Protocol of the Session on June 1, 2017

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn die Landesregierung die europaweit einzige Privatisierung eines Universitätsklinikums noch immer als Erfolgsgeschichte feiert, so wie Sie das hier tun, dann sei Ihnen gesagt: Den einzigen Erfolg, den der Verkauf unserer mittelhessischen Universitätskliniken gebracht hat, ist der, dass aufgrund dieses abschreckenden Beispiels in Deutschland niemand mehr auf die aberwitzige Idee kommen würde, ein Universitätsklinikum zu verkaufen.

Meine Damen und Herren, das ist Ihr Erfolg, leider ein verdammt bitterer Erfolg.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Schalauske.

Ich komme zum Schluss. – Unser größter Respekt und unsere Anerkennung gelten den Kolleginnen und Kollegen des UKGM, die tagtäglich trotz schwieriger Bedingungen

großartige Arbeit leisten. Wir werden ihre Aktivitäten für mehr Personal und für Entlastung weiterhin tatkräftig unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Schalauske. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Özgüven das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es verwundert mich, dass die CDU das Thema Universitätsklinikum Gießen und Marburg zu ihrer Aktuellen Stunde macht. Schließlich arbeitet Herr Minister Rhein bei jeder Gelegenheit heraus, dass das UKGM verkauft sei und die Landesregierung daher mit den dortigen Entwicklungen und Zuständen nichts mehr zu tun habe. Als derjenige Teil der Landesregierung, der die beiden Universitätskliniken fusioniert, privatisiert und verkauft hat, trifft die CDU zumindest eine moralische Garantenpflicht.

(Beifall bei der SPD)

Zudem ist das Land mit 5 % Anteilseigner, sodass der fortwährende Versuch der Landesregierung, sich aus der Verantwortung zu ziehen, einen Affront gegenüber allen Beschäftigten, Patienten und Studierenden darstellt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie werden jetzt behaupten, Sie hätten sich ja gekümmert und diese von Ihnen als Zukunftskonzept gefeierte Vereinbarung abgeschlossen. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie mussten sich doch kümmern und auf eine Einigung hinwirken. Es blieb Ihnen doch nichts anderes übrig. Die Klinikbetreiberin hat Ihnen das Messer auf die Brust gesetzt und mit einer Millionenklage gedroht, bei der Sie wirklich alt ausgesehen hätten.

Was aber genau feiern Sie eigentlich mit diesem Antrag? – Sie feiern, dass der Streit um die Trennungsrechnung beigelegt ist, was wir begrüßen.

(Michael Boddenberg (CDU): Feiern Sie doch mit!)

Sie feiern, dass Sie einen einmaligen Investitionszuschuss von 13 Millionen € zahlen und damit weitere Investitionen durch die Klinikbetreiberin im 100-Millionen-€-Umfang gesichert werden. Allerdings hatte sich die Klinikbetreiberin doch bereits 2006 kaufvertraglich verpflichtet, unter anderem genau diese Investition innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmen, und zwar ohne einen Finanzzuschuss durch das Land.

(Beifall bei der SPD)

Die Fristen sind längst abgelaufen. Sie feiern, dass die Klinikbetreiberin nach elf Jahren zusichert, ihre vertraglichen Pflichten von vor elf Jahren nun endlich umzusetzen. Ist das Ihr Ernst?

(Beifall bei der SPD)

Weiterhin feiern Sie Ihre Einigung darüber, dass in den nächsten fünf Jahren keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden. Wissen Sie denn nicht, dass die Klinikbetreiberin ohnehin nie betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen hat? Personalabbau realisiert sich am UKGM seit Jahren durch eine fehlende Nachbesetzung von

Stellen bei natürlicher Fluktuation oder bei auslaufenden befristeten Verträgen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Personalabbau realisiert sich durch das Anbieten von Aufhebungsverträgen mit Abfindungen. Anstelle dieser völlig wirkungslosen Einigung sollten Sie sich notwendigerweise dafür einsetzen, dass Sollstellenpläne nach oben angepasst und Personalmindeststandards eingeführt werden, um einen eklatanten ärztlichen und Pflegenotstand zu verhindern.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Noch drastischer ist allerdings Folgendes. Erst vor vier Jahren hat die Landesregierung ausgehandelt, dass das Land zwei Sitze im Aufsichtsrat erhält. Ohne dass die damalige Einigung jemals umgesetzt wurde, verzichten Sie in der jetzigen Vereinbarung auf diese Aufsichtsratsposten und somit auf mehr Mitwirkungs- und Kontrollrechte für das Land.

Frau Wolff und Herr May haben in ihren Jubelpressemitteilungen von vorletzter Woche zum jetzigen Zukunftskonzept die Information über den Verzicht auf die Aufsichtsratsposten einfach unterschlagen. Meine Damen und Herren, das ist unredlich, unehrlich und täuscht hinsichtlich der wahren Gegebenheiten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Norbert Schmitt (SPD): So sind sie!)

Warum reden Sie nicht darüber, dass die Schere zwischen der Mitarbeiterzahl und der Gesamtpatientenzahl immer weiter auseinanderklafft? Weshalb berichten Sie nicht davon, dass die Überlastungsanzeigen am Gießener Standort von 2015 auf 2016 um über 90 % zugenommen haben? Weshalb erwähnen Sie nicht die gesellschaftsrechtlichen Folgen, die die muntere Aufstockung von Aktienbeständen einflussreicher Gesellschafter auf jeweils über 25 % auslösen?

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Özgüven.

Ich komme zum Schluss. – Die CDU ist seit 2006 damit beschäftigt, Privatisierung und Verkauf hoch zu loben. Die GRÜNEN haben sich das Prinzip „Ich sehe nichts, ich höre nichts, ich sage nichts“ zu eigen gemacht. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Danke, Frau Özgüven. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Frau Beer das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es mag sein, dass die hier diskutierte Vereinbarung ein Durchbruch ist. Es mag sein, dass eine ganze Reihe von Streitpunkten und das Fehlen einer ganzen Reihe von Investitionsmaßnahmen jetzt geklärt sind. Als Abgeordnete habe ich aber folgendes Problem: Trotz mehrfacher Nach

frage, auch im Ministerium, ist uns diese Vereinbarung nicht zugänglich.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Jetzt werden auch noch haushaltsrelevante Punkte vereinbart. Das entnehme ich zumindest der Presseerklärung der Landesregierung und der Presseerklärung der Koalitionsfraktionen. Mir ist nicht ganz klar, ob nur der Opposition die Vereinbarung nicht zugänglich gemacht wird oder ob die Koalitionsfraktionen nur das abschreiben, was die Landesregierung in ihrer Presseerklärung veröffentlicht hat. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, auf jeden Fall es ist nicht angemessen, dass der Haushaltsgesetzgeber in diese Beratungen nicht eingebunden ist.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Wir als FDP-Fraktion halten es für das Mindeste, dass diese Vereinbarung im zuständigen Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zur Beratung vorgelegt wird – gern auch in einer nicht öffentlichen Sitzung, wenn das ein so sensibles Thema ist, Herr Minister.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wie sollen wir denn sonst darüber entscheiden? Alle Kollegen, die hier schon gesprochen haben, in Ehren, aber all das, was sie gesagt haben, ist doch reine Spekulation. Der Haushaltsgesetzgeber kann doch keine Politik betreiben, die Millionen Euro in Bewegung setzt, ohne die Grundlage dafür gesehen zu haben. Insofern mag es zwar sein, dass das ein Durchbruch ist. Ich persönlich wünsche mir, dass wir damit viele der dort bestehenden Probleme endgültig geregelt haben; aber ich bitte die Landesregierung doch sehr eindringlich, die Möglichkeit der Beratung darüber, ob es so ist, zügig herzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, damit meine ich gar nicht vordringlich das Verbot betriebsbedingter Kündigungen und die Übernahme von Auszubildenden. Angesichts der derzeitigen Nachfrage nach Fachkräften in Krankenhäusern – sowohl auf ärztlicher Seite als auch in der Pflege – halte ich ein derartiges Handeln für ein Krankenhaus, das auf höchstem Leistungsstandard arbeitet, für eine Selbstverständlichkeit.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist eine Sache der Personalschlüssel!)

Die Personalschlüssel sind Gegenstand einer anderen Diskussion; das zu regeln ist schwer genug. – Wir suchen mittlerweile mithilfe von Headhuntern im Ausland händeringend gutes Personal. Ich glaube, das ist nicht wirklich der Punkt, den Sie, Herr Minister, hier aushandeln konnten, aber Sie haben das medial gut dargestellt.

Ich wünsche mir wirklich, dass wir bei dem sehr diffizilen Punkt der Trennungsrechnung – wir haben im Ausschuss extra eine Anhörung zu dieser Frage vereinbart – einen Schritt weiterkommen. Wenn Herr Kollege Dr. Bartelt hier darstellt, dass es gerade bei den zusätzlichen 15 Millionen € darum geht, den ganz besonderen Auftrag eines Universitätsklinikums zu sichern, dann schließt sich für mich die logische Frage an: Was ist denn dann mit der Universitätsklinik in Frankfurt? Diese befindet sich im Hinblick auf die von der Koalition gerade dargestellte Regelung zur Trennungsrechnung in genau derselben Lage. Auch die Universitätsklinik in Frankfurt arbeitet als Krankenhaus der Maximalversorgung. Auch die Universitätsklinik in

Frankfurt steht zwischen Patientenversorgung und Forschung und Lehre vor derselben Problematik wie die Klinik in Mittelhessen. Deswegen fragen ich: Heißt das für die Landesregierung, heißt das für die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass wir einen ebenso großen Nachfinanzierungsbedarf für das Universitätsklinikum Frankfurt haben?

(Zuruf der Abg. Karin Wolff (CDU))

Frau Kollegin Wolff, wir gehen ja bei Forschung und Lehre nicht über die Bauinvestitionen. Die früheren Landesregierungen unter Beteiligung von Ministerin Ruth Wagner – ich freue mich für Herrn Minister Rhein, dass ich diesen Namen aufgrund des Zwischenrufs einbringen kann – haben in diesen Standort in Form von Baumaßnahmen investiert.

Frau Beer, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir haben kürzlich mit dem Herrn Minister das Richtfest des neuen Kantinenkomplexes gefeiert. Frau Kollegin Wolff, wenn wir aber über Forschung und Lehre reden, dann ist das ein anderer Punkt. Das wissen Sie so gut wie ich.