Protocol of the Session on March 3, 2011

Herr Schaus, ich möchte im Übrigen einmal wissen, was Sie als Teilzeitbeschäftigter von ver.di sagen würden, wenn ein Mitglied der CDU-Fraktion Teilzeitbeschäftigter eines Arbeitgeberverbandes wäre und einen Antrag einbringen würde, die Landesregierung solle die Vorschläge der Arbeitgeber übernehmen. Herr Kollege Schaus, dann würden Sie als Erstes auf den Barrikaden stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Es sollen diejenigen die Politik machen, für die sie zuständig sind. In Hessen und in der Bundesrepublik Deutschland ist es eine gute alte Tradition, dass Tarifpolitik von den Tarifparteien, nämlich von den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden gemacht wird, und dass wir uns im Landtag nicht in diese Arbeit einmischen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Minister Boris Rhein: Bravo!)

Vielen Dank, Herr Frömmrich. – Als Nächster spricht Herr Beuth für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kleine Vorbemerkung sei mir gestattet: Normalerweise traue ich mich nicht, ohne Schlips hier anzutreten. Ich habe ihn trotzdem mitgebracht, er ist aber nicht mehr so würdig, dass ich ihn hier anziehen könnte. Deswegen sehen Sie mir das bitte nach.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Einstieg in die Debatte, die gerade eine schöne Wendung genommen hat, Folgendes sagen. Herr Kollege Frömmrich, Sie haben nicht so stark angefangen, dafür aber sehr stark aufgehört. Ich will gerne daran anknüpfen. Zunächst einmal möchte ich aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Landes, die an vielen Stellen für unser Land wichtige Arbeit leisten, ein sehr herzliches Dankeschön zurufen. Ich finde es schade, dass im Hessischen Landtag auf diese Art und Weise in eine Tarifverhandlung, mit einem Antrag der LINKEN, eingegriffen wird. Ich darf Ihnen für die CDU-Fraktion erklären, dass wir das für einen ziemlich unwürdigen Vorgang halten. Wir bedauern sehr, dass Sie so vorgegangen sind.

Herr Kollege Frömmrich ist am Anfang seiner Rede – die dann eine staatsmännische Wendung genommen hat –

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

den Verlockungen erlegen, wieder auf den alten Trommeln zu schlagen und in den alten Stil zurückzufallen. Ich halte das für verfehlt, finde es aber gleichwohl gut, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass wir hier eine Debatte in einem Bereich führen, der uns im Prinzip nichts angeht. Meine Damen und Herren, es geht hier um die Tarifautonomie. Es geht um Verhandlungen, die das Land Hessen mit den Gewerkschaften führt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Den Pressemitteilungen kann man entnehmen, dass beide Parteien in einer vertrauensvollen Art und Weise zusammenarbeiten. Im Grunde genommen zerstören Sie diese vertrauensvolle Zusammenarbeit, indem Sie versuchen, von außen einzugreifen. Das halten wir für völlig falsch.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut in unserem Land. Wir sind dankbar dafür, dass es an vielen Stellen gelingt, frei vom staatlichen Eingriff gemeinsam mit Gewerk

schaften und Arbeitgeberverbänden Lösungen und Arbeitsbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bestimmen.

Herr Kollege Schaus, wir sind in diesem Zusammenspiel keine der Parteien. Sie verwechseln das offensichtlich mit dem, was Sie in früheren Zeiten in Ihrem Beruf gemacht haben. Der Hessische Landtag ist in dem Zusammenhang nicht Partei. Sie nehmen in Kauf, dass mit dieser Diskussion im Hessischen Landtag die Tarifverhandlungen gestört werden. Das kann nicht im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Ihnen ist das unangenehm!)

Nein, uns ist das nicht unangenehm. – Natürlich ist das wieder ein gezielter Angriff. Es ist ein gezielter Angriff auf das, was wir im Staat für gut und heilig halten: Es ist die Störung der Tarifautonomie.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Heilig!)

Genauso, wie Sie sich nicht zu schade sind, diesen Parlamentsbetrieb zu stören, und Vertreterinnen und Vertreter von Ihnen gelegentlich bei Demonstrationen die Rechtsordnung nicht unempfindlich stören. Sie provozieren diesen Rechtsstaat an allen erdenklichen Ecken. Sie machen das auch bei einem solchen Thema, wo es um die berechtigten Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes geht. Das ist nicht in Ordnung.

So wie wir hören, werden die Verhandlungen für die 50.000 Tarifbeschäftigten in einem guten Klima geführt. Am Ende geht es darum, dass die Forderungen, die seitens der Gewerkschaften aufgestellt worden sind, natürlich auch Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben.

Natürlich müssen die, die das Land in den Verhandlungen vertreten, im Blick haben, dass summa summarum, wenn die Forderungen aufgenommen würden und das selbstverständlich für die Beamten übertragen wird, jährliche Mehrkosten von 350 Millionen € im Raum stehen. Dass wir über einen solchen Betrag klug und vernünftig mit den Gewerkschaften beraten müssen, steht hier außer Frage, insbesondere wenn ich daran denke, was wir hier unter dem Gesichtspunkt Haushalt in den vergangenen Wochen und Monaten diskutiert haben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Schuldenbremse müssen Sie noch heranziehen!)

Meine Damen und Herren, das ist Ihnen egal. Das wissen wir. Sie versprechen jedem alles. Insofern sind Sie an dieser Stelle konsequent. Wir wollen konsequent daran arbeiten, dass dieses Land noch eine Zukunft hat. Deswegen ist es klug und wichtig, dass der Minister mit seiner Truppe und mit den Gewerkschaften autonom die Tarife aushandelt.

Meine Damen und Herren, einen letzten Punkt – die Redezeit ist um –

Stimmt.

(Allgemeine Heiterkeit)

möchte ich noch erwähnen. Das, was Sie am meisten ärgert, ist in beiden Beiträgen deutlich geworden. Wir sind

im Jahre 2004 aus der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder im Interesse des Landes Hessen ausgetreten.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber nicht im Interesse der Beschäftigten!)

Wir haben im Jahre 2009 einen Tarifvertrag Hessen im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Gewerkschaften ausgehandelt. Dass uns das gelungen ist, ärgert Sie am meisten. Das ist deutlich geworden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Fünf Jahre haben Sie dafür gebraucht!)

Vielen Dank, Herr Beuth. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Dr. Blechschmidt.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Frömmrich, Respekt, Respekt – ich habe das auch durch Zwischenrufe deutlich gemacht. Tarifautonomie ist wichtig. Die müssen wir hochhalten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das gilt aber für beide Seiten!)

Ich bin stolz, dass wir das, wenn so ein Antrag kommt, zumindest hier unisono feststellen. Meine Fraktion legt allergrößten Wert darauf. Deswegen sage ich Ihnen noch einmal in aller Offenheit: Herr Frömmrich, Respekt. Ich war eigentlich darauf aus, mich mit der Tarifgemeinschaftsrückkehr auseinanderzusetzen. Ich stelle den Punkt hinten an. Das tun wir wiederholt und abermals. Das haben Sie heute nicht verdient. Sie haben das gut gemacht. Wir Liberale sagen: Respekt, Sie führen das im Wort, was wir Liberale empfinden. Das muss man auch einmal sagen.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Der GRÜNE wird gleich rot!)

Der soll auch einmal rot werden. Ein Lob von der FDP muss man auch vertragen können. Er wird aber in der nächsten Sitzung wieder der alte Frömmrich werden. Da bin ich mir sicher. Dann werde ich ihn auch nicht mehr loben.

(Allgemeine Heiterkeit)

Meine Damen und Herren Kollegen, in welcher Welt leben Sie eigentlich, dass wir – das wird durch den Dringlichen Antrag deutlich – dieses Thema mit Vermögensteuer und Anhebung des Spitzensteuersatzes verbinden? Herr Schaus, darauf sind Sie nur am Rand eingegangen. Blamabel hoch drei – das ist ein Thema, das breiter und besser geführt werden sollte. Ich mache das einmal persönlich: In welcher Welt leben Sie eigentlich? – Es enttäuscht mich persönlich, dass Sie als gestandener Gewerkschaftler, der viele Jahre Tarifautonomie gelebt hat, gemacht und getan hat, hier heute so eine Rede halten, wo jeder Gewerkschafter Ihnen mit der Hand ein paar auf die Backen hauen und sagen müsste: Was tust du da, was gibst du da für ein hohes Gut auf?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich verstehe es nicht. In welcher Welt leben Sie eigentlich, dass Tarifverhandlungen nicht mehr geführt werden können und Tarifautonomie von Tarifpartnern nicht mehr gelebt werden kann?

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Weil Sie keinen Mindestlohn wollen!)

Ich mache einmal den Zeitplan deutlich, weil heute etwas Kritik auch an den Gewerkschaften artikuliert werden muss. Am 11.02. haben die Spitzengespräche mit den entsprechenden Vorgaben stattgefunden, am 22.03 auf der Fachebene, am 11. und 16.03. mit der weiteren Fachebene, und am 04. und 05.05. sollen Spitzengespräche geführt werden. Dann kommen Sie mit einem Warnstreik, obwohl das alles läuft, man verhandelt, man tut und macht. Als Liberaler sage ich ausdrücklich: Streiks wie auch Warnstreiks sind in Deutschland als Mittel des Arbeitskampfes durch das Grundgesetz gewährleistet. Das halten wir hoch.

Art. 9 Grundgesetz. Der Streik ist ein Grundrecht zur Durchsetzung tarifrechtlicher Forderungen. Aber der Warnstreik ist ein Unterfall. Der muss in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit laufenden Tarifverhandlungen stehen. Das ist allgemeine BAG-Rechtsprechung. Zweck eines Warnstreiks muss es auch sein, durch die Ausübung von Druck Tarifverhandlungen zu erzwingen oder festgefahrene Tarifverhandlungen zu beleben.

Wir haben Tarifverhandlungen. Es ist nichts zu erzwingen. Es ist nichts festgefahren. Es läuft. Wozu das am Montag? Ob die Gewerkschaften gut beraten waren, weiß ich nicht. Ich sage für die FDP sehr deutlich: Für mich hatte es den Eindruck von frühem Aktionismus, von etwas, was gemacht werden muss und was nicht gerechtfertigt war, weil die Verhandlungen laufen. Die Tarifpartner sollen auch weiter verhandeln. Tarifautonomie. Aber wie damit am Montag durch einen Warnstreik umgegangen wird, das macht mich ebenso nachdenklich, wie der Umgang von Herrn Schaus mit der Tarifautonomie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Dr. Blechschmidt. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Rudolph.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! So ein Hauch von Jamaika ist eben über diese Plenardebatte gehuscht.

(Zurufe von der CDU, der FDP und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Ah!)