Protocol of the Session on March 3, 2011

Ohne öffentliche Transparenz hätten diese Vergabefehler nie aufgedeckt werden können. Einfacher Schluss deshalb, gerade aus der hessischen Erfahrung: Öffentliche Aufträge brauchen öffentliche Kontrolle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Stattdessen können wir auch hier Bemerkenswertes aus dem Wirtschaftsministerium lesen. Ich zitiere die „Frankfurter Rundschau“:

Bei einer Veröffentlichung bestehe hingegen „die Gefahr, dass Kartelle diese Information nutzen, um festzustellen, ob sie erfolgreich waren – oder wenn nicht, wie sie künftig besser funktionieren“.

Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. Wenn man dieser Logik folgt, heißt das, das europäische Vergaberecht, die VOL, die VOB, alle mit nachträglicher Veröffentlichungspflicht, begünstigen Kartelle. Das kann wohl nicht der Weisheit letzter Schluss sein, Herr Minister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Herr Posch, wenn das so ist, warum hat dann Ihr Ministerium genau die Transparenzregeln, die Sie hier in Hessen für freiwillig erklärt haben, im entsprechenden Ausschuss beim Bundeswirtschaftsministerium mitgetragen? Da sind Sie vertreten, und dort herrscht das Einstimmigkeitsprinzip.

Herr Posch, wenn das so ist, warum fordern der BDI, die IHKs, der Zentralverband des Deutschen Handwerks höchstmögliche, auch nachträgliche Transparenz? Ich zitiere den Zentralverband des Deutschen Handwerks:

Neben der Gewährleistung größtmöglicher Transparenz... im Vergabeverfahren selbst sollte auch eine Berichtspflicht über die tatsächliche Auftragsvergabe... eingeführt werden. Dies ist zur Wahrung des Grundsatzes, dass der Bieterkreis im Zeitverlauf gewechselt wird, unverzichtbar.

Meine Damen und Herren, das sind in der Regel nicht unsere Kronzeugen. Sie tun sonst immer so, als sei freier und fairer Wettbewerb für Sie ein Grundprinzip. Warum eigentlich nicht hier? Stellen Sie sich einfach die Frage: Wem nützt es, auf die nachträgliche Veröffentlichung von Auftragsvergaben zu verzichten?

Faire Vergabe, Wettbewerb, effizienter Einsatz öffentlicher Mittel, Korruptionsprävention sollten für uns gemeinsame Ziele sein. Deshalb will ich Sie auffordern, eine angemessene und ernsthafte Debatte über die Prinzipien der öffentlichen Auftragsvergabe in Hessen zu führen, gerade auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Konjunkturprogrammen.

Stellen Sie die nachträgliche Veröffentlichungspflicht wieder her. Legen Sie einen fundierten Bericht vor, und lassen Sie uns dann in aller gebotenen sachlichen Tiefe über die Schlüsse daraus diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Kollege Klose. – Das Wort hat Frau Abg. Lannert, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alleine schon die Überschrift dieser Aktuellen Stunde zeigt: Die GRÜNEN wollen wieder einmal nur kritisieren, polemisieren und Tatsachen verdrehen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Das ist wohl dem letzten Plenum vor dem Kommunalwahlkampf geschuldet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können noch so viele Aktuelle Stunden beantragen, Fakt ist, wir, die CDU und die FDP, sind die Partner der Kommunen.

(Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir sind die Partner des Mittelstandes und damit auch der Menschen in diesem Lande.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Erhöhung der Grenzen für die freihändige Vergabe, über die wir heute sprechen, war im Verbund mit den Konjunkturpaketen eine ganz wichtige Maßnahme, um schnell und vor allem unbürokratisch die notwendigen Aufträge erteilen und die Projekte beginnen zu können. Dieses Konjunkturprogramm ist ein großartiger Erfolg. Wir haben mit der Auflage des mit 1,7 Milliarden € ausgestatteten Hessischen Sonderinvestitionsprogramms einen im Ländervergleich beispiellosen eigenen Impuls gesetzt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zusammen mit den Mitteln des Bundes konnten auf diese Weise 5.300 Projekte mit einem Investitionsvolumen in Höhe von rund 3,3 Milliarden € auf den Weg gebracht werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das wissen Sie ganz genau. Sie wollen es nur nicht wahrhaben.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Weit über 80 % der Projekte befinden sich in Bauausführung oder konnten bereits fertiggestellt werden. An diesem Erfolg hat auch der Vergabebeschleunigungserlass einen großen Anteil. Er hat sich bewiesen, er hat sich bewährt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die von der Landesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen waren ein richtiges und wichtiges Signal an unsere Wirtschaft. Das war gelebte Mittelstandsförderung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Durch das Engagement dieser Landesregierung bleiben die Aufträge in der Region. Das regionale Handwerk profitiert und kann sich somit gestärkt dem Wettbewerb stellen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie stellen sich zumindest im Vorfeld der Kommunalwahl als größte Freunde der Kommunen hin. Aber aus Ihrem Antrag, der noch zu besprechen ist, spricht das pure Miss trauen; denn Sie unterstellen den Kommunen in diesem Land implizit, dass sie mit dem Instrument der freihändigen Vergabe nicht verantwortungsvoll umgehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch den Mittelstand entdecken Sie, wenn es Ihnen gerade passt, für sich, meistens bei den erneuerbaren Energien. Aber Sie trauen ihm offenbar nicht zu, sich im freien Wettbewerb und ohne regelwidrige Absprachen für öffentliche Aufträge zu bewerben. Ich frage Sie hiermit: Wo sind die Korruptionsfälle, welche durch den Vergabebeschleunigungserlass angeblich ermöglicht wurden? Kommen Sie hierher und sagen Sie es. Wo sind die Fälle, in denen die neuen Freigrenzen der Korruption Vorschub geleistet haben sollen?

Sie haben keine Belege, Sie haben keine Beweise. Sie blasen wieder einmal die Backen auf. Sagen Sie doch einfach ganz frei heraus: Sie wollen im Endeffekt mehr Bürokratie, aber weniger Mittelstand in diesem Land.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der gemeinsame Runderlass bzw. der Vergabebeschleunigungserlass befindet sich derzeit in der Evaluation. Deshalb kann man hier seriöserweise noch gar nicht ins Detail gehen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Sie wissen schon, wie er enden wird!)

Er wird ein Erfolgsmodell werden, und wir werden das weiterhin fortführen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum evaluieren Sie dann noch?)

Nur kann ich nicht verstehen, dass wir drei Monate später, heute, darüber eine Aktuelle Stunde haben; denn zu den wichtigsten Aspekten dieser Änderung hat Staatssekretär Saebisch in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 2. Dezember 2010 bereits ausführlich Stellung genommen. Oder waren Sie da nicht anwesend? Verehrte Opposition, erinnern Sie sich:

Die Wirtschaftsministerkonferenz habe... einstimmig beschlossen, dass von den Beschleunigungsmaßnahmen im Vergaberecht auch über das Jahr 2010 hinaus Gebrauch gemacht werden solle...

Transparenz sei

... nur im Internetportal des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers herzustellen. Da es 12.000 öffentliche Auftraggeber gebe, sei dieses Instrument nicht zielführend.

Es ist eben angesprochen worden: Die Bekanntgabe von vergebenen Aufträgen hat auch Nachteile, natürlich, z. B. mit Blick auf Mitbewerber oder Kartelle, die ihr Funktionieren zum Nachteil des Wettbewerbs überwachen wollen. Fakt ist, dass die Kommunen die freie Wahl haben, von den Vorschriften über die Herstellung von Transparenz Gebrauch zu machen. Diese Verantwortung sollte man ihnen auch zutrauen. Aber für Sie gilt: lieber mehr Vorschriften als zu viel Freiheit.

Der hessische Vergabeerlass sieht eine ausführliche interne Dokumentation des Verfahrensverlaufs vor.

Innenrevision, Rechnungshof – alle haben die Dokumente vorliegen. Das sind doch die Transparenz und die Sicherheit, die Sie hier eben angemahnt haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)