Protocol of the Session on September 28, 2017

(Beifall bei der LINKEN)

Nehmen Sie diesen Antrag ernsthaft auf die Tagesordnung und beschäftigen sich damit. Schieben Sie auch das nicht auf die lange Bank. Das kann man doch sehen, dass Sie das tun, wenn man Ihren Antrag liest. Er ist voll von blumigen Ankündigungen und voll von freundlichem Gelobe, er ist aber nicht konkret. Das Thema ist doch seit Jahren auf der Agenda, seit dem Jahr 2012 beantragen wir es.

Wenn Sie dann immer noch feststellen müssen, dass die Zahlen und Informationen, die Sie haben, mit der Realität ziemlich wenig zu tun haben, dass Ihr Handlungsdruck offensichtlich so gering ist, dass Sie seit Jahren nichts tun und es jetzt wieder auf die lange Bank schieben, dann ist das ein Zeugnis dafür, dass Sie nicht mit den Problemen dieser Menschen umgehen. Wir reden doch nicht davon, dass wir anschließend pleitegehen, wenn wir diese Menschen materiell ein kleines bisschen besser ausstatten, um den Familien um sie herum zu ermöglichen, ein paar Leistungen dazuzukaufen, die diese Menschen dringend für ihre Lebensqualität brauchen.

Wir reden hier nicht von nennenswerten Beträgen. Dadurch wird der Landeshaushalt nicht ins Rutschen kommen. Sie werden deswegen auch keine neuen Schulden aufnehmen müssen. Trotzdem sperren Sie sich, trotzdem verwehren Sie sich. Das kann niemand mehr nachvollziehen. Das können die Betroffenen nicht nachvollziehen, das können deren Angehörige nicht nachvollziehen, und diejenige, die die Hilfsmöglichkeiten haben und nicht anbieten können, können das auch nicht nachvollziehen.

Was Sie da machen, ist eine Basta-Politik, die kein Mensch verstehen kann, mit freundlichen, blumigen Ankündigungen für irgendwann in der Zukunft. Diese Ankündigungen für irgendwann in der Zukunft betreiben Sie schon seit Jahren. Wann gedenken Sie denn eigentlich zu handeln? – Sie sagen uns immerzu einen Zeitpunkt in irgendeiner Zukunft. Jetzt ist der Zeitpunkt, zu dem Sie handeln müssten und zu dem Sie handeln können.

Es liegen die entsprechenden Gesetzentwürfe und Anträge vor. Wir sind in der Haushaltsberatung. Nehmen Sie das auf, setzen Sie das endlich im Interesse der Menschen um, die in diesem Land betroffen sind. Hören Sie auf, nur Ankündigungspolitik zu machen. Das hilft niemandem weiter, den Betroffenen am allerwenigsten.

Ihnen als Regierung hilft es im Übrigen auch nicht, denn Sie brechen sich keinen Zacken aus der Krone. Sie gewinnen Punkte, wenn Sie es machen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich an der Stelle verweigern. Es gibt keine logische Begründung dafür. Tun Sie es, es ist höchste Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Reul für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich habe ich erwartet, so wie sich auch die ersten Rednerinnen und Redner eingelassen haben, dass wir zu dem Thema Landesblindengeldgesetz einen großen Konsens haben. Ich habe zumindest verspürt, dass wir in den grundsätzlichen Linien einen Konsens haben, uns nur in Nuancen unterscheiden und noch die eine oder andere Gewichtung vornehmen.

Frau Kollegin Schott, was Sie dargestellt haben, ist bar jeder Wirklichkeit, strotzt vor unwahren Vorwürfen und war am Thema vollkommen vorbeigeredet.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das sollen doch diejenigen beurteilen, die betroffen sind!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Schott, ich will dieses eine Argument aufgreifen. Wenn Sie hier erwähnen, die Landesregierung beabsichtige, kein Landesblindengeldgesetz mehr zu machen, dann frage ich mich: Wo sind Sie eigentlich? Haben Sie eigentlich die Grundlage verinnerlicht, warum wir ein Landesblindengeldgesetz machen? Wissen Sie, was die Grundlage ist, was sich geändert hat und warum wir das anpassen?

(Marjana Schott (DIE LINKE): Und warum verlängern Sie das Gesetz dann nicht?)

Liebe Frau Schott, wir können nachher ein Zwiegespräch führen. Ihre Hinweise sind an dieser Stelle wenig sachdienlich.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Wir wollen, dass die Erhöhung des Pflegegeldes bei den Behinderten schnell ankommt.

Dies haben auch alle Anzuhörenden in der Anhörung am 17. August, an der wir gemeinsam teilgenommen haben, begrüßt. Darauf haben auch alle Rednerinnen und Redner hingewiesen, dass diese Anhörung beeindruckend war und dass wir die Hinweise aufgenommen haben. Unser Gesetzentwurf sieht eine Anpassung vor, die allen blinden Menschen zugutekommen soll. Daher sollten wir auch den Gesetzentwurf sehr zeitnah verabschieden.

Vielleicht – das ist nach den Einwürfen meiner Vorrednerin doch nötig, obwohl ich den Teil eigentlich weglassen wollte – sollte ich einfach noch einmal zwei oder drei Fakten hier aufzählen, warum wir dies hier eigentlich tun. Mit der Änderung des SGB XI wurde auch eine Anpassung der im hessischen Blindengeldgesetz enthaltenen Anrechnungsregelungen von Pflegegeld auf das Behindertengeld erforderlich, sehr geehrte Frau Kollegin Schott. Sie wissen das eigentlich. Deshalb wundert es mich, dass Sie etwas anderes behaupten.

Mit der Neuregelung ist nämlich im Wesentlichen beabsichtigt, dem Systemwechsel vom SGB XI von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade Rechnung zu tragen, ohne dass eine Verschlechterung oder eine finanzielle Einbuße der betroffenen Menschen an dieser Stelle vorgenommen wer

den muss. Deshalb haben wir auch den Gesetzentwurf eingebracht und die Veränderungen, die vorgegeben sind, aufgenommen und haben die einzelnen Sätze angepasst.

Lassen Sie mich noch auf das eingehen, was wir in der Anhörung gemeinsam besprochen haben und was die Anzuhörenden uns in einer beeindruckenden Art und Weise geschildert und dargestellt haben. Es wurde dabei z. B. auch angesprochen, dass kein Anspruch auf Landesblindengeld besteht, wenn der Wohnsitz vor der Aufnahme in eine hessische Einrichtung außerhalb Hessens gewesen ist. Das ist ein Problem.

In den Genuss von Landesblindengeld eines Bundeslandes kommen nämlich nur Blinde und sehbehinderte Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Bundesland haben. Verziehen sie in ein anderes Bundesland, erlischt ihr bisheriger Anspruch. Ein neuer Anspruch auf Landesblindengeld kann nur dann entstehen, wenn in dem neuen Bundesland wieder ein gewöhnlicher Wohnsitz gegründet wird. Jetzt kommt die problematische Situation: Dies entsteht aber nicht bei der Unterbringung in einer Einrichtung. Diese Verfahrensweise gilt aber in allen Bundesländern. Dies wurde uns auch als Problem geschildert. Bisher greift in solchen Fällen die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII.

Darüber hinaus wurde in der Anhörung auf die hohen Anforderungen an die Taubblinden-Assistenten und deren aufwendige Qualifikation aufmerksam gemacht. Kollege Rock hat schon einige Ausführungen dazu gemacht. Dem hessischen Sozialministerium sind jedoch, abgesehen von Nordrhein-Westfalen, bisher keine weiteren Erfahrungen anderer Länder bekannt, die eine entsprechende Qualifikation fördern bzw. unterstützen.

Auch gibt es diesbezüglich keine abschließende Positionierung. Erstgespräche mit dem Taubblindenverein fanden schon im Jahr 2013 statt. Der besondere Bedarf der taubblinden Menschen zur gesellschaftlichen Teilhabe wird anerkannt, und das zuständige Fachreferat wird auch weiterhin Gespräche mit dem Taubblindenverein führen, um auch dort die konkreten Bedarfe gemeinsam und konsensual abzuklären.

Uns ist jedoch bewusst, dass für einige Menschen mit Behinderungen der Zugang zum Leistungssystem der Sozialgesetzbücher erschwert ist. Dies betrifft z. B. die taubblinden Menschen, die bei der Kommunikation auf die taktile Gebärdensprache angewiesen sind. Um eine verbesserte Ansprache auch in diesem Fall für die zur Verfügung stehenden Leistungen zu gewährleisten und in den Gesprächen darauf hinzuweisen und auch aufklärend zu wirken, ist es natürlich möglich, dass dann unabhängige Teilhabeberatungsstellen eingeführt werden – gemäß dem Bundesteilhabegesetz, wie dieses es vorsieht.

Das ist ein wichtiger Punkt. Diesen möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, weil er nämlich eine Hilfestellung gibt und auch den taubblinden Menschen an dieser Stelle einen Zugang ermöglicht, der für diese explizit wichtig ist, damit sie auch die Leistungen, die ihnen zustehen, an dieser Stelle abrufen und einfordern können.

Dies ist ein niedrigschwelliges Angebot, das die Leistungsberechtigten über ihre Ansprüche informiert. Es sollte also in erster Linie darum gehen, bei der Auswahl der Dienste, die die Teilhabeberatung anbieten, entsprechende Kenntnisse in der taktilen Gebärdensprache positiv zu berücksichtigen.

Die Argumente haben wir schon sehr vielfältig ausgetauscht. Ich will es noch einmal betonen: Es ist erfreulich, dass zumindest all die Rednerinnen und Redner, die guten Willens sind und sich in dieses Thema eingebracht haben, das Thema auch ernst nehmen und das Thema so behandeln, wie es angemessen ist.

Deshalb glaube ich abschließend: Wenn wir dieses Thema auch weiterhin gemeinsam im Sinne der betroffenen Menschen so weiterbehandeln, dann gehen wir sehr verantwortungsvoll mit diesem Thema um. Lassen Sie uns dies ohne Polemik, sondern sachgerecht an der verantwortlichen Stelle diskutieren. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Staatsminister Grüttner.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, zu dem Inhalt des Gesetzentwurfs und der Notwendigkeit ist an dieser Stelle alles gesagt worden.

Eines will ich aber an dieser Stelle schon noch einmal betonen, wenn es um die Unterstützung taubblinder Menschen geht. Unbestreitbar ist, dass es ein Personenkreis mit einer solchen Behinderung ausgesprochen schwer hat, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu haben. Das ist auch unstreitig. Es ist auch unstreitig, dass diesem Personenkreis besonders geholfen werden muss. Die Lösung, um die wir ringen, beschäftigt sich damit, auf welchem Wege es möglich ist, diesem Personenkreis zu helfen.

Da gibt es eben unterschiedliche Auffassungen, weil die Unterstützung taubblinder Menschen, die fraglos notwendig ist, nicht, wie in dem Gesetzentwurf der SPD gefordert, mit einer konkreten Zweckerreichung in Form einer Abkoppelung und Verdoppelung des Blindengeldes, sondern im Rahmen von passgenauen zielgerichteten Maßnahmen, die den Menschen direkt bei der Bewältigung des Alltags helfen, geschehen soll.

Auf diesem Weg befinden wir uns. Insofern ist der Antrag der Koalitionsfraktionen hier auch keine blumige Absichtserklärung, sondern der deutliche Hinweis, genau diese passgenauen Hilfen in den Blick zu nehmen und sie entsprechend umzusetzen. Darum geht es uns. Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass irgendjemand in diesem Hause die Notwendigkeit von besonderer Unterstützung von taubblinden Menschen infrage stellt, sondern es geht um die Frage, wie diese Unterstützung ganz genau aussieht.

Ansonsten gebe ich meinen Redeentwurf zu Protokoll.

(Siehe Anlage 2 – Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Damit sind wir am Ende der Debatte.

Der Tagesordnungspunkt 13, Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucks. 19/4467, wird zur Vorbereitung der drit

ten Lesung an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss überwiesen.

Über Tagesordnungspunkt 14, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. 19/4816, können wir jetzt abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das sind die Fraktion der LINKEN und die Abg. Öztürk. Damit ist dieses Gesetz mehrheitlich verabschiedet und zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Tagesordnungspunkte 54 und 75 werden an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss überwiesen.

Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich den Reigen der Verabschiedungen noch fortsetzen. Staatssekretär Jung ist noch einmal hier bei uns erschienen. Er war sieben Jahre lang Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und hat sich dort für die Belange von Hochschulen und Kultur eingesetzt. Dafür möchte ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzlich danken und Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft im Bundestag und viel Spaß dort an der Arbeit wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Damit Sie dort auch die hessischen Zeiten nicht vergessen, auch für Sie hier noch der kleine Zeitmesser aus unserem Bundesland.

(Vizepräsidentin Heike Habermann überreicht ein Präsent.)

Kolleginnen und Kollegen, dann steigen wir wieder in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und zur Aufhebung der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Drucks. 19/5233 zu Drucks. 19/4895 –

Berichterstatter ist Abg. Reul. Ich bitte um die Berichterstattung.