Protocol of the Session on May 31, 2017

(Beifall von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD – Gegenrufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rudolph, es tut Ihnen immer wieder so weh, dass Sie auch an der Bundesregierung beteiligt sind. – Es kann nicht sein, dass Sie Ihre Verantwortung immer nur abdrücken. Wir tun das in unserem Rahmen des Möglichen. Aber auf andere zu zeigen und zu sagen, sie würden nichts tun, wo man jedoch nichts tun kann, sondern wo andere in der Verantwortung sind, ist dann doch ein bisschen leicht – vor allem, wenn es die eigenen Parteikollegen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Löber, ich nehme Ihnen schon ab, dass Sie das Thema – genau wie viele andere regionale Abgeordnete – durchaus interessiert und sehr bewegt, Sie machen dazu ja auch Veranstaltungen, wie ich gelesen habe. Aber es wäre sehr schön, wenn Sie bei den Prozessen, die auf Landesebene angestoßen werden, die auch eine Menge Arbeit bedeuten und wo eine Menge Mitgestaltungsmöglichkeiten existiert – bei uns ist da Frau Kollegin Goldbach sehr aktiv –, in genau diesen Punkten mitarbeiten würden. Wir lassen uns da regelmäßig informieren, wir fragen da nach, wir sind mit dabei, ich rede mit allen Initiativen, wie man sie weiter unterstützen kann.

Nehmen Sie doch die Prozesse an, die auch da sind, und beteiligen Sie sich. Das ist kein Thema, das sich für das Geplänkel zwischen Regierung und Opposition lohnt – das ist ein Fachthema, aber ein sehr wichtiges. Machen Sie einfach mit, bringen Sie sich ein. Dazu besteht jetzt die Gelegenheit; denn noch läuft der Leitbildprozess. Wenn Sie

sich beteiligen wollten und etwas beitragen könnten, wäre das sehr schön. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Als nächster Redner spricht Kollege Landau von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst freue ich mich, heute einmal nicht zu Salzabwässern, sondern zu Trinkwasser zu sprechen. Es ist schön, das Thema auch einmal anders behandeln zu können.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Spaß beiseite. Ich bin der SPD-Fraktion ausdrücklich dankbar, dieses Thema aufgegriffen zu haben. Es ist schon wichtig, dass wir uns mit dem Thema Trinkwasser beschäftigen und es in den Fokus nehmen. Es ist von meinen Vorrednern bereits angesprochen worden: Wir nehmen es alle als selbstverständlich hin, dass sauberes Trinkwasser aus dem Hahn kommt und dass es jederzeit verfügbar ist. Aber es wird doch nicht so wertgeschätzt, wie es eigentlich der Fall sein sollte.

Trinkwasser ist das Ergebnis der Arbeit vieler, vieler Menschen – etwa in den Wasserwerken, in den Gewinnungsanlagen oder in den Überwachungslaboren. In Hessen ist die Trinkwasserversorgung auch Ergebnis einer über 100 Jahre gewachsenen Struktur, auf die wir stolz sein können, die heute aber auch teilweise ein Problem darstellt, weil sie den Ansprüchen an Bedürfnisse nicht mehr ganz gerecht wird.

Nur einmal als Beispiel: Da man früher mit einem ständig steigenden Verbrauch gerechnet hat, wurde die Infrastruktur darauf ausgelegt. Aber nicht zuletzt aufgrund wassersparender Techniken, sparsamerer Haushaltsgeräte, einer verbesserten Rohrnetzpflege und eines veränderten Verbraucherverhaltens ging an vielen Stellen der Bedarf zurück. Die Folge ist – und das ist eines der Probleme, die dann auftreten –, dass Leitungen in vielen Gegenden systematisch gespült werden müssen, um Hygieneprobleme zu vermeiden.

Die Bevölkerungsentwicklung – auch das wurde schon angesprochen –, die sich natürlich in Ballungsräumen anders darstellt als auf dem Land, aber auch der Klimawandel stellen die Wasserversorgung heute vor Anpassungsnotwendigkeiten, wie es sie so in der Vergangenheit nicht gegeben hat.

Die Versorgung mit Wasser zählt aus gutem Grund zum Kernbereich der Daseinsvorsorge, die Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden ist. § 30 des Hessischen Wassergesetzes regelt die Bereitstellung von Trink- und Betriebswasser.

Hessen – auch das ist zum Teil schon angesprochen worden – weist zum Teil sehr unterschiedliche Voraussetzungen auf, was die Trinkwasserversorgung angeht. Es gibt singuläre Versorgungssysteme, es gibt Verbünde, Wasserverbrauchsgebiete, in denen keine hinreichenden eigenen

Wasservorkommen zur Verfügung stehen, und sogenannte Wasserliefergebiete. So können in Frankfurt derzeit nur 30 % des Wasserbedarfs aus örtlichen Wassergewinnungsanlagen gedeckt werden. Man ist somit also in hohem Maße auf die Zuleitung beispielsweise aus dem Vogelsbergkreis und dem Hessischen Ried angewiesen. Dies gewährleistet zunächst einmal die Versorgungssicherheit, birgt aber auch Risiken.

Zu deren Minimierung können folgende Maßnahmen durchaus diskutiert werden: das Reaktivieren bzw. Anlegen verbrauchsgebietseigener Wassergewinnungsanlagen und die verstärkte Nutzung alternativer Wasserressourcen. Was meine ich damit? Es hat sich gezeigt, dass im RheinMain-Gebiet 60 % des verwendeten Wassers keiner Trinkwasserqualität bedarf. Damit könnte es durchaus sein, dass diese Wasserversorgung aus Grundwasservorkommen ohne Schutzzonen oder Oberflächenwasser erfolgt, wodurch sich die Lieferung aus den Liefergebieten deutlich entspannen würde.

Davon unabhängig wird natürlich das Prinzip des Ausgleichs zwischen den Gebieten – die einen liefern es, die anderen verbrauchen es – auch in Zukunft Rückgrat der Wasserversorgung in Ballungsräumen sein, eben auch im Rhein-Main-Gebiet.

Wasserentnahme zur Nutzung ist zweifelsfrei immer ein Eingriff in die Natur. Er hat Folgen, wie jeder Eingriff des Menschen in die Natur Folgen hat. Deshalb wollen wir als CDU-Fraktion erstens den Wasserverbrauch so weit wie möglich und nötig begrenzen, jedoch – das ist uns ganz wichtig – ohne Nutzungs- und Zugangsbeschränkungen. Der Bedarf an Trinkwasser ist hoch, er verringert sich nach Prognosen leicht in den Regierungsbezirken Kassel und Gießen, erhöht sich aber aufgrund des deutlichen Bevölkerungszuwachses im Regierungsbezirk Darmstadt. Damit haben wir das, was die unterschiedliche Regionalität angeht, wiedergefunden.

Zweitens wollen wir die Wasserförderung durch umfassende technische Lösungen und Diversifizierung des Dargebotes umweltverträglich gestalten. Auch das hatte ich vorhin kurz erwähnt. Damit stellen wir auch sicher, dass die Entnahme zwar Folgen hat, aber keine Schäden verursacht, was klare Regeln zur Bewirtschaftung der Grundwasserspiegel bedingt.

So werden in den wasserrechtlichen Verfahren für eine Grundwasserentnahme – Frau Löber, wir haben das schon alles geregelt – nicht nur die Eingriffsintensität auf den Bodenwasserhaushalt und die Auswirkungen auf den betroffenen Naturraum untersucht, sondern von den Wasserversorgungsunternehmen wird ein umfangreiches hydrogeologisches, wasserwirtschaftliches und landschaftsökologisches, bodenkundliches Monitoring verlangt. Damit will man schauen, dass man in einen Einklang kommt zwischen dem, was für die Natur wichtig ist, und dem, was für die Versorgungssicherheit der Menschen mit Wasser notwendig ist.

Drittens. Wir wollen Folgen ausgleichen, wo dies angezeigt ist. Das bedarf der Solidarität zwischen den abgebenden und den empfangenden Regionen, die aus Verständnis und Vertrauen erwächst, aber auch daraus, dass man einen echten Ausgleich schafft, der als gerecht empfunden wird. Die Frage, ob Umweltbeeinträchtigungen Teil der Gestehungskosten des Wassers sind und deshalb über den Was

serpreis abzugelten und zu beheben sind, muss in einem Gesamtrahmen beantwortet werden.

Viertens wollen wir darauf hinwirken, dass künftige behördliche Entscheidungen über die Wassergewinnung und -versorgung intensiv aktuelle Entwicklungen berücksichtigen. Abnehmende Grundwasserneubildung und Wasserhaltekapazität der Böden infolge klimatischer Veränderungen sowie eine zunehmende Grundwassergefährdung durch Schadstoffeinträge und Bodenübernutzung mögen hier Stichworte sein. Dies soll helfen, mögliche Schäden in den Beziehungsräumen ebenso wie die Gefährdung der Versorgungssicherheit abzuwenden.

In diesem Zusammenhang kann ich nur noch einmal das Leitbild erwähnen, das Frau Dorn angesprochen hat, weil hier bereits auf diese Dinge eingegangen wird. Frau Löber, es ist nicht so, als ob wir auf diesem Gebiet ein Entwicklungsland wären. Nein, wir haben all die Probleme erkannt. Wir widmen uns ihnen, und vor allem – das ist auch wichtig; Frau Dorn hat das gesagt – tun wir das im Einklang mit allen Akteuren. Nicht, dass einer bevorzugt wird und die anderen schauen müssen, wie sie damit klarkommen, sondern wir tun es im Einklang aller Akteure.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit will ich, weil mir das wichtig ist, ein Wort zur Qualität des Trinkwassers sagen. Es ist klar, sie ist in Deutschland wie in Hessen hoch. Es ist ein Schatz, den aber nicht jeder so zu würdigen weiß und der uns verpflichtet, mit ihm sorgsam umzugehen.

Wir haben in Hessen 7.000 Anlagen, wo Wasser entnommen wird. Es ist ungefähr eine halbe Milliarde Kubikmeter, die wir im Jahr fördern. Da sind Verunreinigungen und Kontaminierungen nicht immer vollständig auszuschließen.

Aber, Frau Löber, wenn Sie so tun, als ob dort ein Riesengefährdungspotenzial wäre, dann schauen Sie sich die Zahlen an: Zu weit über 99 % können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern absolut reines, sauberes Trinkwasser zur Verfügung stellen. Das darf man auch einmal erwähnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will sagen, Hessenwasser als der größte hessische Lieferant nimmt jährlich über 200.000 Analysen vor. Aber, wie gesagt, Keime und Bakterien finden immer einen Weg hinein. Inzwischen existieren auch einige andere Herausforderungen, die durch verfeinerte Analytik, die heute zur Verfügung steht, erst in das Bewusstsein oder in Kenntnis getreten sind, denen man sich in der Vergangenheit einfach deshalb nicht gewidmet hat, weil sie nicht feststellbar waren. Aber die verfeinerte Analytik macht es heute möglich.

Ich will zum Schluss sagen: Wir haben Herausforderungen in der Trinkwasserförderung, -zurverfügungstellung und -versorgung. Wir nehmen uns ihrer an. Das ist von meiner Kollegin Dorn und von mir gesagt worden. Trotzdem ist wichtig: Wir wollen unseren Bürgern künftig immer verlässlich sauberes Trinkwasser bezahlbar zur Verfügung stellen. Da ist es eine permanente Aufgabe all derjenigen, die dort involviert sind, sich in genau diesem Sinne einzubringen.

Lassen Sie mich ganz zum Schluss etwas vortragen aus dem „Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft“; denn

ich glaube, in diesem Branchenbild, das ein Fünf-SäulenKonzept beschreibt, ist alles zusammengefasst, was wichtig ist, was sozusagen das Grundgerüst war, aber auch in der Zukunft sein wird, sicherlich mit der einen oder anderen Modifizierung. Frau Präsidentin, ich darf zitieren:

… langfristige Sicherheit der Ver- und Entsorgung, hohe Trinkwasserqualität, hohe Abwasserentsorgungsstandards, hohe Kundenzufriedenheit und sorgsamer Umgang mit den Wasserressourcen bei wirtschaftlicher Effizienz.

Das sind die fünf Säulen der Wasserwirtschaft. Ich denke, damit ist alles gesagt, was wichtig ist, um auch in Zukunft den Bürgern das zu liefern, was ich vorhin gesagt habe: sauberes, bezahlbares und immer verfügbares Trinkwasser. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Landau. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Lenders von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe die Rede sozusagen von unserem Hahn-politischen Sprecher übernommen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Er fühlte sich schon die ganze Zeit angesprochen.

Ich will vorweg sagen, ich habe gelernt, dass ich mich eingehend mit der Antwort der Landesregierung auf die Fragen zu beschäftigen habe. Aber das hat sich wohl erübrigt nach den Stellungnahmen. Es geht in der Debatte um die Große Anfrage um vieles, aber nicht um die Antworten, die die Landesregierung gegeben hat. Ich versuche, das irgendwie selbst zu interpretieren.

Meine Damen und Herren! Frau Löber, bei den Volkswirten redet man beim Wasser gerne von einem nicht knappen Gut. Wir unterscheiden in der Volkswirtschaft zwischen knappen Gütern und nicht knappen Gütern. Wasser gehört zu den nicht knappen Gütern. Das, was Sie eben angesprochen haben, war der Kampf um das Wasser. Das stimmt, weltweit ist das natürlich ein herausgehobenes Problem, allerdings nicht bei uns, in unserer Region. Wenn wir uns um Hessen kümmern, müssen wir sagen: Wir leben in einer Region, wo das Trinkwasser – das ist eben schon angesprochen worden, Herr Kollege Hahn – aus dem Hahn kommt und damit das Lebensmittel Nummer eins ist. Es ist das meist- und bestkontrollierte Lebensmittel, das wir in Deutschland haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Michael Boddenberg (CDU): Deswegen trinke ich das auch!)

Daher haben wir sicherlich eine gesegnete Region. Dennoch bleibt es dabei, dass wir Probleme beim Komplex Wasser auch in Hessen haben. Darüber können wir gerne diskutieren. Ich will aber eines vorwegschicken: Wenn Sie sich mit Abwasserverbänden unterhalten und das Lied singen, dass wir dringend Wasser einsparen müssen, dann sa

gen die Verbände, dass die Verbraucher so viel Wasser eingespart haben, dass wir die Leitungssysteme kaum noch aufrechterhalten können und erheblichen Sanierungsbedarf bekommen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Das ist die Realität bei uns in Hessen, Frau Kollegin Löber.

Meine Damen und Herren, diese Situation macht es nicht einfacher für die kommunale Familie. Aber insgesamt sind die Behörden und die kommunale Familie bei der Wasserversorgung hervorragend aufgestellt. Skandale gibt es hier nicht. Wir haben wirklich ein tolles Lebensmittel.

Meine Damen und Herren, wo wir hinschauen müssen: Wasser ist immer ein Interessenkonflikt. Schauen wir einmal auf den Edersee. Davon ist heute noch nicht die Rede gewesen. Hier haben wir ein klassisches Konfliktpotenzial. Auf der einen Seite haben wir beim Edersee den Tourismus, der vom Wasser lebt. Das ist der Edersee an sich. Auf der anderen Seite haben wir eine Nutzung für den Edersee vorgesehen: die Schiffbarkeit der Fulda. Beide Interessen sind ganz schwer miteinander in Einklang zu bringen. Auch da ist Politik gefordert, einen ständigen Ausgleich der Interessen vorzunehmen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Schiffbarkeit der Weser! – Weitere Zurufe von der CDU)

Für mich ist es die Fulda, weil das bei Kassel hineingeht. Es geht darum, die Fulda schiffbar zu halten. Aber lassen wir diese Fachsimpelei. Für mich ist das die Fulda. Ich habe gehofft, für den Kollegen Dr. Arnold auch, aber es macht nichts.