Protocol of the Session on November 16, 2011

(Holger Bellino (CDU): Sie haben das Geld der SED auf Ihren Konten!)

Meine Damen und Herren, unverantwortlich ist aber, dass andere Atomkraftwerke noch bis 2022 weiterlaufen dürfen. Deshalb unterstützen wir natürlich auch in diesem Jahr die Proteste im Wendland und überall an der CastorStrecke. Denn die Frage der Atomkraft hat sich nicht erledigt. Solange noch AKWs am Netz sind, Forschungsreaktoren und die Urananreicherungsanlage in Betrieb sind und zivile und militärische Nutzung der Atomkraft noch möglich ist, so lange braucht es auch eine Anti-AKW-Bewegung.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Abschlussbericht des Energiegipfels bleibt weit hinter dem zurück, was für eine Energiewende in Hessen dringend nötig wäre. Andere Bundesländer – Herr Ministerpräsident, das muss man auch einmal sagen – sind auch ohne einen Energiegipfel deutlich weiter als Hessen. Mit heißer Luft wurde noch kein Problem gelöst. Es waren nun gerade CDU und FDP, die diesen Ausbau der erneuerbaren Energien jahrelang systematisch blockiert haben.

Herr Ministerpräsident, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wären die Umweltverbände und Stadtwerke nicht einmal mit am Tisch gewesen. Das muss man auch einmal sagen, wenn Sie jetzt betonen, welche breiten gesellschaftlichen Gruppen Sie da an einen Tisch geholt haben. Die waren zur ersten Runde des Energiegipfels gar nicht eingeladen. Es hat schon einigen Druck gegeben, damit Sie diese Entscheidung dann korrigiert haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht mittragen kann DIE LINKE die Positionierung zur Kohlekraft. Kohlekraftwerke sind weder effizient noch flexibel genug, um die Schwankungen bei Sonnen- und Windenergie auszugleichen. Durch den Neubau von Koh

lekraftwerken würde über Jahrzehnte eine veraltete Technologie zementiert. Wir haben immer gesagt, dass wir einem Ergebnis, das den Bau von Block 6 im Kraftwerk Staudinger oder den Neubau von Kohlekraftwerken beinhaltet, nicht zustimmen würden; denn wir stehen an der Seite derer, die dieser Dinosauriertechnologie den Kampf angesagt haben, und das ist in diesem Fall die Bürgerinitiative „Stopp Staudinger“. Die haben recht, an deren Seite stehen auch wir.

Wir lehnen die fortgesetzte Beschränkung der kommunalwirtschaftlichen Betätigung ab, denn ohne eine aktive Rolle der Kommunen ist eine Energiewende in Hessen nicht möglich. Deswegen müssen die hessischen Kommunen wie die Kommunen in anderen Bundesländern zumindest das Recht zur energiewirtschaftlichen Betätigung erhalten. Was Sie jetzt vorschlagen, ist nicht nur ein bürokratisches Monster und zwingt die Kommunen zu aufwendigen und langwierigen Markterkundungsverfahren, sondern verschlechtert faktisch die jetzige Situation. Sie öffnen RWE, E.ON, aber auch anderen Konzernen Tür und Tor zum weiteren Aufkauf kommunaler Infrastruktur. Deshalb ist es auch kein Wunder, wenn RWE und E.ON Ihrem sogenannten Kompromiss zugestimmt haben. Allein das ist schon ein Indiz dafür, wie zahnlos dieses Ergebnis ist; denn eine echte Energiewende lässt sich nicht im Konsens mit RWE und E.ON durchsetzen, sondern nur gegen diese Konzerne.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir können der Losung „privat vor Staat“, wie im Abschlussbericht formuliert, nicht zustimmen; denn wir sind eine Partei, die gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums kämpft und sich für die Rekommunalisierung einsetzt. Energieversorgung ist für unsere Gesellschaft existenziell, und deswegen gehört sie in die öffentliche Hand. Wir müssen natürlich nicht nur die Eigentumsverhältnisse ändern, sondern auch das Geschäftsmodell. Die Energiewirtschaft muss an sozialen und ökologischen Kriterien ausgerichtet werden, und sie darf nicht der Bereicherung von Vorständen und Aktionären dienen.

Ohne einen Umbau der Energiewirtschaft und eine Entmachtung der großen Konzerne wird sich eine vollständige Energiewende nicht durchsetzen lassen. Ein erster kleiner Schritt dahin wäre zumindest eine Stärkung der Stadtwerke, der Kommunen. Deshalb ist dieses Papier für uns eben kein Konsens; denn durch die vielen Protokollnotizen und abweichenden Voten wird deutlich, dass es eher ein löchriger Käse ist. In den letzten Tagen hat sich auch gezeigt, dass es offenbar nicht einmal innerhalb der Regierungskoalition Einigkeit gibt, weil sich die FDP in ihrer ganzen ideologischen Verbohrtheit gegen die Stadtwerke stemmt. Die wenigen dürftigen Ergebnisse, die der Energiegipfel hervorgebracht hat, werden dann noch von der Betonkopfpolitik in den eigenen Reihen ausgebremst.

Deshalb fand ich es ehrlicher, dieses Ergebnis nicht mitzutragen. Für uns waren die Fragen der Kohlekraft und der kommunalwirtschaftlichen Betätigung die beiden zentralen Punkte. In beiden Fragen wurde keine Einigung erzielt, und daher gibt es für uns keine Grundlage für eine Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

Zudem bleibt der Abschlussbericht an vielen Punkten vage und unverbindlich. Dem Bekenntnis zu dezentraler Energieversorgung, das so formuliert ist, folgt überhaupt

keine Konkretisierung. Im Gegenteil: Sie wollen weiterhin Offshorewindenergie fördern, und das, obwohl es doppelt so teuer ist wie die Windenergiegewinnung an Land und obwohl davon einfach nur die großen Energiekonzerne profitieren, weil alle anderen diese Investitionskosten gar nicht aufbringen können.

(Zuruf von der CDU)

So werden zentralistische Markt- und Erzeugungsstrukturen zementiert, und dem Steuerzahler und dem Stromkunden werden dafür die Kosten auferlegt, weil die die Förderung bezahlen werden, nur damit die großen Vier den Übergang zu den erneuerbaren Energien möglichst versilbert bekommen.

Meine Damen und Herren, neuerdings – dazu gab es eine ganze Arbeitsgruppe – beschäftigen sich CDU und FDP auch mit der Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz. Bei Atom- und Kohlekraftwerken war Ihnen diese Frage noch ziemlich wurst. Da wurde die Akzeptanz schon mal mit dem Schlagstock und massivsten Polizeieinsätzen durchgesetzt. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie, was Ihre eigene Klientel angeht, da offenbar etwas pfleglicher sind und mit Skeptikern etwas anders umgehen, als Sie an vielen Stellen mit der Antiatomkraftbewegung umgegangen sind.

Die Akzeptanz erreicht man letztlich nur dadurch, dass man die Menschen beteiligt und einbezieht, durch transparente Verfahren und dadurch, dass z. B. auch die Gewinne aus Windkraftanlagen nicht in ferne Konzernzentralen fließen, sondern vor Ort bleiben und den Menschen zugutekommen. Wenn nämlich die Gewinne aus der Stromerzeugung auch den Menschen zugutekommen, in lokale Sport- und Bildungsangebote fließen, vor Ort Arbeitsplätze entstehen und das lokale Handwerk von der Auftragsvergabe profitiert, dann steigt auch die Akzeptanz. Das ist es, worauf wir setzen: Akzeptanz zu schaffen durch eine Demokratisierung der Energiewirtschaft.

Sie machen keine Aussagen zur Frage, von wem die Kosten der Energiewende getragen werden sollen. – Wir sind der Meinung: Die Kosten dürfen nicht einfach auf die privaten Haushalte abgewälzt werden. Deshalb müssen die Profiteure der bisherigen Energiepolitik auch an diesen Kosten beteiligt werden. Eine sozial gerechte und ökologische Energiepolitik muss gerade an den Strompreisen ansetzen, und sie muss beispielsweise durch ein Verbot von Abschaltungen der steigenden Energiearmut in Deutschland entgegenwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zentrale Thema der Energieeinsparung findet in dem Papier fast gar nicht statt. Gerade im Bereich der Industrie gibt es enorme Potenziale für Einsparungen. Aber die werden natürlich so lange nicht gehoben, solange beim Strompreis gilt: „Verbrauch mehr, zahl weniger“. Es kann einfach nicht sein, dass die Preise immer weiter steigen, weil die privaten Haushalte die Großkunden der Industrie subventionieren. Deshalb müssen auch die Privilegien der Industrie beseitigt werden.

Meine Damen und Herren, beim Hessischen Energiegipfel ist ein Bereich völlig außen vor geblieben. Das war der Verkehrsbereich. Dabei macht allein der Frankfurter Flughafen etwa ein Fünftel des hessischen Energieverbrauchs aus. Wenn es keine Ansätze für eine Verkehrswende gibt, dann wird sich die Energiewende so nicht umsetzen lassen, und dann müssen wir vor allem auch über die Frage der Verkehrsvermeidung reden.

Was der Energiegipfel letztlich bewirkt, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Dann wird sich zeigen, ob Sie wenigstens die vagen Vereinbarungen, die getroffen wurden, in Landesrecht umsetzen oder ob der Energiegipfel eine Showveranstaltung bleibt. Es heißt so schön: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“, deshalb erwartet DIE LINKE, dass CDU und FDP in den nächsten Wochen konkrete Gesetzesinitiativen in den Landtag einbringen. DIE LINKE kann zusagen: Wir werden alle Schritte hin zu einer wirklichen Energiewende in Hessen unterstützen. Da auf Sie in dieser Frage aber leider kein Verlass ist, werden wir selbstverständlich auch eigene Vorschläge machen, wie wir schnellstmöglich zu einer Energiewende kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat nun Herr Kollege Dr. Wagner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes sind selten Unterhaltungslektüre. Darin sind wir uns sicherlich einig. Wer sich allerdings die Überschriften der Berichte aus den letzten Wochen anschaut, erlebt alles andere als Langeweile. Eine positive Nachricht folgt der anderen.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Ich will nur einige für diejenigen aus der Opposition vortragen, die das nicht hören wollen, die sich mit der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit in unserem Land nicht konfrontieren lassen wollen. Sie lauten: „Baugewerbe bleibt in Schwung“, „Private bleiben in Kauflaune“, „Wachstum für Staat wie lange nicht“, „Hessens Bruttoinlandsprodukt um 4,3 % gewachsen“, „Wachstum in Hessen über dem Bundesdurchschnitt“, „Hessisches Bauhauptgewerbe im September – anhaltend positive Signale“ und „Armutsgefährdung der Hessen geringer als im Bundesdurchschnitt“. Das ist amtlich verbürgt. Ich würde mich freuen, wenn die Opposition das endlich einmal zur Kenntnis nehmen würde.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Aber das passt natürlich nicht in die Welt hinein, die Sie sich selbst zimmern.

Damit ist belegt, dass Hessen eines der erfolgreichsten Länder Deutschlands ist. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Hessen steht erfolgreich und mustergültig da. Wir haben das höchste Wirtschaftswachstum der letzten 40 Jahre. Die Beschäftigungsverhältnisse befinden sich sogar auf dem höchsten Stand seit dem Bestehen unseres Landes nach dem Zweiten Weltkrieg.

Das bedeutet: Es hatten noch niemals so viele Menschen in Hessen wie jetzt im Jahr 2011 unter der Regierung von Volker Bouffier und Jörg-Uwe Hahn, unter der Regierung aus CDU und FDP Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Hessen ist eines der wirtschaftsstärksten Länder. Ich möchte das mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allge

meinen Zeitung“ von vor wenigen Tagen sagen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ stellte wörtlich fest:

Die Wirtschaft Hessens läuft auf Hochtouren, der Schuldenkrise zum Trotz....

Denn bereits im Abschwung war es diesem Bundesland besser ergangen als anderen. Geringerer Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Krise, stärkeres Wachstum im Aufschwung:... Besser kann es gar nicht laufen.

Das sagt niemand aus der CDU, das sagt niemand aus der FDP, das steht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich wiederhole es: Sie sagt das im Verein mit dem Hessischen Statistischen Landesamt.

Unsere Politik hat schon vor der Wirtschaftskrise die Grundlage für diesen Erfolg gelegt. Deshalb sind wir auch schneller als andere aus der Krise herausgekommen. Ich werde immer wieder darauf hinweisen, dass diese christlich-liberale Regierung ein eindrucksvolles Konjunkturprogramm aufgelegt hat, das zum Wohlstandsgenerator geworden ist. Mit diesem Konjunkturprogramm haben wir über 5.000 Investitionsprojekte in den Schulen, den Krankenhäusern, den Schwimmbädern und auf den Straßen auf den Weg gebracht. Wir haben die stärkste Rezession in der Nachkriegsgeschichte unseres Landes erfolgreich überwunden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): So ein Quatsch!)

Es ist unsere Politik, die Hessen zu dem gemacht hat, was es ist, ein Wohlstandsland.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bei der Nennung dieser Fakten, die nun wirklich nicht mehr bestritten werden können, hat einer der beiden Sprecher der Fraktion DIE LINKE dazwischengerufen: „So ein Quatsch!“ – Meine Damen und Herren, wir leben hier in einer sozialen Marktwirtschaft. Sie müssen sich vielleicht ein bisschen daran gewöhnen, dass das andere Verhältnisse als die sind, die Sie immer noch propagieren, nämlich eine sozialistische Wirtschaft. Das ist nicht unser Weg, das ist Ihr Weg. Deshalb werden Sie auch keine Mehrheit in der Bevölkerung erhalten.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das warten wir einmal ab!)

Wohlstand und Wachstum sind keine Selbstverständlichkeit. Kluge Mittelstandspolitik, antizyklisches Haushalten, der Ausbau der Verkehrswege und der Infrastruktur sind die Voraussetzungen für diese Erfolge.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das ist sehr richtig!)

Ich sehe ihn mir gerade gegenübersitzen. Ich will das auch ausdrücklich an die Adresse des hessischen Wirtschaftsministers, Dieter Posch, sagen: Verehrter Herr Kollege Posch, Sie vertreten hier eine hervorragende Wirtschaftspolitik, die Sie zum Nutzen unseres Landes und seiner Bevölkerung machen.