Thomas de Maizière machte Ende Mai deutlich, dass er den Einsatz der Bundeswehr selbst in Pakistan, im Jemen, in Somalia, im Sudan und in Libyen nicht ausschließen will. Das zielt auf eine Ausweitung des Einsatzgebietes. Der Soldatenberuf sei, so sagt er, nicht wie jeder andere. Töten und Sterben gehören dazu. Es verstärkt sich der Eindruck, dass die anderen Parteien aus dem „Nie wieder Krieg“ von 1945 ein „Nie wieder Krieg ohne uns“ machen wollen.
Um diese Planungen umsetzen zu können, geht es dem militärisch-politischen Komplex Deutschlands darum, mehr Akzeptanz für diese militärische Außenpolitik in der Bevölkerung zu gewinnen. Auslandseinsätze sollen künftig als normal gelten. Wir sollen uns an das Töten und Sterben gewöhnen.
Dabei sollten zwei Weltkriege, die von deutschem Boden ausgingen, endlich Grund genug sein, dass Sie damit für alle Zeiten aufhören.
In der Sicherheitsstrategie für Deutschland heißt es: Die Herstellung von Energiesicherheit und Rohstoffversorgung kann auch den Einsatz militärischer Mittel notwendig machen, z. B. zur Sicherung von anfälligen Seehandelswegen oder von Infrastruktur wie Häfen, Pipelines, Förderanlagen etc. – Dass Wirtschaftskriege grundgesetzwidrig sind, ignorieren Sie. Sie tun so, als sei es, durch welche unglückliche Fügung auch immer, unser Öl, das nur unter fremder Erde liegt.
Der andere Kontext für die Rüstungsexportnation Deutschland ist die Exporteuropameisterschaft mit dem Weltmarktanteil von 10,6 % im letzten Jahrfünft von 2006 bis 2010.
Es exportiert laut SIPRI fast so viele Kriegsgeräte wie Großbritannien und Frankreich zusammen. Im Vergleich zum Vorjahres-Jahrfünft hat sich das Exportvolumen verdoppelt.
Hochaktuell hat das für Hessen, wegen des von der Bundesregierung abgesegneten Exports von über 200 Leopard-Panzern an das fundamentalistische Saud-Regime in Riad, eine besondere Bedeutung. Auch die ruchbar gewordene Herstellung einer Montagefabrik für FuchsRadpanzer in Algerien hat mit Hessen zu tun, weil Rheinmetall aus Hessen diese installiert.
Wir, die LINKE, lehnen die Neuausrichtung der Bundeswehr zu einer weltweit operierenden Interventionsarmee ab. Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bundesrat entschieden dafür einzusetzen, dass die Rüstungsexporte in Krisenregionen verboten und die Rüstungsausgaben drastisch gesenkt werden.
Das Ende der zivilen Nutzung der Atomkraft muss auch das Ende aller Atomwaffen sein. Deutschland muss atomwaffenfrei werden.
Ich will auf einen weiteren Aspekt eingehen. Im Hochtaunuskreis befindet sich das zweitgrößte Munitionslager der Bundeswehr. Etwa 42.000 t explosiver Stoffe lagern in Köppern. Augenscheinlich geht von dem Munitionslager ein erhebliches Gefahrenpotential aus. Bereits 2009 schrieb die „FAZ“:
Wer dort arbeitet, muss den Arbeitsplatz verlassen, wenn sich ein Gewitter auf 3 km nähert. So sind die Vorschriften.
Ich möchte auf das zukünftig wohl hervorstechendste Merkmal Hessens hinweisen: das Hauptquartier Europa des US-Heeres. Ab 2014 wird das Kommandozentrum von Heidelberg nach Wiesbaden verlegt; das hochmoderne „Lage- und Kommandozentrum“ in Erbenheim soll bereits im Februar 2012 fertiggestellt sein. Die „FAZ“ – ich zitiere sie hier noch einmal – hat in ihrer letzten Sonntagsausgabe getitelt: „... eine Investition in die Zukunft“. Krieg als Dauerzustand. Dieses Zentrum wird 25.000 Soldaten an sechs Standorten für weltweite US-Militärein
sätze befehligen. 30 % dieser Soldaten sind ständig im Krieg. Bei wie vielen Toten rechnet sich diese Investition?
(Unruhe bei der CDU – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Unglaublich! – Zurufe des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))
In Kassel ballt sich das Rüstungszentrum von Hessen. Etwa die Hälfte der 5.000 in der Rüstung Beschäftigten ist dort ansässig. Bei 2,9 Millionen Erwerbstätigen in Hessen sind 5.000 eine, volkswirtschaftlich betrachtet, kaum ins Gewicht fallende Größe.
Gleiches gilt für die Rüstungsproduktion in Hessen, die schätzungsweise 1 bis 1,5 Milliarden € ausmachen wird – bei einem Bruttosozialprodukt von 216,5 Milliarden € eine vergleichsweise kleine Größe. Ein Verzicht auf die Rüstungsproduktion in Hessen wäre also volkswirtschaftlich verkraftbar.
Den politischen Willen vorausgesetzt – ich gehe darauf ein –, wären, unterstützt mit Geldern von Land und Bund, Kompensationsprogramme notwendig, um Betriebe zu stimulieren, Rüstungsproduktion auf die Produktion ziviler Güter umzustellen, ohne dabei Arbeitsplätze aufzugeben, sodass die Konversion sozial verträglich gestaltet wird.
Rüstungsproduktion bereitet nicht den Frieden vor, sondern fördert den Einsatz von Waffen – ist also friedensgefährdend.
Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig.
Angesichts der zunehmenden Militarisierung der deutschen Außenpolitik, der Aufrüstung der Bundeswehr zur Aufstandbekämpfung weltweit droht dieser Verfassungsartikel im Interesse der Wirtschaft durch die Rüstungsexportoffensiven auch von Hessen aus ausgehöhlt zu werden.
Stoppt den Waffenexport. Abrüstung statt Sozialabbau. Spart endlich an der Rüstung. Das bleiben unsere Forderungen.
Besonders Menschen, die den Kriegsdienst verweigern, verdienen besonderen Schutz. Kriegsgegnern aus anderen Ländern muss Asyl gewährt werden. Wir wollen, dass die Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Kriegs- und Krisengebieten, z. B. die Initiative Ferien vom Krieg, unterstützt werden.
In Schulen und Hochschulen hat die Erziehung zu Frieden und Völkerverständigung oberste Priorität. Das Auftreten von Militär in den Schulen und die Rüstungsforschung an den Hochschulen müssen verhindert werden.
Wir wehren uns gegen die Militarisierung der Gesellschaft. Bildungsmessen und Festveranstaltungen wie der Hessentag müssen der Information, der Begegnung und dem gegenseitigem Kennenlernen dienen.
Wir fordern die Entmilitarisierung Hessens. Sowohl die Planungen für die zivile Nutzung von Militärstandorten als auch die Wiedereingliederung von Bundeswehrangehörigen ins zivile Berufsleben sind jetzt angesagt.