Protocol of the Session on June 29, 2017

sem Zusammenhang von „erheblicher Beeinträchtigung“ der Aufklärungsarbeit reden kann, da kann man zumindest schon einmal ein Fragezeichen machen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Der Mann hat eine Falschaussage gemacht!)

Denn die E-Mail hat dem ersten Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages schon vorgelegen. Das Einzige, was nicht vorgelegen hat, ist die E-Mail mit Paraphe, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe der Abg. Hermann Schaus und Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Wir sind von Anfang an in dieser Frage davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter Temme diese E-Mail gelesen hat. Denn wenn eine Behörde wie das Landesamt für Verfassungsschutz eine solche E-Mail an seine Außenstellen sendet, dann gehe ich davon aus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Mail natürlich lesen. Deswegen sind wir immer davon ausgegangen, und es kann überhaupt keinen Streit darüber geben. Aber auch dann, wenn die E-Mail in den Akten ohne Paraphe gewesen ist, ist das ein Fehler gewesen. Dem müssen wir nachgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen umfassenden Untersuchungsauftrag vom Hessischen Landtag bekommen. Wir arbeiten intensiv an der Aufklärung der hessischen Punkte. Der Ausschuss hat bis jetzt 55 Sitzungen abgehalten, viele Zeugen und viele Sachverständige angehört und viele Akten gesehen. Die Arbeit sollten wir fortsetzen. Die Bewertung dieser Untersuchung, liebe Kolleginnen und Kollegen – das ist ein wichtiger Punkt, und da möchte ich noch einmal appellieren –, werden wir am Ende des Untersuchungsausschusses machen und nicht zwischendurch, wie das hier heute geschehen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen eine umfassende Aufklärung. Dafür brauchen wir umfassende Informationen. Das will ich hier noch einmal ganz deutlich hinterlegen.

Ich will aber auch deutlich hinterlegen, was Frau Kollegin Faeser und ich in der vorvergangenen Woche in Berlin beim Treffen der parlamentarischen Kontrollkommissionen des Bundes und der Länder gemacht haben, wozu uns Herr Binninger eingeladen hat.

(Nancy Faeser (SPD): Auf Einladung von Herrn Binninger!)

Wir haben dort deutlich hinterlegt, dass wir aber auch verlangen, dass der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags endlich auch die Akten vom Bundesamt für Verfassungsschutz bekommt.

(Günter Rudolph (SPD): Jawohl!)

Denn bisher ist noch keine einzige Seite aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz geliefert worden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Günter Rudolph (SPD): Auch das ist ein Skandal!)

Auch das – das sage ich ganz deutlich – ist nicht hinnehmbar. Alle – großgeschrieben – sollten die Arbeit der Ausschüsse unterstützen, alle Behörden des Bundes und der

Länder, damit wir unserer Arbeit in vollem Umfang nachkommen können.

Diese Arbeit und dieser Auftrag, den wir vom Hessischen Landtag als Untersuchungsausschuss bekommen haben, sind viel zu wichtig, als dass wir uns hier im parteipolitischen Klein-Klein verlieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Gün- ter Rudolph (SPD))

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Das Wort hat der Abg. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! All denjenigen, die nicht Mitglied des Untersuchungsausschusses sind, muss ich berichten, dass ich jedenfalls seit letztem Montag verstehe, dass die Obleute in diesem Ausschuss ein besonderes Maß von Emotionalität haben. Ich bin erst nach dem Wechsel von René Rock zum Fraktionsvorsitzenden Obmann in diesem Ausschuss geworden, und ich muss Ihnen gestehen: Das ist schon harte Kost. Am Montag elf Stunden dort zu sein, zu sitzen, zu arbeiten, mitzudenken, aufzupassen, kluge oder weniger kluge Fragen zu stellen – das will ich alles nicht bewerten – ist jedenfalls harter Tobak.

Deshalb bitte ich auch die Kolleginnen und Kollegen, die nicht Mitglieder des Ausschusses sind, um Verständnis, wenn wir uns – ich sage es jetzt bewusst – einmal mit ein bisschen mehr als nur dem notwendigen Emotionspegel hier austauschen.

Lieber Herr Rudolph, ich habe den Titel Ihrer Aktuellen Stunde anders verstanden als Ihre Rede. Der Titel heißt nämlich „Aufklärung sieht anders aus“. Das passt noch, dann aber: „Hessische Landesregierung hat die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages erheblich behindert“.

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt auch! Ja!)

Ich habe die Befürchtung, dass ich offensichtlich überhaupt nicht aufgepasst habe; denn in Ihrer Rede habe ich zu diesem Thema fast gar nichts gehört.

(Beifall bei der FDP)

Das finde ich nicht gut. Ich fühle mich da ein bisschen hinter die Fichte geführt, weil es auch etwas mit Vorbereitung von Diskussionen zu tun hat. Da es um den Deutschen Bundestag geht, habe ich jedenfalls einen unserer Mitarbeiter höflich gebeten – man kann auch sagen „gequält“ –, sich diesen Bericht wenigstens einmal quer durchzulesen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Bericht gibt es nämlich erst seit Dienstag, also seit vorgestern. Er wird heute im Bundestag erstmals debattiert.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich finde es also nicht besonders kollegial, dass man uns auf die Fährte führt, wir hätten uns mit dem Ausschussbe

richt zu beschäftigen – für diejenigen, die noch ein bisschen mehr wissen wollen: 1.798 Seiten –, und dann sagt man dazu nichts – fast nichts. Das finde ich nicht gut.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zweite Bemerkung. Der Titel suggeriert, dass das in dem Ausschussbericht steht. Herr Kollege Rudolph, ich bitte um Nachhilfe: Wir jedenfalls haben das in den letzten 24 Stunden nicht im Ausschussbericht gefunden.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig!)

Sie suggerieren mit der Überschrift zu einem Thema etwas, über das Sie dann nicht reden. Das ist schon intellektuell schwer nachzuvollziehen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Günter Ru- dolph (SPD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, richtig ist, dass es diese Aussage gibt. Nur: Es war Frau Pau, die diese Aussage gemacht hat, und zwar in einem Interview – ich glaube, mit N24, nein, in „Frontal 21“ –, wo sie genau diese Formulierung gewählt hat. Aber im Ausschuss – –

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich habe zitiert! Im Bericht Seite 1.035!)

Die Formulierung dort ist etwas anders, wie jedenfalls ich es in Erinnerung habe. – Aber, wie gesagt, innerhalb von 48 Stunden 1.798 Seiten zu lesen, halte ich für eine freundschaftliche Zumutung, und mit dem Wort „freundschaftlich“ ist das noch diplomatisch ausgedrückt.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Holger Belli- no (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir jetzt zu dem Thema kommen, was eigentlich der hessische Untersuchungsausschuss macht, dann bitte ich um ein bisschen Selbstbewusstsein. Ich kann das sagen, weil ich damals mit dem Ausschuss noch nichts zu tun hatte. Es waren doch die Hessen, es waren doch Sie, die dieses Thema der unterlassenen sofortigen Durchsuchung bei Temme auf die Tagesordnung gesetzt haben. Sie haben das doch gemerkt. Jetzt könnte ich noch ein bisschen stolz sagen, es war insbesondere Florian Rentsch, der das in der Ausschusssitzung gemerkt und dann noch einigermaßen intensiv aufgearbeitet hat.

Es gibt andere aus verschiedenen Fraktionen, die nicken. Ich glaube, dass ich da nicht ganz falsch liege. Warum dann nicht ein bisschen stolz sagen: „Wir haben die Vorarbeit geleistet“? Wir haben das gemerkt. Wir waren erfolgreich. Die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag haben das dann übernommen.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt eine letzte Bemerkung. Das ist meine Bemerkung zum Ablauf des hessischen Untersuchungsausschusses. Liebe Landesregierung, es ist eine ähnlich freundschaftliche Zumutung, wenn man am Freitagmorgen erfährt, dass Berichte, die bisher hoch vertraulich eingestuft worden sind, heruntergestuft werden, damit man sie am Montag noch nutzen kann. Das ist ungefähr so ähnlich, wie 1.798 Seiten in 48 Stunden zu lesen; denn erst dann konnte die Vorbereitung beginnen, ob man es wirklich benutzt oder nicht.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

In diesem Punkt sage ich sehr deutlich: Liebe Landesregierung, dass die Erklärung nicht richtig war, die der Staatsminister der Staatskanzlei abgegeben hat, ist unstreitig. Aber nicht uns so lange quälen, dass wir uns eigentlich am Wochenende damit beschäftigen sollen, wie die Ministerpräsidentenbefragung durchgeführt wird. Auch das ist nicht gerade voll von Respekt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Holger Bellino (CDU) – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Innenminister, Staatsminister Peter Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass die Anschuldigungen – wie die der Kollegen der SPD-Fraktion mit dem Antrag zur Aktuellen Stunde vom Montag zu einem Zeitpunkt, zu dem der Abschlussbericht des zweiten Bundestags-Untersuchungsausschusses zum NSU-Komplex noch nicht einmal im Bundestag diskutiert wurde und die Drucksache erst einen Tag später im System des Deutschen Bundestages eingestellt worden ist –, die dort erhoben worden sind, falsch und sehr befremdlich sind.

Während der Bundestag abschließend erst heute um 14 Uhr darüber berät, maßen wir uns an – das zum Thema Respekt –, heute Morgen in einer Aktuellen Stunde – –

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen als Landesregierung von Respekt reden! – Glockenzeichen des Präsidenten)