Protocol of the Session on February 2, 2012

Die Bundesregierung – das habe ich angesprochen – hat einen Gesetzentwurf eingebracht, und ich appelliere noch einmal an Sie, dass die roten und die rot-grünen Landesregierungen diesem Gesetzentwurf von CDU und FDP zustimmen, weil damit endlich der Hahn geöffnet wird für Investitionen. Denn die Menschen warten heute mit der Sanierung, weil sie nicht wissen, ob eine Förderung kommt und was kommt. Da macht man erst einmal gar nichts. Deswegen ist das der erste, der wesentliche Schritt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bin überzeugt, dass die Hessische Landesregierung und wir und alle, die beim Energiegipfel mit unterschrieben haben, auf einem guten Weg sind. Die gemeinsamen Ziele, die wir formuliert haben, sollten wir weiter betreiben. Wir sollten konstruktiv an diesen Themen arbeiten. Ebenso konstruktiv werden wir die Gesetzesvorschläge und die Anträge im Ausschuss behandeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Kollege Stephan. – Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Wissler das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Energiegipfel hat sich über ein halbes Jahr mit der Energiewende in Hessen befasst und viele konkrete Schritte und Maßnahmen vorgeschlagen. Aber leider passiert bei der Umsetzung herzlich wenig. Die Ministerin setzt weiterhin auf Appelle und gutes Zureden. Ich sage: Beratungsangebote sind durchaus sinnvoll, aber sie reichen nicht aus. Wir brauchen verbindliche gesetzliche Regelungen.

Der Antrag, den die CDU heute eingebracht hat, in dem Sie sich einmal mehr loben, dass sich die Landesregierung intensiv für den Ausbau von erneuerbaren Energien einsetzt, geht genau in diese Richtung. Das Problem ist: Sie tun nichts und feiern sich dafür. Das nützt einfach niemandem, am allerwenigsten der Energiewende in Hessen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gerade im Wärmebereich gibt es enorme Energieeinsparund Effizienzgewinnungspotentiale. Dabei geht es weniger um Neubauten als vielmehr um den Gebäudebestand. Denn dort liegen enorme Potentiale zur Energieeinsparung.

Bei der energetischen Gebäudesanierung gibt es ein Mieter-Vermieter-Dilemma, das die Frau Ministerin in ihrer Regierungserklärung im Dezember sehr richtig angesprochen hat. Denn die Kosten der Gebäudesanierung liegen beim Hauseigentümer, den Vorteil sinkender Heizkosten haben in erster Linie die Mieter, die das Haus bewohnen. Sie haben den Vorteil, aber die Vermieter müssen die energetische Sanierung zahlen.

Die Regelung, die die Bundesregierung gefunden hat, ist, dass die Bauherren bis zu 11 % der Renovierungskosten pro Jahr auf die Mieten aufschlagen können. Aber das ist für viele Mieterinnen und Mieter eine gewaltige Belastung. Im Ergebnis liegen wir trotz aller Förderprogramme weit unter der Sanierungsrate von 3 % des Wohnungsbestandes, die tatsächlich sehr erstrebenswert wäre.

Meine Damen und Herren, die gesellschaftliche Akzeptanz von energetischer Gebäudesanierung, von der Herr Stephan eben gesprochen hat, wird untergraben, wenn Normalverdiener die Energiewende nur als Kostensteigerung erfahren. Deshalb wollen wir die maximale Umlage von Modernisierungskosten auf 5 % pro Jahr beschränken und diese Umlage daran knüpfen, dass es für die Mieter tatsächlich greifbare Vorteile aus der Sanierung gibt; denn nur so können soziale Härten vermieden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Stephan, da bin ich bei Ihrem Lieschen; denn auch wir machen uns Sorgen um Ihr Lieschen, das es vielleicht nicht bewältigen kann, die energetische Sanierung seines Hauses alleine zu finanzieren.

Deshalb will ich sagen, dass ich zumindest an einem Punkt etwas skeptisch bin. Der findet sich im Antrag der GRÜNEN, aber auch im Antrag der CDU, Herr Stephan. Da geht es um steuerliche Anreize zur energetischen Gebäudesanierung. Das wollen Sie beschleunigen.

Aber ich will in diesem Zusammenhang auf die Problematik hinweisen, die auch im Bundesrat sehr kontrovers diskutiert wurde. Insbesondere der damalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller und der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, haben darauf hingewiesen, dass das alleinige Setzen auf steuerliche Anreize untauglich ist, weil es dazu führt, dass identische Sanierungsmaßnahmen unterschiedliche Förderungen erfahren.

Wenn nämlich ein Eigentümer ein hohes Einkommen hat und deswegen hohe Steuern bezahlt, dann erhält er natürlich eine viel höhere Förderung als jemand mit einem geringen Einkommen. Dadurch würden bei der energetischen Sanierung natürlich wieder die Besserverdiener bevorzugt, und Ihr Lieschen – Herr Stephan – würde natürlich benachteiligt. Denn Ihr Lieschen war, glaube ich, Rentnerin, und daher würden ihr Steuererleichterungen bei der energetischen Sanierung relativ wenig helfen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Deshalb müssen wir natürlich auch über direkte Zuschüsse nachdenken, damit die finanziell schwächer Gestellten nicht benachteiligt werden. Dazu gibt es Vor

schläge, unter anderem vom Mieterbund, und diese Vorschläge sollte die Landesregierung aufgreifen.

Das nächste Thema ist die Bauordnung. Das ist auch im Antrag der GRÜNEN beschrieben. Hier geht es um die Möglichkeit der Kommunen, eigene Satzungen zu erlassen. Man muss sagen: Hier hat die Landesregierung den Kommunen ein ganz wichtiges Instrument aus der Hand geschlagen. Natürlich muss es den Kommunen möglich sein, verbindlich festzuschreiben, dass bestimmte Arten von Heizungsanlagen genutzt werden müssen – wie es beispielsweise bei der Marburger Solarsatzung geschehen ist.

Meine Damen und Herren, im Baurecht ist wirklich alles reglementiert. Es ist festgelegt, dass man, wenn man ein Haus baut, natürlich einen Anschluss an die Kanalisation braucht. Auch beispielsweise die Höhe der Bebauung ist geregelt. Aber gerade in dieser entscheidenden Frage, die für die Zukunft von uns allen so wichtig ist – weil beispielsweise die Klimaerwärmung dadurch beeinflusst wird –, nur auf Freiwilligkeit zu setzen, das ist einfach nicht verständlich. Frau Ministerin, das ist fahrlässig und verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt haben Sie gesagt, eines der wenigen konkreten Projekte der Landesregierung in diesem Bereich soll ein Förderprogramm für den Austausch von Wärmepumpen in Ein- und Zweifamilienhäusern sein. Dafür will das Land 1 Million € zur Verfügung stellen.

Das ist ganz nett, aber angesichts der Notwendigkeiten im Gebäudebereich ist das völlig unverhältnismäßig. Mit diesem Betrag wollen Sie den Austausch von 10.000 Pumpen fördern. Auf den gesamten Gebäudebestand gerechnet, ist das nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Hinzu kommt, dass es pro Förderantrag maximal 100 € Zuschuss gibt. Frau Ministerin, da fällt es mir schon schwer, das als ernst gemeinten Ansatz zur aktiven Energiepolitik zu verstehen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Wer sich ernsthaft Sorgen um das Lieschen und darum macht, dass es immer mehr Menschen gibt, die Probleme haben, die beständig steigenden Kosten für Strom und Gas zu bezahlen, der muss dann auch über die Frage reden – Herr Stephan –, wer die Kosten für die Energiewende bezahlen soll. Natürlich hängt die gesamte gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende auch maßgeblich davon ab, wer dafür bezahlt.

Die Energiekonzerne sind natürlich dafür, das über den Preis zu regeln – dass also letztlich die Verbraucher die Energiewende bezahlen. Es gibt aber auch eine gerechte Möglichkeit zur Finanzierung der Energiewende, und das wäre eine andere – nämlich dass die milliardenschweren Konzerne, die wir in diesem Land haben und die über Jahrzehnte hinweg Monopolgewinne eingefahren haben,

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

diese Profiteure der bisherigen Energiepolitik, stärker an den Kosten für die Energiewende beteiligt werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))

Dann möchte ich auch gern über das Thema der Stromund Gaspreise reden. Ich bin der Meinung, Strom- und Gaspreise kann man nicht allein dem Markt überlassen. Wir brauchen eine staatliche Preisaufsicht, damit die Verbraucher nicht immer weiter abgezockt werden.

Meine Damen und Herren, das ist auch möglich. In der Hälfte der EU-Staaten gibt es regulierte Strom- und Gaspreise. Das ist kein Teufelswerk, das ist notwendig. Das ist eine Frage des politischen Willens. Es wäre ohne Weiteres möglich, auch in Deutschland zu einer Regulierung der Strom- und Gaspreise zu kommen, wie es sie auch lange Zeit gab.

Meine Damen und Herren, wenn wir die Energiewende schnell umsetzen wollen, dann muss den Kommunen dabei eine Schlüsselrolle zufallen. Aber die Landesregierung verfährt nach dem Motto „privat vor Staat“ und behindert die Kommunen beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

Mit der letzten Änderung der Hessischen Gemeindeordnung haben Sie die Situation für die Kommunen noch verschlechtert. Mit der Einführung einer Drittschutzklausel räumen Sie den Stromkonzernen ein Exklusivrecht ein: Künftig können sie sich überall einklagen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Die Kommunen sollen sich auf thermische Energie beschränken, weil das für die Privaten nicht so lukrativ ist.

Herr Stephan, wenn Sie sich dann hierhin stellen und sagen, den Segen unserer HGO-Novelle haben nicht alle verstanden, dann ist das schon ein bisschen daneben.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Wir haben hier mit den Kommunalen Spitzenverbänden diskutiert. Sie wissen genau, welche Kritik es daran gab. Sich dann hinzustellen und zu sagen, die haben das alles nicht verstanden, das finde ich ziemlich daneben.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Stephan, es gibt dabei doch wirklich nicht viel zu verstehen.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Einmal mehr haben Sie die Interessen der großen Vier in ein Gesetz hineingeschrieben, nichts anderes.

Zum Thema Verstaatlichung. Herr Stephan, was ich möchte, ist eine Demokratisierung der Energieversorgung. Ich finde es richtig, dass sich Menschen zusammenschließen und eine Energiegenossenschaft gründen. Ich finde es richtig, dass es Stadtwerke gibt. Denn die Gewinne der Stadtwerke bieten die Möglichkeit, sie in die kommunale Infrastruktur zu stecken, statt dass sie in die Taschen von Aktionären und in ferne Konzernzentralen wandern.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb bin ich für eine Demokratisierung der Energieversorgung und für die Zerschlagung der großen Energiekonzerne. Denn erstens behindern und verschleppen sie die Energiewende,

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

und zweitens zocken sie die Verbraucherinnen und Verbraucher ab.

(Peter Stephan (CDU): Und was ist mit der EnBW?)

Erzählen Sie mir hier nicht, wir wollten einfach alles verstaatlichen. Uns geht es genau um diese Frage – nämlich dass die Menschen vor Ort Einfluss auf die Energieversorgung bekommen.