Zum aktuellen Hauptproblem, der Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe, will ich später noch kommen. Wir erwarten in diesen Bereichen leider nichts Gutes von Ihnen. Herr Staatssekretär Saebisch hat gestern auf die Rahmenbedingungen hingewiesen, die der Bund in dieser Frage setzt. Das ist nicht falsch. Deswegen gehört zur Debatte über die hessische Wohnraumförderung auch ein Blick nach Berlin.
Da geht es beispielsweise darum, wie diese Bundesregierung mit dem extrem erfolgreichen Programm „Soziale Stadt“ umgeht. Das ist ein Programm, das drittelfinanziert ist. Dieses Programm hat eine Erfolgsgeschichte aufzuweisen. Es ist 1999 gestartet mit 17 Standorten, 2008 waren es schon 38 Standorte in 34 Gemeinden. Herr Posch, Sie selbst haben in dem Vorwort der entsprechenden Broschüre Ihres Ministerium geschrieben: „Wir – damit meine ich alle, die dem Programm ,Soziale Stadt‘ zum Erfolg verholfen haben – können mit Stolz auf die hinter uns liegenden zehn Jahre schauen.“
Sie nennen das Programm sogar ein „Markenzeichen“ des Landes mit einer durchweg positiven Bilanz. Sie schreiben, die drohende Abwärtsbewegung sei in den geförderten Gebieten gestoppt worden. Es gebe erhebliche Erfolge in der Beschäftigung und in der Qualifizierung, und die bauliche und städtebauliche Situation sei nachhaltig aufgewertet worden. Das ist alles Ihre eigene Programmbilanzierung.
Was ist in Berlin passiert? Ich erinnere mich gut, wie stolz insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der FDP waren, dort an irgendwelchen Verhandlungsrunden teilgenommen zu haben. Was passiert da also? Die Mittel für die Städtebauförderung werden dramatisch gekürzt. Das Programm „Soziale Stadt“ ist davon in überwiegendem Maße betroffen, vorher rund 100 Millionen €, nachher rund 30 Millionen €. Alle, die sich damit auskennen, wissen, das wird das Aus für dieses Programm bedeuten. Da sage ich Ihnen, gerade in Kenntnis Ihrer eigenen Bilanzierung, auch voraus: Die sozialen Folgekosten, die dadurch verursacht werden, sind weit höher als die Kosten, die für das Programm bislang aufgewendet wurden. Deshalb ist das falsch.
Es ist sozialpolitisch und volkswirtschaftlich fahrlässig, und deshalb können Sie von uns auch nichts anderes als Widerspruch ernten.
Noch einmal zur Fehlbelegungsabgabe. Sie ist von beiden Vorrednern ausführlich besprochen worden. Was Sie tun, ist, den Kommunen – im Übrigen nach dem gleichen Schema wie bei der Stellplatzabgabe – erneut ein bewährtes Instrument aus der Hand zu schlagen, obwohl Sie, Herr Posch, ihnen im Dezember noch schriftlich zugesagt haben, dass die Fehlbelegungsabgabe erhalten bleiben soll. Ich nenne das kommunalfeindlich
und schließe mich ausdrücklich dem Urteil des „FAZ“Kommentars von heute an: Sie sind bei dieser Entscheidung nicht nur kommunikations-, sondern leider auch denkfaul.
Die Begründung – die habe ich der Pressemitteilung der FDP entnommen – ist einmal mehr die angebliche Gettoisierung durch Verdrängung besser verdienender Mieter. Diese Gettoisierung wird immer wieder beschworen. Sie ist aber durch nichts und niemanden belegt. Alle Erhebungen, die beispielsweise die Nassauische Heimstätte, die Stadt Wiesbaden oder der Städtetag machten, belegen diese These in nichts.
Deswegen lohnt es sich, in das Jahr 2005 zurückzuschauen. Herr Milde hat es angesprochen. Im Jahr 2005 ist das Gesetz geändert worden. Seitdem erheben wir die Fehlbelegungsabgabe nur bei Mietern, deren Einkommen
mindestens 40 % über der generellen Einkommensgrenze liegt; es waren vorher 20 %. Es wurde die Pflicht der Kommunen konkretisiert, wofür diese Einnahmen zu verwenden sind. Wir haben dem Gesetzentwurf, der damals von der CDU-Fraktion vorgelegt wurde, zugestimmt, weil wir diese Vorschläge für vernünftig hielten. Fast alle Fraktionen haben dieser Verlängerung im Jahr 2009 zugestimmt. Sie hatten eigentlich Zeit gewonnen, ihren koalitionsinternen Konflikt auszutragen. Vorgelegt haben sie leider nichts, und zwar weder die Landesregierung noch die sie tragenden Fraktionen. Das wird dazu führen, dass die Fehlbelegungsabgabe wegfällt.
Was wären die Folgen? Auch das ist bereits genannt worden. Den hessischen Kommunen gehen im jeweiligen Festlegungszeitraum, das sind die berühmten drei Jahre, knapp 50 Millionen € zweckgebundener Mittel verloren. Das sind die einzigen Mittel, die die Kommunen noch zuverlässig in den sozialen Wohnungsbau investieren. Angesichts der Tatsache, dass das Defizit an preisgünstigem Wohnraum aufgrund auslaufender Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung weiter ansteigt, ist auch das eine falsche Entscheidung.
Nebenbei verletzen Sie ein Gebot des Wohnraumförderungsgesetzes des Bundes, das ausdrücklich verlangt, Fehlförderungen zu vermeiden und auszugleichen. Gerade Sie als FDP führen gerne den Kampf gegen Subventionen im Munde. Was Sie hier machen, ist, dass Sie durch Nichthandeln die Grundlage dafür schaffen, dass Besserverdienende fehlsubventioniert werden. Da scheint Ihnen das nicht mehr so wichtig zu sein. Das ist schon ein ziemlicher Widerspruch.
Die rechtliche Grundlage für die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe auslaufen zu lassen ist ein eklatanter Fehler. Darauf hat gestern auch noch einmal der Hessische Städtetag ausführlich hingewiesen. Er hat an uns alle appelliert, unserer Verantwortung gerecht zu werden. Deshalb bieten wir Ihnen heute die Chance, mit unserem Gesetzentwurf den Abbau der Fehlbelegungssubventionierung zu verlängern. Herr Posch, Ihr Staatssekretär Herr Saebisch hat dies in seiner gestrigen Presseerklärung geradezu eingefordert. Es gibt auch all denen die Möglichkeit, Farbe zu bekennen, die in dieser Frage endlich genug davon haben, dass bei Ihnen weiterhin der Schwanz mit dem Hund wackelt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Angemessener Wohnraum ist ein elementarer Bestandteil eines menschenwürdigen Lebens. Aber bezahlbarer Wohnraum ist oft, zumindest im Rhein-Main-Gebiet, schwer zu finden. Insofern greift der SPD-Antrag dieses wichtige Thema auf, zeigt Versäumnisse der Landesregierung auf und ist beseelt von dem Glauben, dass diese Landesregierung sozusagen mit der Beschlussfassung über diesen Antrag tatsächlich ihre Versäumnisse aus der Ver
Die Föderalismusreform I aus dem Jahr 2006 hat die Wohnraumförderung zur Ländersache gemacht. Hintergrund war, man wollte insbesondere den regionalen Bezug und damit die soziale Wohnraumförderung stärken und passgenauer vorgehen können.
Meine Damen und Herren, das sollte eigentlich zu einer Verbesserung der Wohnraumsituation führen. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Der Wohnungsbericht der Landesregierung sagt aus:
Während im Jahr 1990 noch 8,6 % des Wohnungsbestandes einer Sozialbindung unterlagen, waren es 2009 noch 4,6 % des gesamten Wohnungsbestandes.
Anders ausgedrückt in Zahlen: Statt 200.000 Sozialwohnungen in Hessen haben wir nunmehr noch 103.000 Sozialwohnungen, also einen immensen Rückgang der Sozialbindung, der auch nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, dass die Sozialbindungen abgelaufen sind und dadurch ein größerer Altbaubestand erzeugt wurde.
Ein weiterer Rückgang – Kollege Siebel hat schon darauf hingewiesen – ist bis 2015 durch die Landesregierung bei diesen Sozialbindungen in der Größenordnung von 18.000 weiteren geförderten Wohnungen zu verzeichnen. Das Auslaufen der Sozialbindungen führt im Altbaubestand oft zu Sanierungen, später zum Verkauf in Eigentum und eben nicht in dem Maße zum Erhalt und Zugang für sozial benachteiligte Gruppen.
Öffentliche Wohnungsunternehmen beschränken sich leider nicht mehr auf das Kerngeschäft, sondern sind eher auf Gewinnmaximierung aus. Lassen Sie mich an dieser Stelle als Gewerkschafter sagen, die traurige Erinnerung an die Entwicklung der Neuen Heimat fing damit an, dass die Neue Heimat Städtebau größer als die soziale Wohnungsbaugesellschaft war. Das Ergebnis kennen wir leider alle.
Das ist das Problem, wenn verschiedene Geschäfte miteinander verknüpft werden. Mir wäre es lieber, die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft und Genossenschaften würden sich stärker auf ihr Kerngeschäft und ihren öffentlichen Auftrag beschränken, statt dieser Gewinnmaximierung nachzugehen.
Wohnungsnachfrage in Hessen betrifft unterschiedliche Situationen. Wir haben zweifelsohne in den ländlichen Regionen von Nord- und Mittelhessen eine geringere Nachfrage und im Rhein-Main-Gebiet weiterhin eine große Nachfrage nach öffentlich geförderten Wohnungen.
In Zahlen drückt sich das bei den Wohnungssuchenden so aus, dass von den 41.000 in Hessen registrierten Wohnungssuchenden im sozialen Wohnungsbau allein 31.400 im Rhein-Main-Gebiet, also im Regierungsbezirk Darmstadt, zu finden sind. Ein weiteres Zitat aus dem Wohnungsbericht 2010:
am Wohnungsmarkt mit angemessenem Wohnraum zu versorgen.... Daher besteht bei ihrer Versorgung insbesondere im südhessischen Ballungsraum weiterhin erheblicher Handlungsbedarf.
Herr Minister, wenn Sie das in Ihrem eigenen Wohnungsbericht feststellen, dann bitte ich Sie, doch einfach einmal tätig zu werden und nicht nur den Bericht vorzulegen, sondern daraus auch entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Gerade diese Entwicklung im sozialen Wohnungsbau führt aber auch zu einem Druck auf die Niedrigpreise insgesamt und damit auf alle Mieterinnen und Mieter. Während wir nach dem Wohnungsbericht 2010 im Regierungsbezirk Kassel eine Durchschnittsmiete von 4,93 € pro Quadratmeter vorfinden, sind das im Regierungsbezirk Darmstadt schon 7,22 € pro Quadratmeter. Im RheinMain-Gebiet – das wird nicht extra gemessen – sind es, so sagen die Experten, im Durchschnitt zwischen 8 und 8,50 € pro Quadratmeter für einen angemessenen Wohnraum.
Die Landesmittel von 46,3 Millionen €, die 2009 dafür zur Verfügung gestellt werden, davon 30,3 Millionen € – Kollege Siebel hat darauf hingewiesen – aus den Bundesmitteln, die 2013 auslaufen, reichen gerade einmal aus, um 650 Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau zu fördern. Das ist bei Weitem nicht das, was aus der Bindung herausfällt. Insofern wird klar, welche rasante Entwicklung insbesondere im sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu verzeichnen war.
Herr Milde, in dieser Situation ist die Absicht, die Fehlbelegungsabgabe zum 30.06.2011 ersatzlos auslaufen zu lassen, jetzt nicht nur zynisch und eine falsche Politik. Sie entzieht auch den Kommunen ersatzlos 15 bis 17 Millionen € pro Jahr für den sozialen Wohnungsbau und für die Investitionen in diesem Bereich. Allein Frankfurt wird an Einnahmen 6 Millionen € weniger für diesen Bereich haben.
Meine Damen und Herren, ich halte es, was die Frage der Fehlbelegungsabgabe angeht, für gerechtfertigt, dass Mieter, die mehr als 40 % über der Einkommensgrenze liegen, auch entsprechend beteiligt werden. Ich halte es für gerecht und für gerechtfertigt, dass diesen Mietern auch zugemutet werden kann, 1 € mehr pro Quadratmeter im Monat zu bezahlen.
Niemand will sie aus ihren Wohnungen verdrängen, das ist klar. Aber der soziale Wohnungsbau, also der öffentlich geförderte Wohnungsbau, muss denen zur Verfügung stehen, die die Berechtigung haben, und zwar nicht nur die Berechtigung zum Zeitpunkt des Bezuges, sondern möglicherweise noch zehn, 20 oder noch viele Jahre mehr. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit und der Solidarität. Deswegen treten wir für die Fortführung der Fehlbelegungsabgabe ein.
Herr Minister Posch, das Vorgehen von Ihnen ist für uns aus verschiedenen Gründen unverständlich, unverständlich deshalb, weil Sie den 56 Gemeinden noch mit Schreiben vom Dezember 2010 die Verlängerung der Geltungsdauer der Fehlbelegungsabgabe schriftlich angekündigt haben. Es ist unverständlich, weil Wiesbaden, Darmstadt,
Frankfurt und der Deutsche Städtetag positive Stellungnahmen zur Fehlbelegungsabgabe abgegeben haben.
Herr Minister, es ist im Übrigen auch unverständlich – ich habe mir das sagen lassen –, dass die FDP in München die Fehlbelegungsabgabe fordert. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn in München auf Druck der FDP die Koalitionsregierung in Bayern die Fehlbelegungsabgabe einführen würde, während Sie sie in der Koalition gerade abschaffen. Darüber sollten Sie noch einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, unverständlich bleibt im Übrigen auch, dass die betroffenen Städte und Gemeinden aufgrund des Schreibens vom Dezember 2010 sowohl personelle als auch organisatorische Vorbereitungen getroffen haben, um in dem nächsten Dreijahreszeitraum ab dem 01.07. dieses Jahres die Prüfung und die Festlegung der Fehlbelegungsabgabe durchzuführen. Es sind teilweise schon Leute eingestellt und beschäftigt. Herr Minister, was machen die jetzt?
Die GRÜNEN haben richtigerweise mit ihrem Dringlichen Gesetzentwurf die Verlängerung des Prüfungszeitraumes um sechs Jahre, also um zwei weitere Perioden, gefordert. Das unterstützen wir. Das halten wir auch für notwendig, und zwar unter dem Gesichtspunkt, jetzt beschleunigt das Gesetz zu beschließen, damit keine Lücke bis zum 30.06. entsteht und die Fehlbelegungsabgabe weiter gezahlt werden kann.