Ich möchte, dass Herr Hahn hier die Gelegenheit hat, einmal etwas politisch Fortschrittliches vorzutragen. Deswegen zitiere ich aus seinem Artikel aus dem Jahr 2007.
Herr Hahn hat darauf hingewiesen, dass eine konsequente Anwendung der einschlägigen Vorschriften im Strafrecht, im Versammlungsrecht und im Polizeirecht zur Gewährleistung der Integrität und zum Schutz unserer Organe, des Landtags, völlig ausreiche.
Er betont weiterhin – und beklagt die Funktion der Bannmeile –, dass der demokratische Souverän, das Volk, möglichst von seinen leitenden Angestellten, den Politikern und sonstigen Mitgliedern von Verfassungsorganen, ferngehalten werden soll – wobei dem Volk vom Gesetzgeber sogar noch unterstellt werde, dass es, sobald es sich diesem Personenkreis, also uns, nähere, ein unfriedliches Verhalten an den Tag lege. – So weit Herr Hahn 2007.
Da war er noch in der Opposition. – In der Anhörung zu unserem Gesetzentwurf haben die allermeisten Angehörten unserem Ansinnen positive Bemerkungen entgegengebracht. So hat z. B. der Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Prof. Dr. Schliesky, darauf hingewiesen, dass das Bannkreisgesetz in Schleswig-Holstein bereits 1990 aufgehoben worden ist und es seither zu keinen nennenswerten Beeinträchtigungen der Tätigkeit des Parlaments gekommen ist.
Prof. Dr. Schmidt-Jortzig von der Uni Kiel weist noch einmal deutlich darauf hin, dass es aus dem Demokratieverständnis heraus heute nicht darum gehen könne, Parlamente vom Volk abzuschotten.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Lesen Sie auch den letzten Absatz vor! – Horst Klee (CDU): Er hat es immer noch nicht begriffen!)
Politische Willensbildung müsse sich vom Volk zum Parlament hin vollziehen. – Unsere Standpunkte als Abgeordnete müssen wir deswegen im offenen, mitunter heftig bis polemisch geführten Diskurs, mit der Öffentlichkeit und gegebenenfalls auch in Konfrontation mit Demonstranten finden.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Lesen Sie den letzten Absatz, er ist auch interessant!)
Meine Damen und Herren, ich verweise noch einmal auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1985, den sogenannten Brokdorf-Beschluss. Dort wurde ausgeführt:
Große Verbände, finanzstarke Geldgeber oder Massenmedien können beträchtliche Einflüsse ausüben, während sich der Staatsbürger eher als ohnmächtig erlebt. In einer Gesellschaft, in welcher der direkte Zugang zu den Medien und die Chance, sich durch sie zu äußern, auf wenige beschränkt ist, verbleibt dem Einzelnen neben seiner organisierten Mitwirkung in Parteien und Verbänden im Allgemeinen nur eine kollektive Einflussnahme durch Inanspruchnahme der Versammlungsfreiheit für Demonstrationen.
Meine Damen und Herren, Bannmeilen rings um Parlamente sind eine empfindliche Beschneidung des Selbstbestimmungsrechts der Grundrechtsträgerinnen über den Ort der Versammlung.
Meine Damen und Herren aus der SPD-Fraktion, ich möchte Sie daran erinnern, dass Ihre Kollegen im Thüringer Landtag unter Verweis darauf, dass die Bannmeile von vielen Bürgerinnen als ein Symbol der Abschottung der Politik verstanden wird – so die Begründung der SPDFraktion im Thüringer Landtag –,
(Günter Rudolph (SPD): Da müssen noch ein paar andere an der Abstimmung teilgenommen haben, die SPD hat keine absolute Mehrheit!)
Da wir gerade über Thüringen reden, will ich diesem Hohen Haus auch nicht vorenthalten, dass eine der kritischen Anmerkungen zu unserem Gesetzentwurf sich gerade auch auf den – aus meiner Sicht vermeintlichen – OstWest-Gegensatz bezieht.
So führt Prof. Dr. Müller-Franken von der Uni Marburg aus, dass die neuen Bundesländer deswegen einen anderen Weg als die Mehrheit der westlichen Bundesländer gehen, weil – hier sagt er, man müsse einen Blick auf die Mentalität der Menschen legen –, es weiterhin mentale Unterschiede von erheblichem Gewicht gebe. Er will empirisch belegen, dass in der politischen Kultur der neuen Bundesländer den Kategorien des Friedens und des Konsenses eine wesentlich höhere Wertschätzung entgegengebracht wird als in den Bundesländern im Westen.
Ich hoffe, dass Sie hier im Haus einer solchen Einschätzung nicht folgen. Ich werbe noch einmal um die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Ich möchte in Anknüpfung an den vorherigen Tagesordnungspunkt daran erinnern, dass damals der Ministerpräsident mit der Dachlatte
gedroht hat; aber er war schon im Haus, davor hat ihn auch damals die Bannmeile nicht geschützt. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Gesetzentwurf, wie bereits in den Ausschüssen angekündigt, nicht zustimmen. Er setzt eine bewährte Praxis außer Kraft und ist genauso populistisch wie unsinnig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von den LINKEN, was Sie hier vorschlagen, hat nichts, aber auch gar nichts mit Bürgernähe zu tun. Wir pflegen und praktizieren Bürgernähe in Bürgersprechstunden, durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit Interessierten,
auch mit kritisch Interessierten, in den Wahlkreisen und auf Veranstaltungen. Oder, anders ausgedrückt: Während Sie in Ihren Hinterzimmern ideologisieren, sprechen wir mit dem Volk.
Wir werden dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, da wir inhaltlich anders aufgestellt sind, aber auch deswegen, weil das bestehende Gesetz über die Bannmeile im Jahr 2012 ausläuft und daher in Kürze evaluiert werden wird.
Das heißt, in wenigen Monaten werden Fachleute aus Polizei, Verwaltung, öffentlichem Leben und Politikwissenschaft zu Wort kommen und Gehör finden. Das heißt, Pro und Kontra werden ausgetauscht, und die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes wird dann besprochen. Es handelt sich um ein Gesetz – das vergessen Sie immer wieder auf der ganz linken Seite dieses Hauses –, das sich in Deutschland seit 1848 bewährt hat.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die haben mit der Praxis des Parlamentarismus nichts am Hut!)
Es hat sich bewährt, da es für befriedete Zonen sorgt. Es macht Sinn, dient es doch dem Schutz der Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Gesetzgebungsorgane. Tätliche Angriffe und Behinderungen des freien Zugangs werden verhindert, ohne dass Bürger eingeschränkt werden. Druckfreie Entscheidungen des Parlaments und die Unabhängigkeit der Abgeordneten werden gewährleistet. Darum geht es, und nicht um ein Fernhalten der Bevölkerung von den Abgeordneten. Dass aber gerade Sie von den LINKEN die Bannmeile jetzt abschaffen wollen, ist sonderbar. War es doch – ich habe es damals schon gesagt, und ich sage es heute wieder – Ihre Vorgängerpartei, die ein ganzes Land zur Bannmeile erklärte.
Im Unterschied zu Ihrer Vorgängerpartei haben wir keine Angst vor dem Volk. Wir hören auf das Volk, und wir diskutieren mit dem Volk – hier im Landtag und auch außerhalb des Hessischen Landtags. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Gerhard Merz (SPD): Das ist der Unterschied zwischen rein und raus!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht wundern, wir haben das schon in der ersten Lesung gesagt: Wir werden den Gesetzentwurf, der von den Kolleginnen und Kollegen der LINKEN vorgelegt worden ist, ablehnen. Wir glauben, dass es sich hierbei um reinen Populismus handelt, und Populismus muss man im Hessischen Landtag nicht zustimmen.
Herr Kollege Dr. Wilken, es wäre auch schön, wenn Sie den ehemaligen Justizminister der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Schmidt-Jortzig zitieren, dass Sie dann auch den letzten Absatz seiner Stellungnahme zu Ihrem Gesetzentwurf zitieren. Dort sagt er:
Jetzt unbedingt noch ein gesondertes Aufhebungsgesetz zu starten, erschiene daher als reiner Aktionismus. Die Aktion müsste den Vorwurf der Symbolpolitik auf sich ziehen.
Genau das hätten Sie zitieren müssen, wenn Sie ausgerechnet Herrn Schmidt-Jortzig als Zeugen zitieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bannmeile versucht, zwei Dingen gerecht zu werden, auf der einen Seite dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Parlaments und dem Schutz der Parlamentarier, damit sie ohne den Einfluss von außen und ohne Zwang ihre Entscheidungen treffen können. Auf der anderen Seite haben wir das grundgesetzlich garantierte Recht auf Demonstrationsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung. Das sind zwei Grundrechte, die wir gegeneinander abwägen müssen. Auch der Schutz des Parlaments und das Zusammentreten des Parlaments und die Meinungsfindung der Abgeordneten ohne Zwang sind ein hohes Gut. Das sollten Sie von der Linkspartei endlich zur Kenntnis nehmen.
Wir haben ein existierendes Bannmeilengesetz. Darauf sollten Sie vielleicht eingehen. Wir haben nach dem Um