Dabei ist eine Frage besonders wichtig. Die Kernarbeitsnormen haben in Kanada keine große Tradition. Erst im Zuge der Verhandlungen zu CETA ist es überhaupt dazu gekommen, dass die Kernarbeitsnormen in kanadisches Recht übersetzt worden sind. Ohne diese Verhandlungen wäre das in dieser Form so wahrscheinlich nicht passiert.
Lieber Herr van Ooyen, ich kann Ihnen mitteilen, dass nicht nur sechs, sondern bereits sieben Kernarbeitsnormen in kanadisches Recht ratifiziert worden sind. Die achte und letzte Kernarbeitsnorm, die gefordert ist, ist ebenfalls in der parlamentarischen Bearbeitung.
Von daher hat sich diese Aussage doch bewahrheitet, dass wir mit Handelsabkommen auch auf die Standards in anderen Ländern Einfluss nehmen können, bei denen wir sonst nie die Möglichkeit gehabt hätten, unsere Vorstellungen durchzusetzen. Deswegen werbe ich dafür, zu sagen: Lassen Sie uns offen darangehen.
Wir haben 37 Zusatzprotokollerklärungen. Das ist bereits gesagt worden. Diese werden wir uns jetzt alle in Ruhe anschauen und prüfen, welche Auswirkungen sie auf Hessen und vor allen Dingen welche Bedeutung sie für kleine und mittlere Betriebe haben. Das, was ich bisher gesehen habe, das Right to regulate – das Recht, dass die Staaten selbst über ihre eigene Politik entscheiden können und sagen können, was sie in ihren Ländern haben wollen – oder die Frage der Ursprungsbezeichnungen in der Landwirtschaft, oder die Frage, wie wir in Zukunft mit der Daseinsvorsorge umgehen, die gar nicht darüber erfasst ist, sondern bewusst ausgenommen worden ist, zeigt, dass wir diese Standards erhalten und auch im Abkommen festlegen.
Für mich ist in dieser Zeit eines wichtig: Wenn es jenseits des Atlantiks ein großes wirtschaftliches Gebilde gibt, das sich auf den Weg macht, zumindest nach den Aussagen seines obersten Repräsentanten, seine Politik protektionistisch auszurichten, dann muss es doch umso mehr unser Interesse sein, in diesem Bereich mit anderen Partnern neue Akzente zu setzen, um deutlich zu machen, dass wir als Europäische Union handlungsfähig bleiben und bleiben wollen.
Deswegen, meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, werden wir jetzt das Ratifizierungsgesetz der Bundesregierung abwarten und uns anschauen, was darin steht. Wenn wir am Ende glauben, dass es nicht in Ordnung ist, dann haben wir ein Problem. Wenn wir am Ende glauben, dass es in Ordnung ist, dann werden wir als Hessen auch zustimmen. Das werden wir dann sehen, wenn es so weit ist. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Gute Parade!)
Es wurde vereinbart, dass der Antrag und der Dringliche Entschließungsantrag an den Europaausschuss überwiesen werden. – Dann machen wir das so.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessens Gesundheitswirtschaft Garant für Wachstum und Arbeitsplätze – Drucks. 19/4531 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als erster Redner hat sich Herr Kollege Möller von der Fraktion der CDU zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befassen uns im Hessischen Landtag im Rahmen verschiedener Debatten nicht selten mit den Beschäftigungsbereichen der hessischen Wirtschaft, mit dem Frankfurter Flughafen als Jobmotor, der momentan boomenden Bauwirtschaft. Wir betonen immer gerne den Standort Frankfurt als Bankenstandort oder in jüngster Zeit auch den Automobilstandort Hessen. Das sind alles Wirtschaftsbereiche, die ihren Teil dazu beitragen, Hessen zu dem zu machen, was es ist, nämlich ein wirtschaftlich hochgradig erfolgreiches Land.
Was in diesem Zusammenhang heute einmal Erwähnung finden soll, ist das große Feld der Gesundheitswirtschaft. Das wollen wir mit dem vorliegenden Entschließungsantrag heute zum Ausdruck bringen. Zugleich wollen wir ein Bekenntnis dieses Hauses für die Bedeutung dieses weit verzweigten Wirtschafts- und Beschäftigungsbereichs abgeben.
Grundlage hierfür ist eine Studie, ein Engagement der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen, die überhaupt zum ersten Mal erhoben hat, wie groß die Bedeutung der Gesundheitsindustrie und der Gesundheitswirtschaft in Hessen für die Wirtschaft und für die hier arbeitenden Menschen ist.
Beiläufig wurde erstmals definiert, was alles zu diesem Bereich hinzugezählt werden muss. Ich finde schon allein die Zusammensetzung der Akteure bemerkenswert. Das bringt auch zum Ausdruck, dass hier ein gemeinsames Ziel verfolgt wird. Wenn ich lese, dass die Industriegewerkschaft
zusammen mit dem Verband der Chemischen Industrie und Vertretern aus Wissenschaft und Forschung nicht nur an einem Seil, sondern auch in die gleiche Richtung ziehen, unterstreicht das, welche Bedeutung dieser Branche zugemessen wird.
Mit ein paar Zahlen lässt sich das auch ganz gut darstellen. Mit ungefähr 10 Milliarden € Bruttowertschöpfung oder einem Exportvolumen von 11 Milliarden € werden sage und schreibe ungefähr 90.000 Arbeitsplätze im Land generiert. Das ist eine beachtliche Zahl.
Die Gesundheitswirtschaft ist also ein bedeutender Teil des Erfolges unseres Landes. Aus verschiedenen Gründen sollten wir uns heute damit befassen. Es wird geschätzt, dass sämtliche Bereiche, die dadurch tangiert und initiiert werden und die mit dem Gesundheitsbereich im weitesten Sinne zu tun haben, mehr als 200.000 Arbeitsplätze stellen. Damit gehört der Gesamtbereich wahrscheinlich zu den größten Arbeitgebern überhaupt.
Wenn wir aktuell – Herr Al-Wazir hat es eben angedeutet – in dieser dynamischen und prosperierenden Branche Rückschläge erleben, wie aktuell in Limburg, wo gestern mitgeteilt wurde, dass das Mutterunternehmen Arbeitsplätze abziehen möchte, um sie am Hauptstandort zu konzentrieren, und hier nur noch die Bereiche Marketing und Vertrieb bleiben werden, dann ist das zu bedauern. Das möchte ich im Rahmen dieser Rede auch betonen.
Ich hoffe – und ich glaube, das sehen wir alle so –, dass dort zügig gute Gespräche zu einem vernünftigen Ergebnis für die Mitarbeiter kommen. Möglicherweise finden wir auch Wege für eine sozial verträgliche Lösung, sodass die dort Beschäftigten, die sehr unruhig sind und Angst um ihre Jobs haben, möglichst schnell wieder aufgefangen werden können.
Wie das in dieser Branche so ist, gibt es fast ein Spiegelbild. Fast zeitgleich kam die Mitteilung, dass in Marburg 162 Millionen € investiert werden, um eine Produktionsanlage für einen zukunftsweisenden Impfstoff zu errichten. Das soll zeigen, dass die gesamte Dynamik in dieser Branche flächendeckend herrscht. Das ist ein weiteres Indiz dafür, wie wichtig und wie bedeutsam der gesamte Bereich für dieses Land ist.
Während wir in vielen anderen Wirtschaftsbereichen einen Hauptfokus auf dem Rhein-Main-Gebiet und auf großen Städten haben, sieht es hier ein bisschen anders aus. Durch die weit verzweigte Struktur haben wir flächendeckend Angebote an qualifizierten Arbeitsplätzen, an Unternehmungen, an Initiativen, an Engagement. Damit haben wir es auch vor ganz anderen Hintergründen wie dem demografischen Wandel, der Siedlungsstruktur usw. mit einer Branche zu tun, die in ihrer Stärke diesem Land sehr guttut. Sie ist ein sehr bedeutender Faktor, den wir mit diesem Antrag wertschätzen.
Das hängt damit zusammen, dass wir nach dieser Definition mittlerweile sehr unterschiedliche Bereiche zu diesem Gesamtkunstwerk zählen dürfen: Die ganzen Kliniken, die Kurorte, Pflegemaßnahmen, Rehaeinrichtungen, kleine und große Unternehmen, Einzelhandel, Großhandel, bis in die Versicherungsbranche hinein, Vertrieb, Apotheken, Medizintechnik, bis hin zum Gesundheitshandwerk wird alles
Wir wollen heute dafür werben, dass wir von hier aus ein Signal an alle Ideengeber senden, auch an die Gründerinitiativen, die es in dieser Branche sehr oft gibt,
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem kleinen Beispiel zum Ende kommen. Wir haben Landesprogramme wie z. B. LOEWE, wir haben Unterstützungsmaßnahmen zur Netzwerkbildung, verbesserte Finanzierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten, die alle das gleiche Ziel haben: das Zusammenführen von Initiativen, Ideengebern und Initiatoren
im Interesse einer weiteren Stärkung der Gesundheitswirtschaft in Hessen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Möller. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Klose von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir heute über die Erfolge der hessischen Gesundheitswirtschaft sprechen, möchte ich doch eines voranstellen, weil es meines Erachtens um eine besondere Branche geht. Gerade dieser Wirtschaftssektor erfüllt eine essenzielle Aufgabe. Er trägt zu dem Ziel bei, der Bevölkerung eine verlässliche, flächendeckende und qualitativ hochwertige gesundheitliche Versorgung zur Verfügung zu stellen. Es ist mir wichtig, dieses Ziel noch vor den wirtschaftlichen Erfolgen der Unternehmen zu nennen, sosehr wir uns auch über diese freuen. Denn diese Erfolge sind natürlich auch die Voraussetzung, um das Ziel zu erreichen.
Die Pharmaunternehmen und Hersteller von Medizinprodukten sind eine zentrale Säule der hessischen Wirtschaft. Die industrielle Gesundheitswirtschaft trägt 4,4 % zur gesamten hessischen Wertschöpfung bei. Das ist deutlich mehr als in jedem anderen Bundesland. Das unterstreicht
In Hessen besteht durch die Tradition als Chemie- und Pharmaziestandort – Stichwort: Apotheke Europas – und mit unseren bedeutenden Medizintechnikherstellern und großen medizinischen Hochschulen ein ganz herausragender Nährboden für eine florierende Gesundheitswirtschaft. Hinzu kommen die besonders guten Rahmenbedingungen, die die Landesregierung geschaffen hat. Um den Erfolg der Branche zu sichern, sind Forschung und Entwicklung wichtige Voraussetzungen. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass mehr als ein Zehntel der Beschäftigten dieser Unternehmen in eben diesen Bereichen arbeitet.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bei aller positiven Entwicklung an dieser Stelle auch sagen: Wir führen diese Debatte heute vor einem konkreten Hintergrund; der Kollege Möller hat es bereits erwähnt. Gestern hat Mundipharma bekannt gegeben, seinen Standort und durchaus auch Traditionssitz in Limburg aufgeben zu wollen. Davon sind mehr als 400 Beschäftigte und ihre Familien betroffen. Es ist deshalb gut und richtig, dass die Stadt und der Wirtschaftsminister im Gespräch darüber sind, wie der Verunsicherung der Betroffenen möglichst schnell entgegengewirkt werden kann.
Die Hersteller von Pharmazeutika und Medizinprodukten stehen aber auch in besonders enger Beziehung zum hessischen Dienstleistungssektor; denn sie beliefern Kliniken, sie beliefern unsere Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken, aber beispielsweise auch Rehabilitationseinrichtungen, die in Hessen mit seinen zahlreichen Kurorten eine besondere Rolle spielen.
Die demografische Entwicklung trägt wesentlich dazu bei, dass die Nachfrage nach Leistungen der Gesundheitswirtschaft steigt. Der medizinische Fortschritt sorgt aber auch dafür, dass immer mehr Menschen ihr Alter bei guter Gesundheit erleben können. Aus meiner Sicht wird viel zu oft nur die Kostenbelastung des Gesundheitswesens in den Fokus genommen. Die Tatsache, dass der medizinische Fortschritt die gesundheitlichen Einschränkungen von immer mehr Menschen reduziert und die Lebenserwartung insgesamt erhöht, bleibt dabei auf der Strecke. Ich finde es wichtig, das an dieser Stelle auch noch einmal zu betonen.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNE begrüßen aufgrund der Bedeutung dieser Branche deshalb sehr, dass die unterschiedlichen Akteure, also die Unternehmen, die IG Bergbau, Chemie, Energie, die Akteure aus Wissenschaft und Forschung, aber auch die Hessische Landesregierung, sich in der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen zusammengeschlossen haben. Die kürzlich vorgestellte Studie ist ein weiteres Resultat dieser Zusammenarbeit. Daran lässt sich sehr gut weiter anknüpfen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Klose. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Dr. Sommer von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.