Wir müssen heute feststellen, dass in unserem Land 7,5 Millionen Menschen nicht richtig lesen und schreiben können, also als Analphabeten gelten. 68 % davon sprechen übrigens Deutsch als Muttersprache. Ähnliches gilt sicherlich für die Grundrechenarten. Es sind nicht die Jahrgänge unmittelbar nach dem Schulabschluss. Es sind vielmehr die älteren Menschen, die sich eh schon abgeschrieben haben und die in Altersarmut geschickt werden sollen. Für uns als LINKE heißt das, dass wir in den elementaren Fragen ein lebenslanges Lernen organisieren und anbieten müssen.
Statt besser Qualifizierte, gut Ausgebildete aus verschiedenen Regionen der Welt abzuziehen, sollten die hier lebenden Menschen qualifiziert und ausgebildet werden. Statt Flüchtlinge abzuschieben, sollten wir sie in Hessen integrieren und ihnen berufliche Perspektiven anbieten. Dazu soll der Weiterbildungsbereich entwickelt werden.
Lebens- und Arbeitsbiografien sind fraktioniert. Die Wirtschaft, aber auch große Industriebetriebe tun zu wenig, um die Menschen für neue Aufgaben zu qualifizieren. Diesem Prinzip folgt grundsätzlich auch die Hessische Landesregierung. Hessen hat seit Langem ein Weiterbildungsgesetz, dessen Existenz zweifellos positiv zu bewerten ist. Es ist aber immer wieder bedauert und kritisiert worden, dass der ursprüngliche Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die zugrunde gelegten Ausbildungs- und Entwicklungsgedanken nie tatsächlich umgesetzt hat. Auch die heutige erste Lesung dient nach meinem Eindruck in erster Linie dem Zweck, dem Auslaufen des Gesetzes einen Aufschub um fünf Jahre zu gewähren.
Nachdem die Ausgaben der Weiterbildung mehrere Jahre stagnierten, geht die Landesregierung zu einer Politik der Kürzung über, die von uns strikt abgelehnt wird.
Der Gesetzentwurf zeigt eine unambitionierte Fortschreibung des Bisherigen. Er wird in keiner Weise der aktuellen Problemlage gerecht. An der unklaren Vermengung von beruflichen Schulen – wenn sie sich zu rechtlich selbstständigen Schulen wandeln sollten – und dem Rumpfsystem, das erst in Gang gesetzt wird, dem Hessencampus, das durcheinandergerührt wird, zeigen sich die Unzulänglichkeiten des Gesetzentwurfs.
Nicht die Weiterbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens ist die Leitidee dieses Gesetzes, sondern die Schuldenbremse dient als Rahmen. Die gute Arbeit der freien Träger und der Volkshochschulen soll dem Privatisierungswahn der FDP mittelfristig zum Opfer fallen.
Denn Ihre Lösung zur Finanzierung des lebenslangen Lernens sehen Sie in der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen keine Schuldenbremse, sondern echte Anreize für diejenigen, für die sich Weiterbildung heute nicht oder noch zu wenig lohnt. Die Volkshochschulen und die freien Träger der Erwachsenenbildung sichern bereits heute mit knappsten Mitteln und unter angespannten Arbeitsverhältnissen der dort Beschäftigten und besonders der vielen Honorarkräfte ein wichtiges und unverzichtbares Bildungsangebot. Aber wie sollen sie unter diesen Bedingungen ein bedarfsorientiertes und für die Teilnehmer bezahlbares Angebot auch weiterhin aufrechterhalten? Angesichts leerer Kassen und der oktroyierten Sparzwänge in den Landkreisen und Städten wird der Weg bereitet, die Weiterbildung in öffentlicher Trägerschaft in die Bedeutungslosigkeit abzudrängen. Es gilt, die Rahmenbedingungen für die Weiterbildung grundsätzlich zu verbessern.
Nur wenn wir die aktuellen Weiterbildungsstrukturen in ihrer Gesamtheit und ohne zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger auf der Ebene eines allgemeinen Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes ausrichten,
Meine Fraktion wird die Erörterung im Ausschuss abwarten, aber, wenn sich nichts Zentrales ändert, den Gesetzentwurf mit gutem Gewissen ablehnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kultusministerin hat es schon gesagt: Wir haben, was das Weiterbildungsgesetz angeht, in diesem Hause fast schon eine kleine Tradition, dass es über die Fraktionsgrenzen hinaus verabschiedet werden kann und dass die Entwicklung bei der Weiterbildung auch von allen Fraktionen, sei es im Landeskuratorium oder durch die vielfältigen Gespräche, konstruktiv begleitet wird.
Wenn wir uns anschauen, was sich bei der Weiterbildung seit der letzten Debatte über das Weiterbildungsgesetz verändert hat, dann stellen wir fest, dass es vor allem die Debatte und die Prozesse rund um die Einführung von Hessencampus bzw. am Anfang die Zentren für lebensbegleitendes Lernen waren. Es war der aus unserer Sicht richtige Versuch, einen Kristallisationspunkt für die Debatten über Weiterbildung in den regionalen Bildungslandschaften zu finden, die Debatte in der Gesellschaft neu zu entfachen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass lebenslanges Lernen eine der ganz großen Herausforderungen ist, um den Bereich des lebenslangen Lernens zu verbessern. Ob und wie das in den einzelnen Regionen gelungen ist, das kann man sehr unterschiedlich bewerten.
Was Hessencampus aber auf jeden Fall gebracht hat, ist, dass bei der Weiterbildung über das hinaus, was im Gesetz an Mitteln steht, zusätzliche Mittel zur Verfügung standen. Wenn wir mit den kommunalen Trägern der Volkshochschulen reden, wenn wir mit den Hessencampus-Initiativen reden, dann sagen die einem sehr oft: Es war in den vergangenen Jahren sehr gut, dass ihr zusätzliches Geld in den Bereich der Weiterbildung gegeben habt. – Für viele Volkshochschulen und für viele HessencampusInitiativen waren es genau diese Mittel, die ihnen eine Weiterentwicklung ihres Angebots ermöglicht haben.
Deshalb sehen wir mit etwas Sorge, dass die Zukunft der Finanzierung von Hessencampus wie insgesamt die Zukunft des Projektes Hessencampus mit diesem Gesetzentwurf zumindest infrage steht. Das werden wir mit Sicherheit in den Ausschussberatungen noch näher erörtern müssen. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von diesem Pult aus immer sagen, wie wichtig das lebenslange Lernen und die Weiterbildung sind, wir die Zuschüsse in diesem Bereich aber seit Anfang dieses Jahrtausends bzw. des letzten Jahrzehnts nicht mehr verändert haben, während die Kosten steigen, dann wird es relativ schwierig, den Trägern zu sagen, wie sie ein qualitativ hochwertiges Angebot aufrechterhalten und dieses Angebot sogar ausweiten sollen. Ich glaube, deshalb müssen wir noch einmal über diese Frage reden, darüber, wie wir die verloren gegangenen Mittel aus Hessencampus eventuell
an anderer Stelle wieder in das System hineingeben können, weil es ein gutes Bildungsangebot – das gilt für die Schule, das gilt für die Hochschule, aber auch für die Weiterbildung – eben nicht zum Nulltarif gibt.
Deshalb müssen wir in den weiteren Beratungen darüber sprechen, ob die gedeckelte Unterstützung der Volkshochschulen und der freien Träger tatsächlich zeitgemäß und ausreichend ist. Wir müssen darüber reden, dass wir bei den Volkshochschulen mittlerweile eine Entwicklung haben, dass der Landesanteil an der Finanzierung so schlecht ist wie in keinem anderen Bundesland – mit all den Auswirkungen, die das hat, entweder auf die Finanzierung durch die Kommunen oder auf eine immer stärkere Finanzierung über die Beiträge der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer. Ob wir das unter dem Gesichtspunkt wollen, dass Weiterbildungsangebote tatsächlich allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehen und dass wir den öffentlichen Auftrag der Weiterbildung tatsächlich gewährleisten können, das sollten wir gemeinsam in den Ausschussberatungen noch einmal sehr genau erörtern.
Auch bei den freien Trägern haben wir diese Deckelung. Ich denke, auch da lohnt die Debatte, wie wir Mittel, die wir bei der Weiterbildung schon einmal hatten, Stichwort: Hessencampus, dauerhaft erhalten können. Ich glaube auch, dass wir gemeinsam mit den Volkshochschulen, aber auch mit den freien Trägern darüber reden müssen, was uns die Leistungen des Instituts des Hessischen Volkshochschulverbandes wert sind. Hier werden ganz wichtige Dienstleistungen zur Qualitätssicherung und zur Weiterentwicklung des Angebots der Volkshochschulen erbracht. Vielleicht können wir hier gemeinsam erreichen, dass diese Serviceleistungen für den Bereich der Weiterbildung, die vom hvv-Institut zur Verfügung gestellt werden, für alle Träger geöffnet werden, da eventuell neue Finanzierungsmöglichkeiten entstehen; denn wir brauchen auch bei der Weiterbildung Einrichtungen, die für die Qualitätsentwicklung stehen und die die vielfältigen Einrichtungen unterstützen und weiterentwickeln.
In diesem Sinne haben wir in den Ausschussberatungen einiges vor, müssen wir dort einiges besprechen. Aber wir GRÜNE sind zuversichtlich, dass wir bei gutem Willen auch diesmal wieder zu einem Ergebnis kommen, dem zumindest vier Fraktionen zustimmen können. Herr Kollege van Ooyen, wenn Sie Ihre Rede zu diesem Tagesordnungspunkt gehalten hätten und nicht Ihre Standardrede, dann könnten vielleicht auch Sie zustimmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde ausgeführt: Die Weiterbildungslandschaft in Hessen ist vielfältig, vital und gut vernetzt. Im Bereich der Bildung und des lebens
langen Lernens wird dort gute Arbeit geleistet. Die Diskussion um die Novellierung des Hessischen Weiterbildungsgesetzes bietet Anlass, um den Organisationen der Erwachsenenbildung in Hessen ein herzliches Dankeschön zu sagen und ihnen Lob und Anerkennung für ihre Arbeit auszusprechen.
Im Gegensatz zu den Ausführungen, die der Kollege van Ooyen gemacht hat – das haben auch die Redner der anderen Fraktionen deutlich gemacht –, sind die Rahmenbedingungen für die Erwachsenenbildung, für die Weiterbildung im Lande Hessen gut. Die öffentliche Hand in Hessen – das ist auch ihre Aufgabe – stellt die Grundversorgung der Weiterbildung sicher, und zwar in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Trägern der Erwachsenenbildung.
Das soll auch so bleiben. Die vorgelegte Novellierung des Hessischen Weiterbildungsgesetzes leistet dazu einen Beitrag.
Ich möchte jetzt nicht all die Dinge wiederholen, die die Vorredner bereits angesprochen haben – was sich an dem Gesetz ändern soll und was neu aufgenommen werden soll. Wir werden in den Ausschüssen noch die eine oder andere Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Es wurde auch bereits gesagt, dass einige Punkte, die in der Regierungsanhörung und in den Gesprächen diskutiert worden sind, bereits in den Gesetzentwurf aufgenommen wurden. Beispielhaft sei das Thema Gesundheitsbildung genannt. Damit stoßen wir mit dieser Novellierung insgesamt – auch das wurde schon gesagt – bei den Trägern des Gesetzes auf Zustimmung.
Einige kritische Punkte gibt es. Die wurden angesprochen. Es gehört auch zur Ehrlichkeit dazu, dass wir uns das anschauen.
Wir fördern im Hessischen Weiterbildungsgesetz für die Volkshochschulen, für die freien Träger und für Burg Fürsteneck insgesamt 340.000 Unterrichtsstunden – und dies nach dem bisherigen Stand mit 25 € pro Stunde.
Zunächst einmal können wir anerkennen, dass dieser Punkt im Gesetz unverändert bleiben wird. Es ist vorgesehen, diese Förderung auch zukünftig sicherzustellen. In Zeiten knapper Kassen ist das einer lobenden Bemerkung wert.
Natürlich kenne ich alle Forderungen. Die reichen bis zu einer Steigerung der Förderung um 30 %. Dazu gebe ich zu bedenken, dass ein Anstieg der Förderung um 10 %, um 2,50 €, auf 27,50 € den Landeshaushalt mit 1 Million € belastet.
Dazu kommt – auch das wurde angesprochen – die Frage: Was machen wir mit dem hvv-Institut? Auch dort reden wir über 250.000 € zusätzlicher Mittel, die gewünscht werden.
Da müssen wir ehrlich diskutieren und uns überlegen: Gibt es Möglichkeiten, dort etwas zu ändern? – Ich sehe das im Moment skeptisch. Dazu gehört aber auch – auch das muss man dazusagen –, dass wir bei der finanziellen Förderung auch noch einige andere Dinge tun. Beim Hessencampus haben wir eine Aufbauförderung des Landes über einen Zeitraum von drei Jahren zugesagt.
Diejenigen, die sich zu einem Hessencampus zusammentun und dort die Arbeit aufnehmen, können mit einem Zuschuss des Landes rechnen. Es wurde auch immer kommuniziert, dass es dann aus eigener Kraft geschultert werden soll.
Ich kenne die Punkte alle, die dort angesprochen sind. Ich sage, sicher müssen wir auch darüber reden. Es gehört aber auch zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen, dass wir keine Hoffnungen wecken können, dass dort zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen.
Sofort. – Bei den freien Trägern haben wir in den letzten Jahren zusätzlich 800.000 € zur Verfügung gestellt, hälftig für Hessencampus und hälftig für Projekte der freien Träger. Das ist die Regelung, die wir in den letzten Jahren hatten.
Auch das gehört alles zur Weiterbildung hinzu. Wenn wir diese Dinge in den Ausschussberatungen und mit allen Betroffenen ehrlich diskutieren, die Problemstellungen verdeutlichen und konstruktiv an diesem Gesetzentwurf arbeiten und diskutieren, dann können wir – und das wäre mein Wunsch – die bewährte Praxis des Hauses beibehalten, und die vier Fraktionen, die das in der Vergangenheit getan haben, können wieder zu einem Einverständnis und zu einer gemeinsamen Gesetzeslösung gelangen. Daran sollten wir in den Ausschussberatungen arbeiten. Ich freue mich darauf und danke für die Aufmerksamkeit.