Protocol of the Session on August 30, 2017

So erklärt sich die Lücke von gerade mal 1 % im Grundschulbereich, die wir zu Beginn dieses Schuljahres noch hatten. In Beerfelden-Gammelsbach, Herr Abg. Degen, fehlt übrigens niemand. Die 1,5 Stellen dort sind voll besetzt. Im Krankheitsfall hat jede kleine Grundschule ein Problem. Die Stellen sind jedenfalls besetzt. Deshalb fällt diese Lücke mit 1 % so viel niedriger aus als in anderen Bundesländern, wo man unsere Probleme gerne hätte; darauf hat der Abg. Schwarz schon hingewiesen. Wir arbeiten daran, auch diese Lücke bis zum Herbst noch zu schließen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir qualifizieren unsere Lehrkräfte im Umgang mit Heterogenität und individueller Förderung; das ist Punkt 6 des

FDP-Antrags. Genau das ist Gegenstand unseres neuen und umfassenden Fortbildungs- und Beratungskonzepts. Wenn Sie einen Blick in die aktuelle Datenbank werfen, dann stellen Sie fest: Dort stehen 183 Angebote allein zu diesen Themen. Wenn Sie die Inklusion, den Ganztag und die Integration noch hinzunehmen, dann kommen Sie auf über 800 Angebote. Ich finde, das spricht eine mehr als deutliche Sprache.

Die Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen hat die Möglichkeit geschaffen, Verwaltungspersonal im Rahmen des großen Schulbudgets einzustellen. Wir beraten außerdem kontinuierlich mit Praktikerinnen und Praktikern darüber, wie wir die Belastungen der Schulen durch administrative Erfordernisse nach Möglichkeit reduzieren können. Auch da werden wir sukzessive Ergebnisse vorlegen. Das war übrigens Punkt 7 des Antrags der FDP.

Wenn man überhaupt ein Beispiel für bürokratischen Aufwand anführen möchte, über den sich die Schulen heftig beklagt haben, dann lassen Sie mich Ihnen eines nennen, nämlich die Entscheidung, den Schulen die Erarbeitung eigenständiger Schulcurricula für die Sekundarstufe I zu überlassen. Darüber haben sich die Schulen ganz bitterlich beklagt. Da hieß es: Wir brauchen mehr Hilfestellungen, wir brauchen mehr Leitplanken, und wir brauchen mehr Vorgaben. – Das haben wir übrigens bei der Erarbeitung der Kerncurricula für die Sekundarstufe II entsprechend beherzigt.

Nur, wer ist denn auf diesen Gedanken gekommen, dass die Schulen ihre Curricula für die Sekundarstufe I selbst schreiben sollen? – Das stammt aus der Zeit um 2010 herum. Daher sage ich: Wer im Glashaus sitzt, der sollte mit dem Steinewerfen etwas vorsichtig sein.

(Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Nein, da war ich noch nicht Staatssekretär, Herr Abg. Hahn. Das hat das Team Nicola Beer und Ralph Alexander Lorz so vorgefunden.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: An diesem Antrag der FDP lässt sich gar keine Grundsatzdebatte konstituieren. Wenn überhaupt, dann möchte ich etwas feststellen, was in diesem Hause schon einmal bei anderer Gelegenheit gesagt worden ist: Sie wollen offensichtlich noch mehr schwarz-grüne Bildungspolitik. Dies liefern wir Ihnen gerne.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Nein! Definitiv nicht!)

Ansonsten ist es wie in dem Märchen von Hase und Igel: Sie können noch so schnell als Hase in der Furche laufen – diese Landesregierung arbeitet im Zeichen des Igels und ist immer schon vor Ihnen am Ziel. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Lorz. – Herr Kollege Greilich von der FDP-Fraktion hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwischendurch wird man schon mal sprachlos, wenn man den Minister hier reden hört.

(Beifall bei der FDP)

Ich erinnere mich noch sehr gut an eine hervorragende Zusammenarbeit mit einem Staatssekretär Lorz, der sehr daran beteiligt war, dass wir in der letzten Wahlperiode eine so gute Arbeit machen konnten. Und jetzt wird das alles irgendwie relativiert und infrage gestellt. Sagen Sie mal, wo lassen Sie denn Ihre Selbstachtung, Herr Minister?

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU: Er kann sich jetzt frei entfalten!)

Wenn ich dann die Kollegen Wagner und Schwarz in der üblichen Art und Weise höre, ist es immer das Gleiche: Da zeigt der Finger durch das gesamte Bundesgebiet – nach Baden-Württemberg, nach Rheinland-Pfalz und was weiß ich wohin. Sie sollten nur auch daran denken, Herr Kollege Wagner, dass immer auch Finger auf mich selbst zeigen, wenn ich mit den Fingern auf jemand anderen zeige. Das sollten Sie nicht vergessen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Speziell zum Thema Inklusion: Sie versuchen immer wieder, die Realität zu verleugnen und einfach wegzudiskutieren. Ich zitiere aus dem Artikel „Was es heißt, wenn Schulen immer voller werden – das Beispiel der IGS Paul Hindemith“ von Herrn Trautsch aus der „FAZ“: Durch die vielen psychisch instabilen, gewaltbereiten, unruhigen und unkonzentrierten Kinder in den Klassen ist oftmals kein geregelter Unterricht möglich. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister, nehmen Sie doch mal zur Kenntnis, was da draußen passiert, was wirklich in den Schulen los ist.

(Beifall bei der FDP)

Sie aber gehen nach dem Motto vor: Augen zu und durch. – Darum möchte ich noch ein paar Sätze aus dem Brief des Gesamtpersonalrats zitieren, den ich vorhin schon herangezogen hatte. Vorhin hatte ich den Satz zitiert: „Zurzeit findet Inklusion unter widrigsten Bedingungen statt“, da die Zeit nicht ausreicht. Ich will den Absatz gerne vervollständigen; denn hierin wird die Situation sehr gut beschrieben:

Seit zwei Jahren ist die Zahl der Stellen für Förderschullehrkräfte gedeckelt; d. h., die vorhandenen Lehrerinnen und Lehrer stehen einem zunehmenden Stundenbedarf an den allgemeinbildenden Schulen gegenüber. Gleichzeitig geht die Nachfrage nach einem Platz an einer Förderschule nicht in dem geplanten Umfang zurück. Den Beratungs- und Förderzentren, welche die Förderlehrkräfte verwalten, bleibt nur die Verteilung des Mangels. In der Regel stehen daher für den einzelnen Inklusionsschüler nur wenige Stunden zur Verfügung, und an eine Doppelbesetzung im Unterricht ist nicht zu denken.

Herr Minister, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, stellen Sie sich der Realität, und nehmen Sie endlich mal zur Kenntnis, was draußen in der realen Welt passiert, so wie es Ihnen die Lehrerinnen und Lehrer berichten.

(Beifall bei der FDP)

Nach all dieser Lobhudelei, die wir wieder hören mussten, will ich sehr deutlich sagen: Das, was wir mit Blick auf die Flüchtlingsbeschulung erleben, zeigt, dass Sie nicht flexibel auf die Notwendigkeiten reagieren. Sie alle führen die Gespräche mit der Wirtschaft, mit den Handwerkskammern,

(Michael Boddenberg (CDU): Mit den Schülern!)

mit den Vertretern der Handwerker, die Ihnen genau das erklären, was wir Ihnen als Opposition auch immer erklären, dass nämlich das derzeitige Angebot, insbesondere das Angebot im Bereich des Deutschunterrichts, nicht ausreicht. Es reicht nicht, zu sagen: Nach zwei Jahren ist Schluss. Dann müssen sie Deutsch können. Ob sie dann aber Deutsch können, das interessiert uns nicht. – Die starren Altersgrenzen und die zeitlichen Begrenzungen bei InteA-Klassen sind zu wenige Anstrengungen, die diese Landesregierung und diese Koalition unternehmen.

Bei der Alphabetisierung sind die Defizite noch viel größer. Bürokratische Lehrerzuweisungskriterien statt praxisnaher und bedarfsgerechter Entscheidungen sind es, die die Schulen drücken, die die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen treffen.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema Digitalisierung hebe ich mir für die angekündigte Regierungserklärung – Herr Minister, jetzt kommen Sie da nicht mehr raus – in der Runde nach der Bundestagswahl auf.

Ich will eines aber doch noch einmal sagen, was an dieser Stelle gesagt werden muss. Vorhin habe ich schon erwähnt, dass Sie keine Kultur des Vertrauens zu Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu Ihren Lehrerinnen und Lehrern wahren. Stattdessen macht sich – so berichten es Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen sowie die Lehrerinnen und Lehrer – ein Kontrollwahn breit, der immer neue Blüten treibt und die wichtigsten Mitarbeiter in unserem Land, die sich um unsere Kinder kümmern sollen, von der Arbeit abhält. Nicht ohne Grund hört man landauf, landab, dass die einzige Wahrnehmung des Kultusministeriums in den Schulen darin besteht, dass kontrolliert und manipuliert wird

(Beifall bei der FDP)

sowie – das muss man auch einmal deutlich aussprechen – eine in diesem Ausmaß noch nie da gewesene, offenkundig parteipolitisch motivierte Personalpolitik betrieben wird. Es wird berichtet, dass offenkundig der Marschbefehl der Staatskanzlei umgesetzt wird, die Schulverwaltung in Hessen schwarz anzustreichen, egal wie viele Konkurrentenklagen man damit provoziert und produziert.

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Ende.

Ich komme zum Ende. – Angeblich werden Stellen in Hessen erst dann ausgeschrieben, wenn man meint, eine genehme Person zur Besetzung gefunden zu haben. Herr Minister, insofern müssen Sie sich nicht wundern, wenn sich andere Bewerber zur Wehr setzen und damit die notwendige Stellenbesetzung durch die notwendigen gerichtlichen Verfahren verzögern.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Als Nächster spricht Herr Kollege Degen von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich deshalb noch einmal zu Wort gemeldet, weil keiner der Redner von der CDU, von den GRÜNEN oder von der Landesregierung auch nur einen Satz dazu gesagt hat, wie es um die Qualifikation der 6.000 Menschen steht – es geht nicht um die 100 nicht besetzten Stellen –, die nur mit einer Unterrichtserlaubnis unterrichten. Das heißt, diese 6.000 Personen haben kein Lehramt und keine Lehrbefähigung. Diese Personen sind auf Lehrerstellen und geben Noten für unsere Schülerinnen und Schüler. Außerdem leiten sie Klassen. Dabei ist aber völlig unklar, wer dort unterrichtet.

Herr Kollege Wagner, ich rede nicht über Quereinsteigerprogramme. Quereinsteigerprogramme qualifizieren Leute weiter, damit sie sich die pädagogische Qualifikation aneignen können, über die sie nicht verfügen. Dagegen ist nichts zu sagen. An hessischen Schulen sind aber 6.000 Leute im Einsatz, die Studierende sind, die ein Diplom in irgendeinem Fach haben, die aber keine pädagogische Ausbildung haben, die Sie nutzen, um den eigentlichen Lehrermangel in Hessen zu kaschieren. Das ist der eigentliche Skandal in Hessen. Dazu haben Sie kein Wort gesagt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Wagner, natürlich gibt es ein ganzes Portfolio an Problemen und Herausforderungen. Wir diskutieren doch das ganze Jahr über darüber, beispielsweise bei der inklusiven Beschulung, bei der die Rahmenbedingungen nicht so gut sind, damit es wirklich gelingen kann. Gleiches gilt für den Ganztag. Ich kann Ihnen mehrere Schulen nennen, die seit Jahren nicht ins Profil 1 kommen, die gar nicht ins Profil 3 können, weil sie noch nicht im Profil 2 sind. Da ist noch großer Nachholbedarf. Gleiches gilt für den Sozialindex, der nach wie vor viel zu sehr als Gießkanne fungiert, bei dem aber nicht schulscharf vorgegangen wird. Das sind große Baustellen. Im Rahmen der angekündigten Regierungserklärung im September werden wir sicherlich noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Heute wurde der Fokus auf das Thema Lehrermangel gelegt und auf die ungeklärte Qualifikation von 6.000 Personen, die an unseren Schulen arbeiten.

Meine Damen und Herren, wo Schule draufsteht, muss auch Schule drin sein. Das ist unter Schwarz-Grün jedoch nicht der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Degen. – Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Faulhaber von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin Faulhaber, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wäre ich Regierung, würde ich auch die Lehrerstellen anführen und nicht auf die Probleme hinweisen, die es in diesem Bereich gibt. Sie können aber doch nicht einfach nur eine bestimmte Zahl von Lehrerstellen anführen und sagen: So viele Lehrer haben wir eingestellt, bzw. so viele Lehrer sind hier beschäftigt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was denn sonst?)

Das muss sich doch am Bedarf orientieren. Das wird erst lebendig, wenn der Bedarf klar ist. Dann muss überprüft werden, ob die Zahl der Lehrer mit dem Bedarf übereinstimmt.

(Zuruf von der SPD: Offensichtlich nicht!)

Der Bedarf ist gestiegen. Es gibt mehr Geburten. Es gibt mehr Flüchtlingskinder, die in die Schulen kommen. Außerdem gibt es den Ganztag und die Inklusion, die Sie beschlossen haben. Insofern wäre es angebracht, wenigstens einmal einzugestehen, dass die demografische Rendite eine Fehleinschätzung war, weil darauf die Schwierigkeiten basieren, die sich nun zeigen.