Statt die Gesellschaft zu spalten, setzen wir auf den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ich habe das Sozialbudget schon angesprochen. Es steigt mit diesem Haus
halt auf über 100 Millionen € an, weil wir wissen, dass es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, denen es nicht so gut geht, weil wir wissen, dass es Menschen gibt, die Probleme in ihrem Leben haben und ohne die Unterstützung anderer nicht wieder ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Wir wissen, dass das Thema bezahlbarer Wohnraum uns herausfordert. Deshalb haben wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau vervierfacht. 1,6 Milliarden € innerhalb von fünf Jahren stehen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Das zeigt: Wir stellen uns auch hier unserer Verantwortung und den Herausforderungen, die wir auf dem Wohnungsmarkt haben.
Wir kümmern uns um die Integration der Menschen, die neu nach Hessen gekommen sind, mit den beiden Aktionsplänen zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und jetzt – Staatssekretär Klose und Sozialminister Grüttner werden ihn nächste Woche vorstellen – mit dem Integrationsplan, weil unsere Sozialpolitik nicht nur für Flüchtlinge, nicht nur für Migrantinnen und Migranten, sondern für alle hier lebenden Menschen ein ganz einfaches Prinzip hat: Es kommt nicht darauf an, wo du herkommst, sondern wo du hinwillst. – Dabei wollen wir die Menschen in unserem Land unterstützen.
Statt auf eine einseitige Förderung von Hochkultur setzen wir auf die Vielfalt kulturellen Wirkens in Stadt und Land. Deshalb haben wir die Mittel für die soziokulturellen Zentren in unserem Land und für die freien Theater verdoppelt und legen jetzt im Doppelhaushalt noch etwas nach. Deshalb fördern wir die vielen Kulturinitiativen für kleine Filmfestivals, für kulturelle Initiativen auf dem Land mit zusätzlichen Mitteln in diesem Doppelhaushalt. Deshalb kümmern wir uns auch im Großen um die Filmförderung, indem wir sie komplett neu aufgestellt haben, damit Hessen auch in diesem Bereich im Konzert mit den anderen Bundesländern mitspielen kann.
Das waren sieben Beispiele, wo wir einen klaren Kurs haben, wo wir teilweise neue Akzente gesetzt haben, wo wir uns aber auf jeden Fall von einer Opposition unterscheiden, die allen alles verspricht, ohne zu sagen, wie sie es eigentlich finanzieren will.
Meine Damen und Herren, wir wollen ein Hessen, das seiner Verantwortung für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen gerecht wird. Wir wollen ein Hessen, in dem es gerecht zugeht und in dem jeder an der Gesellschaft teilhaben kann. Wir wollen ein Hessen, in dem sich jeder, unabhängig von Geschlecht, Glauben, Herkunft, sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität, frei entfalten kann.
Das ist das Hessen, an dem wir arbeiten. Hierfür haben wir eine ganze Menge erreicht. Wir wissen, es bleibt noch eine Menge zu tun. Packen wir es weiter entschlossen an. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU) – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenigstens etwas hängen geblieben!)
(Beifall des Abg. Clemens Reif (CDU) – Armin Schwarz (CDU): Wenn das so weitergeht: in Ordnung! – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Beifall bei der FDP und der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es hat so gut angefangen!)
Ich habe mich bei den Umfrageinstituten kundig gemacht. Da konnte ich feststellen, es gibt einen Unterschied. Die GRÜNEN profitieren, sie wachsen. Die CDU verliert schneller, als die GRÜNEN wachsen. Darum hat diese Landesregierung keine Mehrheit mehr.
Ich muss sagen, ich habe ein Gefühl. Ich bin seit vier Jahren hier dabei und beobachte, was diese Landesregierung tut. Ich habe das Gefühl, dass es schlecht für Sie aussieht. Das ist ein Gefühl. Wo kommt es her? Ich habe den Eindruck, Sie haben mit Ihren Ausschüssen, Ihren Kommissionen und runden Tischen versucht, die Presselandschaft, die Opposition einzuschläfern. Das ist aber nicht ganz gelungen, sondern mein Eindruck ist, Sie haben sich selbst eingeschläfert. Darum ist das, was Sie hier darlegen und auch vorgestellt haben, einer genaueren Betrachtung wert.
Wir sind jetzt im vierten Jahr Ihrer Regierungszeit. Es ist die letzte große Haushaltsaussprache vor der Wahl. Daher erlauben Sie mir, dass man ein bisschen Bilanz zieht; denn Umfragen oder mein Gefühl sind vielleicht nicht ausreichend für alle Anwesenden hier. Wie macht man das am besten? Man misst die Regierung an dem, was sie sich selbst vorgenommen hat. Ich habe mir erlaubt, die Präambel im Koalitionsvertrag anzuschauen. Was ist vor diese Regierung gesetzt? Was ist das, was Sie den Bürgerinnen und Bürgern in diesen fünf Jahren bieten wollen, bieten wollten? „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ – ich zitiere:
Wir wollen den Wohlstand erhalten, Hessen nachhaltig gestalten und den Menschen Sicherheit bieten. Unser Leitmotiv dafür ist eine ausgewogene Balance aus wirtschaftlichem Wohlstand und ökologischer Vernunft, individueller Freiheit und legitimen Si
cherheitsbedürfnissen, der Übernahme von Verantwortung füreinander und für die uns nachfolgenden Generationen. Wir erkennen die Vielfalt der Gesellschaft in unserem Land an und wollen den Bürgerinnen und Bürgern in ihrer Unterschiedlichkeit gleiche Chancen bieten.
Unsere Vorhaben für die bevorstehenden fünf Jahre sind von dem Gedanken getragen, Hessen gemeinsam weiter voranzubringen …
Dann stehen dort noch so tolle Überschriften wie „Schöpfung bewahren“, „Wohlstand erhalten“, „Wahlfreiheit sichern – Vielfalt fördern“ und „Bürgergesellschaft stärken“.
Ich habe mir erst einmal überlegt: Na ja, das könnte direkt aus dem GRÜNEN-Wahlprogramm stammen. Das ist mir so eingängig gewesen. – Ich habe mir den Koalitionsvertrag auf der Internetseite der GRÜNEN angeschaut und dachte mir: Den GRÜNEN traue ich einiges zu, womöglich haben sie ihre eigene Präambel hineingeschrieben, und die Union weiß gar nicht, dass diese Themen in dieser Präsenz zu sehen sind.
Ich habe gedacht: Na gut, dann schaust du, bevor du es im Landtag aufrufst, was auf der CDU-Internetseite zum Koalitionsvertrag steht.
Ich habe dort geschaut und gesucht. Nach längerer Zeit habe ich den Koalitionsvertrag gefunden. Ich wollte ihn anklicken, und dann kam bei der CDU: „Fehler 404“.
Bei der Digitalisierungspartei CDU kam „Fehler 404“ bei der Frage: Was ist mit dem Koalitionsvertrag los?
Ich habe mir dann überlegt: Ich gehe davon aus, dass das, was in der Präambel steht, tatsächlich für die gesamte Koalition gilt. Dann habe ich mir Gedanken gemacht, was es ist, was dort hervorgehoben worden ist.
„Wohlstand erhalten“ – manche hätten gesagt: Wachstum ist etwas Gutes, Wohlstand mehren. – Sie sind zufrieden damit, den Wohlstand zu erhalten.
Da schaue ich mir den Landessozialbericht an. Wir wissen alle um die Problematik, die die relative Armutsberichterstattung mit sich zieht. Die relative Armut ist ein besonderer Begriff. Aber man kann schon ablesen: Gibt es einen sozialen Aufstieg in unserem Land? Oder wird es weniger sozialen Aufstieg geben? Dieser Landessozialbericht schreibt Ihnen ins Stammbuch: Es gibt in diesem Hessenland weniger sozialen Aufstieg wie noch vor wenigen Jahren. – Darum ist die Frage „Wohlstand bewahren“ sicherlich nicht positiv zu beantworten.
Da kommen natürlich noch andere Fragen, z. B. zur Nachhaltigkeit. Sie haben von nachhaltiger Finanzpolitik geredet. Ich werde nachher noch auf diesen Punkt eingehen.
„Schöpfung bewahren“: Sie kennen mich. Dazu habe ich meine eigene Sicht auf die Dinge, die Sie leider nicht teilen. Sie sind immer noch im Glauben, dass es toll wäre und die Schöpfung schützen würde, Beton in den schönsten Regionen Hessens zu verstreuen. Ich bin mir ganz sicher, da sind Sie auf jeden Fall auf dem Holzweg. Sie bejubeln das tausendste Windrad in den FFH-Gebieten unseres Landes und in den schönsten Waldgebieten, die wir noch hatten. Ich muss Ihnen sagen, dadurch konterkarieren Sie Ihre eigenen Aussagen.
Ich möchte eigentlich auf einen wichtigeren Punkt eingehen. Es geht mehr um ein Thema, das uns als Freien Demokraten sehr am Herzen liegt. Das ist die Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaftspolitik liegt uns sehr am Herzen. Dazu haben Sie auch etwas ausgeführt. Das ist Ihr Leitbild. Der Ministerpräsident hat heute einiges dazu gesagt. Ich muss sagen, bei Herrn Wagner war das nicht ganz so zentral. Es wundert mich auch nicht, dass die Wirtschaftspolitik bei Ihnen keine solch zentrale Rolle spielt. Die Balance aus wirtschaftlichem Wohlstand und ökologischer Vernunft ist Ihr Leitbild, hinter dem Sie stehen. Es geht Ihnen um das Abwägen zwischen den beiden Faktoren Wirtschaft und Umwelt.
Jetzt zeigt sich aus meiner Sicht ein großes strukturelles Problem in dieser Landesregierung. Das hat der Ministerpräsident zu verantworten, weil er in der Zusammenstellung seines Kabinetts beide Ministerien – sowohl Umwelt als auch Wirtschaft – in grüne Hände gelegt hat.
Das führt nicht zu einem Abwägen dieser beiden wichtigen Punkte in der Regierungspolitik, sondern in dieser Politik ist eine klare Tendenz zwischen Al-Wazir und Priska Hinz zu sehen.