Es liegt mir völlig fern, irgendwelche Schuldzuweisungen zu machen, aber umgekehrt kann man sie dann auch nicht von anderer interessierter Seite machen, wenn schon der Städte- und Gemeindebund für sich reklamiert: Wir geben Ihnen keine Antworten, weil es so aufwendig ist. – Wenn der Landkreistag ähnlich antwortet, dann ist es schwierig, tatsächlich zu sagen: Liebe Landesregierung, ihr seid schuld.
Das ist die rote Linie, die sich durchzieht. Wenn man weiß, dass tatsächlich die Landkreise, Städte und Gemeinden zuständig wären, den Bedarf von Ü 3 und U 3 festzustellen, dann ist es schon ganz spannend, dass viele Zahlen nicht vorgelegt werden konnten. Wenn ich diese Provokation ein bisschen annehmen wollte, wozu meine Lust am Abend des dritten Plenartages relativ gering ist, sei mir die Bemerkung gestattet, dass wir in den Kreisen Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Gießen, Lahn-Dill, Main-Kinzig, Marburg-Biedenkopf, Odenwald, Schwalm-Eder, Vogelsberg, Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner, Wetterau oder Wiesbaden sozialdemokratische Regierungen haben, entweder durch Landräte, Dezernenten oder andere hauptamtlich Verantwortliche. Daher muss man sich schon die Frage stellen, wenn Sie mit einem Finger auf die Landesregierung zeigen, weil nicht bedarfsgerecht geplant werde, ob nicht mindestens vier Finger auf diese sozialdemokratischen Hauptverantwortlichen zeigen. Das muss man in diesem Hause ruhig einmal sagen dürfen.
Ich finde, wenn man als SPDler vor Ort für die Bedarfsplanungen zuständig ist und die Zahlen nicht liefern kann – daran sind manchmal auch GRÜNE beteiligt,
aber wir GRÜNE haben diese Anfrage nicht eingebracht; wir haben auch keine Schuldzuweisungen betrieben –, dann sollte man die Fragen vielleicht einmal denjenigen stellen, die dafür zuständig sind. Das wäre in dieser Situation vielleicht angebracht.
In der Tat sind die wenigen Zahlen, die vorliegen, nicht nur befriedigend. Ich sage Ihnen einmal ein Beispiel; denn auf Seite 9 wird ausgeführt, der Landkreis Marburg-Biedenkopf melde eine „heterogene Situation“.
Während in einigen Kommunen vereinzelt Gruppen – wegen eines Überangebotes an Ü-3-Plätzen – geschlossen werden mussten, bestehen in anderen Kommunen Versorgungsengpässe …
Damit werden zwei Dinge beschrieben: Zum einen ist es sehr heterogen, und es ist eben nicht einfach nach irgend
welchen durchschnittlichen Quoten Alarm zu schlagen, sondern man muss genau hinschauen. Zum anderen ist es offensichtlich, dass es tatsächlich noch zu Engpässen kommt. Wenn ich dann auf Seite 9, unten, für den sozialdemokratisch regierten Vogelsbergkreis lese: „In 40 % der Gemeinden fehlen Ü-3-Plätze“, also Kindergartenplätze – und das Kindergartengesetz haben wir nun schon sehr lange –, muss man tatsächlich einmal darüber nachdenken, warum das eigentlich so lange nicht problematisiert und verbessert wurde. Man muss noch eine ganze Menge tun, aber das hat um Gottes willen nichts damit zu tun, dass es die jeweilige Hessische Landesregierung verschläft, sondern der sozialdemokratische Landrat, wenn man das einmal so sagen darf.
(Heike Hofmann (SPD): Das hat etwas mit der Autorität der Kommunen zu tun! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Frau Hofmann erklärt das gleich!)
Es bleibt aber ein Problem. Wenn von der SPD sowie von Abg. Merz der Versuch unternommen wird, aufgrund eines angeblichen Desinteresses usw. die Schuld bei der Landesregierung zu suchen – nur deshalb reagiere ich darauf –, dann finde ich es, um im Bild zu bleiben, wirklich Kindergartenkram, zu fragen, wer nun der Schuldige sei. Fakt ist, dass in den zuständigen Gemeinden offensichtlich Plätze fehlen. Fakt ist wohl auch, dass sie dies nicht ordentlich beplanen. Wir als Land können Folgendes tun: Wir können die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sie das tun; wir stellen weitere 86 Millionen € für Investitionskosten zur Verfügung,
die, wie wir fairerweise sagen, vom Bund kommen. Wir behalten sie aber nicht; wir haben keine klebrigen Finger; wir geben sie gern weiter. Wenn die Leute dort ihre Plätze ausbauen wollen, dann können sie dies tun. Ich freue mich auf Ihre Anfrage an Herrn Landrat Görig, wie er denn dazu kommen will, minus 40 % an Plätzen nachzuholen. Wir sind darauf gespannt, was sein Plan ist, um diesen Ausbau an Plätzen nachzuholen. Wir stehen dem runden Tisch im Vogelsberg auch gern zur Seite. Was immer wir tun können, werden wir tun.
Ich sehe den Kollegen von der CDU, der gerade nickt. Ich glaube, das gehen wir gern gemeinsam an. – So viel zu diesem Thema.
Ich habe die Wette gewonnen; es gelingt mir, den Kollegen Merz zur dritten Runde zu provozieren. Ich hoffe, Sie sind mir nicht zu sehr gram.
Darüber hinaus haben wir andere Fragen zu beantworten. Eine andere Frage lautet: Fachkräftemangel, ja oder nein? – Natürlich gibt es diesen Fachkräftemangel, aber auch hierauf gibt es zu der Großen Anfrage eine Antwort. Wir haben zumindest eine positive Tendenz, wenn wir noch 2010 von 4.500 Ausbildungsplätzen sprachen und 2016 von fast 9.000 Ausbildungsplätzen sprechen. Daher können wir von einer positiven Tendenz bei der Erzieherinnenausbildung sprechen. Dass das nicht reicht, ist unstrittig. Aber man kann auch nicht das Bild stellen, wie Sie das genüsslich tun wollen, nach dem Motto: „Da passiert ja
nichts; die verstehen den Gong nicht; die reagieren nicht“. Das ist so eine Verdoppelung dieser Zahlen, daher kann man das beim besten Willen nicht tun. Diese Provokation geht ins Leere.
Herr Merz, da Sie sicherlich noch einmal reden werden, weil Sie immer gern und viel reden, und wir uns auf Ihre weitreichenden Ausführungen freuen, nenne ich Ihnen gern noch einmal das Stichwort „Landeselternbeiräte“. Auch dazu finde ich die Antwort auf die Große Anfrage sehr hilfreich. Man kann sehen, dass es doch tatsächlich drei Bundesländer gibt, die keine Landeselternbeiräte haben. Auch diese werden sozialdemokratisch regiert. Auch dort hat der Untergang des Abendlandes offensichtlich noch nicht begonnen.
Man kann darüber diskutieren, wie man die Interessenvertretungen auf Landesebene organisiert, ob das Ausschüsse sind, ob das im Jugendhilfeausschuss passiert, oder wo immer sich Menschen treffen können. Aber der Empörungsgrad sollte sich doch, wenn Sie regieren, an den Sozialdemokraten messen. Diese machen das ansonsten auch. In den drei genannten Bundesländern machen auch Sie es nicht. Von daher: Drehen wir doch einfach die Temperatur um ein paar Grad runter.
Ich finde, da sind interessante Hinweise drin. Ich finde auch, dass die Anzahl der betreuten Kinder – wie wir wissen, reden wir nicht von Platzzahlen, sondern von der Anzahl der betreuten Kinder – deutlich zugenommen hat. Ich finde auch, dass die Betreuungszahlen recht hoch liegen. Sie müssen immer noch besser werden. Wir kennen doch die ganzen Baustellen.
In meinen letzten zwei Minuten will ich noch sagen – ich will mich nicht dem Vorwurf aussetzen, irgendetwas schönzureden; das habe ich schon häufig betont –:
Kinderbetreuung ist ein historischer Prozess, in dem wir uns befinden. Wir wissen, dass es erst seit 1994 einen Rechtsanspruch für die Betreuung von Kindern über drei Jahren gibt und seit 2012 für die Betreuung von unter Dreijährigen. Wir wissen, dass die Professionalisierung erst seit zwei Jahrzehnten eingesetzt hat. Wenn man das mit der Schule vergleicht, in der es seit 100 Jahren die Schulgesetze gibt, dann stellt man fest, dieser Professionalisierungsprozess geht mit großen und rasanten Schritten voran. Von den 510 Millionen €, die wir zur Verfügung stellen, sind 440 Millionen € für die Beitragsfreiheit, 86 Millionen € für die Investitionskosten und 50 Millionen € für die Qualität – weil Sie uns nach unserer grünen Linie gefragt haben, Herr Rock.
Das ist auch die Linie der Hessischen Landesregierung. Wir investieren in den Ausbau und in die Qualität und gleichzeitig in eine familienpolitische Entlastung. Keiner der Rednerinnen und Redner von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würde behaupten, dass es sich um das Ende des Prozesses handelt.
Wir wissen um die Baustellen, wir wissen, dass weiter das Personal in den Kitas belastet ist. Wir wissen, dass es nach wie vor längerer Betreuungszeiten bedarf. Wir wissen, dass auch die Qualität besser werden muss und die Familien
entlastet werden müssen. Das bezieht sich auch auf die Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Das sind doch alles Felder, die wir sehen. Da ist doch kein Mensch blind.
Nur, wer regiert, muss es seriös finanzieren, muss schrittweise vorgehen, muss Konzepte vorlegen. Jetzt liegt ein Konzept vor. Ich finde, es ist ein gutes Konzept. Es wird jetzt in der Fachwelt diskutiert. Wie immer, kann man alles besser machen. Unser Konzept ist im Gegensatz zu dem, was mir sonst bekannt ist, wenigstens seriös durchdacht und konzipiert. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich nehme zur Kenntnis, dass der Kollege Bocklet leicht zu provozieren ist. Ich hatte ihn gar nicht angesprochen, wenn ich mich recht entsinne, und ich fand auch, dass ich für meine Verhältnisse ziemlich moderat war. Wie dem auch sei, ich will zwei bis drei Dinge sagen.
Erstens. Herr Kollege Bocklet, manchmal ist eine Frage nur eine Frage. Manchmal sind auch ganz viele Fragen zunächst einmal nur Fragen. Wir haben Fragen gestellt, um eine Geschäftsgrundlage für eine weitere Debatte zu bekommen. Wir haben Fragen gestellt, von denen wir der Auffassung sind, dass eine Landesregierung sie beantworten können muss. Das war der Punkt.
Mit diesen Fragen ist überhaupt noch keine Kritik verbunden. Sie haben so getan, als sei es schon eine Majestätsbeleidigung, die Landesregierung irgendetwas zu fragen.
Das kommt aus dem Munde von jemandem, der die letzte Legislaturperiode damit zugebracht hat, die Landesregierung danach zu fragen, wie viele Plätze eigentlich fehlen, wie viele vorhanden sind, wie viele sie zu finanzieren gedenkt und wer das Geld aufbringt. Da sind Sie genau der Richtige, uns in dieser Beziehung Vorhaltungen zu machen.
Zweitens. Sie haben das Spiel betrieben, dass Sie anderen etwas vorwerfen. Sie haben mit Fingern auf Leute gezeigt, nur dass bei Ihnen die Finger auf Leute gerichtet waren, die nicht zuständig sind. Sie haben mit Fingern auf die Landkreise gezeigt, die für die Frage des Ausbaus, der Finanzierung und der Unterhaltung von Kinderbetreuungseinrichtungen nun wirklich die Letzten in der Zuständigkeitskette sind. Die Landkreise haben eine Aufgabe in der Gesamtplanung, sie haben eine Aufgabe in der Fachberatung und in der Kindertagesstättenaufsicht. Sie sind aber
Insofern ist es völlig unerheblich, ob in Marburg-Biedenkopf eine sozialdemokratische Landrätin oder, wie bis vor bis nicht allzu langer Zeit, eine schwarz-grüne Koalition regiert hat, ob im Vogelsberg der Kollege Görig oder, in den Jahren bis 1999 zurück – da kommen wir immer an, wenn die Kollegin Wiesmann die Zahlen vorträgt –,
ein paar Christdemokraten Landräte waren. Das können Sie sich echt schenken. Wenn Sie tatsächlich glauben, dass das ein Argument ist, dann zeigen Sie nur, dass Sie von Zuständigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe keine Ahnung haben.