Protocol of the Session on August 25, 2011

Ich möchte, dass wir endlich die Möglichkeit haben, Unternehmen nach Hessen zu holen. Deshalb müssen wir uns überlegen, ob wir, wenn andere Länder nicht mitmachen, an dieser Stelle möglicherweise einen eigenen Weg gehen. Lassen Sie uns nicht länger abwarten. Wir brauchen diese Einnahmen dringend, und wir müssen unseren staatlichen Anbieter an diesem Punkt unterstützen. Deshalb brauchen wir eine Rechtsgrundlage. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Staatsminister Wintermeyer.

(Günter Rudolph (SPD): Spricht er jetzt für die CDU, oder was?)

Herr Kollege Rudolph, ich spreche für die Landesregierung. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der FDP dankbar, dass sie dieses Thema hat auf die Tagesordnung setzen lassen. Im Zusammenhang mit der Diskussion, die jetzt folgt, möchte ich seitens der Landesregierung auf einige Punkte hinweisen.

Der geltende Glücksspielstaatsvertrag läuft bekanntlich am 31.12. dieses Jahres aus. In Hessen besteht die Option auf eine Verlängerung um maximal ein Jahr.

Nach langen, schwierigen Verhandlungen hat die Ministerpräsidentenkonferenz am 6. April eine grundsätzliche Einigung über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag erzielt. Die Eckpunkte sind: Das staatliche Monopol für Lotterien wird aufrechterhalten. Für Sportwetten werden, zunächst im Wege einer Experimentierklausel, sieben Konzessionen vergeben. Die Übertragung von realen Kasinospielen und von Poker im Internet ist jeweils für eine Spielbank pro Land zulässig.

Bekanntlich gehen die Lotterieeinnahmen zurück. Das hat uns der Geschäftsbericht von Lotto Hessen für das Jahr 2010 – wird haben gerade eine Grafik gesehen – ge

zeigt. Wir stehen deshalb vor folgenden Herausforderungen: Zum einen gilt es, den Betrieb der staatlichen Lotteriegesellschaften rechtssicher zu gestalten, und zum anderen muss eine Lösung für die Sportwetten gefunden werden. Dabei handelt es sich um einen dynamischen Wachstumsmarkt.

Nun haben wir aber in diesem Sektor ein zusätzliches Problem: Die Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags hat ergeben, dass der Schwarzmarkt in diesem Bereich mehr als 95 % ausmacht. Sportwetten werden zum größten Teil über das Internet aus dem Ausland getätigt. Mit anderen Worten: Das staatliche Monopol bei den Sportwetten hat versagt; der staatliche Anbieter hat nicht einmal einen Marktanteil von 5 %.

Wir standen also vor der Frage: Was müssen wir tun, um den Schwarzmarkt besser in den Griff zu bekommen? Es gab zunächst unterschiedliche Ansätze, die von einer Stärkung des Angebots für Oddset als staatlichem Monopol bis zur vollständigen Liberalisierung des Sportwettenangebots reichten. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Regierungsfraktionen in Schleswig-Holstein einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht haben, der eine vollständige Liberalisierung des Sportwettenmarkts vorsieht. Wie ich höre, ist die für den heutigen Tag vorgesehene dritte Lesung verschoben worden, was wir als ein Zeichen dafür ansehen, dass dort noch eine gemeinsame Lösung gefunden wird.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aus anderen Gründen!)

Herr Al-Wazir, die grüne Fraktion in Schleswig-Holstein handelt, was Herrn von Boetticher betrifft, mit einem Pairing.

(Günter Rudolph (SPD): Ja, das habe ich auch gehört!)

Vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass sich im April der hessische Vorschlag durchgesetzt hat, im Wege einer Experimentierklausel zunächst ein begrenztes, auf sieben Jahre befristetes Konzessionsmodell für Sportwetten einzuführen.

(Florian Rentsch (FDP): Ein guter Vorschlag!)

Dieses Modell soll nach fünf Jahren evaluiert werden. Ziel dieser Regelung ist einerseits, den ordnungsrechtlichen Ansatz der Bekämpfung der Spielsucht nicht aufzugeben, und andererseits, dem Gebot der Kanalisierung des Schwarzmarkts Rechnung zu tragen. Seit den Erfahrungen mit der Prohibition in den USA in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts ist es eine Binsenweisheit, dass man den Schwarzmarkt durch Legalisierung unter staatliche Kontrolle bekommt und auch bessere Erkenntnisse über die Nutzer gewinnt. „Prävention statt Repression“ lautet die Devise.

Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, dass es uns gelingen wird, unter den 16 Bundesländern einen Konsens über den neuen Staatsvertrag auf dem Boden des von der Ministerpräsidentenkonferenz im April dieses Jahres gebilligten Entwurfs herzustellen. Es war uns bereits damals bewusst, dass das letzte Wort zu diesem Staatsvertrag noch nicht gesprochen ist.

Ich erinnere mich daran, dass das Land Sachsen-Anhalt, das den Vorsitz innehatte, im Auftrag aller Länder die EU-Kommission angerufen und gebeten hat, ein Notifizierungsverfahren durchzuführen. Die Kommission hat am 18. Juli eine ausführliche Stellungnahme abgegeben.

EU-Konformität ist anzustreben; sonst wird ein neuer Glücksspielstaatsvertrag nämlich zum russischen Roulette für unsere Lottogesellschaften.

Auf Hinweis der EU ist der Staatsvertrag noch einmal auf folgende wesentliche Punkte zu überprüfen: die Höhe der Konzessionsabgabe, die Höchstzahl der Sportwettenkonzessionen und das Angebot von Kasinospielen und Poker im Internet.

Die Kommission hat in ihrer Stellungnahme keine grundlegenden Einwendungen gegen ein begrenztes Konzessionsmodell als solches erhoben, aber deutlich gemacht, dass gemessen an der Gesamtgröße des Sportwettenmarktes die relativ geringe Zahl der Konzessionsnehmer und die sehr hohe Konzessionsgebühr die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Modells infrage stellen. Eine nennenswerte Kanalisierung des Schwarzmarktes könne so kaum erreicht werden. Juristisch gesprochen: Die Kommission hat im Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Zweifel an der Geeignetheit des Modells zur Zielerreichung. Diese Zweifel beziehen sich mittelbar auch auf die Höhe der Abgabe.

Wie es nun weitergeht, werden wir im September zunächst auf CdS-Ebene beraten. Offen ist insbesondere, welche Schlussfolgerungen die A-Länder, also die SPDregierten Länder, aus der Stellungnahme der Kommission zum Glücksspielstaatsvertrag ziehen.

Meine Damen und Herren, in Auswertung der Stellungnahme der Kommission wird man zum einen nicht daran vorbeikommen, die Zahl der Konzessionen so zu erhöhen, dass sie den Sportwettenmarkt vernünftig abbildet.

(Wolfgang Greilich (FDP): So ist es!)

Zum anderen ist die Abgabe so herabzusetzen, dass sie für die privaten Anbieter ein tragfähiges Geschäftsmodell ermöglicht, um sie in die Legalität zurückzuholen.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Balkanisierung des Glücksspiels und die dann einsetzende Kannibalisierung bei den Steuersätzen verhindert werden. In diesem Sinne wird sich jedenfalls die Hessische Landesregierung in den weiteren Verhandlungen verhalten. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich schon über diese Aktuelle Stunde gewundert, es schließt aber nahtlos an das an, was wir gestern beim Setzpunkt der FDP gehabt haben. Ich bin Herrn Wintermeyer sehr dankbar, dass er hier im Vorgriff schon einmal die Auffassung der Opposition vorgetragen hat und dass wir doch relativ eindeutig sind, was die Regelung des Glücksspielmarktes angeht.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Rentsch, ich habe mich schon gewundert, wie Sie hier mit Verve vorgetragen und gefragt haben, wie man das Ganze neu regeln muss, und wie Sie die Öffnung und die EU-Konformität thematisiert haben. Herr Kollege Rentsch, ich habe immer gedacht, dass Sie in dieser Runde den stellvertretenden Ministerpräsidenten stellen. Wer hat diesen Staatsvertrag eigentlich ausgehandelt? – Dann stellen Sie sich hier vorne hin und halten eine Rede dazu, dass man etwas neu regeln, neu gestalten, öffnen und EU-konform machen müsse.

Herr Kollege Rentsch, Sie sind hier in der Regierung. Sie sind nicht dafür da, Problemaufrisse abzuliefern. Sie sind dafür da, Lösungen für Probleme anzubieten, die real sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es ist schon einigermaßen erstaunlich, dass wir vielen Kolleginnen und Kollegen von der Union sozusagen aus dem Herzen reden, wenn wir sagen: Wir brauchen in dem Bereich des Staatsvertrags eine Lösung, die europarechtskonform ist – das ist richtig –, die aber nicht das über Bord wirft, was wir in den vergangenen Jahren an Richtigem gehabt haben, und die eine Antwort darauf gibt, wie wir die nötigen Einnahmen generieren, um die Zwecke zu finanzieren, für die wir zurzeit Toto- und Lottomittel zur Verfügung stellen. Herr Kollege Rentsch, diese Antwort, wie Sie das organisieren wollen, sind Sie hier schuldig geblieben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Florian Rentsch (FDP): Was ist mit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz?)

Es geht hier immerhin um 213 Millionen €, die für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden.

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Herr Kollege Hahn, ich muss sagen, es geht mir ziemlich auf die Nerven, dass Sie sich hier permanent in die Debatte einmischen. Vielleicht halten Sie sich einmal an die Regeln dieses Parlaments, dass Sie auf der Regierungsbank sitzen und hier keine Zwischenrufe zu machen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Florian Rentsch (FDP): Was regen Sie sich so auf?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier um eine Fülle von Einnahmen. Es geht um 81 Millionen €, zweckgebunden für den Denkmalschutz. Es geht um 18 Millionen € für den Landessportbund; der Kollege Müller kann hierzu sicherlich etwas sagen. Es geht um 4,82 Millionen € für die Liga der freien Wohlfahrtsverbände. Da kann man sich hier nicht hinstellen und sagen: „Wir brauchen einen liberalisierten Markt; wir müssen den Markt öffnen“, sondern da muss man sagen, wie man ihn liberalisieren will, damit man auch in Zukunft die Einnahmen generieren kann. Das ist die Antwort, die Sie hier geben müssten. Diese Antwort bleiben Sie schon seit Ewigkeiten schuldig.

(Florian Rentsch (FDP): Was ist das für eine Aufregung? Was ist Ihre Antwort?)

Ich bin sehr dafür, dass man sowohl über Monopole als auch über die Liberalisierung am Markt reden kann.

Herr Kollege Frömmrich, darf ich Sie einmal kurz unterbrechen? Der Kollege Rentsch möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie Zwischenfragen in der Aktuellen Stunde?

In der Aktuellen Stunde gestatte ich natürlich keine Zwischenfrage.

Gut, dann lassen wir es sein. – Okay, Sie haben weiterhin das Wort.

(Wolfgang Greilich (FDP): Er hat gefragt, wie man es gerne hätte!)

Ich habe die Frage gestellt, wie man es denn gerne hätte. – Herr Kollege Rentsch hatte hier vorne aber fünf Minuten lang Zeit, zu erklären, wie er es denn gerne will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Florian Rentsch (FDP): Sagen Sie Ihre Vorschläge!)

Geben Sie bitte einmal eine Antwort darauf, wenn Sie es liberalisieren, wie hoch die Steuer sein muss, die Sie erheben wollen.

(Florian Rentsch (FDP): Sagen Sie endlich Ihre Vorschläge! Ein bisschen weniger heiße Luft wie bei Herrn Kretschmann und in Rheinland-Pfalz!)