Jetzt darf ich um ein kurzes Signal von den Geschäftsführern bitten, wie wir mit dem Thema Agrarpolitik verfahren. – Herr Kollege Blum, zur Geschäftsordnung.
Es entspricht der gemeinsamen Verabredung, jetzt in die Mittagspause zu gehen, die Tagesordnungspunkte 10 und 11 nach der Mittagspause nach dem Setzpunkt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufzurufen, also gegen 15 Uhr.
Herzlichen Dank für die Information. Dann freuen Sie sich sicher alle. Dann kann ich die Sitzung jetzt bis 14 Uhr unterbrechen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie alle, jetzt Platz zu nehmen und die unbedingt notwendigen Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu verlegen, damit wir in die Tagesordnung einsteigen können.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Energiewende in Hessen muss endlich im Wärmebereich beginnen – Drucks. 18/5194 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend effiziente Wärmenutzung in Hessen auf einem guten Weg – Drucks. 18/5236 –
Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Hammann gemeldet. Frau Hammann, Sie haben das Wort und die Aufmerksamkeit des gesamten Plenums.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Timon Gremmels, ich danke für den Applaus.
Das Thema Energie ist ein Thema, das wir heute wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben, weil es für uns ein sehr wichtiges Thema ist. Seit dem Energiegipfel sind wir in Hessen real doch keinen Schritt weitergekommen. Nichts hat sich wesentlich verbessert. Wir hatten zwar eine Regierungserklärung von Frau Ministerin Puttrich, wir hatten auch eine Pressekonferenz, auf der sie das Energiekonzept der Landesregierung vorgestellt hat – in unseren Augen noch unzureichend, aber mit sehr vielen interessanten Aspekten –, aber real sind wir noch nicht weitergekommen.
Wir hatten bereits im April letzten Jahres ein aktualisiertes Stromkonzept vorgelegt, um zu zeigen, mit welchen Möglichkeiten es machbar sein kann, die Energiewende im Strombereich bis zum Jahr 2030 aus 100 % erneuerbaren Energien für den Strombereich zu erreichen.
Im November letzten Jahres haben wir ein neues Energiekonzept vorgelegt, das den Wärmebereich umfasst; denn wir wissen, dass eine Energiewende nur funktionieren kann, wenn alle Bereiche betrachtet werden, und dazu gehört auch der Wärmebereich.
Wie wichtig die Betrachtung des Wärmebereichs ist, wird daran deutlich, wie hoch sein Anteil am Gesamtenergieverbrauch ist und wie hoch die Kohlendioxidemissionen sind, die dabei auf den Wärmebereich entfallen – in beiden Sektoren sind dies immerhin 40 %.
Sie alle können anhand der steigenden Nebenkosten absehen, wie wichtig es ist, gerade den Wärmesektor unter die Lupe zu nehmen. Wir müssen feststellen, dass dies immer mehr auch zu einer sozialen Frage wird – steigende Rohstoffkosten, die für die Wärmeerzeugung aufgewendet werden müssten, sprich: Warmwasser und Heizung. Das Ganze umfasst also auch einen sozialen Aspekt, und deshalb muss es ebenfalls berücksichtigt werden.
Wir haben in unserem Konzept den Markt untersucht, um festzustellen, welche Möglichkeiten es gibt, Wärmereduktion zu erzielen, und wo wir erneuerbare Energien einsetzen können, um bisher eingesetzte konventionell erzeugte Energie zu ersetzen. Mit der heute schon zur Verfügung stehenden Technik ist es machbar, bis zum Jahr 2030 die Erzeugung von Wärme – das muss man einmal festhalten – um 36 % zu senken. Weiterhin ist der Zubau an erneuerbaren Energien in diesem Bereich machbar; ebenfalls zu einem hohen Anteil von über 30 %.
Das ist etwas, was die Landesregierung noch immer erst erkennen muss. Ich fand es sehr schade, als ich nach der Pressekonferenz lesen musste, dass die Landesregierung selbst sagte, sie sei nicht so ambitioniert wie das Land Rheinland-Pfalz. Nein, meine Damen und Herren, das darf nicht sein.
Was ist denn alles nötig? – Wir brauchen dringend die Umsetzung einer Sanierungsquote von bis zu 3 %. Wir reden gerade von den Häusern, die vor 1978 gebaut worden sind; zurzeit haben wir dort eine Sanierungsquote von 1,1 %. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.
Wir brauchen den Austausch von alten Heizungen in diesem Bereich. Wir brauchen – und da sind wir uns Gott sei Dank einig – eine gute Energieberatung. Wer heute im Hinblick auf Wärmedämmung vor einer Haussanierung steht, der muss eine Rundumberatung bekommen und alle finanziellen Aspekte berücksichtigen. Das heißt, durch eine vernünftige Beratung können wir auch sehr viele psychologische Hürden abbauen und Hausbesitzer dazu bringen, eine schnellere Sanierung vorzunehmen.
Aber es ist nicht allein die Beratung. Dazu gehört natürlich auch eine ausreichende Finanzierung. Mit einer vernünftigen Steuererleichterung, mit gut ausgestatteten Fördertöpfen auf Bundes- wie auch auf Landesebene ist es machbar, diese Energiewende schnell zu vollziehen. Da tun Sie noch zu wenig.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Timon Gremmels (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))
Lieber Kollege Stephan, in diesem Zusammenhang ist Ihre Presseerklärung von damals, die Sie zu unserer Vorstellung des Wärmekonzeptes eingebracht haben – die ich heute auch teilweise in Ihrem Antrag wiederfinde –, sehr erklärend; denn man kann genau erkennen, dass sie in den letzten Jahren kaum etwas für den Bereich der Energieeffizienz getan haben. Es sind lediglich das HIER-Projekt und der Bereich der Energieeffizienz für Mietwohnungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Beratung, Finanzierung, aber auch gesetzliche Regelungen sind notwendig – und das haben Sie bisher versäumt. Wir haben einen verquasten § 121 in der Hessischen Gemeindeordnung. Daran wird deutlich, dass eine Energiewende so nicht funktionieren kann.
Gerade über diese gesetzlichen Regelungen hat das Land doch die Möglichkeit, die Richtung ganz massiv mit zu beeinflussen. Ich erinnere Sie daran, dass wir schon vor einiger Zeit mehrere Gesetzentwürfe eingebracht haben – unsere Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetze –, die genau dies zum Inhalt hatten.
Die Anfangspunkte sind heute noch so aktuell wie damals: Das sind die Änderung der Hessischen Gemeindeordnung, die Änderung der Hessischen Bauordnung und die Änderung des Nachbarrechtsgesetzes, wenn man eine vernünftige Dämmung vornehmen will.
Die Kommunen – auch das ist Bestandteil unseres Wärmekonzeptes – müssen in die Lage versetzt werden, ihre Klima- und Energiepolitik vor Ort über ein Satzungsrecht massiv zu beeinflussen.
Das bedeutet, dass man natürlich auch den Passivhausstandard für Neubaugebiete in den Satzungen vorschreiben kann; das bedeutet den Einsatz von erneuerbaren Energien bei Sanierungsmaßnahmen. Das sind auch gebietsbezogene Sanierungspflichten, die erfüllt werden könnten, etwa die Festsetzung von Energieverbrauchswerten in diesem Bereich oder die schon erwähnte Modernisierung von Heizungsanlagen.
Wir haben uns alle Potenziale angesehen. Wir haben uns angesehen, wie es bei den Haushalten oder bei Industrie, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen aussieht – überall konnten wir hohe Potenziale feststellen. Ich sage es noch einmal: Die Technik ist bereits heute vorhanden. Was ebenfalls vorhanden sein muss, ist der Wille zur Umsetzung, meine Damen und Herren.
Gerade für die Bereiche Industrie und Gewerbe gibt es schon sehr viele und gute Beispiele, an denen erkennbar
ist, dass sich der Einsatz von erneuerbaren Energien tatsächlich lohnt. Es gibt – Bierkenner mögen es vielleicht schon wissen – eine Brauerei in Kassel, die schon heute Solarthermie einsetzt, um sie im Brauprozess zu nutzen. Hier konnte also konventionell erzeugte Energie durch umweltfreundliche Energie ersetzt werden.
Es gibt auch bereits den Einsatz von erneuerbaren Energien, sprich: Solarthermie, für Prozessdampf bis zu 200 Grad in der Metallveredelung. Auch hier gibt es Möglichkeiten des Einsatzes. Es wird schon genutzt, und es muss nur ausgebaut werden. Bei der Solarthermie gibt es insgesamt eine breite Palette von Einsatzmöglichkeiten. Dies sind Trocknungsprozesse, Vorerwärmungsprozesse bei Roh- und Eingangsmaterialien, Oberflächenbehandlung, Koch- und Waschprozesse. All das haben wir unter die Lupe genommen und gesagt: Hier muss eine Unterstützung im Hinblick auf eine gute Beratung und auf eine vernünftige Ausstattung über Fördermittel erfolgen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Worte zu dem sagen, was vonseiten der CDU zur Vorstellung unseres Wärmekonzepts gesagt wurde. Das kann man nicht einfach kommentarlos so stehen lassen. Als wir es vorgestellt haben, wurde dies als eine nette Modellrechnung ohne handfesten Hintergrund bezeichnet.
Meine Damen und Herren, diese Kritik ist wirklich hanebüchen. Wer es über zwölf Jahre hinweg nicht geschafft hat, etwas Eigenes auf den Weg zu bringen, und dann unser Konzept als eine Modellrechnung ohne handfesten Hintergrund bezeichnet, der ist jenseits von Gut und Böse.
Außerdem behaupten Sie, die GRÜNEN hätten nun auch erkannt, dass die Energieeffizienz der Schlüssel zur Energiewende ist, und Sie hätten das schon längst erkannt. Ich glaube, ich war im falschen Film. Ich habe über viele Jahre hinweg nicht feststellen können, dass Sie in diesem Bereich etwas getan haben. Das Gegenteil war doch der Fall, lieber Kollege Stephan.