Protocol of the Session on May 17, 2011

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch sagen: Neue Schulden sind ein Thema, das alle Bundesländer betrifft. Die Hauptaufgabe, die hier auch bezeichnet wurde, ist klar: Wir müssen mit der Umsetzung des Gesetzes dafür schnell beginnen. Der Finanzminister hat gesagt: am besten im Jahr 2012. Ich teile das ausdrücklich.

Ich würde mich auch freuen, wenn der konsensuale Weg, den wir hierbei gegangen sind – dass wir uns klare Grenzen setzen, was in Zukunft noch möglich ist –, gemeinsam umgesetzt wird.

Das größte Problem, das im Landeshaushalt steckt – in allen Haushalten Deutschlands –, ist das strukturelle Defizit. Das haben übrigens auch Länder wie Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, die im Moment keine neuen Schulden machen. Auch die haben ein ähnliches Problem.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deswegen sagen: In diesem Jahr werden wir anstelle von geplanten 1,9 Milliarden € vielleicht nur 1,6 Milliarden € Schulden machen. Das ist vielleicht ein guter Anfang auf dem Weg bis zum Jahr 2020. Aber das wird ein sehr schwieriger Weg.

Steuermehreinnahmen führen oft dazu, dass man im Geis te schon weiter ist als in der Realität. Deswegen sage ich, Steuermehreinnahmen können wie eine betäubende Droge wirken, die dazu führt, dass zum einen der Sparwille nachlässt und zum anderen die Rufe nach Mehrausgaben lauter werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Droge in Hessen keine Anwendung findet, sondern dass wir durch kluge Politik erwirtschaftete Steuermehreinnahmen dazu verwenden, um die Nettoneuverschuldung dauerhaft zu senken und das Ziel zu erreichen, im Jahr 2020 keine neuen Schulden zu machen und damit der nächsten Generation einen großen Dienst zu erweisen, mit einer guten Politik weiter in Bildung, innere Sicherheit und in die Infrastruktur dieses Landes zu investieren. Dann bleiben wir auf einem sehr guten Weg. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Milde. – Damit ist die Rednerliste abgearbeitet, und wir sind am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung des Hessischen Ministers der Finanzen betreffend „Hessens Zukunft ohne neue Schulden – unser Weg: verantwortlich, nachhaltig, generationengerecht“.

Mit aufgerufen war der Bericht des Landesschuldenausschusses, der 59. Bericht über die Prüfung der Schulden im Haushaltsjahr 2009. Den haben wir zur Kenntnis genommen.

(Günter Rudolph (SPD): Jawohl!)

Ebenfalls damit aufgerufen war der Tagesordnungspunkt 78, der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP betreffend klares Votum der Bürgerinnen und Bürger für die Schuldenbremse. Über den ist jetzt abzustimmen, und zwar getrennt nach allen drei Abschnitten.

Wer dem ersten Abschnitt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer ist dagegen? – DIE LINKE. Damit ist dieser Abschnitt angenommen.

Abschnitt 2. Wer stimmt zu? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und LINKE. Dann ist dieser Abschnitt mit den Stimmen von CDU und FDP angenommen.

Abschnitt 3. Wer stimmt zu? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und DIE LINKE. Enthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch der dritte Abschnitt angenommen und damit der Antrag in Gänze.

Tagesordnungspunkt 5:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Regelungen – Drucks. 18/4009 –

Herr Staatsminister Hahn, Sie bringen ein. Vorgesehen ist eine Redezeit von 7,5 Minuten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dann will ich mich beeilen.

Ich bringe heute das Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Regelungen ein. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie können sich daran erinnern, dass wir hier im Hessischen Landtag am 22. Juni 2010 im Zuge einer Regierungserklärung die Vorschläge zur Optimierung der hessischen Justiz diskutiert haben.

Ziel der Überlegungen war und ist es, bei einer weiteren Modernisierung unter gleichzeitiger Reduzierung der Gesamtkosten durch sinnvolle Sparmaßnahmen im Sachmittelbereich und eine Optimierung des Personaleinsatzes einem Stellenabbau weitgehend vorzubeugen. Das Gesamtkonzept – ich darf daran erinnern – betrifft alle Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften. Es beinhaltet drei Kernbereiche: ein im Konsens mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeitetes Abordnungs- und Versetzungskonzept für Verwaltungsrichterinnen und Verwal

tungsrichter, den im Konsens mit der Arbeitsgerichtsbarkeit aufgestellten Plan, fünf Arbeitsgerichte zu schließen, und darüber hinaus den Plan zur Schließung von fünf Amtsgerichten, zwei Zweigstellen und einer Außenstelle innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Die beiden letztgenannten Kernbereiche sollen durch den heute vorgelegten Entwurf hinsichtlich der Gerichtsstandorte gerichtsorganisationsrechtlich umgesetzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum hat sich die Landesregierung zu diesem unpopulären und schmerzhaften Projekt in der hessischen Justiz entschlossen?

(Günter Rudolph (SPD): Eine gute, berechtigte Frage! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Frage!)

Dann bringe ich es jetzt schon. – Diese Frage haben sich unsere Kollegen in Rheinland-Pfalz auch gerade gestellt. So viel darf ich vielleicht zu dem Thema sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Ru- dolph (SPD): Seit wann machen Sie das, was andere vormachen?)

Nein, wir waren vor denen gewesen. Herr Kollege Rudolph, wir sind stolz darauf, dass unsere Ideen von einer rot-grünen Landesregierung übernommen wurden. – Aber ich will jetzt wieder nach Hessen zurückkehren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben gerade im Zusammenhang mit der Schuldenbremse diskutiert, wie die finanzielle Situation in unserem Lande ist. Die schwerste weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist Gott sei Dank überwunden. Die Steuereinnahmen wachsen wieder. Wir haben es in den letzten Wochen gehört.

Aber in den Konsolidierungsbemühungen dürfen wir nicht nachlassen. Es ist bekannt, dass sich die Lage der öffentlichen Haushalte im Bund, in den Ländern und in den Kommunen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, beginnend mit dem Jahre 2009, dramatisch verschärft hat. Die Gesamtverschuldung ist erheblich angewachsen. Die Schuldenlast unseres Bundeslandes liegt bei ungefähr 39 Milliarden €. Nicht nur die Schuldenbremse, sondern unsere gemeinsame Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen verpflichten uns, die jetzt politisch Verantwortlichen, im Sinne einer nachhaltigen Politik die Staatsverschuldung nicht weiter anwachsen zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hat die Justiz als dritte Gewalt eine rechtliche Sonderstellung. Eine fiskalische Sonderstellung hat sie aber nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir sind als Landesregierung sehr geordnet an diese Aufgabe herangegangen.

(Günter Rudolph (SPD): Na ja!)

Schon vor eineinhalb Jahren hat Staatssekretär Dr. Kriszeleit die Projektgruppe „Konsolidierung und Kompensation“ eingerichtet. Sie hat in einer Vielzahl von Sitzungen unter Teilnahme und konstruktiver Einbindung der betroffenen Gerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften, der Richter- und Personalvertretungen, der Schwerbehindertenvertretungen und der Frauenbeauftragten Vorschläge erarbeitet. Dabei war Grundlage der Überlegungen die Tatsache, dass kleine Gerichtsstandorte, wirtschaftlich gesehen, ineffizient sind. Das wird praktisch daran deutlich, dass beispielsweise jedes von den fünf Ar

beitsgerichten mit elf oder weniger Mitarbeitern eine eigene Bibliothek, einen eigenen IT-Bereich mit einem eigenen Server und eine eigene Netzanbindung hat, dass sie darüber hinaus mit weiteren Betriebs- und Fixkosten belastet sind, die die Kosten pro Arbeitsplatz im Vergleich zu größeren Einheiten erheblich erhöhen.

Diese Kernüberlegung wird von einer neutralen Instanz bestätigt, dem Hessischen Rechnungshof. Er hat in seinen Bemerkungen im Jahre 2005 zur Haushalts- und zur Wirtschaftsführung des Landes Hessen ausdrücklich empfohlen, die kleinteilige Struktur der Arbeitsgerichtsbarkeit aufzuheben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann das nachlesen in den Bemerkungen zum Haushalt 2005. Dort hat er angeregt, die Anzahl der Arbeitsgerichte in Hessen von zwölf auf sieben Standorte zu reduzieren.

Derart kleine Gerichte sind nach der Bewertung des Hessischen Rechnungshofs grundsätzlich nicht wirtschaftlich effizient zu führen, weil sie verhältnismäßig hohe Betriebskosten und verhältnismäßig hohe Personalkosten bedingen und im Vertretungsfall bei Krankheiten oder Urlaub darüber hinaus nicht bürgerfreundlich, nicht kundenfreundlich und damit auch nicht effektiv sind.

Für die Amtsgerichte sind entsprechende Empfehlungen im Jahr 2003 auch vom Rechnungshof ausgesprochen worden.

Herr Staatsminister, eine Sekunde, bitte. – Ich darf insgesamt im Plenum um etwas mehr Ruhe bitten. Der Geräuschpegel ist sehr hoch.

Im Rahmen der konkreten Prüfungen gab es folgende Kriterien: Größe der Gerichte, Zahl der Richterplanstellen, vorhandener Sanierungsbedarf der Gebäude, Übernahmemöglichkeit der Mitarbeiter bei anderen Gerichten ohne nennenswerte Mehrkosten, künftige Verwertbarkeit der aufzugebenden Gerichtsgebäude unter Beurteilung des Hessischen Immobilienmanagements.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum letzten Punkt möchte ich sehr deutlich darauf hinweisen, dass dies eine Prognose der Verwertbarkeit der Gebäude ist. Eventuelle Verkaufserlöse waren nicht Gegenstand der Berechnungen.

(Petra Fuhrmann (SPD): 1 €!)

Sie sind auch nicht bei der 2003 durchgeführten Aktion eingerechnet worden, sondern sie sind ein Add-on, wenn sie tatsächlich erlöst werden können.

(Beifall bei der FDP)

Durch die Strukturmaßnahmen können die jährlichen Kosten der Justiz dauerhaft, d. h. Jahr für Jahr, nachhaltig um rund 2,2 Millionen € gesenkt werden. Darüber hinaus kann ein Betrag von über 1 Million € eingespart werden, weil notwendige Investitionen nicht mehr durchgeführt werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich sind wir uns dessen bewusst, dass die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen für die Bürger, für die Rechtsanwälte

und natürlich auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Nachteilen und Belastungen verbunden sein können. Schließlich sind für die Betroffenen in aller Regel – nicht für alle, aber in aller Regel – zukünftig weitere Wege zurückzulegen. Dies erscheint aber vor dem Hintergrund der damit einhergehenden notwendigen Einsparung – Sie haben es gerade im Zusammenhang mit der Schuldenbremse diskutiert – in unseren Augen eine vertretbare Alternative, um Steuergelder einzusparen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie verlagern die Lasten auf andere!)

Alle Veränderungen im Personalbereich werden sozial verträglich erfolgen. Es gibt nicht einen einzigen Fall, der dem Justizministerium derzeit bekannt ist, in dem einem entsprechenden Begehren, zu einem anderen Gericht zu kommen, nicht auch nachgekommen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist für mich sehr wichtig. Deshalb sage ich das hier auch, weil ich mit Recht die Abgeordneten darauf hingewiesen habe, dass wir ein sozial verträgliches Verhalten an den Tag legen sollten.

Herr Minister, die Redezeit der Fraktionen ist erreicht, und Frau Kollegin Fuhrmann meldet sich zu einer Zwischenfrage zu Wort. Gestatten Sie sie?