiger, dass wir uns mit den Gefahren der Spielsucht auseinandersetzen. Spielsucht kann Existenzen bedrohen. Spielsucht kann Familien gefährden, und zwar nicht nur mit gravierenden Folgen für die Betroffenen selbst, sondern auch für deren Angehörige. Ich glaube, das hat uns die Anhörung noch einmal deutlich vor Augen geführt.

Es ist jetzt Zufall, dass wir heute Abend an drei Punkten hintereinander über diverse Formen des Glücksspiels und den Versuch reden, dieses Glücksspiel zu regeln. Aber ich glaube, das Grundprinzip ist doch durchaus überall gleich: Wir wollen, dass Glücksspielsucht effektiv und vor allem spielformübergreifend bekämpft wird.

Es ist auch klar, dass wir die in der Anhörung angesprochene Problematik der vielerorts entstehenden Pseudospielhallen und Spielbistros durch effizienten und wirklich wirksamen Vollzug angehen müssen. Das wird natürlich vor allem eine Sache der Vollzugsbehörden vor Ort sein. Aber ich glaube, dass der vorliegende Gesetzesentwurf ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Glücksspielsucht ist.

Die einzelnen Punkte sind angesprochen worden: der Mindestabstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Da hat es noch einmal Änderungen gegeben. Das wurde auch im Rahmen der Anhörung intensiv diskutiert. Ich glaube, wir sind uns einig bei dem Ziel, einen hohen Kinder- und Jugendschutz gewährleisten zu wollen. Wir haben Unterschiede beim Weg dorthin, aber bei dem Ziel sind wir uns einig.

Klar ist auch, dass Betretungsverbote und Eingangskontrollen nur dann wirken, wenn sie umgesetzt werden. Auch das ist eine Frage, die vor Ort im Vollzug überprüft werden muss. Verbote und Eingangskontrollen bewirken nur, dass Kinder und Jugendliche keinen Zutritt zu Spielhallen haben.

Ich bin der Auffassung, dass das neu eingeführte Abstandsgebot richtig und wichtig ist. Es soll bewirken, dass Spielhallen aus dem täglichen Umfeld von Kindern und Jugendlichen weitestgehend herausgehalten werden. Das ist ein Ansatz zu einem frühen Zeitpunkt, der verhindern soll, dass die Grundpfeiler für eine Glücksspielsucht gelegt werden.

Wir haben den Begriff „Kinder- und Jugendeinrichtungen“ konkretisiert – das war ein Teil des Ergebnisses der Anhörung –, um Rechtsstreitigkeiten aufgrund widerstreitender Interessen vorzubeugen, und wir wollen mit dem Änderungsantrag der Fraktionen den Mindestabstand zwischen Spielhallen und Kinder- und Jugendeinrichtungen auf 300 m reduzieren und damit an den Mindestabstand zwischen den Spielhallen angleichen.

Wir haben außerdem eine Übergangsvorschrift geschaffen. Ich darf es vielleicht noch einmal erklären: Wir gehen davon aus, dass kaum ein Spielhallenbetreiber, der in Zukunft keine Konzession mehr bekommt und deshalb nicht mehr weitermachen kann, das einfach so hinnimmt, sondern wir gehen davon aus, dass wir die üblichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren haben werden. Herr Schaus, deshalb müssen wir darauf achten, dass wir ein Gesetz schaffen, das handhabbar ist und am Ende nicht dazu führt, dass länger andauernde Verwaltungsverfahren vor Ort zulasten der Antragssteller gehen und daraus weiterer Rechtsstreit erwächst.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wie lang ist der Übergangszeitraum, Herr Minister?)

Ich komme dazu.

Nächster Punkt: die Spielhallenerlaubnis. Es ist angesprochen worden: Die geplante Verkürzung auf zehn Jahre war von unserer Seite primär dazu gedacht, den Markt für Mitbewerber zu öffnen. Herr Schaus, deshalb finde ich Ihren Vorwurf nicht gerechtfertigt. Die Vertreter der Branche haben darin jedoch ausschließlich Nachteile gesehen, gerade für Neubewerber. Deswegen wäre das, was man sich ursprünglich gedacht hat, am Ende offensichtlich nicht erfolgreich gewesen. Deswegen heißt es im Änderungsantrag, dass es bei einer maximalen Geltungsdauer der Erlaubnis von 15 Jahren bleiben soll.

Das Verbot der Erteilung einer Mehrfachkonzession bleibt. Das ist ganz wichtig.

Fragen der bisherigen Vollzugspraxis, was Ausnahmen vom Abstandsgebot angeht, werden gesetzlich konkretisiert.

Abweichmöglichkeiten von der allgemeinen Sperrzeit werden eingeschränkt. Eine Verlängerung der Sperrzeit ist nur noch bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses möglich. Damit wird die Sperrzeit vereinheitlicht und das sogenannte Spielhallenhopping verhindert.

Die Vorschriften über das Sperrsystem sind aktualisiert und praxisbezogen ausgestaltet worden. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Wenn Sie sich anschauen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Sperren in diesem

System sogenannte Selbstsperren sind, dann wird vielleicht deutlich, welche Gefahr in diesem Bereich für diejenigen herrscht, die mit dem Spielen ganz offensichtlich nicht umgehen können. Deswegen ist es richtig, das an dieser Stelle so zu machen und auch keine befristete Sperren von weniger als einem Jahr vorzusehen – auch darüber wurde diskutiert. Aus unserer und aus suchtfachlicher Sicht wäre das nämlich keine Hilfestellung für die Betroffenen.

Die Sozialkonzepte sind zu vereinheitlichen. Der Überarbeitungszeitraum von zwei Jahren gewährleistet ihre regelmäßige Aktualisierung. Ich will Ihnen aber ausdrücklich sagen: Die Spielhallenbetreiber müssen aus meiner Sicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie das Glücksspiel mit dem höchsten Suchtpotenzial anbieten. Deshalb bitte ich an dieser Stelle auch die Spielhallenbetreiber, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. Dabei ist völlig klar, dass die Kommunen vor Ort die gesetzlichen Vorschriften vollziehen müssen.

Herr Minister, ich erinnere an die Redezeit.

Letzter Punkt, Herr Präsident. – Herr Schaus hat die Frage gestellt: Was ist angemessen? – Sie werden es vielleicht nicht mögen, aber wir leben in einem Rechtsstaat, in dem auch Unternehmen

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das mögen wir nicht? Was soll das?)

einen Moment, Frau Kollegin Wissler – Grundrechteträger sind. Wenn Sie sich beispielsweise an unsere Debatten über Schadenersatzansprüche erinnern – –

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wie lang ist eine angemessene Übergangszeit? Das war meine Frage, Herr Minister!)

Das wird auf den Einzelfall ankommen, Herr Schaus.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach so!)

Natürlich kommt es auf den Einzelfall an. Herr Schaus, angenommen, Sie seien Unternehmer – –

(Heiterkeit und Zurufe von der CDU – Glockenzei- chen des Präsidenten)

Zu vorgerückter Stunde. – Herr Schaus, angenommen, Sie wären Unternehmer und hätten eine Summe X in eine Einrichtung investiert, wobei Sie davon ausgehen, dass Sie diese Investition innerhalb eines bestimmten Zeitraums „wieder hereinholen“, und dann kommt jemand und sagt zu Ihnen: Ich entziehe Ihnen die Genehmigung. – Dann werden Sie im Zweifel mit genau diesem Argument vor Gericht gehen und höchstwahrscheinlich gewinnen.

(Manfred Pentz (CDU): Zu Recht! In Venezuela ist das anders!)

Deswegen wird man sich an dieser Stelle den Einzelfall anschauen, ob beispielsweise Schulden auf einem Betrieb liegen oder ob es laufende Mietverträge gibt – mit allem, was dazugehört. Das können wir nicht alles für jede einzelne Spielhalle in einem Gesetz genau regeln. Das muss am Ende vor Ort geklärt werden. Diese Aufgabe können wir den

Behörden vor Ort nicht abnehmen; denn am Ende tragen die Vollzugsbehörden die Verantwortung.

(Unruhe)

Augenblick, Herr Minister. – Ich habe den Eindruck, dass Sie das sehr gut erklären und dass mancher hier im Hause eine Hilfestellung braucht. Ich bitte um Aufmerksamkeit.

Aus meiner Sicht leistet das Spielhallengesetz unter dem Strich einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht. Ich glaube, dass die Änderungen wesentlich hierzu beitragen und gleichzeitig bewirken werden, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt bleiben. Deshalb hoffe ich, dass wir am Donnerstag endgültig über den Gesetzentwurf befinden können. Ich setze darauf, dass wir im Vollzug vor Ort – wenn ich das einmal so sagen darf – besser werden, als wir es in der Vergangenheit waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es ist dritte Lesung beantragt. Deshalb überweisen wir den Änderungsantrag und den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. – Kein Widerspruch, so beschlossen.

Meine Damen und Herren, einige von uns haben jetzt Feierabend, aber der Innenausschuss kommt in Raum 501 A, der Wirtschaftsausschuss in Raum 204 M und der Sozialund Integrationspolitische Ausschuss in Raum 510 W zu Sitzungen zusammen. Allen anderen wünsche ich einen schönen Feierabend.

(Schluss: 21:48 Uhr)