Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist neu, aber gut. Vielen Dank für diesen Punkt auf der Tagesordnung, der uns Gelegenheit gibt, über die Gesundheitswirtschaft zu diskutieren. Ich will ausdrücklich feststellen, dass Hessens Wirtschaft insgesamt stark ist. Wir sind das Flächenland mit der höchsten Arbeitsproduktivität. Wir profitieren von einer soliden wirtschaftlichen Entwicklung. Diese positive wirtschaftliche Entwicklung kommt auch bei den Menschen an: Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit 24 Jahren. Wir haben steigende Durchschnittseinkommen, steigende Reallöhne und die Chance, dass sich dies auch in den nächsten Jahren fortsetzt.
Diese Entwicklung wird natürlich von vielen erfolgreichen und auch wettbewerbsfähigen Branchen und Unternehmen getragen. Eine enorm wichtige Branche in Hessen ist die Gesundheitswirtschaft. Hier wird auf höchstem Niveau geforscht, entwickelt und für die Welt produziert. Ich habe keine Bedenken, dass dies auch in Zukunft so sein wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich weiß ja, dass es auch Aufgabe von Opposition ist, Salz in Wunden zu streuen, aber ich muss sagen, dass wir an dieser Stelle keine Wunde haben. Vielmehr sind wir ein Land, in dem auch Pharmaunternehmen und die Gesundheitswirtschaft große Zukunftschancen sehen.
Ich glaube – das ist an dieser Stelle vom Kollegen Möller angesprochen worden –, der Spatenstich in Marburg, der eine Investitionssumme von – so nach meiner Erinnerung – 160 Millionen € auslöst, zeigt, dass es Firmen gibt, die hier in Hessen genau den richtigen Ort sehen, um in diesem Bereich zu forschen und zu produzieren.
Natürlich ist es so, dass da große Aufgaben vor den Unternehmen liegen. Wir sind eine alternde Gesellschaft, wir haben großen Bedarf an Arzneimitteln gegen Krankheiten wie Demenz, Parkinson, Diabetes und Krebs.
Ich will aber ausdrücklich sagen, dass wir uns in der Initiative Gesundheitswirtschaft beispielsweise auch mit den vernachlässigten Krankheiten beschäftigen, die vielleicht in Ländern auftreten, in denen Menschen nicht krankenver
sichert sind. Deswegen will ich an dieser Stelle auch sagen, dass ich dankbar dafür bin, dass wir uns z. B. gemeinsam Gedanken über eine Bekämpfung der Bilharziose machen. Das nur einmal als ein Beispiel. Wer weiß, dass das Marburg-Virus so heißt, weil es dort entdeckt wurde, und wer sich einmal mit der Entwicklung von Impfstoffen gegen Ebola beschäftigt hat, der sieht, dass wir an dieser Stelle auch eine Verantwortung haben, einerseits die wirtschaftlichen Chancen zu sehen, andererseits uns aber insgesamt mit der Frage zu beschäftigen, was diese Branche dazu beitragen kann, dass wir hier zu einer „Dienstleistung“ kommen, nämlich Lebensverhältnisse von Menschen zu verbessern und deren Lebensqualität zu erhöhen.
Die Chemie- und Pharmaunternehmen sowie die Medizintechnikhersteller allein tragen 4,4 % zum Bruttoinlandsprodukt in Hessen bei, sind Arbeitgeber von über 90.000 Beschäftigten, erwirtschaften eine Bruttowertschöpfung von rund 10 Milliarden € pro Jahr. In keinem anderen Bundesland leistet die Gesundheitsindustrie einen so großen Beitrag zum Wohlstand und zur wirtschaftlichen Entwicklung wie in Hessen.
Das sieht man daran, wie leistungsfähig diese Branche ist: erstens ein Exportwert von gut 11 Milliarden €, der über 19 % der hessischen Gesamtexporte ausmacht, deutlich stärker wächst als die Gesamtexporte, und zweitens durch einen mit 9,9 % hohen Anteil der Forschung und Entwicklung an der gesamten Bruttowertschöpfung und den mit 11 % ebenfalls hohen Anteil der F+E-Erwerbstätigen an allen Erwerbstätigen. Wir sind also auch ein guter Standort, was die Forschung und Entwicklung angeht. Das ist ganz besonders wichtig, weil sich daran natürlich auch die wirtschaftlichen Chancen in den nächsten Jahren festmachen.
Unser gemeinsames Interesse muss sein, die Gesundheitswirtschaft in Hessen, besonders die industrielle Gesundheitswirtschaft, weiter zu stärken, für optimale Standortbedingungen zu sorgen. Ich begrüße es ausdrücklich, wenn die SPD in einen solchen Dialog eintritt. Ich will aber an dieser Stelle ausdrücklich sagen – das in Richtung des Kollegen Rentsch –, dass ich bei der Initiative Gesundheitsindustrie auch etwas vorgefunden habe, an dem wir als Wirtschaftsministerium und ich als Wirtschaftsminister sehr gut anschließen und weitermachen konnten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Das gilt genauso für das House of Pharma & Healthcare, ein erfolgreiches Netzwerk in öffentlicher und privater Partnerschaft, das vom Land unterstützt wird.
Letzter Punkt, der mir an dieser Stelle wichtig ist, bevor ich noch ganz kurz zu einem kritischen Punkt kommen möchte: Ja, wir fördern auch gezielt Gründungen. Das muss man ja sehen, wenn man sich als Beispiele Merck,
Braun Melsungen oder auch die Ursprünge von Fresenius anschaut. Am Anfang stand immer eine Apotheke.
Die spannende Frage ist: Was fördern wir eigentlich jetzt, damit am Ende die Unternehmen entstehen, die vielleicht in 10, 20, 30 Jahren entsprechende Weltgeltung haben?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch da sind wir aktiv. Dazu sei einmal der Businessplan-Wettbewerb Science4Life genannt. Ferner haben wir ein Gesamtkonzept Fachkräftesicherung, das ganz besonders in diesem Bereich dazu beitragen soll, dass wir auch da eine ausreichende Verfügbarkeit von Fachkräften in Hessen sichern helfen.
Unter dem Strich: Wir sind uns der herausragenden Stellung der Gesundheitswirtschaft in Hessen bewusst, setzen uns für deren langfristige Entwicklung und für die Arbeitsplätze in der Branche ein.
Weil es gerade so aktuell ist – Frau Präsidentin, das als letzter Punkt –, will ich auch noch sagen, ja, es gibt natürlich auch immer wieder schwierige Situationen. Wenn beispielsweise bei Sanofi – das war ja abzusehen – ein Patent ausläuft, wo man sehr lange eine sehr gute wirtschaftliche Situation hatte, und es um die Frage geht, wie man ein Nachfolgeprodukt in den Markt bekommt, dann kann es durchaus sein, dass es auch einmal eine schwierige Situation gibt. Da bin ich aber sicher, dass sich das Unternehmen an dieser Stelle der Situation sehr wohl bewusst ist und versucht, „Ersatz“ schon aus Eigeninteresse zu schaffen.
In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen noch berichten, dass ich ganz aktuell bezüglich der Entwicklung bei Mundipharma heute mit Herrn Bürgermeister Hahn telefoniert habe. Der Ministerpräsident hat schon am Montag mit dem Geschäftsführer von Mundipharma Kontakt gehabt, weil die sich gemeldet hatten. Es ist so, dass wir ein großes Interesse daran haben, dass der Standort Limburg erhalten bleibt. Wir werden jetzt natürlich auch weiter Kontakt aufnehmen und versuchen, zu eruieren, ob an dieser Grundentscheidung noch etwas zu ändern ist oder sie zumindest in Teilen zu revidieren ist. Es ist aber natürlich auch klar, dass ein Unternehmen, das seit drei Jahrzehnten keine öffentliche Förderung bekommen hat, keinerlei Arbeitsplatzauflagen hat. Das heißt, wir werden dort in die Diskussion darüber gehen, ob an dieser Entscheidung bezüglich des Standorts in Limburg noch etwas zu ändern ist. Ich setze darauf, ich hoffe darauf. Ich hoffe aber auch darauf, dass wir an dieser Stelle gemeinsam aktiv sind, damit man sich am Ende nicht um „Ersatz“ kümmern muss. Dabei sei aber gesagt, dass wir auch dies tun würden, wenn es denn so weit käme. Aber ich glaube, dass wir alle gemeinsam ein Interesse daran haben, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. – Vielen Dank.
Damit können wir über den Entschließungsantrag Drucks. 19/4531 abstimmen. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt da
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kommunaler Schutzschirm des Landes wirkt schneller als erwartet – Landkreis Marburg-Biedenkopf und Stadt Kassel stehen beispielhaft für die Erfolge der Schutzschirmkommunen – Drucks. 19/4533 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Als erster Redner hat sich Kollege Reul von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzen in unseren Kommunen entwickeln sich weiterhin erfreulich positiv. Natürlich helfen die guten konjunkturellen Rahmenbedingungen und die vielfältige partnerschaftliche Unterstützung des Landes. Ziel und Anspruch von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, die Rahmenbedingungen für die hessischen Kommunen durch eine partnerschaftliche Politik zwischen Land und kommunaler Familie stetig weiter zu verbessern.
Mit dem Dreiklang aus dem Kommunalen Schutzschirm, der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs und den beiden Kommunalinvestitionsprogrammen – Teil I und II – setzt das Land ein deutliches Zeichen der finanziellen Unterstützung und Stärkung der hessischen Kommunen.
Den erfolgreichen Weg zu ausgeglichenen öffentlichen Haushalten wollen wir auch in der Zukunft gemeinsam mit den Kommunen gehen, damit diese ihre Haushalte nachhaltig und generationengerecht gestalten können.
Insgesamt über 9,3 Milliarden € wendet das Land Hessen dafür auf. Über den Kommunalen Schutzschirm sind es mehr als 3 Milliarden € zur Entschuldung der Kommunen. Weiter sind die Mittel zur Stärkung der Finanzkraft über den Kommunalen Finanzausgleich zu nennen, der in diesem Jahr eine Rekordhöhe von über 4,6 Milliarden € erreicht, und zur weiteren Unterstützung von Investitionen in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden € über das Kommunalinvestitionsprogramm.
Ziel der Landesregierung war und ist es, dass alle hessischen Kommunen die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich meistern – sei es durch notwendige eigene Anstrengungen, die Hilfe der Solidargemeinschaft, die Unterstützung durch das Land oder erforderlichenfalls auch durch eine Kombination der einzelnen Komponenten.
Es ist wichtig, dass wir auf allen Ebenen an strukturell ausgeglichenen öffentlichen Haushalten arbeiten, im Bund, im Land sowie bei den Kommunen. Wir wollen eine Zukunft ohne ständig wachsende Schuldenberge erreichen. Wir wollen die finanziellen Lasten nicht immer weiter auf nachfolgende Generationen abwälzen, sondern wir wollen solide, nachhaltige und generationengerechte öffentliche Haushalte.
Dies ist zudem die zwingende Voraussetzung, um die finanziellen Handlungsmöglichkeiten auch für die Zukunft zu erhalten. Das Land unterstützt die Landkreise, Städte und Gemeinden dabei auf vielfältige Weise.
Der Schutzschirm. Insgesamt über 500 besonders konsolidierungsbedürftigen Kommunen hat das Land mit einem über 3 Milliarden € großen Schutzschirm die Unterstützung gegeben, die das auf freiwilliger Basis annehmen wollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt die ersten großen Erfolge. Denn der Landkreis Marburg-Biedenkopf und die Stadt Kassel haben beide als erste Schutzschirmkommunen den Schutzschirm wieder verlassen, dies am 30. Januar dieses Jahres. Es war der frühestmögliche Zeitpunkt, da sie ausgeglichene Haushalte schon in drei aufeinanderfolgenden Jahren aufweisen konnten und darüber hinaus sogar Überschüsse von insgesamt über 100 Millionen € erzielen konnten.
Ich glaube, an dieser Stelle ist ein herzlicher Glückwunsch an den Landkreis Marburg-Biedenkopf und die Stadt Kassel angemessen für die erfolgreiche Sanierung und die weitere erfolgreiche Gestaltung der Haushalte.
Dass der Schutzschirm des Landes eine äußerst wirkungsvolle Hilfe für finanzschwache Kommunen darstellt, belegen die eindrucksvollen Konsolidierungserfolge der Schutzschirmkommunen. Ich möchte sie ganz kurz im Einzelnen darstellen. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf hat seinen Haushaltsausgleich zuerst im Jahr 2013 erreicht. Er erhielt vom Land insgesamt 48 Millionen € Entschuldungshilfen und bei den Kommunalinvestitionsprogrammen insgesamt über 20 Millionen €. Die Stadt Kassel: Haushaltsausgleich fünf Jahre früher als im Plan ursprünglich verabredet, Entschuldungshilfen vom Land insgesamt über 260 Millionen €, 72 Millionen € Mittel aus dem KIP.
Als Drittes nenne ich den Wetteraukreis. Als dritte Schutzschirmkommune konnte zwischenzeitlich der Wetteraukreis den Schutzschirm am 13. März verlassen.
Der Haushaltsausgleich wurde insgesamt sechs Jahre früher erreicht. Die Entschuldungshilfen des Landes haben 116 Millionen € betragen. Die Mittel vom KIP betrugen insgesamt 36 Millionen €.
Lieber Herr Kollege Rudolph, man muss auch gönnen können an dieser Stelle. Von daher herzlichen Glückwunsch diesen drei Kommunen.