Protocol of the Session on February 1, 2012

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich überlasse Ihrer Analyse der Redebeiträge die Frage, wie Sie die Alternativen einschätzen.

Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen, bevor ich mich mit den einzelnen Punkten beschäftige. Natürlich bleibt es richtig, dass die kommunale Finanzlage ange

spannt ist. Aber es ist eine Schimäre, dass die kommunale Finanzlage angespannter ist als die anderer staatlicher Ebenen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Während Bund und Länder in diesem Jahr noch Defizite haben werden, wird sich der kommunale Finanzierungssaldo in diesem Jahr national erstmalig seit vielen Jahren wieder positiv darstellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch der kommunale Finanzierungssaldo in Hessen wird nach dem, was wir sehen, spätestens im kommenden Jahr ein positiver Finanzierungssaldo sein. Frau Enslin, die Ursache, dass der Finanzierungssaldo in Hessen so weit negativ war, hat etwas mit der schwierigen Lage zu tun, ja, aber zum weit überwiegenden Teil mit der Technik der Abwicklung der Konjunkturprogramme, weil wir 1,7 Milliarden € als hessisches Konjunkturprogramm zusätzlich investiert haben in kommunale Schulen, in kommunale Infrastruktur. Das darf an dieser Stelle nicht vergessen werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb die Frage: Wie konstruiert man einen solchen Rettungsschirm? Wir haben lange mit den Kommunalen Spitzenverbänden über diese Frage gesprochen. Es war keineswegs so – das habe ich Ihnen von diesem Pult aus häufig vorgetragen –, dass wir den Kommunalen Spitzenverbänden ein Konzept vor die Nase gesetzt hätten nach dem Motto: Friss oder stirb. – Wir sind von Ihnen in diesem Hause dafür gerne gescholten worden nach dem Motto: Warum seid ihr nicht endlich fertig damit?

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt auch!)

Nein, wir haben in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden gesagt: Wir wollen es mit euch gemeinsam gestalten, mit euren Vorschlägen. – Jeder von Ihnen weiß, wie differenziert, wie breit die Schere der Interessen zwischen den Verbänden, aber auch innerhalb der Verbände ist, sodass es in der Tat kein ganz einfaches Unterfangen sowohl für die Verbände als auch für uns war, sich am Ende auf einen gemeinsamen Weg zu bewegen, der es ermöglicht, dass sich alle drei kommunalen Gruppen darunter wiederfinden, und zwar sich gerne darunter wiederfinden, weil sie gemeinsam der Auffassung sind, dass das einen Beitrag leisten kann, die kommunalen Finanzprobleme in der Zukunft besser in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dafür empfiehlt sich auch der Blick über die Grenzen Hessens hinaus. Sie werden außerhalb Hessens keinen vergleichbaren Rettungsschirm finden, bei dem sich das Land verpflichtet, die Tilgungsleistungen vollständig aus eigenen Mitteln zu erbringen. Alle anderen Instrumente anderer Bundesländer sehen jeweils größere Tilgungsbeiträge der Kommunen selbst und vor allem des Kommunalen Finanzausgleichs vor. Deshalb ist das ein bundesweit einmaliges Angebot an die Kommunen, und darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Die Versuche, solche Rechnereien zu machen, sind verführerisch – ich weiß es –, den Korrekturbetrag des Kommunalen Finanzausgleichs

(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das klingt so schön harmlos!)

dem jährlichen Tilgungsbeitrag des Landes entgegenzuhalten. In Wahrheit findet die Entlastung der Kommunen – es ist schön, dass Sie das Wort jetzt übernehmen; das führt zu einer gewissen Versachlichung der Debatte – durch die Übertragung der Verbindlichkeiten auf den Fonds sofort statt.

Die Verbindlichkeiten verschwinden aus den Bilanzen der Kommunen. Sie werden auf diesen kommunalen Gemeinschaftsfonds übertragen. Die Tilgungsverpflichtung übernimmt das Land. Das Land übernimmt eine Zinsverbilligung. Die Kommunen erhalten auf Antrag aus dem Landesausgleichsstock eine weitere Zinsverbilligung, sodass am Ende bei der Festschreibung des jetzt günstigen Zinsniveaus nur noch eine sehr geringe Restzinsbelastung der betroffenen Kommunen verbleibt.

Wir haben das einmal überschlägig für die Stadt Kassel berechnet. Für Offenbach, Herr Al-Wazir – – Wo ist er denn? Er hat sich doch so für meine Antwort interessiert.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Besuchergruppe, Herr Minister!)

Ach so. Aber gefragt hat er mich öffentlich und hätte gerne die Antwort. So ist es eben ab und zu.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben das einmal für die Stadt Kassel berechnet. Offenbach liegt geringfügig unter diesen Werten, ist aber vergleichbar. Der Betrag für die Stadt Kassel, der für die Entschuldung zur Verfügung stünde, liegt bei etwas mehr als 260 Millionen €. Das sind 260 Millionen € Schulden, die schlagartig aus der Bilanz einer Kommune verschwinden würden. Die Summe ist beträchtlich.

(Beifall bei der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das kann man wohl sagen!)

Herr Warnecke hat offensichtlich versucht, solch eine Rechnung für seinen Heimatkreis zu machen. Interessanterweise haben Sie den Korrekturbetrag von 340 Millionen € über die nächsten 30 Jahre fortgeschrieben.

(Günter Rudolph (SPD): Ja sicher!)

Entweder glauben Sie nicht an Ihren eigenen Wahlsieg, oder Sie beabsichtigen im Falle eines solchen Wahlsiegs, den Betrag fortzusetzen. Sonst ist die Rechnung doch falsch. Insofern liegen Sie ziemlich daneben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bleiben wir bei der Stadt Kassel. Was würde passieren, wenn wir der betreffenden Kommune die Verbindlichkeiten nicht auf den Fonds abnähmen? – Dann müsste man unterstellen, dass die Verbindlichkeiten bei der Stadt bleiben und in den nächsten Jahren nicht getilgt werden können. So entsteht während der Laufzeit des Fonds allein für die Stadt Kassel eine Zinsersparnis in Höhe von 110 Millionen €, also eine Liquiditätsentlastung in den Ergebnishaushalten während der Laufzeit des Fonds.

(Norbert Schmitt (SPD): 30 Jahre!)

Bereits im ersten Jahr, Herr Abg. Schmitt, entsteht eine Entlastung im Ergebnishaushalt, weil die Zinsen, die Sie ersparen, größer sind als die Zinsen, die noch an Restaufwand bestehen bleiben. Je nachdem, in welche – –

(Zuruf)

Wesentlich mehr, lieber Kollege. Ihre Fraktion kann nicht richtig twittern und nicht richtig rechnen. Es gibt also Optimierungspotenzial noch und nöcher.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Eieiei! – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was für ein Niveau für einen Minister! – Weitere Zurufe)

Herr Schäfer-Gümbel, bleiben Sie doch gelassen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Dagegen ist Boris Rhein ja mittlerweile der Maßstab der Seriosität!)

Das ist ja unglaublich.

(Zuruf: Das wollen wir mal twittern! – Weitere Zu- rufe)

Können wir jetzt normal weitermachen?

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wieder mal Plenum mit Parteitag verwechselt!)

Herr Schäfer-Gümbel wird zum Maßstab der Originalität von Zwischenrufen. Insofern hat jeder seine Vergleichs maßstäbe.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was für eine Armut in dieser Regierung!)

Aber meine sehr verehrten Damen und Herren – –

(Anhaltende Zurufe)

Meine Damen und Herren! – Herr Minister, Augenblick bitte.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sehr peinlich!)

Das Problem ist, wenn man Zahlen – –

Herr Minister, Augenblick bitte. Ich hatte Sie gebeten, zu warten, bis ich wieder freigebe.

Gern.

Jetzt ist es schön ruhig, jetzt dürfen Sie weitermachen. Das ist wichtig. Ruhe halten heißt auch, dass wir uns konzentrieren. – Danke schön.