Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schmitt, die einzige Botschaft Ihres Beitrags war: Wir brauchen Steuererhöhungen. – Meines Erachtens ist es für ein solches Ereignis wie die Abstimmung über die Schuldenbremse zu wenig, dies als Erkenntnis aus dieser Abstimmung herauszulesen.
Meine Damen und Herren, im Gegenteil. 1.451.891 Stimmen haben sich für die Schuldenbremse ausgesprochen. Das sind 674.000 Stimmen mehr, als das bürgerliche Lager erhalten hat – dem man immer unterstellt, es habe die Schuldenbremsendiskussion als Wahlkampfgag provoziert.
Es sind 674.000 Stimmen mehr, als das bürgerliche Lager bei dieser Kommunalwahl Stimmen erhalten hat. Das zeigt doch, dass eine ganze Reihe von Wählern der LINKEN, der GRÜNEN und der Sozialdemokraten sich ebenfalls für diese Schuldenbremse ausgesprochen hat.
Das Ergebnis dieser Volksabstimmung ist also nicht alleine eine Zustimmung zur Verankerung dieser Schuldenbremse in der Verfassung – nein, das ist auch eine klare Aussage gegen einen übermächtigen Staat. Das ist eine Aussage dagegen, dass sich Politik ausschließlich und alleine über Ausgaben definiert. Das ist auch eine klare Aussage gegen Regulierungswut, die immer nur in zusätzlichen Ausgaben und Belastungen für den Steuerzahler endet.
Meine Damen und Herren, ich weiß, von Ihnen wird die Frage nach der Umsetzung der Schuldenbremse immer nur mit Reflexen beantwortet, die da lauten: Wir müssen neue Einnahmen generieren. – Alle die Menschen, die
sich für die Schuldenbremse ausgesprochen haben, wissen doch von Hause aus: Schulden sind etwas Schlechtes, Schulden haben immer mit „mehr ausgeben als einnehmen“ zu tun. Der Reflex ist dann doch nie: Ich muss meine Einnahmen erhöhen.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das sind doch keine Schulden! – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Dies kann der einzelne Bürger auch nicht so ohne Weiteres. Nein, in jedem privaten Haushalt wird der Reflex immer sein: Wie kann ich meine Ausgaben verringern, um meine Existenz dauerhaft sicherzustellen?
Deswegen ist diese Abstimmung zur Schuldenbremse auch ein klares Bekenntnis – Herr Schmitt, auch wenn Sie das vielleicht nicht wahrhaben wollen – zu einem schmalen Staat, der eben nicht alles regelt, nicht alles überwacht und den Menschen ausgabewirksam alles vorgibt, was sie zu tun und zu lassen haben.
Dieses Ergebnis ist auch ein beeindruckender Auftrag, dass sich der Staat in seiner Einmischung in alles und jedes zurückhalten soll. Wer Politik immer nur über Ausgaben definiert, der hat den eigentlichen Auftrag des Staates nicht verstanden. Staat ist eben mehr als die Verteilung möglichst vieler Gelder. Zum Staat gehört auch Zusammengehörigkeit. Dazu gehört ehrenamtliches Engagement, dazu gehört Solidarität, dazu gehört auch Subsidiarität, dazu gehört Individualität, dazu gehört auch Leistungsanreiz. Das alles sind Attribute, die wir Liberale als die Voraussetzung dafür erachten, sich in einem Staatswesen einzubringen, zu engagieren und nicht nach dem Staat in allen Lebenslagen zu rufen, sozusagen als Lebensversicherung für jedes Risiko den Staat einzufordern.
Unser Politikverständnis ist, den Staat auf das zu beschränken, was der Einzelne in Eigenverantwortung nicht erbringen kann oder eben nur eingeschränkt erfüllen kann. Das ist z. B. Bildung.
Das ist auch Sicherheit, aber dazu gehört genauso auch die soziale Sicherung. Aber in den allermeisten Fällen kann zunächst einmal Subsidiarität und Hilfe zur Selbsthilfe in der Aufgabenerfüllung an oberster Stelle stehen. Wir definieren den Staat eben nicht als Glücksbringer und als Behüter allen Glücks in allen Lebenslagen, als allseits einsetzbaren Übervater, der immer und überall Wünsche befriedigt. Wer den Staat in erster Linie als großes Nest für gruppendynamisches Wohlbefinden oder als Heilsbringer und Missionar definiert, der findet in der Finanzpolitik nur eine Antwort, und die heißt: Einnahmeerhöhungen.
(Beifall bei der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo haben Sie denn den Begriff her? – Zurufe von der SPD)
Deshalb findet in dem berühmten Grundkonzept der GRÜNEN das Wort „Ausgabensenkung“ in der zentralen Aussage gar nicht statt.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist Sozialpolitik der FDP! – Norbert Schmitt (SPD): Ich fühle mit!)
Wir Liberale setzen im Gegensatz zu dem, was Sie GRÜNE als Prämisse Ihrer Politik der Einnahmebeschaffung gesetzt haben, zuerst auf Aufgabenkritik, dann auf Ausgabensenkung und dann auf Arbeitsplätzeschaffen. Denn Arbeitsplätzeschaffen ist der sicherste Weg, Einnahmen des Staates zu generieren. Er ist besser, als den Menschen in die Tasche zu greifen und immer zusätzliche Steuern zu generieren.
Im Vorfeld der Abstimmung zur Schuldenbremse war es sehr ermutigend, dass sich vier Fraktionen hier im Landtag bereitgefunden haben, diesen Weg zu gehen.
Es waren sehr konstruktive Gespräche, die gemeinsam mit den GRÜNEN und den Sozialdemokraten geführt worden sind, um diese Schuldenbremse auf den Weg zu bringen und in der Verfassung zu verankern.
Es haben eigentlich auch alle mitgemacht, was die Werbung für die Schuldenbremse betrifft. Aber eines habe ich vermisst: die aktive Werbung der Sozialdemokraten. Zumindest ist mir nichts an Werbematerialien in die Hand gekommen.
Nachdem Sie auf Ihrem Parteitag ein Riesenbuhei veranstaltet haben und Thorsten Schäfer-Gümbel eine mitreißende Rede gehalten hat, um für die Schuldenbremse zu werben, liest sich das auf kommunaler Ebene ganz anders. Jetzt werde ich einmal Ihre Genossen auf kommunaler Ebene zitieren.
Die Verantwortlichen in Wiesbaden wollen damit der Bevölkerung aus Sicht der Großkrotzenburger SPD einen Bären aufbinden, denn die verfassungsrechtlichen Regelungen haben für die Landesregierung, entgegen dem abgelegten Amtseid, keine Bedeutung.
Für die Großkrotzenburger Sozialdemokraten ist das Schlagwort „Schuldenbremse“, über das die Bevölkerung am Tage der Kommunalwahl in Form einer Volksabstimmung befinden soll, schlichtweg ein weiterer Beitrag der Regierenden in Wiesbaden zur Volksverdummung.
Von Ihnen, Herr van Ooyen, habe ich nichts anderes erwartet. Für Sie sind das Großkapital und die Großbanken alleine für die Staatsverschuldung verantwortlich.
Das haben Sie wenigstens von oben bis unten durchgehalten. Selbst in Ihren Ortsgruppen haben die Menschen das vertreten. Insofern haben Sie wenigstens eine einheitliche Linie von oben bis unten vertreten.