Hessen ist das wirtschaftsstärkste Bundesland; das wissen wir. Hessen befindet sich im Zentrum vieler Verkehrswege. Aber Hessen ist auch ein starkes Agrarland. In all unserer Euphorie über die Wirtschaftskraft unterschätzen wir das manchmal. In Hessen haben wir in der Landwirtschaft 18.000 Betriebe und 60.000 Beschäftigte. Wir haben eine Struktur, die sehr mittelständisch geprägt ist. Es sind Familienbetriebe, teilweise Nebenerwerbsbetriebe. Die Landwirtschaft in Hessen erwirtschaftet 1 Milliarde € an Bruttowertschöpfung.
In einer Zeit, in der die in der Landwirtschaft Tätigen – auch die Verbraucher – immer wieder unter Wetterkapriolen und Lebensmittelskandalen leiden, für die sie in der Regel nichts können, stehen wir, die CDU und die FDP, an ihrer Seite.
Das zum wirtschaftlichen Faktor. Darüber hinaus hat die Landwirtschaft eine enorm wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Menschen qualitativ hochwertige Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Wir können stolz darauf sein, dass nicht nur unsere konventionelle Landwirtschaft dies hervorragend bewältigt, sondern auch die ökologische, die
Die Landwirtschaft bedeutet auch Umwelt- und Artenschutz. Unsere Landwirte wissen, dass Umwelt- und Artenschutz wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirtschaften sind. Die Landwirtschaft bedeutet den Erhalt unserer wichtigen Kulturlandschaft. Landwirtschaft in Hessen: Das sind 760.000 ha, auf denen Umwelt-, Arten- und Landschaftsschutz stattfinden. Das dürfen wir nie vergessen.
Hessens Landwirte sind auch Energiewirte; sie werden es in zunehmendem Maße. Schon heute produzieren sie enorme Mengen an regenerativer Energie. Das wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Ich bin sicher – das habe ich in den Gesprächen erfahren –, unsere hessischen Landwirte wissen, dass man nicht über Monokulturen erfolgreich ist, sondern über einen ordentlichen Mix auf den Flächen, die man bewirtschaften kann. Die Landwirtschaft ist für unseren ländlichen Raum ein prägender Faktor. Er hält die Menschen in den ländlichen Räumen, sodass diese weiterhin lebensfähig sind.
Leider sind die Preise, die wir in unserem hügeligen Hessenland in der Landwirtschaft erzielen können, nicht weltweit konkurrenzfähig. Sie können mit den Preisen großer Agrarkonzerne nicht konkurrieren. Deswegen hat die Europäische Union auch dieses wichtige Förderprogramm für die Landwirtschaft aufgelegt. Ich betone an dieser Stelle: Die Mittel, die aus Brüssel kommen, sind keine Subventionen, sondern das ist im Wesentlichen ein Entgelt für die gesellschaftlichen Leistungen, die erbracht werden. Das drückt sich auch dadurch aus, dass die Förderung vor Jahren von einer produktionsmengenorientierten zu einer flächenorientierten Förderung umgestellt worden ist.
Wir müssen aber bei der europäischen Agrarpolitik in zunehmendem Maße darum kämpfen, dass die deutschen Interessen – auch die hessischen – richtig wahrgenommen werden. Die Landwirtschaft in Deutschland – auch in Hessen – steht an einem Scheideweg. Die Förderprogramme der Gemeinsamen Agrarpolitik werden für die sechs Jahre ab 2014 neu geschrieben. Die Legislativvorschläge, die uns bisher vorliegen, sind, gelinde gesagt, verbesserungsbedürftig. Das ist noch sehr vornehm gesagt. Man könnte es auch anders ausdrücken.
Wir, die Fraktionen der CDU und der FDP sowie die Landesregierung, stehen an der Seite unserer Landwirte, und wir werden dafür kämpfen, dass dieser Entwurf für eine europäische Agrarpolitik nicht umgesetzt wird. Dabei geht es nicht allein um das Mittelvolumen. Wir alle wissen, dass neue Länder der Europäischen Union beigetreten sind, und wir wissen auch, dass diese gefördert werden müssen. Uns ist ebenfalls klar, dass es nicht sinnvoll ist, in Griechenland 1ha landwirtschaftliche Fläche mit 600 € zu fördern, in Litauen aber nur mit 35 €. Da müssen Änderungen vorgenommen werden. Das wird sicherlich nicht an uns vorbeigehen.
Aber es kann nicht sein, dass der Bürokratieaufbau durch diese neue Agrarpolitik der EU dramatisch gefördert wird. Es gibt Schätzungen, wonach die Bürokratiekosten um 18 % steigen werden, weil beim Beantragen und beim Erbringen von Nachweisen noch mehr Formulare ausgefüllt werden müssen. Wir wollen aktive Landwirte. Wir wollen, dass die Landwirte bei ihren Tieren und auf ihrem Land sind. Wir wollen nicht, dass sie am Computer sitzen,
um Formulare für Brüssel auszufüllen. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir in den Vordergrund stellen müssen.
Außerdem ist es für uns in Hessen nicht akzeptabel, wie die benachteiligten Gebiete neu abgegrenzt werden sollen. Als Kriterium haben wir dafür bisher die landwirtschaftliche Vergleichszahl. Es soll ein neues Modell geschaffen werden, das sieben verschiedene Kriterien beinhaltet. Schon von der Verwaltung her ist das relativ schwierig zu handhaben. Man kann darüber reden.
Es kann aber nicht sein, dass es in Hessen zu gravierenden Verwerfungen kommt. Wenn wir einmal simulieren, was die neuen Regelungen bedeuten, erkennen wir, dies hätte im Endeffekt zur Folge, dass in Hessen 30 % der Flächen aus der Förderung herausfallen. Das kann nicht sein. Hessen ist kein Land mit großen flachen Äckern, über die man mit einer 10, 20 oder 30 m breiten Raupe fahren kann. Hessen ist in der Landwirtschaft kleinteilig organisiert, und es hat sehr viele Flächen in Steillagen. Wir müssen dafür kämpfen, dass an der bisherigen Abgrenzung nichts verändert wird – dass also die hessischen Gebiete so bleiben, wie sie heute sind – und nicht 30 % der Flächen aus der Förderung geworfen werden.
Nicht akzeptabel für uns ist auch die in der EU diskutierte Vorstellung, 7 % der landwirtschaftlichen Flächen stillzulegen, um dort ein sogenanntes Greening vorzunehmen, d. h. Naturschutzmaßnahmen durchzuführen. Das mag vielleicht für andere Länder mit ihren Kornkammern richtig sein. Dort gibt es quadratkilometergroße Flächen, die nicht von naturbelassenen Teilen unterbrochen sind. Das haben wir in Hessen nicht. Die Landwirtschaft in Hessen ist kleinteilig organisiert. Wir lehnen die Stilllegung dieser 7 % an Flächen ab. Wir kämpfen um jeden Quadratmeter. Darin sind wir uns mit den Landwirten einig. So kann es nicht sein.
Die Flächen sind die Grundlage für die Erwerbswirtschaft. Wir haben in der Landwirtschaft schon jetzt genügend ökologisch bewirtschaftete Flächen. Wir müssen anerkennen, was die hessischen Landwirte dort schon heute geleistet haben, z. B. die Bereitstellung von Lerchenflächen – was auch immer. Das sind gute Leistungen. Das, was Brüssel machen will, bewirkt das Gegenteil, nämlich dass die Leistungen, die die Landwirte schon heute erbringen, wegfallen. Das wollen wir nicht. Wir wollen dabei bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was Brüssel vorhat, würde unsere Landwirtschaft schwächen. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Landwirte neben ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auch ihre gesellschaftliche Aufgabe vollumfänglich erfüllen können. Die Existenzgrundlage vieler landwirtschaftlicher Betriebe wäre in Gefahr, wenn diese EU-Regelung – die neue GAP – ab 2014 käme. Wir werden dagegen kämpfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das Land Hessen leistet viel für die Landwirtschaft. Wir arbeiten Hand in Hand mit den Bauern und den Verbänden. Es soll gemeinsam mit dem Hessischen Bauernverband ein Pakt erarbeitet werden, in dem die Bedingungen für die Landwirtschaft in Hessen auch langfristig festgeschrieben werden.
Die hessischen Bauern erhalten aus Brüssel Mittel. Insgesamt waren das in den Jahren 2007 bis 2010 1,3 Milliarden €. Wir haben von Hessen aus keine Mittel an die EU
zurückgegeben. Die EU-Mittel, die wir nicht für Projekte abgerufen haben, haben wir – das ist möglich – der Ausgleichszulage für die vorhin schon erwähnten benachteiligten Gebiete zugeschlagen.
Wir fördern die Aus- und Weiterbildung unserer Landwirte ganz intensiv, auch über unseren Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Wir haben das Modellprojekt Eichhof, wo wir auch für die Landwirtschaft forschen.
Einzelinvestitionen in der Landwirtschaft werden wir in dem kommenden Jahr mit 14 Millionen € fördern, um den Bauern ganz einfach zu helfen, ihre Betriebe wirtschaftlich so auszubauen, dass sie effizient arbeiten können, wie wir das teilweise auch in der Industrie tun. Wir werden gemeinsam mit den Landwirten auch weiterhin dafür kämpfen, dass der Verbrauch an landwirtschaftlicher Fläche rückläufig ist. 6,24 ha Landverbrauch pro Tag im Jahr 2003 und 3,65 ha im Jahr 2010 können wir auf Dauer nicht tragen. Wir wollen mindestens auf 2,5 ha pro Tag herunter. Wir müssen einfach andere Ausgleichsmechanismen für den Verbrauch von Flächen schaffen.
Das gilt auch – das sage ich deutlich – für die Windenergie. Wir müssen auch im Bereich der Windenergie Ausgleichsmaßnahmen machen. Das soll aber bitte nicht durch Fläche geschehen. Es gibt genügend Möglichkeiten wie die Aufwertung bestehender Flächen, oder wir gehen an anderer Stelle hin und nehmen Konversions- oder Waldflächen. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir im Rahmen der Energiewende auch beachten müssen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren, die Landwirtschaft in Hessen gehört zu den modernsten, leistungsfähigsten und am besten aufgestellten Agrarwirtschaften Europas. Sowohl die Landwirtschaft als auch die Politik können darauf stolz sein. Wir müssen die Landwirtschaft in Hessen gemeinsam mit unseren Landwirten weiterentwickeln. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wir als CDU/FDP-Koalition werden das in Zukunft weiterhin intensiv tun. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stephan, vieles von dem, was Sie gesagt haben, ging ansatzweise in die richtige Richtung.
Sie haben es aber leider nicht geschafft, die eigenen Ansätze zu Ende zu denken, sondern Sie haben immer wieder die Kurve gekriegt, hin zur Folklorerhetorik des Bauernverbandes, hin zum Schimpfen auf den Naturschutz und hin zum Schimpfen auf das Greening bei der Gemeinsamen Agrarpolitik. Das ist der vollkommen falsche Weg. Das ist vielleicht ein Stück weit Folklore für den
Die Gemeinsame Agrarpolitik ist natürlich vor allen Dingen für die Landwirtschaft da. Sie ist aber auch für die Gesellschaft da, denn sie ist ein Instrument, das aus der Gesellschaft heraus und für die Gesellschaft getragen wird. Von daher ist die Fortschreibung der Gemeinsamen Agrarpolitik 2013 eine Chance, die Gemeinsame Agrarpolitik und die Förderung der Landwirtschaft dauerhaft zu sichern. Für viele Menschen ist es eben nicht selbstverständlich, dass die Landwirtschaft von der Gesellschaft gefördert wird. Die Leute sehen die Notwendigkeit erst einmal nicht, wieso der Staat die Landwirtschaft fördern muss. Von daher ist es wichtig, die Gemeinsame Agrarpolitik auf ein gesellschaftliches Fundament zu stellen, das bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern Akzeptanz erzeugt.
Dieses neue Fundament ist eben das Greening. Das Greening der Gemeinsamen Agrarpolitik besagt: Wir wollen öffentliches Geld für öffentliche Leistungen ausgeben. – Von daher sind Ihre Attacken gegen die EU vollkommen daneben, von wegen: „Wir werden gegen das, was die EU vorhat, kämpfen, und wir werden die hessische Landwirtschaft retten“. Wir können die Gemeinsame Agrarpolitik nur dann retten, wenn wir dieses Greening verfolgen.
Von daher sollten wir versuchen, den Menschen mit der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erklären, wozu es diese Subventionen im Agrarbereich braucht. Wir brauchen diese Subventionen für Maßnahmen, die der Markt eben nicht abbilden kann. Wenn der Landwirt etwas für den Bodenschutz, den Klimaschutz, die Biodiversität oder den Tierschutz tut, dann sind das Dinge, die auf dem Weltmarkt nun mal nicht eingepreist sind. Für diese öffentlichen Leistungen, die von der Öffentlichkeit dann auch erkannt werden, wollen wir öffentliches Geld hineingeben.
Die Bürgerinnen und Bürger haben doch auch die Nase voll von einer „Wachsen oder weichen“-Ideologie in der Landwirtschaft, die immer mehr und immer effektiver produzieren will, ohne Rücksicht auf Umwelt- und Tierschutzbelange zu nehmen.
Bei der Grünen Woche haben sich dieses Jahr noch mehr Menschen zu einer Demonstration unter dem Motto „Wir haben es satt“ getroffen. Rund 23.000 Menschen haben am Rande der Grünen Woche demonstriert unter dem Motto „Wir haben es satt“. Sie haben es satt, eine Agrarwirtschaft zu subventionieren, die auf Massentierhaltung setzt, die auf Hähnchen setzt, die in ihrem kurzen Leben rund die Hälfte der Zeit mit Antibiotika gedopt werden müssen. Das haben sie satt. Sie wollen stattdessen eine Agrarwirtschaft, die Umwelt- und Tierschutzbelange berücksichtigt.
Es kann auch nicht sein, dass wir mit europäischen Mitteln weiterhin den Weltmarkt mit subventionierten Nahrungsmitteln überschwemmen, die dann in den Entwicklungsländern dafür sorgen – –
Doch, das ist richtig, und das passiert in Hessen. Sie können sich einmal meine Kleine Anfrage zum Thema Geflügelmast in Hessen anschauen, wo Sie sehen, wie viele Tonnen Geflügel allein aus Hessen – wir sind noch nicht einmal einer der großen Geflügelproduzenten – in Länder der Dritten Welt gehen, wie wir damit die Agrarmärkte kaputt machen und den Hunger in der Welt mit anheizen.
Von daher sind Ihre Forderungen, was das Greening der Gemeinsamen Agrarpolitik und die einzelbetriebliche Förderung angeht, vollkommen daneben. Sie haben bei der GAP 2013 sowieso erst einmal den Zeitpunkt verpasst, da ist die Messe nämlich schon gelesen, und außerdem haben Sie vollkommen den falschen Weg eingeschlagen. „ Zurück zur Agrarpolitik von früher“, das ist Ihr Weg. Das ist vielleicht ein Stück weit Folklore für den Bauernverband. Was Sie hier vorschlagen, ist aber keine moderne Agrarpolitik.