Das ist unsere klare Zielsetzung. Wir wollen den gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen. Wir wollen, dass er die Regel in Hessen wird. Schritt für Schritt wollen wir das umsetzen. Ich bin einigermaßen überrascht über den Antrag, den CDU und FDP hier vorlegen. Wir reden hier über das Recht auf gemeinsame Beschulung, aber Sie legen einen Antrag vor, in dem Sie beschreiben, wie Sie die Beratungs- und Förderzentren ausweiten wollen, also nicht die integrative Beschulung, sondern die Beschulung in gesonderten Schulen.
Das kann es nicht sein. Herr Kollege Irmer, Sie sagen zum Versuch Ihres eigenen CDU-Landrats in OffenbachLand, Sie wollen das begleiten und anschließend ergebnisoffen evaluieren. – Selbst in Ihrer eigenen Partei sind die Leute doch längst viel weiter und haben erkannt, dass die inklusive Beschulung richtig ist.
Dann kommt das Beste in Ihrem Antrag. Sie wollen Schülerinnen und Schülern an Schulen für Lern- und Erziehungshilfe den Hauptschulabschluss ermöglichen. Darf ich Sie daran erinnern, dass der gesetzliche Auftrag der Lern- und Erziehungshilfeschulen die Integration in die Regelschule ist und nicht der dauerhafte Verbleib an diesen Schulen? Es ist das genaue Gegenteil von Inklusion, was Sie hier beschreiben, meine Damen und Herren von der Union.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Auch das haben Sie nicht begriffen! Sie sind im Thema nicht drin!)
Es geht darum,ein klares Signal zu setzen:Dieses Bundesland will hin zur inklusiven Beschulung. Es liegen klare Vorschläge vor, wie wir dorthin kommen können. Ich hoffe, dass wir in den Ausschussberatungen ein gutes Stück weiterkommen, sodass sich Hessen auf den Weg macht, dass alle Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen gemeinsam unterrichtet werden können. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss ich sagen, dass es mich ein wenig erschreckt hat,dass der Kollege Wagner wieder einmal Sachen in unseren Antrag hineininterpretiert hat, die darin so nicht stehen. Es tut mir leid, irgendwie haben Sie offensichtlich Probleme, Dinge zu lesen, die aus der Feder
Verschiedenes. – Ich denke aber, dieses Thema eignet sich nicht dazu, dass wir uns hier gegenseitig bis aufs Messer bekriegen, sondern die vorliegenden Anträge von Koalition und Opposition zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verfolgen in der Grundintention das gleiche Ziel. Ich glaube, wir alle im Saal wollen die schulische Situation dieser Menschen verbessern. Allerdings sehe ich große Unterschiede, wie wir dieses Ziel erreichen wollen. Während die Oppositionsanträge eine sofortige Umsetzung der UN-Konvention fordern, ist unser Antrag, finde ich, wesentlich ausgewogener.
Ich bin der Meinung, dass sich dieses Thema nicht für Aktionismus eignet und auch nicht für irgendwelche vorschnellen Beschlüsse.
Wir alle sollten hier nicht mit unausgegorenen Vorschlägen vorpreschen. Auf der Ebene der KMK wurde zügig eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, der neben Vertretern der einzelnen Bundesländer auch Vertreter der Sozialverbände angehören.Wir sollten abwarten, was diese Arbeitsgruppe erarbeitet. Wir sollten uns diese Empfehlungen anschauen und dann, wenn diese vorliegen, zügig zur Umsetzung schreiten. Aktionismus ist bei diesem ernsten Thema fehl am Platze. Ich kann das nur wiederholen.
Wir haben in Hessen ein sehr gutes und differenziertes Fördersystem. Das sollten wir stärken und weiterentwickeln. Wir sollten es nicht mit unausgegorenen Vorschlägen und einer überhasteten Umsetzung dieser UN-Konvention zerstören. Wir haben dazu im vorliegenden Antrag konkrete Vorschläge gemacht. Es wurde das Pilotprojekt im Landkreis Offenbach mehrfach erwähnt. Es wurde auch das dezidierte Wahlrecht der Eltern dieser Kinder erwähnt. Deshalb möchte ich Sie um Unterstützung unseres viel weiter gehenden Antrags bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon auf die Rechtslage hingewiesen worden. Deutschland hat sich verpflichtet, Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund ihrer Behinderungen vom allgemeinen Schulsystem auszuschließen, indem es das Übereinkommen der Vereinten Nationen per Gesetz im Januar dieses Jahres ratifiziert hat.
Nach Art. 4 Abs. 1 der Konvention „verpflichten sich die Vertragsstaaten, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in
diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen“. Das bedeutet, dass ein Handlungsauftrag zur Umsetzung in nationales Recht besteht, durch die die Rechte Geltung erlangen. Hessen stellt sich dieser Aufgabe. Entsprechende Schulentwicklungsprozesse sind in Gang.
Im Gegensatz zur Opposition begrüße ich sehr,dass es auf KMK-Ebene ein abgestimmtes Verhalten zur Umsetzung der Konvention gibt. Im Rahmen einer Ad-hoc-Gruppe werden gemeinsam mit den Sozialverbänden, also in Verbindung auch mit Betroffenen, Maßnahmen für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen erarbeitet. So können bundesweit vergleichbare Standards geschaffen werden, und das halte ich für diesem Thema sehr angemessen.
Wir setzen das im nächsten Schuljahr mit konkreten Maßnahmen um,und wir werden uns mit allen Beteiligten darüber austauschen, welche weiteren Entwicklungsschritte in den nächsten Jahren erforderlich sind. Auch da kann man nicht einfach über sämtliche Beteiligten hinweg entscheiden, dass man das jetzt so will. Vielmehr muss man mit den Menschen reden und mit ihnen gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen soll.
Meine Haltung zum gemeinsamen Unterricht ist bekannt: so viel Integration wie möglich, so viele Förderschulen wie nötig. Die Entscheidung, ob Förderschule oder gemeinsamer Unterricht – –
Es wäre nett, wenn die Versammlung da hinten ein bisschen leiser wäre. Mir scheint, die SPD muss miteinander diskutieren.
Die Entscheidung sollte sich ausschließlich am Wohl des Kindes orientieren. Mein Ziel dabei ist klar: mehr Kinder in allgemeinen Schulen zu fördern, die guten Angebote von Förderschulen zu wahren und das gemeinsame Lernen unter einem Dach zu unterstützen. Dazu werden wir die Kooperation zwischen Förderschulen, sonderpädagogischen Beratungs- und Förderzentren, die eine hervorragende Arbeit bei Früherkennung und Frühförderung leisten, und allgemeinen Schulen intensivieren und neue Modelle entwickeln, um all denjenigen Schülerinnen und Schülern optimal zu helfen,die im Lernen,Verhalten oder in der Sprache beeinträchtigt sind.
Meine Damen und Herren, Inklusion ist ein schillerndes Wort. Ich verstehe das Übereinkommen der Vereinten Nationen als Aufforderung, den Lernplatz von Schülern an der allgemeinen Schule zu erhalten und das Wahlrecht der Eltern für den geeigneten Förderort anzuerkennen und umzusetzen.
Nein, bei fünf Minuten Redezeit nicht. – Das kann die Wahl einer sehr guten Schule für Sehbehinderte und Blinde sein.Das kann auch die Wahl einer Schule für Hörgeschädigte sein, einer Schule für Körperbehinderte oder einer Schule für praktisch Bildbare. Diese Schulen werden wir nicht abschaffen, weil viele Eltern mit vielen Er
wartungen genau diese Schulen mit einer ganz bewussten Entscheidung wählen, weil sie sagen: Das ist der beste Förderort für mein Kind. – Dieses Wahlrecht der Eltern werden wir nicht beschneiden.
Auch halte ich eine Inklusion um jeden Preis für äußerst bedenklich. Wir haben damals, als wir die Kindergärten für behinderte Kinder geöffnet haben, sehr deutliche warnende Worte von Friedel Rinn, unserem Behindertenbeauftragten und Vorsitzenden des Landesverbands der Lebenshilfe, zu hören bekommen, der gesagt hat: Passen Sie auf, dass es nicht zu einer grauen Integration kommt, dass diese Kinder zwar dabei sind, aber nicht so gefördert werden, wie sie in den Förderschulen gefördert werden könnten.
Der in der UN-Konvention geäußerte Wunsch, dass es für alle Kinder ein Recht geben soll, in allgemeinbildenden Schulen unterrichtet zu werden, ist mit diesem Angebot somit erfüllt.
Ich sage Ihnen sehr klar: Wir werden im nächsten Schuljahr die Zahl der Stellen für Förderschullehrer in den dezentralen Erziehungshilfeeinrichtungen um 44 erhöhen. Es ist schon gesagt worden:Wir erhöhen die Zahl der Stellen für den gemeinsamen Unterricht um 50. Herr Kollege Wagner, bei diesen Stellen ist zuvor nie gekürzt worden.
Nein, das sind sie nicht, sie haben stagniert, während die Zahl der Anträge der Eltern gestiegen ist. Die Zahl der Stellen ist nur nicht erhöht worden. Jetzt wird sie zum ersten Mal erhöht.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Lassen Sie mich noch einen Satz zu dem Versuch im Landkreis Offenbach sagen. Wenn Sie diesen Versuch wirklich ernst nehmen, dann müssen Sie ihn auch wissenschaftlich begleiten, dann müssen Sie ihn erst auswerten, bevor Sie sagen, wir übersetzen ihn auf alle anderen Kreise.
Abgesehen davon gibt es von keinem anderen Kreis in diesem Lande den Antrag, den gleichen Versuch zu machen, wie ihn der Kreis Offenbach gemacht hat. Wenn man solche Versuche ernst nimmt, dann muss man sie beobachten, dann muss man sie auswerten. Erst dann kann man sagen, ob sie Erfolg haben, und erst dann kann man sie gegebenenfalls auf andere übertragen.