Dies wird zusätzlich unterstrichen, wenn man sich ansieht, wie sensibel nun mit der LKA-Präsidentin umgegangen wird. Trotz der nicht unerheblichen Vorwürfe gegen diese hohe Beamtin sieht sich der Innenminister außerstande, zu handeln. Es gibt nach unserer Kenntnis bis heute noch keine Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Ich glaube, wenn Frau Thurau von sich aus nicht so sensibel gewesen wäre, sich ins Innenministerium versetzen zu lassen, dann würde sie immer noch auf dem Chefsessel im LKA sitzen.
Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Das haben wir stets kritisiert. Der neue Innenminister hält die sofortige Einleitung von Disziplinarverfahren und auch von Ermittlungsverfahren für rechtlich so nicht zulässig. – Aha, schaut her.
Aber das hat doch sein Vorgänger Bouffier so gemacht. Herr Innenminister, dazu müssen Sie sich äußern. Ich glaube, es wird auch höchste Zeit, dass sich der Ministerpräsident einmal dazu äußert; denn es kann nicht sein, wie so etwas zustande kommt, dass mit zweierlei Maß gemessen wird und Sie das auch noch für rechtswidrig halten,
Am 03.11. haben der Innenminister und der neue Polizeipräsident Münch davon gesprochen, bei der Polizei eine neue Führungskultur zu schaffen. Damit haben sie eingestanden, dass es offensichtlich ein Problem mit der Führungskultur gibt, die von Bouffier geschaffen wurde.
Auch der Koalitionspartner, der Fraktionsvorsitzende, hat in einem Interview in der „HNA“ am 02.11. gesagt:
Meine Damen und Herren, da erscheint aber die Bemerkung des Ministerpräsidenten vor wenigen Tagen, es handele sich um Einzelfälle, zynisch.
Lässt man die letzten Wochen Revue passieren, dann liegen die Probleme sogar noch viel tiefer. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einen weiteren Fall schildern, der dies sehr deutlich macht. Es geht um den Fall Bergstedt – den Namen darf ich hier nennen, weil der doch sehr ausführlich durch die Presse gegangen ist.
Dieser Fall ist sehr bemerkenswert. Herr Bergstedt wurde nämlich für vier Tage in Sicherungsgewahrsam genommen. Seinerzeit wurde er verdächtigt, Sachbeschädigungen im Wohnumfeld des damaligen Innenministers Volker Bouffier und der CDU-Geschäftsstelle in Gießen begangen zu haben. Jetzt kommt es aber: Zur fraglichen Tatzeit war dieser Herr Bergstedt unter polizeilicher Beobachtung. Das hat aber die eine Abteilung offenbar der anderen nicht gesagt, und dieser Mann war vier Tage lang grundlos im Gefängnis.
Meine Damen und Herren, solch rechtswidriges Verhalten bedarf hier dringend einer Aufklärung, einer Erklärung des Ministerpräsidenten.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))
Oder denken wir an die Polizeichef-Affäre. Wer hat denn den von ihm bevorzugten Polizeipräsidenten bei der Bereitschaftspolizei einfach eingesetzt, obwohl es eine Verwaltungsgerichtshofentscheidung gab, die etwas anderes gesagt hat? Sie hatten eine Gerichtsentscheidung und haben sich bewusst anders verhalten. Sie haben einfach gesagt: Der Unterlegene ist nichts für uns.
Meine Damen und Herren, wir erwarten umgehend Aufklärung vom Ministerpräsidenten. Wir erwarten eine ausreichende Stellungnahme dazu, wie er all dieses Verhalten, das als durchaus rechtswidrig dargestellt wurde, erklärt. Wir lassen ihn nicht aus der Verantwortung.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Horst Klee (CDU): Na ja! – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Vielen Dank, Frau Kollegin Faeser. – Als Nächstem darf ich Herrn Bauer für die CDU-Fraktion das Wort erteilen. Herr Bauer, die verabredete Redezeit beträgt zehn Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Faeser, in der Begründung Ihres Antrags heißt es, er solle Schaden von der Polizei abwenden.
Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, dann lese ich, Sie unterstellen bereits im ersten Punkt unserer erfolgreichen hessischen Polizei im Ergebnis ein strukturelles Führungsversagen. Das aber ist alles andere, als Schaden von dieser Organisation abzuwenden.
Meine Damen und Herren, gestern habe ich im Rahmen der Haushaltsdebatte von dieser Stelle aus der Polizei, den Polizistinnen und Polizeibeamten, für ihre hervorragende Arbeit gedankt. Ich habe ihnen Anerkennung, Wertschätzung und Dank ausgesprochen. Gestern konnten Sie dem noch zustimmen – aber heute sieht diese Organisation in Ihren Augen ganz anders aus.
Nach wie vor ist Hessen mit diesen Polizeibeamtinnen und -beamten auf allen Ebenen, auf denen sie tätig sind, ein sicheres Bundesland. Die Aufklärungsquote hat einen historischen Höchststand erreicht. Die Anzahl der Straftaten geht zurück. Das sind die Botschaften der Kriminalitätsstatistik.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut! – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch die Rede von gestern!)
Die Anzahl der Straftaten stagniert. Die Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Delikte pro 100.000 Einwohner, belegt, dass Hessen mittlerweile auf Platz 4 angekommen ist. Das sind Fakten, und das sind die Belege für eine erfolgreiche Polizeiarbeit in Hessen. Das haben die Polizistinnen und Polizisten geleistet, egal, auf welcher Hierarchie ebene sie sich befinden.
Meine Damen und Herren, Sie wissen das viel besser als ich: Im Jahr 2001 wurde die Organisation der hessischen Polizei grundlegend reformiert. Durch die Straffung von ehemals 27 auf nunmehr 11 Behörden wurde in vielerlei Hinsicht eine Optimierung erreicht. Unnötige Doppelarbeit konnte verringert,
Entscheidungswege konnten verkürzt, Polizisten gerechter und entsprechend dem Arbeitsaufkommen verteilt werden.
Ein weiterer Effekt war, dass viele Polizeibeamte durch die geringere Verwaltungstätigkeit nun wieder vermehrt ihrer originären Polizeiarbeit nachgehen können. Meine Damen und Herren, das sind die organisatorischen Systemveränderungen. Sie bilden den Nährboden für die erwähnten Erfolge unserer hessischen Polizei.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel und Petra Fuhrmann (SPD): Sie müssen einmal zur Sache sprechen!)
Meine Damen und Herren, die Polizei hat sich in den vergangenen Jahren unter Volker Bouffier an vielen Stellen zu einem Vorzeigebetrieb entwickelt. Diese Bilanz wird auch nicht dadurch falsch, dass es in Einzelfällen kritisch zu bewertende Entwicklungen gab.