Ich will eine andere Thematik einführen. Vielleicht sollten wir in dem Kontext auch einmal über die Ausgestaltung von Ämtern und die Bezahlung von Politikern reden. Ich will das an der Stelle einmal sehr deutlich machen. Ich finde es nicht nachvollziehbar, dass z. B. Vorstandsmitglieder von Sparkassen, von Organisationen und Verbänden deutlich mehr verdienen als die deutsche Bundeskanzlerin. Dieses Staatsverständnis oder diese Ausgestaltung ist in anderen Ländern anders.
(Michael Boddenberg (CDU): Was ist denn jetzt Ihre Forderung, mehr für Politiker oder weniger für Sparkassenvorstände?)
Sehen Sie, Sie sind ein so dankbarer Ratgeber. Deswegen kann ich jetzt nahtlos überleiten, Herr Boddenberg. – Ich will damit andeuten: Wir haben das Problem, dass wir jede Diätenerhöhung von 0,5 % groß rechtfertigen müssen. Das tun wir auch. Aber wenn man sich darüber einig ist, hätte das für mich möglicherweise die Konsequenz, zu sagen, wenn man ein Regierungsamt aufgibt, muss man danach auch eine Karenzzeit in Anspruch nehmen. Das wäre vielleicht einmal einer Diskussion wert.
In der Pauschalität, wie es die LINKEN gemacht haben, teilen wir das nicht. Aber Sie dürfen sich nicht wundern. Es gibt natürlich Diskussionen in der Bevölkerung und in den Medien. Es gibt natürlich Neiddiskussionen, das ist doch völlig klar. Das gilt auch für die Partei DIE LINKE, die natürlich zum Teil versucht, das populistisch auszunutzen. Auch das ist zulässig.
Ich glaube, es wäre schon sinnvoll, dass wir uns im zuständigen Hauptausschuss dem Thema einmal näher zuwenden und die Frage diskutieren, ob es da Regelungen gibt. Ich habe es bereits angedeutet: Das ist interessant. Das wäre einer tiefer gehenden Diskussion schon wert.
Wie gesagt, die Diskussion um Herrn Koch können wir nachvollziehen. Er hat freiwillig gesagt: Ich höre auf. – Dann darf er sich nicht wundern, dass es darüber Diskussionen gibt, dass er jetzt in die Wirtschaft wechseln will, und man nach möglichen Verbindungen fragt.
Herr Bellino, das ist ein Punkt, über den man diskutieren muss. Dabei geht es um die Frage: Wie gestalte ich das Ausscheiden aus einem solchen Amt aus? – Das ist doch völlig klar.
Ohne dass wir das abschließend diskutiert haben, kann ich sagen, dass wir meiner Auffassung nach bei jemandem, der hohe Verantwortung in der Partei und in Staatsämtern getragen hat, eine Verantwortung dafür haben, für die entsprechenden Rahmenbedingungen zu sorgen.
Könnten Sie uns vielleicht weitere Informationen dazu liefern, was der ehemalige Bundeskanzler Schröder und unser früherer Ministerpräsident Roland Koch dann Ihres Erachtens hätten tun können? Hätten sie sich beim HL an die Kasse setzten sollen? Haben Sie da Vorschläge? Denn Sie sagen, da würde nicht alles gehen.
Das habe ich in meinen Ausführungen dargelegt. Das ist ein komplexer Sachverhalt, bei dem wir gemeinsam Verantwortung zu tragen hätten, wenn wir ihn regeln wollten.
Aber auch da gilt der klare Grundsatz: Wenn ich einerseits Privilegien nehme – das kann ich durchaus teilen –, dann muss ich andererseits auch mit den Konsequenzen leben. Deswegen ist die Sache es wert, die Diskussion darüber zu führen. Dabei geht es um die Fragen: Sind Karenzzeiten angemessen? Wie können sie eingehalten werden? Wie können sie kontrolliert werden? – Denn auch da kann es Schlupflöcher geben.
Deswegen glaube ich, dass es sich lohnt, den Kern des Entschließungsantrags der Fraktion DIE LINKE noch einmal zu diskutieren. Zugegebenermaßen ist sein Inhalt holzschnitzartig. Das will ich auch sagen. Aber er enthält natürlich auch Elemente, über die wir gemeinsam reden müssen. Denn wir haben da auch Verantwortung. Wir, die Mitglieder der SPD-Fraktion, stehen für einen solchen Diskurs gerne zur Verfügung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal die Sorgen der Frau Kollegin Wissler ein bisschen zerstreuen. Ein Blick in die aktuelle Liste des MDAX zeigt, dass die Aktie von Bilfinger Berger 16,50 € von ihrem Jahresminus und 2,50 € von ihrem Jahreshoch entfernt ist. Ich wollte das hier vortragen, weil sie sich Sorgen um den Aktienkurs eines im MDAX notierten Unternehmens gemacht hat.
Ich möchte all diejenigen unterstützen, die aus dem Parlament heraus festgestellt haben, dass diese Debatte hier eigentlich nicht so geführt werden sollte.
Sie sollte hier eigentlich nicht so geführt werden, weil man, egal, welches Parteibuch man hat, und egal, in welcher Rolle man sich befindet, immer, wenn man mit dem Finger auf einen zeigt, mit zwei oder drei Fingern auf sich selbst zeigt.
Ich glaube, wir sollten uns bewusst sein, dass wir der Demokratie und dem Parlamentarismus nicht helfen, wenn wir eine Debatte so führen, wie sie die LINKE führt und wie sie Frau Wissler in ihrer eigenen besonderen Art des Vortrags eben wieder geführt hat. Was soll das bringen? Wollen Sie damit erreichen, dass die anderen Fraktionen einmal auspacken und sagen, was denn Politiker der LINKEN in den letzten Jahren alles gemacht haben?
Das können wir gerne tun. Da haben wir genug Material. Ich habe in der Zeitung gelesen, einer Ihrer Bundesvorsitzenden hätte große Schwierigkeiten mit dem Deutschen Bundestag hinsichtlich der Abrechnung, was zum Beruf und was zum Mandat gehört. Frau Wissler, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es klug, eine solche Debatte zu führen, oder ist das dumm? – Meine Meinung ist: Das ist dumm.
Die Probleme müssen dort gelöst werden, wo sie sich befinden. Ich weiß, dass das im zuständigen Ausschuss des Bundestages gelöst wurde.
Sie können mir nicht sagen, worüber ich reden soll. Aber wir können über Herrn Ernst reden, weil Sie über Herrn Koch zu reden versucht haben.
Zweitens will ich Ihnen noch etwas anderes sagen. Worin besteht denn der Unterschied zwischen dem Recht und dem, was Sie – ich nenne es einmal so – als Moral bezeichnen? Ich darf Ihnen sagen: Ministerpräsident Roland Koch ist Anfang August dieses Jahres zu seinem Justizminister gekommen – zu wem auch sonst? – und hat darum gebeten, dass ich oder der Staatssekretär ihn darüber informieren, wie die rechtliche Situation des Ministerpräsidenten des Landes Hessen ist, wenn er es nicht mehr ist.
Ich habe ihn darauf hingewiesen – irgendjemand hat es vorgetragen, ich glaube, Frau Müller war es –, dass es im hessischen Recht, aber in fast allen anderen Bundesländern und im Bund auch, Unterschiede zwischen dem Beamtengesetz und dem Ministergesetz gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe das Gefühl, dass die Parlamente in Deutschland das aus gutem Grund anders miteinander verwoben haben. Auf der einen Seite gibt es das Beamtenrecht und auf der anderen Seite das Ministerrecht.
Herr Staatssekretär Dr. Kriszeleit und ich haben den Ministerpräsidenten darauf hingewiesen, wie die Rechtslage ist. Der ehemalige Ministerpräsident hat mit Stichtag heute jeden Punkt der rechtlichen Vorgaben des hessischen Ministergesetzes und der damit verbundenen Normen beachtet.
Dafür bin ich dankbar. Das möchte ich noch einmal laut sagen. Frau Wissler hat eben gesagt: „…, das habe ich auch nicht bezweifelt!“ Das wäre fast des Beifalls aller Kollegen dieses Hauses wert.
Denn damit haben wir einen wesentlichen Konsens gefunden. Man kann nicht ein bisschen mit Schmuddelkram werfen, wenn man auf der anderen Seite weiß, dass es rechtlich völlig korrekt war, was die Person gemacht hat. Ich bin allein schon dafür dankbar, dass die Debatte dies in vollkommen entspannter Form gezeigt hat.
Ich komme jetzt zum Thema Moral. Ja, es gibt entsprechende ethische Voraussetzungen. Das beginnt in der Wirtschaft. Wie Sie wissen, gibt es eine Vereinbarung. Auf Englisch wird das Corporate Governance genannt. Man kann es auch auf Deutsch beschreiben. Es geht darum, wie man sich in einem Unternehmen zu benehmen hat. Da gibt es gewisse Regeln, die wir aus dem Wettbewerbsrecht und insbesondere aus dem Handelsvertreterrecht kennen.
Frau Kollegin Fuhrmann hat vorhin gerufen, das sei im normalen Leben auch so. Sie haben von der Firma Ihres Mannes gesprochen.
Liebe Frau Fuhrmann, da gibt es aber ein Problem. Ich schätze einmal, das, was Sie meinen, ist die klassische Wettbewerbsklausel, die in den entsprechenden Verträgen steht.
Handelt es sich um Wettbewerb, wenn ein Ministerpräsident, der also eine staatliche Verantwortung hatte, in die Privatwirtschaft wechselt? Da würde ich als Jurist sagen: Vorsicht mit der Definition, das schaffen wir wohl nicht. Das ist das erste Problem.
Frau Fuhrmann, zweitens, diese Wettbewerbsklausel wird extra vergütet. Das ist klassisch immanent. Frau Faeser benenne ich als meine Zeugin dafür. Wenn man eine Wettbewerbsklausel hat, gibt es zusätzlich einen entsprechenden Betrag.
Herr Kollege Rudolph, wir sind da gar nicht weit auseinander. Das kommt selten vor. Aber hier kommt es vor.
Ich will auf eines hinweisen. Wenn wir es so diskutieren, wie wir es diskutieren, haben wir als Erstes das Problem, ob das überhaupt Wettbewerb ist – hier Staat, da Wirtschaft. Heißt das dann, zweitens, dass ein Minister oder ein Ministerpräsident, wenn er eine dreijährige Wettbewerbsklausel – das wird manchmal auch Konkurrenzklausel genannt – hat, höher entlohnt wird? Denn so ist das im normalen Leben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen zum Abschluss meiner Rede Folgendes sagen. Die Landesregierung hat den ehemaligen Ministerpräsidenten beraten. Er hält sich bis zum heutigen Tag an die rechtlichen Vorgaben.
Wir haben darüber hinaus – das sage ich, damit Sie es auch aus meinem Munde hören – keinerlei ethische Probleme damit. Wir sind aber gerne bereit, in eine Debatte über die Frage einzusteigen, ob es eine kodifizierte ethische Regelung bei einem Wechsel geben soll. Ich sage dabei bewusst nicht: aus der Politik.
Herr Koch war nicht nur Politiker. Er war elf Jahre lang Spitzenbeamter des Landes Hessen. Er war Ministerpräsident. Er war staatliches Organ. Den Wechsel eines staatlichen Organs hin in die Wirtschaft zu definieren – auf einem solchen Niveau können wir die Debatte gern weiter führen. Das können wir aber auch im Ausschuss machen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.