Protocol of the Session on April 14, 2011

(Nancy Faeser (SPD): Aha!)

man hört und staunt –, „bei der Sicherung und dem Schutz von Gebäuden und öffentlichen Anlagen“ und „bei der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten“. Das ist ein durchaus nicht unwesentlicher Teil klassischer Polizeiaufgaben. Deshalb sind wir ganz bei der Gewerkschaft der Polizei, die schon vor Jahren gesagt hat: Wo Polizei draufsteht, muss auch Polizei drin sein.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das haben wir zuerst gesagt!)

Herr Bauer, ich denke, das ist die zentrale Forderung.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Nancy Fae- ser (SPD))

Was Sie mit der Ausweitung des freiwilligen Polizeidiens tes vornehmen wollen, Herr Minister, ist, wenn man es genau nimmt, die Ausweitung eines vierten Dienstes.

Ich habe an anderer Stelle schon davon gesprochen, dass es richtig war, einen zweigeteilten Polizeidienst in Hessen einzuführen. Sie haben in der Zwischenzeit die Wachpolizei verstärkt, sozusagen durch die Hintertür einen dritten Dienst, einen nicht voll qualifizierten Polizeidienst geschaffen. Jetzt stärken Sie auch noch den vierten Dienst, nämlich den freiwilligen Polizeidienst, der nach dem Gesetz weit mehr machen soll als das, was in Ihrer eigenen Studie als mögliche Kernaufgabe angesehen wird.

Im Übrigen: Dieser Forschungsbericht sagt an zwei Stellen, dass keine Empfehlung zur Fortsetzung des freiwilligen Polizeidienstes gegeben wird. Warum ist das so? Weil es bei den Polizeivollzugsbediensten nach wie vor eine erhebliche Skepsis hinsichtlich des freiwilligen Polizeidiens tes gibt. Auf einer Werteskala von 1 bis 10, so ist im Forschungsbericht zu lesen, liegt der der Beurteilungswert durch die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei 5,42. Das heißt, 38 % der Befragten sind mit dem freiwilligen Polizeidienst nicht zufrieden; eine Zufriedenheit wird lediglich von 25 % angegeben. In der Bevölkerung ist der Wert nach Aussage Ihres Forschungsberichts etwas besser. Das liegt aber daran: Je älter die Personen waren, die befragt wurde, desto eher wurde ein subjektives Sicherheitsgefühl wahrgenommen. Die über 60-Jährigen haben den freiwilligen Polizeidienst positiver bewertet als die Jüngeren.

Herr Kollege Schaus, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wenn es um Bürgerbeteiligung geht, dann ist das der falsche Begriff für ein solches Gesetz. Es geht vielmehr darum, die Mängel aktiv auszugleichen, die dadurch entstanden sind, dass Stellen im Polizeidienst in den letzten Jahren anderweitig oder gar nicht besetzt wurden, und der Bevölkerung nichts vorzugaukeln. Deshalb lehnen wir Ihre Initiative ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Das Wort hat Frau Kollegin Faeser für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ehlich gesagt, wenn man sich den Antrag der CDU und der FDP anschaut und die Rede des Herrn Kollegen Bauer gehört hat, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wieder einmal der Versuch unternommen werden soll, von den zahlreichen negativen Schlagzeilen über die hessische Polizei abzulenken.

(Lachen bei der CDU und der FDP)

Herr Innenminister, das Problem bei diesen Versuchen ist, dass der Erfolg meist ausbleibt. Das ist auch hier der Fall, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Es ist ja nicht so, dass es einen konkreten inhaltlichen Anlass gegeben hätte, heute einen Jubelantrag zum freiwilligen Polizeidienst zu stellen. Dass Sie nicht über den Polizeivollzugsdienst reden möchten, Herr Innenminister, kann man in dieser Woche aus Ihrer Sicht durchaus verstehen.

(Wolfgang Greilich (FDP): Bleiben Sie doch beim Thema! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

Da müssen Sie durch, Herr Greilich, wenn Sie solche Anträge stellen.

Der Fall Thurau ist immer noch nicht abgeschlossen. Frau Thurau hat in dem Verfahren Z. Nebenintervention eingelegt, weil sie nur auf diesem Weg überhaupt eine Chance erhält, ihre rechtlichen Interessen vertreten zu sehen, da das Land Hessen in dem Zivilverfahren keine Berufung eingelegt hat.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Antrag!)

Natürlich hat das etwas damit zu tun, denn Sie wollen ja davon ablenken. – Im Fall S. hat das Innenministerium krachend vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt verloren. Fest steht, dass man diesem Polizeibeamten Akten vorenthalten hat, und fest steht auch, dass dem betroffenen Polizeibeamten Akteneinsicht zu gewähren ist, Herr Bellino.

(Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Aus der Sicht der Landesregierung sind das gute Gründe, heute nicht über den Polizeivollzugsdienst zu reden.

(Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Bellino, auch der vorliegende Antrag hilft Ihnen nicht über die Versäumnisse des ehemaligen Innenministers und heutigen Ministerpräsidenten und über die von ihm verschuldeten Probleme bei der Polizei hinweg.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Bellino, ich rede aber gern über Ihr sogenanntes Gesetz für die aktive Bürgerbeteiligung zur Stärkung der inneren Sicherheit. Ich muss sagen, eine gewisse Begabung für Titel hatte Herr Metz durchaus. Aber was verbirgt sich hinter dem freiwilligen Polizeidienst, und warum gibt es den überhaupt? Bürgerinnen und Bürger werden durch das Land kurz ausgebildet, erhalten eine Uniform sowie

Pfefferspray und dürfen dann in Städten und Gemeinden Streife laufen. Die Kosten hierfür wurden den Kommunen aufgebürdet, die diese ehrenamtliche Arbeit bezahlen müssen. Uns erschließt sich bis heute nicht, warum ehrenamtlich tätige Polizeihelfer Geld für ihren Dienst erhalten, die bei der freiwilligen Feuerwehr oder in Rettungsdiensten Tätigen aber nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch diese stellen ihre Freizeit zur Verfügung, riskieren sogar ihre Gesundheit und setzen sich im gleichen Maße oder sogar noch darüber hinaus zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger ein.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Helmut Peuser (CDU))

Damit komme ich zu der Frage, warum es den freiwilligen Polizeidienst überhaupt gibt. Würde diese Landesregierung für eine ausreichende Personalausstattung in Form von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sorgen, bräuchten wir keinen freiwilligen Polizeidienst. Die Städte und Gemeinden müssten nicht versuchen, aus den ohnehin immer weniger werdenden finanziellen Mitteln auch diesen Dienst noch zu finanzieren und die Sicherheitslücken des Landes zu stopfen.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): 7,50 € pro Stunde!)

Eines steht fest, Herr Innenminister, da kommen Sie nicht drum herum:

(Minister Boris Rhein: Doch, doch, doch!)

Es gab im Jahr 1999 in Hessen 14.564,5 Stellen für die Polizei.

(Helmut Peuser (CDU): Stellen!)

Heute sind es rund 1.000 Stellen weniger. Das sind Ihre Zahlen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Gäbe es diesen drastischen Personalabbau bei der Polizei in Hessen nicht, hätten wir keine Sicherheitsdefizite in den Kommunen und bräuchten keinen freiwilligen Polizeidienst.

(Beifall bei der SPD – Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger bekommen hier eine Sicherheit suggeriert, wo gar keine ist. Was noch viel schlimmer ist: Sie verlagern die ureigenste Aufgabe der Landesregierung, für die innere Sicherheit zu sorgen, auf die kommunale Ebene. Sie feiern sich heute für ein Angebot, zu dessen Finanzierung Sie die Kommunen mit Ihrem Personalabbau bei der Polizei gezwungen haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen eine gut ausgebildete, gut bezahlte, gut ausgestattete Polizei. Wir wollen Profis, keine Amateure. Herr Innenminister, wie soll denn der Bürger noch erkennen, wer für die innere Sicherheit in Hessen zuständig ist? Die Wachpolizei darf keine Strafanzeigen aufnehmen, die Stadtpolizei darf keine vollzugspolizeilichen Aufgaben übernehmen, und der freiwillige Polizeidienst darf die Polizei rufen. Doch alle sind in Uniform auf der Straße. Was soll der Bürger da machen?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Herr Bauer, von wegen, es gebe mehr Sicherheit in der Nacht. Vielleicht sollten Sie die Studien, die Ihr Innenminister in Auftrag gegeben hat, auch einmal lesen. Es gibt eine empfohlene Einsatzpraxis, und an die wird sich gehalten. Der freiwillige Polizeidienst ist nie nach 22 Uhr einzusetzen. Der freiwillige Polizeidienst ist nie dort einzusetzen, wo mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Der freiwillige Polizeidienst ist nie dort einzusetzen, wo Gewalt zu erwarten ist. All das können Sie auf Seite 68 Ihrer Studie über den freiwilligen Polizeidienst nachlesen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wozu brauchen wir den freiwilligen Polizeidienst eigentlich?

(Günter Rudolph (SPD): Zum Mülleinsammeln!)

Statt den Schutzmann vor Ort zu stärken, bejubeln Sie den freiwilligen Polizeidienst. Dabei wäre ein solcher Schutzmann ein echter Sicherheitsgewinn, und der müsste nicht erst die Polizei anrufen, wenn etwas passiert, wie es der freiwillige Polizeidienst tun muss.