Ja, Herr Kollege. – Das Wirtschaftswachstum ist die eigentliche Grundlage, über die wir diskutieren sollten. Ich freue mich, dass Sie selbst so begeistert an der Diskussion über die Frage teilnehmen, wie man es schaffen kann, dass in diesem Land Wohlstand entsteht und bestehen bleibt. Wenn man ein bisschen recherchiert, was die verschiedenen Parteien dazu sagen, wie man unser Land nach einer der schwersten Wirtschaftskrisen, die wir in Deutschland, in Europa und überhaupt in der ganzen Welt gehabt haben, wieder auf den richtigen Kurs bringt, ist man teilweise erstaunt über das, was dort gesagt wird.
Da gibt es z. B. die Äußerungen von den GRÜNEN, die Anfang Januar eine Enquetekommission installieren wollen, die sich dafür einsetzt, dass endlich eine Debatte über die vermeintlichen Grenzen des Wirtschaftswachstums geführt wird, unter dem Stichwort: Das Nullwachstumszenario muss untersucht werden, weil dieses Gespinst, immer dem Wirtschaftswachstum hinterherzulaufen, ein Irrgespinst ist. – Das haben Sie formuliert.
Renate Künast hat das gesagt. Herr Kollege Al-Wazir, ich sage Ihnen aber, Sie würden heute mit uns nicht so munter darüber diskutieren, wie gut die Wirtschaftszahlen sind, wenn wir nicht eben dieses Wirtschaftswachstum hätten. Dieses Wirtschaftswachstum ist die Grundlage dafür – ja, das ist unsere Philosophie –, dass wir überhaupt so viel in Bildung, innere Sicherheit und Infrastruktur investieren können.
Es bildet aber keine Grundlage, wenn man sich irgendwo in philosophischen Seminaren zwischen Politologen darüber unterhält, wann denn endlich dieses „Irrgespinst“ des Wirtschaftswachstums ein Ende hat. Herr Kollege Al-Wazir, wenn Sie das wirklich wollen, dann könnte das Land ganz andere Probleme bekommen. Es würde dann keine Schaffung weiterer Arbeitsplätze geben. Es hätte dann auch eine andere Chance nicht bestanden. Wir sind mittlerweile unter 3 Millionen Arbeitslosen. Das ist einer der größten Erfolge der letzten 30 Jahre in der deutschen Politik. In Hessen sind wir deutlich unter 200.000 Arbeitslosen.
Es würde auch keine sozialen Sicherungssysteme geben. Denn unsere sozialen Sicherungssysteme sind natürlich so angelegt, dass wir im Durchschnitt ein Wirtschaftswachstum benötigen. Es würde dann auch keine Rückführung der Schulden geben.
Herr Kollege Al-Wazir, deswegen ist das, was die GRÜNEN erzählen, vielleicht für ein philosophisches Seminar geeignet, aber für die Realität in unserem Lande eignet sich das überhaupt nicht.
Aber in dem Artikel geht es nicht nur darum, dass die GRÜNEN der Auffassung sind, wir bräuchten kein Wirtschaftswachstum. Vielmehr sind sie auch folgender Auffassung. Das möchte ich nennen, weil ich das sehr bemerkenswert finde.
Frau Künast wird möglicherweise bald Regierungschefin in Berlin sein, nämlich dann, wenn Herr Wowereit ihr hilft. Er hat genauso wie die SPD insgesamt gesagt, er bzw. die SPD sei gerne bei Grün-Rot zweite Kraft.
Frau Künast sagt, die Gesellschaft müsse sich radikal verändern. Die Menschen müssten – jetzt kommt es – anders leben, anders konsumieren und anders wirtschaften.
Damit kommen wir an die Stelle, an der wir uns unterscheiden. Herr Kollege Al-Wazir, wir haben ein Modell, dem zufolge man nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Gesellschaft läuft und den Leuten vor Ort erklärt, wie sie ihr Leben zu leben haben. Das unterscheidet uns.
Ich bin voller Hoffnung, dass diese Oberlehrermentalität, die die GRÜNEN an jeder Stelle leben, und zwar auf kommunaler, auf Landes- und auf Bundesebene, dort, wo sie Verantwortung tragen, den Menschen so sehr auf den Senkel gehen wird, dass sie ihre Quittung bekommen. Schauen Sie sich einmal die Umfrageergebnisse in Ham
So ist das nun einmal, wenn man in der Realität ankommt. Die GRÜNEN sind in ihrer ehemaligen Hochburg mittlerweile dermaßen abgestürzt, Herr Kollege Wagner, denn das, was Ihre Partei an Wahlversprechen gebrochen hat, geht sogar den Wählern der GRÜNEN zu weit.
Das mag wehtun. Aber in Wahrheit geht es zwischen RotGrün und Schwarz-Gelb um unterschiedliche Gesellschaftsmodelle.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer ist denn Fraktionsvorsitzender der FDP in Hamburg? Da gibt es keinen!)
Deshalb will ich zu der Fragestellung übergehen, die uns in den letzten Wochen auch in Hessen auf jeden Fall politisch bewegt hat. In welchem Land leben wir eigentlich? Der Rechtsstaat wird inzwischen mit Füßen getreten.
Herr van Ooyen, dass Sie da „Oh“ rufen, weiß ich. Denn Sie verdienen mit dem Treten des Rechtsstaats Ihre politischen Brötchen. Das ist mir bekannt.
Frau Kollegin Wissler, natürlich ist und bleibt es so, dass Landfriedensbruch und Sachbeschädigung in Deutschland Straftatbestände sind. Wenn man das nicht mehr sagen kann, sind wir mit dem Rechtsstaat wirklich am Ende angekommen.
Die Realität ist, dass wir in Deutschland in der Gefahr sind – die Gefahr besteht –, dass das Land seine Chancen nicht mehr nutzt. Ich habe gesagt: Ein Bundesland wie Hessen hat unglaubliche Chancen, dass die Wirtschaft auch in Zukunft weiter wächst. Es hat gute Chancen, seine Schulden zurückzuzahlen. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.
Wir sollten auch zu der Frage kommen, wie wir noch mehr Beschäftigung erreichen können. Denn auch unter 200.000 Arbeitslose sind zu viel. Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, auch diese Menschen in Arbeit zu bringen.
Wenn man das will, muss man die Chancen, die sich bieten, auch nutzen. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten gemerkt, dass im Ausland in Ländern, in denen die Infrastruktur nicht so gut ist, wirklich niemand verstehen kann, dass in einem Bundesland wie Baden-Württemberg und einer Stadt wie Stuttgart ernsthaft darüber diskutiert wird, ob eine Investition in Milliarden-Euro-Höhe getätigt wird oder nicht.
Ich will da den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Herrn Prof. Voßkuhle, zitieren, der nicht von uns, sondern von den Kollegen der Sozialdemokraten benannt wurde. Ich finde es sehr bemerkenswert, was Herr Prof. Voßkuhle in einem Aufsatz – ich glaube, es war in der „Zeit“ – vor ungefähr vier Wochen geschrieben hat. Herr Voßkuhle hat versucht, diese Demonstrationen in einen rechtlichen Kontext zu stellen. Er hat die Frage gestellt, ab wie vielen Demonstranten rechtsstaatliche Verfahren auf
gegeben werden. Meine Damen und Herren, ab wie vielen Demonstranten, ab 1.000, 5.000 oder 10.000 Demonstranten, wird ein Verfahren, das sieben Jahre lang gelaufen ist, eigentlich ad absurdum geführt?
Bei einer Diskussion über Stuttgart 21 akzeptiere ich jeden Bürger, der sagt, er habe dazu eine andere Meinung. Es ist das gute Recht in einer Demokratie, dass sich jeder anders äußern kann.
Wichtig ist aber auch eines. Frau Kollegin Faeser, Sie als Juristin wissen das. Wir haben in Deutschland ein Planungsverfahren, das die meiste Bürgerbeteiligung überhaupt auf der Welt ermöglicht.
Ein solches öffentliches Planungsverfahren, das in unserer Gesellschaft mit hohen Kosten durchgeführt wird, muss in einer aktiven Bürgergesellschaft von den Bürgern auch angenommen werden. Wer sich erst am Ende des Verfahrens hinstellt und das Ergebnis bedauert, obwohl er weiter vorne nicht für ein anderes Ergebnis gekämpft hat, verwirkt in einem Rechtsstaat zum Teil auch seine Rechte.
Ich bleibe dabei: Es mag sein, dass es so kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger den GRÜNEN als stärkste Kraft den Auftrag geben – auch dort haben die Sozialdemokraten gesagt, sie seien gern in zweiter Reihe dabei – –
Herr Merz, das glaube ich Ihnen gerne. Aber das zeigt, dass die SPD in der Realität angekommen ist. Sie würden mittlerweile auch gerne an zweiter Stelle die Verantwortung tragen und würden sich freuen, wenn die GRÜNEN den Ministerpräsidenten stellen.
Herr Kollege Merz, es wird sehr interessant werden, zu schauen, wie es die GRÜNEN, möglicherweise gemeinsam mit den Sozialdemokraten, schaffen wollen, den Planfeststellungsbescheid, also die rechtsverbindliche Entscheidung des Rechtsstaates für die Bahn, wieder aus der Welt zu schaffen. Dazu gibt es mittlerweile zwischen dem Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, Herrn Palmer, und dem Spitzenkandidaten der GRÜNEN auch ein rhetorisches Geplänkel. Herr Kollege Al-Wazir, denn auf jeden Fall hat der eine gemerkt, dass man nicht so viel versprechen darf, weil man es nachher nämlich nicht einhalten kann.
Wir werden sehr gespannt schauen, ob das für die GRÜNEN so etwas wie das zweite Moorburg in Hamburg werden wird. Da wurde zuerst im Wahlkampf etwas versprochen. Danach sind sie mit dem Thema untergegangen. Meine Damen und Herren, Ihre Politik wird da genau so sein, wie es in Hamburg der Fall war.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollten nicht von sich auf andere schließen!)
Herr Kollege Wagner, ich nehme diesen Zwischenruf gerne auf. In Hamburg-Moorburg waren Demonstranten von Greenpeace. Diese Demonstranten, und auch Greenpeace, haben im Wahlkampf sehr stark zusammen mit den
Sehr gerne. – Jetzt können Sie sehen, wie diese Demons tranten nach der Regierungsbildung gegen die Hamburger Landesregierung demonstrieren. Denn die GRÜNEN haben nichts von dem gehalten, was sie den Bürgern vorher versprochen hatten. Herr Kollege, es bleibt in der Frage des Rechtsstaates und in der Frage, wie sich diese Demokratie weiterentwickelt, natürlich dabei, dass sich die Menschen, wenn sie von einer Partei enttäuscht sind, von dieser abwenden.