Protocol of the Session on January 10, 2012

Sie versuchen, dieses Thema immer zu vermeiden. Ich fordere Sie an dieser Stelle auf, noch eine zweite Regierungserklärung abzugeben, die sich mit den Problemen an den Hochschulen auseinandersetzt.

(Beifall bei der SPD)

Dann kommt die Frage: Wie werden die Hochschulen finanziert? Sie setzen auf Wettbewerb und Exzellenz. Wir sagen: Wenn die Grundfinanzierung nicht stimmt, dann bedeutet das, dass die Hochschulen im Schnitt schwächer werden. Grundfinanzierung heißt, dass der normale Betrieb durchfinanziert werden muss, ohne dass es Einschnitte im Lehrbetrieb gibt, und dass das, was Exzellenz ist, dann obendrauf kommt.

Sie finanzieren die Exzellenz aus dem Normalbetrieb. Sie finanzieren Wissenschaft und Forschung auf Kosten der Studierenden. Das halte ich für einen Punkt, der nicht verantwortbar ist. Wir werden das Gleichgewicht zwischen beiden finden müssen. Dieses Gleichgewicht kann aber nicht darin bestehen, bei dem einen die Augen zu schließen und das andere durchzufinanzieren.

Wenn ich das Ganze zusammenfasse, dann passt Ihre Rede irgendwie in die fünfte Jahreszeit: Hochschulpolitik wird bunt geschminkt, mit vielen fremden Federn geschmückt.

(Zurufe von der CDU und der FDP – Holger Bel- lino (CDU): Helau!)

Am Aschermittwoch ist alles vorbei, und übrig bleibt der Titel der blassen Frühstücksdirektorin der hessischen Wissenschaftspolitik. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Danke, Herr Grumbach. – Als Nächster spricht Herr Dr. Büger für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staatsministerin, zuerst möchte ich mich ganz herzlich für diese Regierungserklärung bedanken. Die hat nämlich nicht – wie Herr Grumbach gesagt hat – von wichtigen Fragen abgelenkt. Nein, sie lenkt unsere Aufmerksamkeit hier auf ein ganz wichtiges und wesentliches Thema.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben es auch in Ihrer Schlussbemerkung gesagt: Letztendlich ist Wissen der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Der Wohlstand unseres Landes hängt davon ab, wie wir uns im Wettbewerb als Wissensregion behaupten – im Wettbewerb in Deutschland, in Europa und weltweit.

Dabei ist starke Forschung das Fundament der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstands. Dazu gibt es ein treffendes Wort. Es wird Dr. Oberholz, dem Vorsitzenden des Verbandes der Chemischen Industrie, und auch manch anderen zugeschrieben und lautet so: Forschung ist die Umwandlung von Geld in Wissen, und Innovation ist nachher die Umwandlung von Wissen in Geld.

Damit sieht man auch, dass Forschung und Innovation letztendlich zwei Seiten derselben Medaille sind und dementsprechend zusammengehören. Wir brauchen Forschung genauso wie Innovation. Wir brauchen Grundlagenforschung, damit Innovation überhaupt ermöglicht wird und Wohlstand generiert werden kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vor diesem Hintergrund haben wir in Hessen ein ganz klares politisches Ziel: nämlich Hessen zur zentralen Wissensregion Deutschlands und Europas zu machen.

Festhalten muss ich an dieser Stelle, dass wir uns auf den Weg dorthin gemacht haben. Die positive Botschaft auch aus dieser Regierungserklärung ist, dass wir diesem Ziel heute näher sind denn je.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diesen Weg haben wir im Jahr 1999 begonnen. Damals hatten wir, wie wir wissen, eine andere Regierung. Seit der Zeit haben wir auch andere Erfolge. Dann kann man immer behaupten, Herr Grumbach, wie Sie sagen: Das ist eine rein zufällige Koinzidenz. – Sehen Sie doch einmal, wo Länder, die andere Rahmenbedingungen haben, heute stehen. Dann wissen Sie, welches politische Handeln dahintersteckt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Damit möchte ich drei Punkte inhaltlich klären. Ich möchte fragen: Wo stehen wir? Wo kommen wir her? Und am Ende möchte ich die Frage stellen: Wo wollen wir hin?

Wo stehen wir beim Wissenschaftsstandort Hessen?

(Andrea Ypsilanti (SPD): Wenn Sie das wissen!)

Hören Sie zu. Sie werden ein paar Informationen bekommen.

Noch nie hatten wir so viele Forschungsinstitute in Hessen wie zum heutigen Zeitpunkt. Wir haben gerade für die Investitionssumme von 141 Millionen € – und das in einer Zeit, in der jeder Euro durchaus wehtut und genau überlegt werden muss, wofür er ausgegeben wird – neue Forschungsinstitute in Hessen geplant. Das sind das MaxPlanck-Institut für Empirische Ästhetik in Frankfurt, die Integration des Deutschen Kunststoff-Instituts in Darmstadt in das Fraunhofer-Institut, die Gründung der neuen Fraunhofer-Projektgruppe für Werkstoffkreisläufe in Hanau mit dem mittelfristigen Ziel der Einrichtung eines Fraunhofer-Instituts und nicht zuletzt das Ernst Strüngmann Institut in Frankfurt am Main. Ich könnte die Liste durchaus noch fortsetzen.

All das, was wir gemacht haben, ist nicht selbstverständlich. Im Übrigen geht es um mehr als das Geld. Am Ende geht es auch darum, Verhandlungen zu führen und politisches Geschick zu beweisen, damit diese Institutionen, die auch woandershin gehen könnten, zu uns nach Hessen kommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deswegen bedanke ich mich ganz ausdrücklich bei der Landesregierung. Ich bedanke mich bei Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann, aber auch – weil ich weiß, dass sie maßgeblich mitgewirkt haben – bei unserem Ministerpräsidenten Volker Bouffier und dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn. Vielen Dank an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Neben den bundesweiten Initiativen, an denen wir maßgeblich partizipieren, haben wir auch eigene hessische Initiativen. Zunächst ist das LOEWE-Programm mit über 400 Millionen € für diese Legislaturperiode zu nennen. Das sind rund 90 Millionen € jedes Jahr. Gleichzeitig fördert LOEWE gezielt Forschungscluster in einem Umfang, wie wir ihn noch nie hatten. Der Vorwurf, LOEWE sei regional nicht ausgeglichen, ist völlig verfehlt. Schauen Sie doch einmal nach Mittelhessen, Herr Grumbach – ich bin da sehr viel häufiger als Sie –, dann werden Sie feststellen, wie viele LOEWE-Mittel auch aufgrund guter Forschung nach Mittelhessen geflossen sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

LOEWE ermöglicht eine klare Profilbildung der Hochschulen. Das Programm ermöglicht im Übrigen in der Förderlinie 3, die auch erwähnt worden ist, eine Zusammenarbeit mit Unternehmen und damit einen klassischen Technologietransfer. Genau das ist die Innovation, von der ich am Anfang sprach. LOEWE ist ein Alleinstellungsmerkmal von Hessen, um das uns nahezu alle Länder – das merke ich, wenn ich auf der Bundesebene unterwegs bin – beneiden.

Herr Grumbach, Sie haben vorhin Bayern und BadenWürttemberg als Peergroup genannt. – Ja, das ist richtig. Bayern und Baden-Württemberg waren uns insbesondere vor zehn Jahren ganz deutlich voraus. Sie können einmal überlegen, wer in Bayern und Baden-Württemberg viele Jahrzehnte lang regiert hat. Man muss aber auch festhalten, dass wir in den letzten zehn Jahren deutlich aufgeholt haben und der Spitzengruppe jetzt sehr nahe sind. Das ist ein Verdienst dieser Landesregierung und aller Landesregierungen, die hier seit 1999 Verantwortung getragen haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, Bilder sprechen mehr als Worte: Wir bestellen schlicht die Felder der Wissensgesellschaft und säen an den Stellen, wo noch Generationen nach uns säen werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Geht es nicht auch eine Nummer kleiner?)

Wo stehen wir bei den Hochschulen? Herr Grumbach, Sie sind deutlich darauf eingegangen, und ich möchte ein paar Worte erwidern. Wer einen vertieften Blick auf die hessischen Hochschulen als eine der Keimzellen der Forschung – neben den erwähnten Forschungseinrichtungen – wirft, der muss schlicht feststellen, dass unsere Hochschulen hervorragend aufgestellt sind. Das ist nicht nur ein Verdienst der Politik. Richtig, Politik setzt den Rahmen, unter dem die Forscher arbeiten können. Aber dazu ist auch eine Struktur extrem wichtig; denn nur in der richtigen Struktur kann sich Forschung entwickeln.

Was gehört zu dieser Struktur? – Dazu gehört zuallererst Autonomie, denn Autonomie spiegelt den Geist der freien Wissenschaft wider. Die Autonomie, die viele in diesem Haus durchaus loben, ist – das muss man auch festhalten – mit der CDU und der FDP verbunden, weil wir sie 1999 eingeführt haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

In dieser Periode haben wir sie weiterentwickelt. Wir haben die Rückkopplung der Hochschule mit der sie tragenden Gesellschaft – durchaus kontrovers – über den Hochschulrat realisiert, er beteiligt sich an der Ausrichtung der Hochschule im Sinne von Entwicklungsplanung. Man kann schlicht festhalten: Nach allem, was wir vor zwei Jahren beim Hochschulgesetz erlebt haben, sind die Hochschulräte hervorragend angekommen. All die Bedenken, die wir vorher hatten, sind nicht eingetreten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Hochschulen sind landauf, landab in ihrer Struktur sehr gut aufgestellt und zufrieden. „Sind Hochschulen immer mit Landesgesetzen zufrieden?“, könnte man fragen. An der Stelle muss ich gestehen: Es gibt auch kritische Fragen.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

Zum Hochschulrahmengesetz, zur Finanzierung und zur Studentenzahl liegt mir – es ist mir aktuell in die Hände gefallen – ein Schreiben der Justus-Liebig-Universität Gießen vom 6. Mai vor, das besagt – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem Schreiben –:

Wir sind davon überzeugt, dass das Gesetz eine sachgerechte Erfüllung der außerordentlich schwierigen Aufgaben der Universität und ihrer Angehörigen angesichts einer wachsenden Überfüllung und nach wie vor unzureichenden Ausstattung nicht fördern, sondern erschweren wird.

Ich höre Stille. Ja, ich habe gesagt, das Schreiben ist vom 6. Mai. Interessanterweise ist es aber nicht vom 6. Mai 2011, sondern vom 6. Mai 1970, als Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier mit absoluter Mehrheit regiert haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Jetzt bin ich aber erschrocken! Absolute Mehrheit!)

Ich sehe, Sie sind aufgewacht. Das freut mich.

Das zeigt, dass eine von außen verordnete Struktur, so wie sie die SPD damals umgesetzt hat, viel weniger akzeptiert wird als eine Autonomie, wie wir sie gegeben haben. Unser Bildungsbegriff von Hochschulfreiheit und Autonomie ist ein ganz anderer als der, den Sie umgesetzt haben.

Das zeigt auch, dass hohe Studentenzahlen und Klagen über die Unterfinanzierung nicht ein Thema unserer Zeit sind, sondern das haben wir schon sehr lange, und es lief unter der SPD-Führung deutlich schlechter.

(Beifall bei der FDP und der CDU)