Protocol of the Session on October 6, 2011

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie verunsichern neben den Beschäftigten in den Studienseminaren aktuell auch die Beschäftigten in den Staatlichen Schulämtern. Es soll jetzt ein zentrales Landesschulamt und 15 Außenstellen geben. Da waren Sie im Frühsommer schon einmal ehrlicher. Damals haben Sie gesagt, Sie wollen Staatliche Schulämter abschaffen. Jetzt wollen Sie sie von innen aushöhlen. Sinnvoll ist beides nicht, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß auch nicht, mit wem Sie diese Vorschläge besprechen. Ich bekomme immer mehr den Eindruck, Sie haben sich in Ihrem Ministerium eingebunkert, denken sich irgendwelche Sachen aus, aber mit Schulpraktikern und auch mit den Vertretern der Koalitionsfraktionen besprechen Sie all das wohl nicht; denn so weit weg von der Schulwirklichkeit sind selbst die Vertreterinnen und Vertreter von CDU und FDP nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am 4. Juli hieß es aus dem Kultusministerium noch, Sie wollten Ihre Pläne den Fraktionen im August vorlegen. Der August ist vorbei, der September ist vorbei, und jetzt heißt es, Sie wollten sie im Oktober vorlegen. Frau Ministerin, wann kommt endlich eine klare Aussage?

Damit eines klar ist: Sie können mit uns, den Mitgliedern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, selbstverständlich darüber reden, wie wir die Bildungsverwaltung effizienter gestalten.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Wir haben dazu auch einen Vorschlag gemacht. Frau Ministerin, um es ganz deutlich zu sagen: Es gibt in der Bildungsverwaltung keinen einzigen Grund dafür, auch nur einen Steuer-Cent ineffizient auszugeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir uns an eine Reform der staatlichen Schulaufsicht machen, muss am Anfang eine inhaltliche Überlegung dahin gehend stehen, wie wir die Unterstützung für die Schulen verbessern. Aber am Anfang all Ihrer Überlegungen, die Sie im Bunker Kultusministerium mit Ihrem Staatssekretär anstellen, steht der Rotstift. Frau Ministerin, so können Sie natürlich zu keinen sinnvollen Lösungen kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir über eine sinnvolle Reform der Staatlichen Schulämter reden, müssen wir auch darüber sprechen, wie wir zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den kommunalen Schulträgern und den Staatlichen Schulämtern kommen. Das wäre eine sinnvolle Reform. Das wären Effizienzpotenziale, die zu heben sich lohnen würde; denn es würde die Arbeit der Schulen erleichtern, wenn diese beiden Ämter besser zusammenarbeiteten, wenn wir also die staatliche Schulaufsicht so weit wie möglich kommunalisierten, statt sie zu zentralisieren.

Frau Ministerin, wir müssen näher an die Schulen und an die Probleme heran, statt dass wir das immer zentraler organisieren und uns immer weiter wegbewegen: bis in den Bunker des Kultusministeriums hinein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen: Sie haben diese Ministerin schon einmal bei ihren unsinnigen Plänen gestoppt.

(Zurufe von der CDU: Na, na!)

Greifen Sie das auf, was die Vertreter der kommunalen Familie zu diesem Thema sagen. Die Vertreter des Landkreistags reichen Ihnen die Hand und sagen: Lasst uns darüber reden, wie wir die kommunalen und die Staatlichen Schulämter stärker zusammenführen und wie wir besser zusammenarbeiten können. – Frau Ebeling, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt, hat neulich auf einer Veranstaltung der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände bekräftigt, dass auch der Hessische Städtetag dem folgen würde.

Wieso halten Sie sich eigentlich an diese Pläne aus dem Bunker, die außer Frau Henzler und ihrem Staatssekretär niemand befürwortet? Gehen Sie doch auf dieses Angebot der kommunalen Familie ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, stoppen Sie diese Kultusministerin. Sie wissen doch selbst, dass es im Interesse unserer Schulen auf keinen Fall so weitergehen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Wagner. – Ich darf Frau Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Geschehen rund um die Schulämter beschäftigt uns schon seit Längerem. Die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN haben durchaus recht, wenn sie fordern, dass endlich Klarheit geschaffen wird.

Zuerst wurden wir lange Zeit im Unklaren darüber gelassen, ob und, wenn ja, wie viele Schulämter geschlossen werden sollen. Diese Zeit haben wir sinnvoll genutzt, um zusammen mit Bündnispartnern – Gesamtpersonalräten sowie Lehrerinnen und Lehrern – gegen die drohende Schließung von Schulämtern zu protestieren. Dank der massiven Widerstände bleiben nun 15 Standorte erhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber Sie, Frau Kultusministerin, versuchen es jetzt mit Trick 17. Anstatt die Zahl der Standorte zu reduzieren, streichen Sie in den Schulämtern jetzt 20 der 92 Bereichsleiterstellen. Sie degradieren damit die Staatlichen Schulämter zu Außenstellen eines Landesschulamts.

Das heißt, Sie nehmen massive Strukturveränderungen im Sinne einer Zentralisierung vor. Die Zentralisierung hat aber keinen eigenen Wert, außer man will einen massiven Personalabbau und eine Verschiebung der Verantwortung herbeiführen. Genau dies haben Sie vor, und genau deswegen werden Sie hier und außerhalb des Hauses auf erbitterten Widerstand stoßen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was macht eigentlich die 15 Staatlichen Schulämter aus? Vor allem ist es die Möglichkeit – die auch aus unserer Sicht nicht immer ausreichend genutzt wird –, regionalund somit fallspezifisch zu agieren. Die Schulen in Frankfurt haben eben ganz andere Probleme und Bedürfnisse als die Schulen im Odenwaldkreis.

Eine Zentralisierung ginge zudem mit einer Einschränkung von Beteiligungsrechten einher. Eine regional ausgerichtete Personalvertretung hat für uns aber einen sehr hohen Stellenwert. Würde sie wegfallen, wäre das ein massiver Demokratieabbau. Es geht nicht an, dass die Gesamtpersonalräte der Schulen, die bei persönlichen Problemen der Lehrkräfte im Notfall eine rasche Hilfe bieten können, nun um ihre Existenz fürchten müssen. Sollten diese Pläne, über die nach wie vor viel spekuliert wird, tatsächlich umgesetzt werden, würde dies in Hessen insgesamt zu einer drastischen Verschlechterung im Schulwesen führen.

Frau Ministerin, Sie versuchen immer wieder, uns Ihre neoliberalen Bildungsreformen, wie die selbstständige Schule oder das große Budget, als Fortschritt zu verkaufen, und beugen sich damit zugleich Ihren aufgrund der

Schuldenbremse selbst auferlegten Sparzwängen. Nicht nur wir bezeichnen die Schuldenbremse als „Bildungsbremse“. Dagegen protestieren wir ganz entschieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Hinzu kommt, dass die von der Landesregierung forcierte Selbstständigkeit der Schulen eben diese vor ganz neue Herausforderungen stellt. Die Schulleitungen müssen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner haben, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Problemlagen eingehen können. Das selbstständige Handeln muss in diesem Fall nicht nur in den Schulen, sondern auch auf kommunaler und auf Kreisebene gestützt und gefördert werden. Die Zentralisierung und die Wegnahme von Mitspracherechten und Befugnissen stehen dem diametral entgegen. Zu befürchten ist also, dass das große Chaos weiter besteht.

(Beifall bei der LINKEN)

Hinzu kommt die Ungewissheit, in der die Kultusministerin die Betroffenen belässt. Sie scheint dies zu ihrem Markenzeichen machen zu wollen: keine Auskünfte, Entscheidungen, die hinter verschlossenen Türen getroffen werden und in keiner Weise nachvollziehbar sind, und schließlich die Weigerung, den Unfug, den sie verzapft, noch einmal zu erklären.

Sie schaffen auch in diesem Fall wieder Chaos, Frau Minister Henzlerin.

(Allgemeine Heiterkeit – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Minister Henzlerin! Der war gut!)

Frau Ministerin Henzler, wir können an dieser Stelle nur an Ihr Verantwortungsbewusstsein appellieren: Bringen Sie keine unsinnigen und überflüssigen Strukturreformen mehr auf den Weg. Reden Sie mit den Damen und Herren aus den Staatlichen Schulämtern, reden Sie mit den Gesamtpersonalräten, und hören Sie vor allen Dingen gut zu. Sonst kündigt sich schon die nächste Aktuelle Stunde zu diesem Thema an. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Cárdenas. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Greilich zu Wort gemeldet.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibt einen Sonderpreis für den schönsten Versprecher!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem lauten Aufschlag von Herrn Wagner und der Vorlesung von Frau Cárdenas wollen wir zu der Sache zurückkehren, um die es hier eigentlich geht.

(Beifall bei der FDP)

Es geht ganz einfach um die Einführung der selbstständigen Schule als Schlüssel für die Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht. Neben der bereits erreichten hervorragenden Unterrichtsabdeckung ist dies das zentrale schulpolitische Ziel unserer Koalition von CDU und FDP.

Das Erreichen dieses Ziels macht auch eine Neuausrichtung der hessischen Bildungsverwaltung erforderlich, die

den Anforderungen der zunehmend selbstständig arbeitenden Schulen gerecht wird. Dabei gibt es Untersuchungsergebnisse, die wir zu berücksichtigen haben.

Im März 2009 hat Accenture festgestellt, dass die Leistungen der Staatlichen Schulämter sehr unterschiedlich sind und dass eine standardisierte Organisationsstruktur wichtiger Geschäftsprozesse nicht vorhanden ist. Es wurden die Entwicklung klarer, effizienter und effektiver organisatorischer Strukturen und Kommunikationswege sowie die Einrichtung einer Verwaltungsspitze angemahnt.

Herr Wagner, das lässt sich mit einer Kommunalisierung und damit mit einer weiteren Zersplitterung eindeutig nicht erreichen. Das sollten auch Sie verstehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)