Protocol of the Session on February 1, 2011

Der Erwerb der Kompetenzen im Bereich der Fachdidaktik erhält einen hohen Stellenwert in der Ausbildung. Auch das ist etwas, was immer wieder gefordert worden ist. Dazu gibt es vier verpflichtende Module. Verpflichtend sind auch die Module – auch das ist eine seit Langem erhobene Forderung – „Diagnostizieren, fördern, beurteilen“ und „Erziehen, beraten und betreuen“. Die Ausbildungsfächer in den einzelnen Lehrämtern werden strukturell und inhaltlich angepasst.

Auch die Veränderungen im Prüfungsbereich legen den Schwerpunkt auf den Unterricht. Bei allen acht Modulen müssen sich die LiV in der Unterrichtspraxis bewähren, damit die Module bestanden sind. Alle acht Module müssen am Ende bestanden sein, um die Zulassungsvoraussetzung für die zweite Staatsprüfung zu erhalten. Diese besteht aus zwei Lehrproben und einer mündlichen Prüfung, wobei auch da die Lehrproben größeres Gewicht erhalten. Ihr prozentualer Anteil bei der Bewertung erhöht sich von 10 auf 15 %.

Auf Wunsch der Lehrerverbände verändern wir die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses. Lehranwärter können eine Lehrkraft des Vertrauens hinzuziehen, die während der Prüfungslehrprobe anwesend ist und eine beratende Stimme hat.

Um die LiV vor einem zu langen Verbleib in einem falschen Berufsweg zu schützen, ist zukünftig ein schnelleres Ausscheiden ungeeigneter Bewerberinnen und Bewerber möglich. So wird eine unmittelbare Entlassung möglich, wenn feststeht, dass die Zulassungsvoraussetzungen zur zweiten Staatsprüfung nicht mehr erfüllt werden können, etwa wenn absehbar ist, dass nicht mehr alle acht Module bestanden werden können. Auch wird die Rolle der Ausbildungsschule gestärkt. Ein Schulleitergutachten wird mit 10 % der Gesamtnote Teil der Bewertung des Ausbildungsstands.

(Beifall bei der FDP)

Die Schulen haben so die Möglichkeit, die Gesamtleistung eines Lehranwärters in Schule und Unterricht besser zu würdigen.

Darüber hinaus regelt der Gesetzentwurf die Abschaffung der Fortbildungspunkte und die Möglichkeit der Verbeamtung von Quereinsteigern. Auf Wunsch der Schulen und der Lehrerverbände entfällt das Sammeln von Fortbildungspunkten zukünftig. Die Fortbildungspunkte werden durch Fortbildungszeiten ersetzt – ein Verfahren, das sich sehr viel mehr an der Praxis orientiert. Die Schulleitungen haben so in Verbindung mit ihrer Fortbildungsplanung an den Schulen bessere Steuerungsmöglichkeiten.

Quereinsteigern, die alle Qualifizierungsauflagen erfüllen und ihre Prüfung erfolgreich abgelegt haben, wird die Möglichkeit der Verbeamtung eröffnet, eine Maßnahme, um auch für die Mangelfächer Personal zu gewinnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben uns entschlossen, Ihnen einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der zweiten Phase jetzt vorzulegen. Trotzdem haben wir die Absicht, auch die erste Phase zu verändern. Allerdings muss man, um die erste Phase zu verändern, auch die Universitäten mit ins Boot nehmen und sich etwas gründlicher überlegen, wie man die Verbindung zwischen Schule und Studium sehr praxisnah regelt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die CDU hat doch ein gutes Konzept! – Gegenruf von der CDU: Stimmt!)

Es ist geplant, den Praxisanteil in der ersten Phase durch eine Neuregelung zu stärken und zu verlängern, damit angehende Lehrkräfte so früh wie möglich erfahren, ob sie die Fähigkeit zum Unterrichten haben und ob ihnen der Lehrerberuf wirklich zusagt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das erforderliche Konzept dafür wird jetzt in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern des Kultusministeriums und des Wirtschaftsministeriums sowie in sehr enger Zusammenarbeit mit den Universitäten entwickelt.

Frau Staatsministerin, der Hinweis: Die Grenze der Redezeit der Fraktionen ist erreicht.

Ich bin sofort fertig. – Auch hier haben wir die Forderung der Verbände erfüllt, die eine intensive und gründliche Vorbereitung dieser Änderungen angemahnt haben. Der vorliegende Gesetzentwurf greift alle Kritikpunkte an dem derzeit gültigen Lehrerbildungsgesetz auf und ersetzt die betreffenden Stellen durch praktikable Verbesserungen.

Aufgrund der neuen Struktur führt die Verkürzung zu keinem Qualitätsverlust. Im Gegenteil, durch die Stärkung der Unterrichtspraxis wird die Qualität der Ausbildung weiter verbessert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da sich vier Fraktionen dieses Landtags beim Ziel der Reform einig sind, sollten wir eine zügige Beratung durchführen, damit die Verbesserungen bereits zum August greifen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, Sie springen mit dem heute hier vorgelegten Gesetzentwurf eindeutig zu kurz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh! – Zuruf des Abg. Wolf- gang Greilich (FDP))

Deshalb will ich über das reden, was Sie regeln. Aber, Herr Kollege Greilich – weil Sie so freundlich dazwischenrufen –, ich finde, man muss auch über das reden, was Sie nicht regeln.

Wir reden heute hier über die Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes, das Ende des Jahres 2004 verabschiedet worden ist. Im Gesetzesvorblatt des Entwurfs der Landesregierung steht in erfrischender Offenheit geschrieben – das sei zugestanden –, warum Sie das machen müssen. Im Gesetzesvorblatt steht – ich zitiere –:

Verschiedene im derzeit geltenden... Lehrerbildungsgesetz vom 29. November 2004... formulierte Regelungen bedürfen zudem der Novellierung. Jene haben sich in der Praxis als nicht optimal erwiesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir wissen, welche Zustände wir in der Lehrerbildung seit dem Inkrafttreten des letzten Gesetzes haben, stellen wir fest: Das ist eine gigantische Untertreibung. Wir haben aufgrund des letzten Lehrerbildungsgesetzes eine völlige Überforderung der Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst, eine völlige Überforderung der Ausbilder und eine massive Verschlechterung im Referendariat bekommen.

Herr Kollege Rentsch, jetzt können Sie sagen, Sie waren nicht dabei.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Aber es gehört zur Wahrheit: Wir haben aufgrund dieses Gesetzes in der Lehrerbildung wirklich katastrophale Zustände.

(Florian Rentsch (FDP): Sie sind doch gar kein Lehrer! Wie waren denn Ihre Erfahrungen?)

Herr Kollege Rentsch, dass Sie diese katastrophalen Zustände mit Ihrem Gesetzentwurf korrigieren, ist das Einzige. Das finden wir ausdrücklich gut. Aber Sie nehmen eben nur eine Korrektur Ihrer eigenen Fehler vor. Sie versäumen es dagegen, ein umfassendes Konzept zur Reform der Lehrerbildung vorzulegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, das genau ist der Unterschied: Sie korrigieren Ihre eigenen Fehler, nicht mehr und nicht weniger. Es ist gut, dass Sie in der zweiten Phase die Fehler der Landesregierung korrigieren. Aber mehr ist es eben nicht, und deshalb reicht es nicht aus.

Es ist doch zwischen allen Bildungsexperten und auch weit über die Fraktionsgrenzen in diesem Haus unbestritten, dass wir einen stärkeren Praxisbezug in der Lehrerausbildung benötigen. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, jetzt frage ich Sie: Sie sitzen seit zwei Jahren in dieser Koalition.

(Florian Rentsch (FDP): Da würden Sie gern sitzen!)

Sie arbeiten seit zwei Jahren an diesem Lehrerbildungsgesetz. Warum sind Sie nach zwei Jahren nicht einmal in der Lage, zu beschreiben, wie ein größerer Praxisbezug in der Lehrerausbildung aussehen soll? Anders ausgedrückt: Frau Kultusministerin, was machen Sie eigentlich den ganzen Tag?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist umso erstaunlicher, dass es nicht klappt, da es doch den Kollegen Irmer und die CDU-Fraktion gibt, die einen Vorschlag haben, wie man in der frühen Phase der Lehrerausbildung mehr Praxisbezug herstellen kann.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Es ist umso erstaunlicher, weil es doch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gibt, die auch einen Vorschlag hat, wie man zu mehr Praxisbezug in der frühen Phase der Lehrerausbildung kommen könnte. Diese Konzepte liegen vor.

Frau Ministerin, wenn sich in einer bildungspolitischen Frage ausnahmsweise einmal die CDU und die GRÜNEN einig sind, wieso blockieren Sie dann eine sinnvolle Lösung? Es muss doch möglich sein, bei dem Thema voranzukommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

An die Reihen der CDU gerichtet, sage ich ausdrücklich: Lassen Sie sich nicht länger von diesem Verein vorführen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Kollege Irmer, wenn Sie in der Lehrerausbildung einen Praxisbezug haben wollen, sage ich Ihnen: Es gibt in diesem Landtag eine Mehrheit für mehr Praxisbezug in der Lehrerausbildung. Wenn diese Kultusministerin nicht die Kraft dazu hat, sollte sich, bei allen Unterschiedlichkeiten, die wir beide ansonsten sehr stark betonen, diese Mehrheit bei dieser einen Frage ihren Weg suchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Da bezeichnet es diese Ministerin als Errungenschaft des jetzt von ihr vorgelegten Gesetzentwurfs – ich habe sehr genau zugehört –, man könne im Referendariat, also am Ende der Lehrerausbildung, nun sehr viel besser feststellen, ob jemand für den Lehrerberuf alle erforderlichen Voraussetzungen hat oder nicht. Am Ende der Ausbildung: Nachdem junge Menschen fünf Jahre lang durch dieses Studium gegangen sind, kann man nun am Ende des Weges feststellen, ob er erfolgreich war oder nicht. Frau Ministerin, warum machen wir es nicht am Anfang? Warum machen wir es nicht in einer frühen Phase der Lehrerausbildung?

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Warum stellen wir das nicht in einem Praxissemester fest, wie es die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorschlagen? Warum wollen Sie junge Menschen erst durch ein Studium schicken, wenn wir ihnen doch mithilfe eines Praxissemesters sehr früh einen Hinweis darauf geben könnten, ob der Lehrerberuf das Richtige für sie ist oder nicht, und damit den jungen Menschen sehr viel vergeudete Lebenszeit und den Schulen sowie den Schülerinnen und Schülern Schwierigkeiten ersparen könnten? Frau Ministerin, warum machen Sie das nicht? Das ist doch eine ganz einfache Frage.