Ich finde, dass man an dieser Stelle durchaus noch einmal auf die Erfolge verweisen kann. Dieses Programm hat vielen Schülerinnen und Schülern geholfen, die sich aus den verschiedensten Gründen heraus der Schule verweigerten, die schulmüde waren und die drohten, den Anschluss zu verlieren.
Wenn wir nach der Wirksamkeit fragen, erhalten wir bemerkenswerte Zahlen, die man sich an anderer Stelle nur wünschen kann. Wir können erkennen, dass 90 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Abschluss geführt wurden. Ein Drittel wurde noch während der Maßnahme direkt in eine Ausbildung vermittelt. Das ist doch eine sehr er
Jede und jeder dieser 2.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat ihre bzw. seine eigene Geschichte. Das sind Geschichten, die von Misserfolg mit Verzagen und Verzweifeln geprägt sind. Sie sind aber auch von Konflikten mit der Schule geprägt. Bei den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern endet die Geschichte dann aber mit einer Wendung. Schülerinnen und Schüler, die sich quasi schon komplett abgewandt hatten, konnten dann doch wieder Erfolgserlebnisse haben. Sie haben den Weg zurück gefunden.
Frau Kollegin Cárdenas, deswegen finde ich es auch ein bisschen vermessen, uns anzukreiden, es ginge da nur um die – wie haben Sie es genannt? – Verwertbarkeit im Beruf. Ich finde, das geht doch ziemlich an der Sache vorbei. Abgesehen davon hätten Sie das Programm dann auch nicht loben dürfen.
Mit diesem Programm verschaffen wir Schülerinnen und Schülern Erfolgserlebnisse. Mit diesem Programm schaffen wir es, dass Schülerinnen und Schüler für sich wieder einen Wert in der Schule und in der Gesellschaft erfahren. Von daher finde ich diese Kritik doch etwas kleinkariert.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, was wir uns als Koalition vorgenommen haben. Wir haben uns zum Ziel gesetzt – und das im Koalitionsvertrag niedergelegt –: Wir wollen keine Schülerin und keinen Schüler ohne Abschluss zurücklassen. Dieses Ziel ist ambitioniert und schwierig zu erreichen. Trotzdem ist unsere Überzeugung groß, dieses Ziel erreichen zu können. Denn für uns ist es eine Frage der Bildungsgerechtigkeit, dass wir niemanden zurücklassen wollen. Von daher wollen wir uns dieser Frage stellen. Das Programm, das wir weiterentwickeln wollen, wird dabei ein wichtiger Bestandteil sein.
Das SchuB-Programm ist ein wichtiges Auffangnetz. Es ist ein Netz, das greift, wenn Schulversagen droht, wenn droht, dass sich Leute aus dem Bildungssystem verabschieden.
In der Debatte wurde verschiedentlich angesprochen: Na ja, es wäre doch besser, wenn es gar keine Notwendigkeit für solche Förderprogramme gäbe. – Frau Cárdenas hat gesagt, es gebe keine individuelle Förderung.
Dazu muss ich sagen: Erstens ist das eine Entwertung der pädagogischen Arbeit, die an den Schulen tagtäglich geleistet wird.
Dann muss man dazu auch fragen: Was ist denn das alternative Konzept? Theorien über Schulen, an denen es quasi kein Schulversagen mehr geben würde – dafür kann man Sympathie haben: Wer hätte nicht auch gern diese Schule? Aber sie ist eben nur Theorie. Wir möchten uns hier mit konkreten Problemen befassen, die drängend sind, statt sie beiseitezuschieben und auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu setzen, an dem es ein perfektes Schulsystem gibt. Das nutzt
uns überhaupt nichts. Wir brauchen für konkrete Probleme konkrete Antworten, und das sind z. B. SchuB und das Folgeprogramm.
An dieser Stelle möchte ich etwas zu dem sagen, was mitschwingt, wenn man dabei vom „Reparaturbetrieb“ usw. spricht, wie das in der Vergangenheit, aber auch in dieser Debatte, über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der SchuB-Klassen geschah. Das ist kein adäquater Umgang mit dem, was das für die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer einerseits, andererseits aber auch für die beteiligten Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Lehrer und die Ausbilder in den Betrieben bedeutet. Das ist keine einfache Arbeit, aber sie ist für uns sehr wichtig.
Daher finde ich es auch richtig und möchte mich namens der GRÜNEN-Fraktion dem anschließen, allen Beteiligten Dank zu sagen für die Arbeit, die sie dort mit den Schülerinnen und Schülern leisten, um sie zum Erfolg zu führen.
Unser Ziel bleibt: In unserem Schulsystem darf keiner zurückbleiben. Wir müssen alles tun, um alle mitzunehmen. Dazu brauchen wir die richtigen Hilfen. Deswegen müssen wir die Hilfen, die sich bewährt haben, fortentwickeln und weiterführen. Denn wir brauchen sie alle, alle Schülerinnen und Schüler. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Unterstützung abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler mit dem Ziel, sie mindestens zum Hauptschulabschluss zu führen, ist eine der wichtigsten Maßnahmen der Bildungspolitik – und nicht nur dieser. Es ist auch eine zentrale Präventionsmaßnahme im sozial- und wirtschaftspolitischen Bereich; denn sie verhindert Arbeitslosigkeit, reduziert die Abhängigkeit junger Menschen vom Sozialstaat und trägt ganz nebenbei zur Fachkräftesicherung der hessischen Wirtschaft bei.
Meine Damen und Herren, die Jugendarbeitslosenquote in der Europäischen Union liegt, Stand Dezember 2013, bei unerträglichen 23,9 %, in Griechenland knapp unter 60 %, in Deutschland – und das ist europäischer Rekordwert – bei gerade einmal knapp über 7 %. Dass das so ist, ist sicherlich nicht die Schuld der jungen Menschen in Griechenland und anderswo. Aber der deutsche Rekordwert ist ebenso gewiss zu einem beträchtlichen Teil das Ergebnis unseres einzigartigen beruflichen Ausbildungssystems in seiner dualen Variante der Verzahnung schulischer Ausbildung und betrieblicher Praxis.
Herr Abg. Quanz, ich bin wirklich dankbar und kann nur unterstreichen, was Sie gesagt haben: So wichtig und unvermeidlich Debatten etwa über G 8/G 9 sind – jetzt wäre ich neugierig und würde gerne die Schülerinnen und Schü
ler hier oben auf der Tribüne fragen, aus welchen Schulformen sie kommen; Sie sehen, wir diskutieren hier das gesamte Spektrum –, so wichtig und zentral ist die Bedeutung des dualen Ausbildungssystems für unsere Gesellschaft insgesamt und für die jungen Menschen. Das kann man nicht oft genug herausarbeiten.
Die Startchancen in dieses Ausbildungssystem hinein und damit in ein gesichertes und erfolgreiches Berufsleben basieren auf einem Schulabschluss. Deswegen muss es unser Ziel sein, einen solchen für alle Jugendlichen erreichbar zu machen.
In unserem Koalitionsvertrag heißt es dazu sinngemäß: Die Bildungspolitik muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Kinder und Jugendlichen Kompetenzen entwickeln, um aktiv an Gesellschaft und Wirtschaft teilhaben zu können, um ihre Potenziale auszuschöpfen und ihr individuelles Bildungsziel zu erreichen. Dankenswerterweise hat Herr Abg. May schon darauf hingewiesen, dass dann der entscheidende Satz kommt: „Wir wollen möglichst keine Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss zurücklassen.“
Allerdings ist das manchmal nicht so einfach. Darauf hat dankenswerterweise Herr Klein schon hingewiesen: Das gilt vor allem dann, wenn ein junger Mensch – ich hoffe natürlich, dass das bei Ihnen auf der Tribüne nicht der Fall ist – für die Schulbank gar nicht mehr zu motivieren ist. Solche Jugendliche bedürfen einer intensiven Vorbereitung auf den Übergang von der Schule in den Beruf und einer intensiven Begleitung in dieser Lebensphase.
Das ist unser Ziel in Hessen. Auch die Europäische Union richtet vor dem Hintergrund der von mir genannten erschreckenden Zahlen ihr Augenmerk verstärkt auf die Reduzierung der Schulabbrecherquote und die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Dem verdanken wir auch die Projekte, von denen jetzt so viel die Rede war: SchuB, Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb, und EIBE, Eingliederung in die Berufs- und Arbeitswelt. Sie sind in den letzten Jahren über den Europäischen Sozialfonds finanziert worden.
Wenige Tage vor der Europawahl und auch, wenn ich an die gestrige Debatte über diese Grundsatzfragen denke, kann man ab und zu einmal unterstreichen, was die Europäische Union an Gutem bereitstellt und welche Programme wir wirklich nutzen können, um Gutes für unsere Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu erreichen.
Mit diesen beiden Programmen konnten in den vergangenen Jahren zahlreiche abschlussgefährdete Jugendliche in ihren beruflichen und ihren Lernkompetenzen gestärkt und zu einem Abschluss geführt werden. Auch deswegen ist die Quote der Schulabbrecher in Hessen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.
Es wurde schon gesagt: Das Geheimnis dieses Erfolgsmodells besteht in der Kooperation von allgemein- und berufsbildenden Schulen miteinander und mit den Betrieben, in der Kombination von allgemeinbildendem und berufsbildendem Unterricht mit betrieblichen Lerntagen – und das alles mit einer intensiven sozialpädagogischen Begleitung. Das ermöglicht es den Jugendlichen, Erfahrungen in
der Arbeitswelt zu sammeln, unterschiedliche Berufsfelder kennenzulernen und sich so frühzeitig auf die Anforderungen einer beruflichen Ausbildung vorzubereiten.
Deswegen sage ich auch gerne ein paar Worte zur Zukunft. Herr Abg. Greilich, Sie haben das eingefordert. Aber spätestens als Sie uns den Vorschlag für einen bestimmten Namen gemacht haben, den wir diesem Programm geben sollen, wurde offenbar, dass Sie sehr viel genauer über die Überlegungen in unserem Ministerium informiert sind, als Sie das hier am Pult zum Ausdruck gebracht haben.
Man muss aber sagen: Ein solcher Antrag für ein Programm aus dem Europäischen Sozialfonds ist 100 Seiten dick und enthält jede Menge Details. Daher eignet er sich nicht für eine detaillierte Diskussion hier im Plenum. Lassen Sie mich also nur ganz kurz umreißen, welches die wesentlichen Voraussetzungen und Elemente dieses neuen Programms sein werden.
Es wird ein ähnliches Projekt sein. Wir wollen die Mittel, die wir aus dem Europäischen Sozialfonds beantragen, auch weiterhin auf Jugendliche mit besonderen Leistungsund Lernschwächen konzentrieren. Kleine Lerngruppen, projektorientierter Unterricht, Praxistage in Betrieben und vor allem die sozialpädagogische Begleitung bleiben die Grundelemente dieser Förderung.
Frau Abg. Cárdenas, ich möchte betonen: Das ist eine andere Form individueller Förderung. – Jetzt ist sie gar nicht da.
Oh, Entschuldigung. Ich bitte um Verzeihung, das habe ich nicht mitbekommen. Dann drehe ich mich jetzt ein bisschen nach hinten.
Das ist eine andere Form individueller Förderung, keine schlechtere. Aber manchmal muss man eine gewisse Zeit vergehen lassen, um festzustellen, welche Art individueller Förderung Jugendliche brauchen. Ich kann keine Zehnjährigen zu Praxistagen in Betriebe schicken. Es muss sich erst einmal herausstellen, wie Jugendliche in einer bestimmten Schullaufbahn agieren, wie sie das annehmen und wie man sie dann in ganz spezieller Weise dahin bringen kann, diesen Weg erfolgreich zu Ende zu gehen.
Meine Damen und Herren, es ist auch schon gesagt worden: Dieses Programm, das wir mit dem Europäischen Sozialfonds neu auflegen wollen, kann natürlich nicht identisch mit dem alten sein. Es darf schon ähnlich sein. Es darf die gleiche Zielrichtung verfolgen. Es kann aber nicht identisch sein.
Aber man lernt aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre dazu. Deswegen: Ja, es wird Änderungen geben. Wir werden noch mehr Flexibilität in dieses Programm hineinbringen. Den Schulen soll es freistehen, ob sie in der 8. oder in der 9. Klasse mit dem Projektunterricht beginnen.