Protocol of the Session on June 8, 2011

(Clemens Reif (CDU): Das müssen Sie sich schon anhören! – Petra Fuhrmann (SPD): Das ist unerträglich!)

ist unerträglich und ein Schlag in das Gesicht der Frauen, die dieses Leid erlitten und all die Jahre gekämpft haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Mick, schütteln Sie an der Stelle nicht den Kopf. Gehen Sie raus und fragen Sie die Frauen, die betroffen sind. Hören Sie sich die Empörung der Frauen an.

(Clemens Reif (CDU): Sie dürfen alles, nur nicht moralisch werden!)

Geht es mit dem Zuhören, oder geht es nicht? Das können Männer ganz schlecht aushalten. Das ist ganz schwer.

(Clemens Reif (CDU): Das ist bei Ihnen schwer! – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie noch einmal. Männer sollen den Frauen zuhören und umgekehrt. Wir hören alle gemeinsam zu und debattieren. Frau Kollegin Schott hat das Wort. Aber ich bitte Sie doch, mit Ihren Zwischenrufen etwas im Rahmen zu bleiben.

(Clemens Reif (CDU): Wie kann man so streiten, wenn man sprachlos ist?)

Nahezu jeden Tag erleben wir hier, was der Sparzwang und die Schuldenbremse gebracht haben und noch bringen werden. Aber am Beispiel des Entwurfs zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz kann man ehrlich akrobatische Höchstleistungen der Hessischen Landesregierung bewundern. Irgendwie muss die Landesregierung den Menschen erklären, warum sie gerade an dieser oder jener Stelle spart. Hier ist es ganz besonders schwierig, da es eine klare Regelung durch den Bund und dazu ergangene Rechtsprechung gibt: 80 % der Personal- und Sachkosten sind zu übernehmen.

(Holger Bellino (CDU): Ich denke, Sie seien sprachlos!)

80 % sind 80 %. Daran lässt sich nicht deuteln. Also fragt die Regierung: „80 % von was?“, und definiert flugs die Realität so lange um, bis sie in das Bild einer „Wir schaffen den Sozialstaat ab“-Regierung passt. Da heißt es:

Zentrale Zielsetzung der Gesetzesänderung ist es, die Pauschale bei freien Trägern auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, …

Begründet wird das damit, dass Hessen im bundesweiten Vergleich gemeinsam mit Baden-Württemberg auf Platz 4 liegt, wenn man die Fördersumme pro Einwohner betrachtet.

Ich bin beeindruckt. Hessen liegt einmal nicht an letzter Stelle. Aber Sie arbeiten gründlich daran, uns auch hier zum Schlusslicht zu machen. Ich fürchte, es wird Ihnen noch gelingen.

(Beifall bei der LINKEN – Leif Blum (FDP): So ein dummes Geschwätz! Das ist nicht zu fassen! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Eieiei! – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Nicht mit uns. DIE LINKE spricht sich deutlich für eine Förderung der Schwangerschaftskonfliktberatung aus, die den tatsächlichen Notwendigkeiten entspricht.

Ich kann Ihnen aber eine Idee mitgeben, wie Sie hier tatsächlich sparen können: Schaffen Sie endlich die Zwangsberatung ab. – Aber selbst dann gäbe es noch Beratungsbedarf. Denn für viele Schwangere und ihre Partner ist die Beratung in dieser oft nicht einfachen Situation von elementarer Bedeutung.

Wenn Sie davon ausgehen, dass die Pauschale auf ein angemessenes Maß reduziert werden muss, dann würde das heißen, es gibt nach Ihrer Lesart irgendeinen Grund, warum die Beratungsstellen in der Vergangenheit zu viel Geld bekommen haben. Haben Sie hier etwa wertvolle Steuergelder verschleudert? Soll ich das glauben oder nicht? Wenn das nicht der Fall war, wenn also die Leistungen der letzten Jahre dem realen Bedarf entsprachen, wie zum Teufel erklären Sie dann, dass jetzt weniger für dieselbe Leistung reichen soll? Ich habe in der Grundschule gelernt: Wenn man etwas addiert, kommt am Ende mehr heraus. – Bei Ihnen scheint das anders zu sein.

Die Löhne sind in der Vergangenheit zumindest nominal gestiegen und steigen weiter, die 80 % Kostenübernahme ist weiter eine zwingende Grundlage, und die Zahl von einer Beraterin pro 40.000 Einwohner ist ebenfalls festgelegt. Aber bei Ihnen kommt unter dem Strich weniger Geld heraus. Das können Sie keinem Menschen erklären. Von Sachkosten habe ich überhaupt noch nicht gesprochen: Die Kosten für Miete, Energie, Heizkosten sind in den Beratungsstellen genauso gestiegen wie überall anders. Aber vielleicht sollen die Beratenden in Zukunft an kalten Tagen ein Brikett mitbringen, oder wir setzen die Beraterinnen auf ein Fahrrad, das Strom erzeugt, während sie arbeiten. – Der Zynismus, der hier aus mir spricht, wird durch Ihre Politik in mir hervorgerufen. Sie finden diesen Zynismus bei den Betroffenen noch viel ausgeprägter. Im Gegensatz zu deren Bewertung Ihrer Ideen sind meine Formulierungen nämlich freundlich. Ich habe in den letzten Tagen in Gesprächen mit Frauen ganz andere Sätze gehört.

(Beifall bei der LINKEN)

Frauen haben lange für die Liberalisierung der Schwangerschaftsunterbrechung gekämpft und um eine gute flächendeckende Beratungslandschaft gerungen. Sie versuchen hier gerade, das durch die Hintertür wieder kaputt zu machen. Sie werden die Quittung für eine solche Politik bekommen. Ich fordere Sie auf, diesen unsäglichen Gesetzentwurf zurückzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Mick, es sind Fünfminutenbeiträge. Da haben wir keine Kurzintervention.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es! Es gilt die Geschäftsordnung!)

Nein, Aktuelle Stunde ist morgen. Bei Fünfminutenbeiträgen machen wir keine Kurzintervention.

(Günter Rudolph (SPD): Da gibt es keine!)

Meine Damen und Herren, sind Sie mit mir einig? Bei Fünfminutenbeiträgen gibt es keine Kurzintervention.

(Beifall der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Günter Rudolph (SPD): Die Geschäftsordnung!)

Herr Kollege Rudolph, ich habe es für Sie mehrfach wiederholt.

(Günter Rudolph (SPD): Ich habe es auch beim ers ten Mal verstanden!)

Ich hatte recht. Vielen Dank. – Dann ist jetzt die nächste Wortmeldung Frau Kollegin Ravensburg. – Herr Mick, es ist so.

(Leif Blum (FDP): Ja, ja! Alles gut!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schott, den Ton, den Sie eben auf den Beitrag von Herrn Mick in die Debatte hineingebracht haben, fand ich sehr unangemessen. Der Begriff Zynismus macht mich persönlich sehr betroffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich denke, wir sollten uns an die Ausschusssitzung im Herbst erinnern, in der wir das Thema Schwangerschaftskonfliktberatung beraten haben. Leider haben Sie da nicht mitgestimmt. Aber die anderen Fraktionen im Sozialpolitischen Ausschuss haben betont, dass das flächendeckende Hilfsangebot der hessischen Beratungsstellen in allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen begrüßt wird. Das haben wir einstimmig begrüßt. Ich möchte das in Erinnerung rufen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke, Frau Schulz-Asche. – Wir haben das aus gutem Grund getan, denn die Beratung bietet eine unentbehrliche Hilfestellung in einer Situation der ungeplanten oder unerwünschten Schwangerschaft, in der sich Frauen – und ich möchte hier betonen: oft auch Männer – in einer schwierigen Konfliktsituation oder Gewissensnot befinden; auch Männer nehmen die Beratungsangebote wahr.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Darüber hinaus bieten die Beratungsstellen ein umfassendes Informationsangebot: in der Sexualaufklärung, in Fragen der Verhütung, der Familienplanung, auch in Fragen der Adoption, der sozialen und psychologischen, aber auch der wirtschaftlichen Hilfen im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes. Meine Damen und Herren, das ist auch gesetzlich geregelt.

(Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vor- sitz.)

So danke ich im Namen meiner Fraktion den Beratungsstellen, den freien Trägern, den kirchlichen Trägern, den Wohlfahrtsverbänden, aber auch den Ärzten, den kommunalen Trägern und nicht zuletzt Donum Vitae für die geleistete Beratungsarbeit,

(Günter Rudolph (SPD): Und dann die Mittel kürzen!)

auch im Sinne einer Beratung für das Kind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

In den vorliegenden Gesetzentwurf wurde die Verordnung integriert. Ich finde, das trägt zur Gesetzesklarheit bei.

Von einigen Vorrednerinnen wurde kritisiert, dass die Pauschalen an die freien Träger nach einem durchaus steilen Anstieg in den letzten Jahren – der Minister hat die

Dynamik erklärt – jetzt angeglichen werden sollen. Durch den Wechsel der Tarifgrundlage sind die Pauschalen in den letzten beiden Jahren um 18 % gestiegen und liegen, das haben auch meine Vorredner schon betont, mit 77.137 € weit über dem Bundesdurchschnitt.

Nun können wir uns natürlich gern über die Berechnungsgrundlagen streiten. Das sollte Gegenstand der Diskussionen im Ausschuss sein. Für mich ist klar: Auch in anderen Bundesländern besteht der gleiche Beratungsauftrag, und daher muss geklärt werden, warum der Bundesdurchschnitt so viel niedriger ist – und zwar der Durchschnitt, nicht ein Ausreißer einiger Länder. Das hat das Ministerium nun getan. Darüber können wir im Ausschuss gerne debattieren.

Ich möchte die Zahlen nochmals nennen: Rheinland-Pfalz 57.000 €, Hamburg 52.000 €, Brandenburg 51.000 €, Nordrhein-Westfalen knapp 50.000 €. Wir werden ab 2012 bei 65.000 € landen.

Hessen muss mehr denn je auf den sinnvollen und notwendigen Einsatz der knappen Haushaltsmittel achten. Das schreibt uns nicht nur der Landesrechnungshof ins Buch, sondern diese Meinung vertritt auch die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger.