Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute Morgen hat Herr Schäfer-Gümbel den Wettstreit „Wer ist der größte Oberlehrer in diesem Hause?“ ausgerufen und ihn eigentlich zwischen sich und Herrn Bouffier austragen wollen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, Sie beide haben keine Chancen. Der Titel geht definitiv an die Fraktion der GRÜNEN. An wen speziell er geht, weiß ich noch nicht; denn Herr Al-Wazir, Herr Wagner und auch Herr Kaufmann vergeben sich nicht allzu viel.
Aber ich bin mir sicher, wenn man darüber abstimmen lassen würde, hätten die GRÜNEN die besten Chancen, diesen Titel zu erobern.
Herr Kollege Roth, nur bei den GRÜNEN. – Wir freuen uns darüber, dass die Landebahn Nordwest im Oktober in Betrieb genommen wird. Das ist gut für die Menschen im Rhein-Main-Gebiet, deren Arbeitsplätze dadurch gesichert werden bzw. für die man neue Arbeitsplätze schafft. Es ist auch gut für die Mobilität der Menschen in dieser Region.
Bald haben wir Urlaubszeit, und dann genießen die Rhein-Mainer auch wieder den kurzen Weg zum Flughafen; denn für die Rhein-Main-Region ist dieser Flughafen so etwas wie das Tor zur Welt.
Wir kümmern uns natürlich auch darum, die mit dem Flughafen verbundenen Nachteile möglichst gering zu halten. Die Landesregierung nimmt die Lärmbelastungen
der Bürgerinnen und Bürger durch die neuen An- und Abflugrouten sehr ernst. Auch wir als Fraktion schöpfen alle Möglichkeiten aus, um den berechtigten Interessen, den Fluglärm so weit wie möglich zu reduzieren, Rechnung zu tragen.
Wir haben in diesem Hause fraktionsübergreifend eine Lärmwirkungsstudie in Auftrag gegeben. Dies ist die größte Lärmwirkungsstudie, die es weltweit gibt. Wer dann davon redet, CDU und FDP kümmerten sich nicht um das Thema Fluglärm, hat es nicht verstanden und will es nicht verstehen.
Wir wollen gemeinsam mit den Menschen und den Vertretern der Kommunen sowie in enger Zusammenarbeit mit dem Flughafenbetreiber, der Fluglärmkommission und dem Forum Flughafen und Region zu weiteren Verbesserungen kommen.
Herr Kaufmann, ich habe das vergiftete Lob in Ihrem Antrag zur Kenntnis genommen, in dem Sie die Landesregierung auffordern, ergänzend zum Landtag endlich eigene Aktivitäten zu starten. Lieber Herr Kaufmann, dazu kann ich nur sagen: Die Fluglärmkommission, das Forum Flughafen und Region, aber auch die vielen Gutachten zur Lärmreduzierung im Rahmen der Planfeststellung sind Aktivitäten der Landesregierung. Sie zeigen, dass auch die Landesregierung dieses Thema sehr ernst nimmt.
Wenn sich die Landesregierung bei dem Thema Lärmwirkungsstudie zurückgehalten hat, dann deswegen, weil es eine fraktionsübergreifende Studie ist und es nicht angebracht gewesen wäre, wenn sich die Landesregierung dort intensiv eingebracht hätte, weil damit dieser übergreifende Charakter ein Stück weit beeinträchtigt worden wäre. Ich würde mir jetzt ganz einfach einmal wünschen, dass Sie als GRÜNE ein klares Bekenntnis zum Frankfurter Flughafen ablegen würden. Wenn Sie das nicht bringen, zeigen Sie, dass Sie von Wirtschaftspolitik keine Ahnung haben.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wiss- ler (DIE LINKE): So einfach ist die Welt bei der FDP!)
Wenn Sie es bringen, Ja zum Flughafen sagen und nicht dagegen sind, dann frage ich Sie: Wollen Sie einen Flughafen ohne Flugzeuge? Wenn Sie neben dem Flughafen aber auch die Flugzeuge wollen, haben Sie spätestens dann auch den Lärm. Für Flugzeuge und gegen Lärm sein zu können, zeichnet die GRÜNEN zwar aus, ist aber bei realitätsnaher Betrachtung lediglich in der Opposition möglich.
Meine Damen und Herren, Landtag und Landesregierung haben keine Zuständigkeit bei der Festlegung der Flugrouten. Diese werden von der Deutschen Flugsicherung unter Beteiligung der Fluglärmkommission – da sind dann die Kommunen und darüber auch die Öffentlichkeit eingebunden – erarbeitet und im Anschluss vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung genehmigt und nicht etwa von Herrn Posch als Wirtschaftsminister.
In der Fluglärmkommission ist mit Herrn Jühe übrigens ein SPD-Mann Vorsitzender. Dazu komme ich gleich noch, das ist dann unser Antrag. Aber dort ist auch eine ganze Reihe von grünen Politikern vertreten. Was ich da
mit sagen will, ist, dass Ihre Forderung nach Beteiligung der Öffentlichkeit an dem Verfahren hinfällig ist. Es gibt sie bereits. Die Kommunen und grüne Dezernenten sind in diese Arbeit eingebunden, und wenn Frau Thies, Ihre grüne Dezernentin in Wiesbaden, diese Informationen nicht weiterträgt und nicht informiert, dann ist das kein systematisches, sondern höchstens personelles Versagen, das hier eintritt.
Deswegen wird sie vielleicht auch bald abgewählt. Das kann sein. – Eine Überprüfung der Entscheidung ist ebenfalls schon heute möglich, wie die Klagen einiger Kommunen gegen das segmentierte Anflugverfahren zeigen. Auch da ist Ihr Antrag hinfällig. Es zeigt sich eigentlich einmal mehr, dass Ihre große Sehnsucht, das Thema Flughafen im Landtag zu diskutieren, mehr Ausschlag gegeben hat als die tatsächlichen sachlichen Problemlagen.
Dann will ich noch ein Stück weit auf einen Widerspruch in Ihrem Antrag zu sprechen kommen. In der entscheidenden Frage, welche Prioritäten Sicherheit, Kapazitätsfragen und Fluglärmbelastung zukommen sollen, machen Sie in Ihrem eigenen Antrag gleich zwei unterschiedliche Vorschläge. In Punkt 2 fordern Sie eine eindeutige Priorität bei der Festlegung der Flugrouten zugunsten des Lärmschutzes. Das ist absolut unverantwortlich, weil Sie dann die Sicherheit außer Acht lassen. In Punkt 3 reden Sie demgegenüber von gleichrangiger Berücksichtigung von Sicherheit und Lärmschutz. Was wollen Sie denn jetzt? Wollen Sie Gleichrangigkeit oder Vorrang für den Lärmschutz vor der Sicherheit? Vielleicht können Sie das irgendwann einmal klarstellen. Punkt 2 und Punkt 3 widersprechen sich elementar.
Für uns ist eines klar: Die Sicherheit muss höchste Priorität haben. Die Vorstellungen der GRÜNEN lassen sich in der Tat so interpretieren, dass es Ihnen auf ein paar Abstürze mehr oder weniger nicht ankommt, wenn nur der Fluglärm dabei nicht zu groß ist.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unglaublich! Das ist eine unglaubliche Entgleisung! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das nehmen Sie jetzt zurück!)
Das nehme ich nicht zurück. Herr Al-Wazir, was ich hier zurücknehme, entscheiden nicht Sie, das entscheide ich.
Ich nehme das dann zurück, wenn Sie in Punkt 2 Ihres Antrags die Passage streichen, in der der Lärmbekämpfung eindeutig die Priorität zukommt und die Sicherheit demnach einen nachgeordneten Rang haben soll.
Die SPD ist da schon deutlich vernünftiger. Sie fordert, dass bei der Abwicklung des Luftverkehrs nach der Sicherheit dem nächtlichen Lärmschutz Priorität vor anderen Belangen eingeräumt werden soll. Das hört sich vernünftig an. Ich dachte aber, nachdem ich mir den Antrag durchgelesen habe, dass die SPD bis jetzt für ein vollständiges Nachtflugverbot ist. Der Antrag fordert dazu auf, der Bundesratsinitiative der SPD aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beizutreten, und diese Bundesratsinitiative möchte, dass künftig nachts dem Lärmschutz vorrangig – nach der Sicherheit – Beachtung gegeben wird, nichts weiter. Sie reden in der Begründung Ihres An
trags zwar davon, dass nachts der Nachtruhe ebenfalls oberste Priorität zukommen soll. Das ergibt sich aber mit keinem Wort aus der Bundesratsinitiative. Dann hätte in der Bundesratsinitiative auf § 29b Abs. 2verwiesen werden müssen. Sie verweisen lediglich auf § 29b Abs. 1 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes, und darin steht nur, dass nachts, bei den ab Oktober dann noch 17 Nachtflügen, der Lärmbekämpfung Priorität eingeräumt werden solle.
Meine Damen und Herren, ich will noch klarstellen: Wir werden, bevor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung getroffen hat, im Luftverkehrsgesetz keine Veränderungen vornehmen. Das machen wir sowieso nicht hier im Landtag. Aber ich glaube, es macht definitiv Sinn, abzuwarten, was hier entschieden wird. Die Bundesregierung hat übrigens im Koalitionsvertrag klargestellt, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen wird.
Jetzt komme ich zu unserem eigenen Antrag. Das, was da gerade noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl von Herrn Jühe an Protest in die Welt gesetzt wurde, ist an Unverfrorenheit nicht mehr zu überbieten. Herr Jühe hat noch einmal die große Keule ausgepackt, und das Wahlergebnis hat ihn dann auch belohnt.
Uns leider nicht, das sehe auch ich mit Bedauern so. – Entgegen aller rechtlicher Verpflichtung erklärt Herr Jühe, dass er die Landesregierung nicht mehr beraten und dass die Fluglärmkommission auch die Genehmigungsbehörde nicht mehr einladen wolle. Dazu zitiere ich nur § 32b Abs. 6 des Luftverkehrsgesetzes. Dort steht: „Zu den Sitzungen der Kommission ist die Genehmigungsbehörde... einzuladen.“ Zu Herrn Jühe kann ich nur sagen: große Klappe und nichts dahinter. Er ist gesetzlich verpflichtet, das zu tun.
Wenn der Vorsitzende der Fluglärmkommission, Herr Jühe, dann lediglich 10 % des vorhandenen Budgets abruft, aber nach draußen tönt, dass er finanziell ausgetrocknet werde, dann ist das frech, unerhört und falsch. Ein Wahlkampf kann vieles entschuldigen, aber sollte auch Grenzen haben. Ich kann Herrn Minister Posch nur ein Kompliment aussprechen, dass er weiter ruhig und sachlich mit Herrn Jühe zusammenarbeitet. Ich könnte auch verstehen, wenn das anders wäre.
Meine Damen und Herren, im Landtag nichts Neues: Die GRÜNEN versuchen weiter auf ihrer Dagegen-Welle zu reiten, rufen nach Bürgerbeteiligung und Offenheit. Wie das in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Konkreten aussieht, habe ich gestern unter großem Protest von dieser Seite schon dargestellt. Ich kann Ihnen versprechen, dass sich CDU und FDP weiter intensiv dafür einsetzen, die Belastungen, die mit dem Flughafen auch verbunden sind, so weit wie möglich zu reduzieren. Das werden wir auch in Zukunft tun, aber wir werden auch weiterhin am Frankfurter Flughafen festhalten, der für die Entwicklung der Region und damit für die Menschen von entscheidender Bedeutung ist. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Kollege Müller. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Wagner zur Geschäftsordnung gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet, als Herr Kollege Müller gesagt hat, es gebe in diesem Haus Kolleginnen und Kollegen, denen käme es auf ein paar Abstürze von Flugzeugen nicht an, und damit nahegelegt hat, es gebe hier Kolleginnen und Kollegen, denen das Interesse an Menschenleben nicht wichtig sei. Ich finde, das ist eine unglaubliche Entgleisung im parlamentarischen Stil.
Jetzt kann man sich in einer Rede immer einmal vergaloppieren. Das möchte ich auch Ihnen, Herr Kollege Müller, zugestehen. Wenn Sie sich für diese Äußerung hier sofort entschuldigen, ist das für unsere Fraktion erledigt; ansonsten beantragen wir die sofortige Einberufung des Ältestenrates, weil wir hier so nicht miteinander diskutieren können. – Vielen Dank.