Protocol of the Session on May 21, 2014

muss. Ich kann Ihnen nur sagen – deshalb bin ich dankbar für diesen Antrag –, wir sollten dies mit großer Intensität, aber ohne Schaum vor dem Mund tun.

Das Thema ist auch nicht neu. Vor rund einem Jahr hat sich die 80. Umweltministerkonferenz genau mit diesem Thema beschäftigt. Was haben die dort diskutiert? – Sie haben sich genau aus dem Grund, weil wir nicht sicher sein können, ob diese Rücklagen dauerhaft zur Verfügung stehen und wie man sie gegebenenfalls einsetzen kann, mit einer Fondslösung beschäftigt, also eine differenzierte Betrachtung.

Auch in der Öffentlichkeit gibt es eine differenzierte Betrachtung. Ich finde insbesondere für die SPD – deshalb habe ich mir das mitgebracht –, sie sollte die Position ihres umweltpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion einmal zur Kenntnis nehmen. Kollege Miersch hat ausweislich des „Handelsblatts“ von gestern Folgendes gesagt:

Man hat sich schon viel zu lange davor gedrückt, die Atomrückstellungen ernsthaft zum Thema zu machen. Die Fragen, ob die Rückstellungen im Ernstfall wirklich realisierbar sind und wie hoch der Mittelbedarf für Rückbau und Entsorgung tatsächlich ist, gehören auf die Tagesordnung.

Wir sind offen in dieser Diskussion, und wir nehmen zur Kenntnis, wie auch in der Öffentlichkeit und von interessierter Fachseite die Diskussion geführt wird. Ich fand ein Interview des Forschungskoordinators des Öko-Instituts bemerkenswert. Das kann man in der „Frankfurter Rundschau“ vom 15. Mai 2014 nachlesen. Er macht da sehr deutlich, dass es gute Gründe gibt, Stiftungs- oder Fondsmodelle sehr intensiv zu prüfen.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so ist es!)

In einem Kommentar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 15. Mai 2014 steht – ich zitiere –:

Das Thema verdient eine ehrliche Debatte und keine reflexhafte Ablenkung.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Genau so ist es.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, aus Sicht der Landesregierung geht es nicht darum, die Kraftwerksunternehmen von ihren Verpflichtungen zu befreien. Es geht schon gar nicht um Geschenke an Konzerne. Aber es muss darum gehen, nüchtern abzuwägen und den besten Weg für eine sichere, eine finanzierbare und eine nachhaltige Beseitigung der Lasten der nuklearen Energieerzeugung zu finden. Das ist die Richtschnur des Handelns der Landesregierung. Danach wird die Regierung ihr Handeln auch ausrichten. Darüber wollte ich Sie zu Beginn der Debatte unterrichten. – Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Was heißt das jetzt?)

Vielen Dank. – Ich darf mitteilen, dass den Oppositionsfraktionen jeweils 1:30 Minuten Redezeit zugewachsen ist. Das heißt, die Redezeit beträgt 11:30 Minuten.

Bevor ich Herrn Gremmels das Wort erteile, möchte ich gern noch eine Delegation aus der Provinz Quang Ninh aus Vietnam begrüßen, die sich auf einer Studienreise in Hessen befindet. – Herzlich willkommen im Landtag.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat Herr Kollege Gremmels für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, dass es einen SPD-Antrag gebraucht hat, damit das Thema Rückstellungen für den Rückbau der Atomkraftwerke im Landtag thematisiert wird, obwohl doch die selbst ernannte Atomausstiegspartei die GRÜNEN die Regierung mit stellen. Sie waren nicht in der Lage, dieses Thema im Landtag angemessen zu setzen. Das ist Fakt.

(Beifall bei der SPD)

Weil die Regierungsfraktionen nicht in der Lage waren, einen ordentlichen Antrag vorzulegen, musste der Ministerpräsident den Antrag der SPD-Fraktion loben.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Das gilt zumindest für zwei der fünf Punkte. Das ist schon viel wert. Damit geben wir uns schon zufrieden, auch wenn Sie, Herr Ministerpräsident, zehn Minuten lang auf die Opposition geschimpft haben, bevor Sie dann in zwei Minuten auf das wichtige Thema eingegangen sind. Herr Ministerpräsident, das spricht gegen Sie.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen gleich auf Ihre Rede eingehen. Sie haben das eingefordert. Sie haben das Wort ergriffen, damit wir uns anschließend an Ihrer Rede abarbeiten können. Herr Ministerpräsident, das mache ich sehr gerne.

Ich fand es schon spannend, wie Sie das hier angegangen sind. Das geschah nach dem Motto, zu sagen, in den Abschaltverfügungen aller Länder stünde das Gleiche.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist falsch!)

Das ist schlichtweg falsch.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Ein Blick in die Akten hilft da.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden im Untersuchungsausschuss die entsprechenden Vorhaltungen machen. Es war doch die Staatskanzlei, also Sie, die die Abschaltverfügung abgeändert hat. Im Entwurf stand: „Auf Bitten des Bundes …“ Sie haben es abgeändert in „auf Schreiben des Bundes …“ Herr Ministerpräsident, Sie haben genau das, wovon Sie hier gesagt haben, es wäre Konsens, geändert und damit deutlich gemacht, dass die Verantwortung beim Bund liegt. Das ist in den Akten dokumentiert.

(Beifall bei der SPD)

Das werden wir im Untersuchungsausschuss aufklären. Das war das Erste.

Ich möchte etwas Zweites zu Ihren Ausführungen sagen. Sie sagen, man hätte locker auf die Anhörung verzichten können, die Anhörung sei überflüssig. Ich weiß gar nicht, warum wir Verwaltungsverfahrensgesetze haben. Natürlich sind die Betroffenen anzuhören. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist in einer Demokratie deren gutes Recht.

(Beifall bei der SPD)

Das kann man nicht mit Verweis auf Zeitungsartikel sozusagen en passant vom Tisch wischen. Warum macht man denn Anhörungen? – Man macht sie, damit die Anzuhörenden die Möglichkeit haben, z. B. auf Fehler in der Abschaltverfügung hinzuweisen.

Das heißt, wenn Sie RWE angehört hätten, dann hätten die Ihnen gesagt, dass das leider die falsche Rechtsgrundlage ist. Übrigens, wir als SPD und mein Kollege Norbert Schmitt haben das damals schon gesagt. Wir hätten uns damit diesen Prozess erspart. Deswegen macht man Anhörungen. Dass ich als Politikwissenschaftler Ihnen als Jurist das erklären muss, ist meiner Ansicht nach sehr interessant.

(Beifall bei der SPD)

Herr Al-Wazir, Sie haben von der Regierungsbank die Frage dazwischengerufen, ob wir denn nicht abschalten wollten. Herr Al-Wazir, das finde ich wirklich dreist. Wir haben damals gemeinsam mit Ihnen ein Atomausstiegsgesetz, ein Abschaltgesetz, gefordert. Das wäre der richtige Weg gewesen. Deswegen verbitte ich mir diese Zwischenrufe von der Regierungsbank.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass mit der Veröffentlichung des „Spiegels“ von vorletzter Woche die Argumentation der Atomlobby wie auch die der CDU und der FDP, die jahre- und jahrzehntelang die Atomkraftwerke als sicher und sauber und deren Strom als preiswert bezeichnet haben, endgültig zusammengebrochen ist. Dass die Nutzung der Atomkraft nicht sicher ist, wissen wir, die Mitglieder der SPD, seit dem Unglück in Tschernobyl. Die Mitglieder der CDU und der FDP haben 25 weitere Jahre und das Unglück von Fukushima gebraucht, um zur gleichen Erkenntnis zu kommen.

Dass sie nicht sauber ist, wissen wir mit Blick in die Asse auch. Dort liegen korrodierte Fässer mit Atommüll, die wir für mindestens 6 Milliarden € bergen müssen. Auch das ist bekannt.

Dass sie nicht preiswert ist, räumt inzwischen auch die Atomwirtschaft mit ihrem Offenbarungseid mit überraschender Deutlichkeit ein. Ich finde, das ist in der Tat sehr überraschend.

Somit ist auch das letzte Argument der Kernkraftbefürworter vom Tisch, das sie immer wie eine Monstranz vor sich hertrugen. Preiswerte Nutzung der Atomenergie gibt es nicht mehr. Es hat sie in Wirklichkeit nie gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nach den Veröffentlichungen im „Spiegel“ hat sich die Atomwirtschaft überlegt, wie man damit umgehen soll. Die „Wirtschaftswoche“ zitiert aus einem Protokoll, das auf

grund einer Schaltkonferenz nach der Veröffentlichung des Artikels im „Spiegel“ herausgekommen ist:

„Es wird die Erwartung/Hoffnung geäußert, dass sich das Thema medial in den nächsten Tagen erledigt“, heißt es in dem Kurzprotokoll der Schaltkonferenz,...

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Gefallen werden wir der Atomwirtschaft nicht tun. Wir werden das hier thematisieren, weil wir gerade in Hessen mit dem Atomkraftwerk in Biblis auch Verantwortung für die Folgekosten der Nutzung der Atomenergie haben.

(Beifall bei der SPD)

Eine Woche weiter hat anscheinend auch RWE erkannt, dass bei dem Thema Ignorieren und Aussitzen der falsche Weg ist. Nicht anders ist zu erklären, wie sich heute RWEChef Peter Terium gegenüber der Öffentlichkeit äußert – ich habe es als Quelle aus NTV, ich zitiere jetzt Herrn Terium –: