Protocol of the Session on February 2, 2011

dankbar wären, die dafür Sorge tragen, dass sie gute Lebensmittel verkaufen und an die Verbraucherinnen und Verbraucher bringen, anstatt sie zu loben und ihnen an der Seite zu stehen, machen Sie hier nichts weiter als Skandale. Ich esse jedenfalls sehr gerne Eier, Fleisch und alle Produkte unserer Metzger und Direktvermarkter, die hier in Hessen angeboten werden. Vielleicht sollten Sie sich davon eine Scheibe abschneiden. Das würde zur Deeskalation wesentlich beitragen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Als Nächste hat Frau Kollegin Schott das Wort zum Thema.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war der letzte Redebeitrag, der mich animiert hat, doch noch einmal nachzufragen, ob das tatsächlich Ihre Grundhaltung ist: Die Katastrophe ist gerade noch einmal an uns vorbeigeschrappt, deswegen stecken wir den Kopf in den Sand. Wir fragen nicht, ob strukturell ein Problem besteht. Wir gucken nicht hin, ob wir andere Lösungsansätze brauchen. Wir sind völlig zufrieden, dass wir in Hessen nicht betroffen waren. Es ist nur ein einzelner Bösewicht gewesen. – Das ist das, was Sie hier gerade vermittelt haben.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU) – Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben davon gesprochen, dass ein Setzpunkt versenkt worden sei. Es tut mir leid, es wäre die Aufgabe der Ministerin gewesen, das heute zum Setzpunkt zu machen; schlimm genug, dass das die Opposition machen musste.

(Beifall bei der LINKEN – Judith Lannert (CDU): Das ist am Thema vorbei!)

Es tut mir leid, dass Sie einzig und allein sagen können: Wir haben nichts damit zu tun, deswegen ist alles gut. Es ist alles gut, wenn es nicht Hessen betrifft, wenn es nicht schlimmer gewesen ist, wenn es nur Tausende von verseuchten Eiern waren, wenn es nur Hunderte von Höfen waren, die vorübergehend geschlossen wurden. Wenn das alles war, ist es ja gut. Hauptsache, es ist nicht noch schlimmer, dann müssen wir nicht hingucken. – Das ist doch Ihre Haltung.

Strukturell hingucken, grundsätzlich hingucken, Dinge hinterfragen – vielleicht kommt man dann zu dem Ergebnis, so wie es gemacht worden ist, ist es richtig gemacht worden. Aber Sie hinterfragen nicht grundsätzlich, verweigern eine grundsätzliche Hinterfragung und bleiben auf der Position stehen: Alles ist gut.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Bei der Ministerin war es genauso, als es darum ging, dass die Grenzwerte nicht erreicht worden sind. Ich habe es vorhin versucht zu erklären. Die Grenzwerte werden im Einzelfall nicht erreicht, aber sie addieren sich. Darin besteht das Problem. Das muss man einfach klarmachen. Es geht nicht darum, zu sagen, der Wert ist nur soundso groß, deswegen ist er harmlos. Es gibt eine Addition der Giftstoffe, und sie reichern sich an. Deswegen ist es scheinheilig, zu sagen: In diesem Fall ist alles in Ordnung, es ist nichts passiert, wir haben zwar ein bisschen Gift zu uns genommen, dieses Gift für sich alleine genommen ist aber nicht schädlich. – Dabei blenden wir aus, dass wir im Le

ben permanent solche Gifte zu uns nehmen. Das finde ich verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN – Peter Stephan (CDU): Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, dass die Landesregierung gehandelt hat!)

Vielen Dank. – Frau Kollegin Lannert hat das Wort.

Frau Schott, so viel Gift kann man gar nicht verspritzen, dass man dieses Thema noch einmal auf Ihre Seite ziehen muss. Nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass die Landesregierung gehandelt hat. Natürlich ist es zu ahnden, das ist auch angesprochen worden, da gibt es hier gar nichts zu beschönigen. Wir können trotzdem froh und stolz sein, dass hier nichts passiert ist. Dass ist auch unseren Kontrollen geschuldet. Dass Ihnen das als Opposition nicht gefällt, ist klar. Sie sind heute den ganzen Tag schon auf Krawall gebürstet.

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Aber Argumente haben Sie keine, alle drei Fraktionen der Opposition nicht. Das will ich schon einmal festhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Was haben Sie genommen? Davon hätten wir auch gerne etwas!)

Ich stelle fest, dass wir am Ende der Aussprache angelangt sind.

Es ist vorgeschlagen, alle drei Anträge zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu überweisen. – Da ich keinen Widerspruch sehe, verfahren wir so.

Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 15:

Vorlage der Landesregierung betreffend den Bericht an den Hessischen Landtag zur Umsetzung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes nach § 6 Abs. 7 HGlG – Drucks. 18/3014 –

Die Redezeit beträgt 7,5 Minuten. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Fuhrmann für die SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren! Der Termin zur Vorlage des Umsetzungsberichts des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes wäre der 30.06. im letzten Jahr gewesen. Immerhin lag er dann einen Monat nach meiner mündlichen Frage im November vor. Das ist auch gut so.

Solche Berichte sollen aufzeigen, was sich im Berichtszeitraum – das war der Zeitraum zwischen 2005 und 2008, leider nicht bis heute – getan hat. Dieser Bericht ist Grundlage für eine zukunftsgerichtete Gleichberechtigungspolitik für Frauen und Männer im öffentlichen Dienst. Er soll also die Situation von Frauen und Männern nicht nur zusammenfassend darstellen, sondern auch die politischen Handlungsbedarfe unter drei Prämissen identifizieren.

Diese drei Prämissen lauten: Erstens. Wie hat sich die Chancengleichheit entwickelt? Zweitens. Wie steht es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Drittens. Wie schreitet die Beseitigung bestehender Unterrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Dienst voran?

Der Bericht zeigt auf, was sich im Zeitraum zwischen 2005 und 2008 getan hat, bzw. auch, was sich nicht getan hat.

Herr Minister, Sie konstatieren im Vorwort zu den drei gerade genannten Prämissen zu Recht, die Ziele des Gesetzes seien bei Weitem noch nicht umfassend erreicht. Ich sage schlicht: Die Bilanz ist ernüchternd, sie ist schlecht.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Fortschritte sind minimal. Unterrepräsentanz, geringe Zuwächse, niedriges Niveau, das sind die Worte, die mehr als einmal im Bericht fallen, und auch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Würden wir Ihnen ein Zeugnis für die Umsetzung geben, so wäre die Versetzung mindestens stark gefährdet.

Ziel eins: Verbesserung der Chancengleichheit. Note: mangelhaft.

Frauen sind in den Führungspositionen der Landesverwaltung und Kommunen nach wie vor Mangelware. Es ist kein Erfolg, wenn in der B-Besoldung – also der Führungskräftebesoldung – der Anteil um 4,1 Prozentpunkte steigt, wenn er insgesamt gerade einmal bei 12,3 % liegt.

Es ist kein Ruhmesblatt, wenn im Bericht hervorgehoben wird, dass der Frauenanteil in der Besoldungsstufe B 3 beim Hessischen Rechnungshof von 0 auf 22 % stieg, weil jetzt eine Frau dort arbeitet.

Sicher gibt es die eine oder andere Ausnahme oder das eine oder andere Fortschrittchen. Frauen holen an den Hochschulen auf. Richterinnen sind bei den Arbeitsgerichten, aber leider auch nur dort, auf dem Vormarsch. Auch der Frauenanteil in leitenden Funktionsstellen an Berufsschulen hat laut Bericht zugenommen. Doch sich angesichts eines Anstiegs auf 11 % auf die Schulter zu klopfen, wenn die Schulleitungen nach wie vor zu rund 90 % in Männerhand bleiben, halte ich für mehr als gewagt.

(Beifall bei der SPD)

Ziel zwei: Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Note: gerade noch ausreichend.

Eine bessere Vereinbarkeit ist nicht damit erreicht, dass immer mehr Frauen in Teilzeit arbeiten. Sicher ist die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, für viele Mütter, für junge Frauen, die in Ausbildung sind, für Wiedereinsteigerinnen eine Chance. Aber diese Chance hat erhebliche Nebenwirkungen.

Der Wechsel von Voll- zu Teilzeit ist ein Bruch im Lebenslauf. Er führt zu Einkommensverlusten, zum Verlust der Vollzeitstelle, sehr oft ohne Rückkehrrecht, zur Einschränkung der privaten Vorsorge und fast immer zum Karriereende. Deshalb erleichtert Teilzeitarbeit vordergründig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sofern es Betreuungsplätze usw. gibt, aber es ist eben nicht das Nonplusultra.

Frauen und Männer sollten, wenn sie wollen, auch die Möglichkeit haben, trotz Kind oder Kindern in Vollzeit zu arbeiten. Verwaltungen und Unternehmen sollten alles

daransetzen, Frauen in den Abteilungen, im Betrieb zu halten und gezielt zu fördern.

Wenn wir im Bericht nachschauen, sehen wir, dass diese Möglichkeiten in Hessen immer weiter abnehmen. Noch im Vorbericht über den Zeitraum von 2002 bis 2005 ging die Landesregierung davon aus, dass sich der Frauenanteil der in Vollzeit beschäftigten Angestellten in den Vergütungsgruppen gehobener Dienst und einfacher Dienst der 50-%-Marke nähern würde. Jetzt stellt sich heraus: Das Gegenteil ist eingetreten. Der Anteil ist auf 38 % gesunken.

Angesichts dieser Unvereinbarkeit von Beruf und Familie ist es nicht erstaunlich, dass die Geschäftsführerin eines renommierten Arbeitszeitunternehmens – nämlich Manpower, Alter: 41 Jahre – vor Kurzem in der „Frankfurter Rundschau“ gesagt hat: Ich musste irgendwann eine Entscheidung treffen, die Männer nicht treffen müssen – entweder Familie oder Berufsleben.

Was wir heute aber ganz sicher nicht gebrauchen können, sind Beruhigungssprüche von vorvorgestern, wie sie Herr Brüderle in die Luft bläst oder wie sie andere FDP- oder CSU-Politiker vom Stapel lassen: Frauen schafften das alles doch ganz urwüchsig und auch ohne Quote, weil sie gut sind.

Wir haben heute eine sehr gut ausgebildete Frauengeneration. Aber auch diese Frauen schaffen es nicht, weil sie sehr oft nicht auf ihre früheren Posten zurückkehren können, weil es oft nicht möglich ist, Beruf und Familie zu vereinbaren. Deswegen brauchen wir dringend Quoten, die diesen Weg ebnen.

Quoten sind ein notwendiges Werkzeug, um Männerseilschaften und althergebrachte Denkweisen zu knacken.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mit Nachdruck aber möchte ich sagen: Was wir ganz sicher nicht brauchen, ist eine Familien- und Frauenministerin, die à la Don Quichotte gegen Quoten kämpft, weil sie selbst durch die Verkettung von einzelnen günstigen Umständen die Karriereleiter erklimmen konnte. Da haut ihr sogar ihre Vorgängerin auf die Finger, und zwar zu Recht.

Frau Schröder ist sozusagen der Inbegriff einer Dreifachquote.

(Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)

Das ist ein Thema, das die CDU sehr interessiert. – Frau Schröder ist der Inbegriff einer Dreifachquote. Sie wurde genommen, weil sie eine junge Frau ist. Sie wurde genommen, weil sie eine Frau ist. Und sie wurde genommen, weil sie eine Hessin ist und Frau Merkel dringend jemanden aus Hessen brauchte, sich aber keinen Aufpasser à la Herrn Jung von Herrn Koch hinsetzen lassen wollte.

Inzwischen hat Frau Merkel verlautbaren lassen, dass sie im Prinzip für Quoten ist – im Prinzip. Heute aber hat Frau Merkel gesagt – nicht, dass sie das nicht gegen die Industrie durchsetzen könne, nein; sie kann gegen CSU und FDP nicht durchsetzen, was sie für nötig hält. – Da machen wir uns doch Gedanken, was das für eine starke Bundeskanzlerin ist.