Protocol of the Session on August 25, 2011

Wir werden unsere Erfahrungen aus dem Vietnamkrieg aktivieren und für die Kriegsdienstverweigerung unter US-Soldaten werben. Deshalb unterstützen wir das Bestreben des US-Deserteurs André Shepherd,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ho Chi Minh lässt grüßen!)

in Kaiserslautern ein Café als Anlaufpunkt für friedenswillige Soldaten einzurichten.

Herr van Ooyen, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja. – Wir wollen, dass US-Deserteure in unserem Land Asyl erhalten.

(Zurufe der Abg. Horst Klee und Hans-Jürgen Ir- mer (CDU))

Nicht nur im Landtag stehen wir für Frieden und Abrüstung, sondern hessen- und bundesweit auch am Antikriegstag am 1. September in diesem Jahr. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe der Abg. Horst Klee und Holger Bellino (CDU))

Danke, Herr van Ooyen. – Als nächster Redner spricht Herr Kaufmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Bellino, keine einseitige Ernährung! – Holger Bellino (CDU): Hat Castro die Rede genehmigt, oder sogar geschrieben? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Deswegen war es auf Spanisch, Herr Bellino!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht kann man versuchen, das Ganze wieder auf Normalniveau herunterzuholen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Willi van Ooyen wird gern als ewiger Friedensaktivist belächelt. Schließlich ist er der Ostermarschierer der ersten Stunde. Manche meinen sogar, Willi, dass du bereits marschiert bist, bevor das Osterfest im Gregorianischen Kalender überhaupt fixiert wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, Willi hat entsprechend seiner wohlbekannten politischen Grundhaltung am 11. August anlässlich der Militärzeremonie auf dem Airfield Erbenheim eine Erklärung abgegeben, die tief aus seinem pazifistischen Herzen kam: gegen jedwedes Geld für Militär überall auf der Welt, stattdessen öffentliche Ausgaben nur für soziale Einrichtungen und Bildung. Kurz gesagt: von Willi nichts Neues.

Auch nichts Neues war, dass er bei diesen Aussagen, wie häufig, über das Ziel hinausschießt.

(Zurufe von der CDU: Schießt!)

Denn, Willi van Ooyen, die Zeremonie in Erbenheim war sicherlich keine Kriegstreiberei und auch keine Provokation internationaler Gewalt. Man muss gewiss kein bedingungsloser Propagandist der US-amerikanischen Politik sein, um dies festzustellen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Zumal, lieber Willi: Den US-Streitkräften verdanken wir schließlich die Befreiung vom nationalsozialistischen Terror.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zumindest ich kann und will das nicht vergessen.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig!)

Willi, merke dir also für das nächste Mal: Wer über das Ziel hinausschießt, trifft nicht.

Meine Damen und Herren, die Hessen-CDU – jetzt kommen wir auf die andere Seite – steht zurzeit nicht gerade im Zenit der Wählergunst und benimmt sich angesichts des Kurses ihrer Parteiführung in Berlin wie ein Hühnerhof bei Fuchsbesuch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Das heißt, sie braucht dringend Orientierung.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Bringt es der Teufel nicht so recht und wenn auch sonst keiner hilft, dann darf es in der Not auch der Willi sein, weil der so schön über das Ziel hinausgeschossen hat. Wir verdanken diese Aktuelle Stunde also nicht irgendwelchen tatsächlich bedeutsamen realen Ereignissen, son

dern ausschließlich dem miserablen Zustand der HessenUnion.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Da schließlich jeder CDUler sein AntikommunismusGen seit Generationen liebevoll gehegt und gepflegt hat,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wollen wir nicht vergessen!)

sollte diese Aktuelle Stunde nach dem bewährten Motto: „Freiheit statt Sozialismus“ ein wichtiger identitätsstiftender Beitrag werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das stimmt! Zeitlos richtig!)

Lieber Kollege Irmer, wer aber lediglich aus seiner schwarzen Seele heraus debattiert,

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Der erste Teil hat mir besser gefallen!)

der lässt oft den klaren Blick vermissen. Deshalb sind die Argumente auch so undifferenziert.

Ich will nur einen Hinweis geben. Gestern haben wir des 13. August 1961 gedacht, und niemand in diesem Saal konnte seine Freude darüber verbergen, dass die Mauer glücklicherweise längst wieder weg ist. Nur die CDU kapiert immer noch nicht,

(Holger Bellino (CDU): Was?)

dass die Anwesenheit der LINKEN im Hause ein Teil des Preises des Mauerfalls und damit eine Konsequenz der gewonnenen Einheit in Freiheit ist. Wenn nämlich die Mauer noch stünde, verehrter Kollege Bellino, säße Willi van Ooyen nicht hier.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Dann müsste man fragen, wer das Opfer christdemokratischer Identitätskrise wäre.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Machen Sie sich das einmal klar, und üben Sie sich etwas mehr in Duldsamkeit mit einer alt gewordenen Taube.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wer ein Bekenntnis für westliche Werte abgeben will, wer für Demokratie und Menschenrechte eintreten will, der sollte z. B. im UN-Sicherheitsrat nicht den Schulterschluss mit Russland und China suchen, sondern klar für die Bekämpfung des Diktators in Libyen eintreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Demonstrativer Beifall bei Abge- ordneten der CDU)

Dann hätte er nämlich die klare Orientierung und brauchte nicht auf Willi van Ooyen im Hessischen Landtag zu schießen. Deshalb, allen Seiten sei gesagt: Der Kalte Krieg ist vorbei. Er taugt zu nichts, auch nicht zur parteipolitischen Profilbildung. – Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Herzlichen Dank, Herr Kaufmann. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt unser Kollege Herr Roth.