Protocol of the Session on December 12, 2017

Ich führe mir einmal die Politik der alten schwarz-gelben Landesregierung vor Augen. Es gab 2.500 Stellen bei den Lehrern mehr. Trotzdem haben wir in Summe 658 Stellen eingespart. Sie wollen heute locker über 1.000 Stellen drauflegen. Da verbraten Sie das Geld und ein Stück weit die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt könnten wir natürlich sagen: Das sind garantiert Stellen, die wir brauchen. Das sind ganz wichtige Stellen für die soziale Gerechtigkeit, für die Ökologie und für die Bildung.

Ich nehme mir einmal die Staatskanzlei heraus. Das bietet sich immer an. In der Staatskanzlei gab es vom Jahr 2014 bis zum Jahr 2019 einen Stellenaufwuchs. Von 2014 bis 2019 gab es in der Staatskanzlei einen Aufwuchs um 63 Stellen im höheren Dienst. Ich nenne Ihnen das einmal. Es sind zweimal B 6, viermal B 3, zweimal B 2, 28-mal A 16, viermal A 15, 22-mal A 14 und einmal A 13. Insgesamt sind es 63 Stellen.

Da ist die Stabsstelle ländlicher Raum noch gar nicht dabei. Damit kommen noch eine Stelle B 3 und zwei Stellen A 16 obendrauf, damit es nicht weniger wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Ministerpräsidenten Volker Bouffier)

Sie können gerne nach hier vorne kommen und sich dazu äußern. Sie können das gerne klarstellen. In der Staatskanzlei haben wir einen wunderbaren Stellenaufwuchs.

Ich möchte dann auch noch einmal auf diese gewaltigen Pressekonferenzen mit diesen gewaltigen Zahlen eingehen, die Sie immer präsentieren.

(Günter Rudolph (SPD): Einzigartig!)

Sie haben jetzt wieder einen Aufschlag im ländlichen Raum gehabt. Man kann diese Milliardenbeträge einfach einmal aufdröseln. Die Offensive der Landesregierung fasst lediglich das zusammen, was es bereits gibt. Von den angeblichen 1,8 Milliarden € in zwei Jahren stammen 1,3 Milliarden € aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Hineingerechnet wurden 100 Millionen € für den Landesstraßenbau und 300 Millionen € Fördermittel der Europäischen Union. Dann kam noch ein bisschen etwas obendrauf plus die Stabsstellen.

Das ist doch alles Geld, das Sie schon drei- oder viermal vermarktet haben. Damit versuchen Sie immer wieder, Aktionismus darzustellen. Das ist Symbolpolitik ohne Wirksamkeit. Ich glaube, die Presse hat es langsam durchschaut.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Die Finanzpolitik, die uns hier vorgestellt wurde, ist aus unserer Sicht eine mit der Gießkanne und eine Eier legende Wollmilchsau ohne klare Schwerpunktsetzung und ohne klare Zukunftsperspektive. Ich habe Ihnen vorhin die Präambel vorgelesen. In der Präambel habe ich das nicht gefunden. Im Koalitionsvertrag steht das dann schon irgend

wo. Ich habe da nichts gefunden zu der Digitalisierung und zu der Prominenz der Bildungspolitik. Die Wirtschaftspolitik finden Sie da auch nicht in der Form, wie wir das haben wollen, nämlich mit klaren Akzenten.

Sie haben die wichtigen Herausforderungen nicht abgebildet. Sie haben die Strukturen in der Regierung so geschaffen, dass es in dem entscheidenden Bereich zwischen Umwelt und Wirtschaft ein grünes Übergewicht gibt. Wenn hier abgewogen wird, geht es am Ende immer zulasten der Wirtschaft aus.

Sie haben die Ziele nicht definiert. Meiner Ansicht nach haben Sie die Erwartungshaltung perspektivisch nicht nach vorne gerichtet. Sie haben vorhin versucht, ein wenig Brücken zu bauen und einen Ausblick zu geben. Ich habe aber von Ihnen keine Vorstellung gehört, wie Sie dieses Land tatsächlich voranbringen und welches die Herausforderungen sind.

Wissen Sie, was die Voraussetzung dafür ist? Die Voraussetzung ist, dass man die Realitäten wahrnimmt und aus den Fakten heraus Schlüsse zieht und arbeitet. Man muss die Probleme benennen, angehen und dann daran arbeiten. Da ist die Bildungspolitik ganz vorne. Auch da lässt sich einiges darstellen.

Wir sind seit vier Jahren im Landtag als Opposition dabei. Sie kommen bei den Zielen nicht wirklich voran. Sie haben die Schwerpunkte nicht wirklich erkannt. Da muss man sich fragen: Wieso fühlt man sich in dieser Regierung dann eigentlich so wohl? Warum ist Schwarz-Grün eigentlich so selbstzufrieden und glücklich? Warum liegt man sich in den Armen und fühlt sich so wohl? Das fragt man sich als Vertreter der Opposition, wenn man darüber nachdenkt, was Sie vorzuweisen haben.

Sie haben ein bisschen Glück. Sie haben große Einnahmen. Sie können ein bisschen Geld ausgeben. Was ist denn die politische Botschaft dieser Landesregierung? Warum fühlen Sie sich eigentlich so wohl? Warum sind Sie so zufrieden?

Ich habe einmal versucht, mich hineinzuversetzen. Ich glaube, es gibt da eine Agenda, eine eigene Agenda von Schwarz-Grün. Sie hat einen inneren Zusammenhalt in der Koalition erzeugt.

Wenn ich mir das durch den Kopf gehen lasse, wird mir klar: Es sind die alten Konflikte zwischen den Konservativen und den linken bzw. grünen Kindern, die zu Hause ausgezogen sind. Das hat in Hessen dann zu dem härtesten Landtag aller Zeiten geführt. Das gab es in Hessen sowieso und in Deutschland überhaupt. Es gab harte Auseinandersetzungen und tiefe Verletzungen. Ich spreche da von Joschka Fischer und Roland Koch. Da ist es richtig zur Sache gegangen.

Jetzt finden die beiden zusammen, die hier die größten Antipoden waren: Schwarz-Grün. Das ist der alte Konflikt zwischen den konservativen Eltern und der aufsässigen Jugend, der alte Konflikt zwischen Vater und Sohn. Das ist ein Stück weit in unserer Landesregierung symbolisiert durch den Ministerpräsidenten und Tarek Al-Wazir.

(Allgemeine Heiterkeit)

Beide haben sich hier zusammengefunden. Die Regierungsarbeit ist als eine Arbeit zu sehen nach dem Motto: Keine neuen Wunden, die Wunden sollen heilen, man will sich nicht wehtun, man geht den Konflikten aus dem Weg.

(Zuruf des Abg. Klaus Peter Möller (CDU))

Man beschließt hier Anträge, dass man Dinge nicht besprechen will. Das ist die Agenda, die Sie hier so zufrieden macht.

(Holger Bellino (CDU): Da denkt man, das ist der Schwiegervater!)

Das ist tatsächlich etwas, was Sie hier leben, und das alles ist unglaublich vergangenheitsbezogen.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Sie leben in der Vergangenheit und können sich deshalb der Zukunft nicht stellen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ihr ganzes Agieren arbeitet sich an dieser Vergangenheit ab. Deshalb sind Sie auch so zufrieden mit sich, weil Sie in dieser Vergangenheit leben und nicht in der Lage sind, die Zukunft zu meistern, sie überhaupt anzunehmen.

Ich will auch noch einmal auf die wichtigen Punkte aus unserer Sicht eingehen. Ich habe ja ausreichend Redezeit – vielen Dank noch einmal.

(Clemens Reif (CDU): Leider!)

Die entscheidenden Punkte, auf die es uns ankommt und die für uns für die Zukunft absolut herausragend sind, sind natürlich die bildungspolitischen Themen. Wir haben in Hessen zweimal den Wissenschaftsminister gestellt. Wir haben die Universitäten auf eine gute finanzielle Grundlage gestellt und eine Struktur geschaffen, die die jetzige Landesregierung fortgesetzt hat, die hier überhaupt nicht mehr diskutiert wird und die auch Herr Kollege Wagner mit dem Hochschulpakt gelobt hat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die wir geändert haben!)

Das sind Strukturen, die auf unsere Initiative in diesem Wissenschaftsbereich zurückgehen. Darauf sind wir natürlich auch ein bisschen stolz.

Wir haben mit zwei Kultusministerinnen Grundlagen in Hessen für eine gute Lehrerversorgung geschaffen. Wir haben Grundlagen für den Sozialindex geschaffen. Wir haben Klassen verkleinert. Wir haben hier in Hessen Standards in der Bildungspolitik gesetzt. Dafür wollen wir auch weiter eintreten, und wir wollen die Standards auch wieder herstellen; denn trotz der Stellen, die Sie im Schulbereich schaffen, haben Sie die Schulen mit neuen Aufgaben befrachtet. Dass die Schulen sich heute beschweren, dass wir Überlastungsmeldungen bekommen, ist doch nicht erfunden. Man kann natürlich mehr Stellen zur Verfügung stellen; aber das hat ja auch eine Historie. Sie haben erst einmal im Grundschulbereich Stellen abgebaut. Sie haben in den Oberstufen Stellen abgebaut. Erst als die Eltern auf die Barrikaden gegangen sind, haben Sie diese Politik beendet.

Für uns gibt es ein weiteres Betätigungsfeld in der Bildung. Das ist ganz wichtig für die Zukunft und hat sich auch in unseren Haushaltsanträgen dargestellt. Es ist für uns ein ganz zentrales Feld. Das ist der Bereich der frühkindlichen Bildung. Wir glauben, dass wir hier innovativ sehr viel für die Zukunft der jungen Menschen in unserem Land erreichen können.

Ich war bei einem meiner Kitabesuche bei einer Erzieherin, dies sich sehr engagiert einbringt. Sie hat mich gefragt: Herr Rock, was dürfen Kinder in Hessen eigentlich kosten?

Was sind uns Kinder in Hessen wert? Was sind uns diese Kinder hier in meiner Kita wert? – Dann habe ich gesagt: Eigentlich müssten sie uns alles wert sein; denn das ist die Zukunft unseres Landes. Genau darin wollen wir investieren.

(Beifall bei der FDP)

Ich muss es einmal deutlich machen: Wir unterscheiden uns da von dem, was die Union macht, und auch ein Stück weit von dem, was die SPD macht. Bei uns steht die Kostenfreiheit der Familie nicht im Fokus. Wir haben uns nie dagegen gewehrt, und wir sind auch bereit, wenn es finanziell möglich ist, dort etwas zu tun. Aber der erste Schwerpunkt muss die Qualität sein.

(Beifall bei der FDP)

Von der Gebührenfreistellung profitiert kein einziges Kind. Dadurch wird keine zusätzliche Erzieherstunde in der Kita geleistet. Dadurch wird keine bauliche Verbesserung, keine zusätzliche pädagogische Maßnahme in der Kita ermöglicht. Das ist nur eine sozialpolitische Maßnahme zur Entlastung der Familien. Es ist keine bildungspolitische Maßnahme, um Chancen von Kindern zu verbessern. – Da liegt unser Schwerpunkt.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie sich selbst einmal ernst nehmen und in Ihren Haushalt hineinschauen, werden Sie feststellen, dass Sie für 2018 293 Millionen € für die Kitas als Unterstützung eingeplant haben. Das sind 16 Millionen € mehr als im Vorjahr. Natürlich gibt es auch einen Aufwuchs in der Betreuungssituation. Für 2019 haben Sie 242 Millionen € eingeplant. Das ist im Vergleich zu 2018 noch einmal ein Aufwuchs von 3 Millionen €. Ich habe immer noch nicht genau herausgefunden, wo Ihre 50 Millionen € mehr für die Qualität sind. Entweder Sie nehmen woanders etwas weg, oder Sie schieben etwas hin und her. Aber im Gesamtbudget ist für die Kitas kein signifikanter Zuwachs in Ihrem Haushalt zu sehen. Das ist eigentlich schade.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie im Vergleich sehen, was Sie bereit sind in die Kostenfreiheit zu investieren und was Sie von jetzt auf gleich bereit sind in die Kostenfreiheit für die Kitas in den ersten sechs Stunden zu investieren: Das ist Ihnen 310 Millionen € wert. Die Qualität ist Ihnen 242 Millionen € wert, und die Kostenfreiheit ist Ihnen 310 Millionen € wert. Das ging über Nacht; das ging wie eine Sturzgeburt. Es waren plötzlich 310 Millionen € für die Gebührenfreiheit da.

Wissen Sie, was Sie mit 310 Millionen € finanzieren könnten? Sie können damit ein Drittel mehr Erzieher in den hessischen Kitas finanzieren und damit den besten Betreuungsschlüssel und die beste Zukunftsinvestition in Hessen gewährleisten. Das hätten Sie tun können. Das haben Sie nicht getan. Sie haben sich für eine sozialpolitische Maßnahme entschieden.