Protocol of the Session on November 17, 2010

Herr Arnold, ich sage Ihnen, woran es liegen könnte. Ich sage in aller Bescheidenheit: Das könnte schon etwas mit den GRÜNEN zu tun haben.

(Lachen des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Wir haben in Nordhessen einen Zuwachs von 12.000 Arbeitsplätzen im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Da frage ich Sie: Was haben Sie dazu eigentlich beigetragen, außer immer dagegen zu sein? Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antwort auf die Frage: „Woran liegt das?“, ist in Firmennamen wie Viessmann oder SMA zu finden und sicher nicht in Abkürzungen wie CDU und FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Stichwort: Breitbandversorgung. Wir haben seit sieben Jahren darauf hingewiesen, dass wir ein Problem haben. Inzwischen haben auch Sie gemerkt, dass moderne Infrastruktur nicht mehr darin besteht, möglichst viel Beton in der Landschaft auszukippen, sondern vielleicht dafür zu sorgen, dass es überall einen Internetanschluss gibt – immerhin.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Sagen Sie nur, das wäre Ihr Thema! – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Arnold, ich kann Ihnen da unser Landtagswahlprogramm von 2003 zeigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, da haben Sie noch nicht einmal gewusst, was Breitbandkabel ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Florian Rentsch (FDP): Ihr habt doch noch vor zehn Jahren gegen Computer gekämpft! Das ist die Realität! – Zurufe der Abg. Dr. Walter Arnold und Clemens Reif (CDU))

Aber bitte sehr, inzwischen haben Sie verstanden, dass das auch eine eminent wichtige wirtschaftspolitische Frage ist. Aber ich sage Ihnen ausdrücklich: Schauen Sie sich Nordhessen an, schauen Sie sich Breitband an, schauen Sie sich Kreativwirtschaft an, und dann werden Sie feststellen: Moderne Wirtschaftspolitik ist genau das Gegenteil von dem, was Sie wirtschaftspolitisch vertreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Herr Kollege, nicht so überheblich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt zu den Finanzen und zu der Frage, wie man es besser machen kann. Bevor ich zum Landeshaushalt 2011, zu Gegenmodellen und der Schuldenbremse komme, will ich Ihnen nur sagen: Herr Ministerpräsident, eines kann man Ihnen nicht durchgehen lassen. Herr Ministerpräsident, den Kommunen erst 360 Millionen € abzuziehen und sich dann hierhin zu stel

len und zu sagen: „Ich gebe Ihnen 300 Millionen € mehr“, das geht nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen den Kommunalen Finanzausgleich reformieren. Ja, auf jeden Fall. Wenn es da vernünftige Vorschläge gibt, sind wir an Ihrer Seite. Vielleicht kann man da auch die vernünftigen Vorschläge, die es überall gibt, zusammenführen. Wir können auch über die Frage reden, ob man die Spitzabrechnung vorzieht. Aber dann muss man wissen: Das ist kommunales Geld, und das bleibt kommunales Geld, auch wenn man es ein bisschen früher ausschüttet.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir glauben, dass das nur dann geht, wenn man endlich einmal Reformwillen zeigt und darangeht, diesen Kommunalen Finanzausgleich wirklich zu reformieren. Das heißt, wenn Sie die Spitzabrechnung vorziehen, dann gehört aus unserer Sicht dazu, dass man auf das Geld, das 2010 noch zusätzlich hineinkommt, den Rest daraufgibt und sagt: Das ist nur dann gerechtfertigt, wenn wir im Jahr 2012 einen reformierten Kommunalen Finanzausgleich haben. – Alles andere ist Augenwischerei und verschiebt die Probleme nur.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Aber zu den Finanzen. Herr Ministerpräsident, Sie haben gefragt: Wo sind Ihre Vorschläge? – Wir haben letzten Freitag einen Vorschlag gemacht. Wir haben einen Vorschlag für Veränderungen im Haushalt 2011 gemacht, und wir haben sogar weitergerechnet bis zum Jahr 2020. Das ist für eine Oppositionsfraktion vielleicht etwas ungewöhnlich, und es ist für eine 17-köpfige Oppositionsfraktion auch harte Arbeit.

Herr Ministerpräsident oder Herr Finanzminister, der da auch etwas zu tun hat, wenn Sie das jetzt kritisieren und sagen, „Sie haben diese oder jene zusätzliche Belastung vorgeschlagen“: Ja, wir haben von Anfang an, seit Januar dieses Jahres, erklärt, dass aus unserer Sicht eine Antwort auf die Krise der öffentlichen Haushalte, eine Antwort auf die Schuldenbremse, ein Ausgleich der Haushalte, den wir für dringend nötig halten, nur mit einer Kombination möglich ist, nämlich mit den drei E der Finanzpolitik: Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmeerhöhungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben jetzt auf 24 Seiten erklärt, wo aus unserer Sicht diese Einsparungen, diese Effizienzerhöhungen und diese Einnahmesteigerungen möglich wären. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Das ist ein Vorschlag meiner Fraktion an alle anderen Fraktionen des Hauses. Es ist ein Vorschlag an die Regierung. Es ist ein Vorschlag zur Diskussion mit öffentlichen Gruppen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn Sie dann erklären, dass Sie Teile dieses Vorschlags für falsch halten, möchte ich Ihnen aber auch die Frage stellen: Wo ist denn Ihr Gegenvorschlag?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Man kann beispielsweise der Auffassung sein, dass unser Vorschlag, die Finanzhilfen größtmöglich von Zuschuss programmen auf Darlehen umzustellen, falsch ist. Aber dann frage ich Sie: Wo ist Ihr Gegenvorschlag? – Man

kann der Auffassung sein, dass man beispielsweise Landesämter, das Statistische Landesamt oder Ähnliches, nicht mit anderen Bundesländern gemeinsam betreiben sollte. Aber dann frage ich Sie: Wo ist Ihr Vorschlag zur Effizienzsteigerung?

Man kann der Auffassung sein, dass man bei den Ressorts nicht 125 Millionen € an Sachausgaben einsparen kann, wobei wir da, wenn ich einmal sehe, was wir bei der Vergabe von IT-Dienstleistungen an Einsparungen eingerechnet haben, vorsichtig gesagt, konservativ waren.

(Lachen der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Nach dem, was da jetzt ans Licht kommt, glaube ich, kann man noch viel mehr sparen. Aber die Frage lautet: Wo ist Ihr Gegenvorschlag? Man kann der Auffassung sein, dass man die Grunderwerbsteuer nicht um einen Prozentpunkt erhöhen muss. Aber dann frage ich Sie: Wo wollen Sie denn noch mehr sparen als da, wo wir es vorgeschlagen haben?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man die Einnahmen nicht erhöht, muss man an anderer Stelle sparen. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Wir sind dafür, dass mit der ständigen Aufhäufung von neuen Schulden Schluss sein sollte, jedenfalls in wirtschaftlichen Normalzeiten. Wir sind ausdrücklich dieser Auffassung. Wir glauben, dass man einen Haushalt ohne neue Schulden machen kann. Wir glauben auch, dass man die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten kann. Wir glauben aber auch, dass man in bestimmten Bereichen, nämlich in der Bildungs-, Umwelt- und Sozialpolitik, zusätzliche Ausgaben braucht, wenn man die Aufgaben erfüllen will, die nötig sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das glauben wir; denn es stimmt, was Herr Kollege Schäfer-Gümbel gesagt hat: Wir können den nachfolgenden Generationen nicht immer höhere Schuldenberge hinterlassen. Sie haben aber natürlich nichts davon, wenn wir den Haushalt auf Kosten von einstürzenden Schulen ausgleichen. Es muss uns also beides gelingen, die Aufgaben zu erfüllen und gleichzeitig nicht mehr immer neue Schulden zu machen.

Ich sage Ihnen ausdrücklich: Wenn Sie die von uns vorgeschlagenen Einsparungen für falsch halten – Stichwort: Kassel-Calden, wobei das natürlich ein Einmaleffekt ist, das kann man nur einmal einsparen –,

(Florian Rentsch (FDP): Ach ja!)

dann machen Sie andere, damit die Menschen wissen, woran sie sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie der Auffassung sind, dass unsere Vorschläge zur Zusammenlegung von Behörden falsch sind oder nicht gehen, oder unsere Vorschläge zur Reduzierung der Personalausgaben – das ist natürlich nicht einfach, wir haben lange darüber diskutiert, ob wir an die sogenannte Sonderzahlung, also an die halbe 13. Auszahlung, für Pensionäre drangehen, sozial gestaffelt, oder nicht – für falsch halten, dann frage ich Sie: Wie ist Ihre Antwort auf die steigenden Personalkosten? Wo würden Sie denn einsparen? Diese Frage müssen Sie dann beantworten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung, da wird es spannend, weil wir hier gesessen und eine ganztägige Anhörung zur Schuldenbremse gemacht haben; und wir haben auch letzte Woche zusammengesessen und uns Gedanken über die Frage gemacht, ob sie in die Verfassung soll und wie das aussehen könnte: Wenn Sie sagen, Einnahmeverbesserungen sind nicht nötig, dann sagen Sie uns bitte, wo denn aus Ihrer Sicht stärker gekürzt werden soll. Diesen Anspruch auf die Wahrheit haben die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sehen Sie, deswegen glauben wir, dass an diesem Punkt die Zeit der abstrakten Debatten vorbei ist und dass es gilt, Farbe zu bekennen. Ich sage Ihnen ausdrücklich, dass wir durchaus dafür sind, an bestimmten Punkten zu sparen, dass wir aber auch über Investitionen in die Zukunftsbereiche reden wollen.

Frau Kultusministerin, ich meine – da jetzt schon wieder von der 105-prozentigen Lehrerversorgung die Rede ist, die Sie angekündigt haben, und man sich auch schon dafür rühmt, dass man die 100 %, die man angeblich schon vor fünf Jahren erreicht hat, angeblich jetzt erreicht hätte –: Wir werden in diesen Bereich mehr investieren müssen. Alles andere ist Augenwischerei. Das wird Geld kosten; und dieses Geld braucht der Staat, und darauf haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch. Wenn man ihnen erklärt, dass man an anderer Stelle sparsam haushaltet, dann werden Sie auch die Akzeptanz für zusätzliche Belastungen haben. Da bin ich mir sehr sicher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir glauben, dass wir in den Bereichen Umwelt und Soziales auch deutliche Veränderungen brauchen. Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen sehr deutlich: Es geht aus meiner Sicht nicht, drei Jahre lang – so lange dauert die Legislaturperiode noch – immer nur alles moderieren zu wollen und der Opposition dann im Zweifel zu sagen, sie hätte keine Konzepte. So funktioniert das nicht.

Es stimmt erstens nicht, dass die Opposition keine Konzepte hat, und zweitens muss die Regierung irgendwann einmal sagen, wie sie die relevanten Probleme eigentlich lösen möchte, und darf sich nicht immer nur in Beschimpfungen der Opposition ergehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung vor etwas über zwei Monaten bemerkenswerte Sätze gesagt.

(Holger Bellino (CDU): Nicht nur da!)

Sie haben dort z. B. gesagt: „Für uns gilt nicht der maximale Gewinn, sondern der Mensch als Mittelpunkt der wirtschaftlichen Ordnung.“

(Ministerpräsident Volker Bouffier: Da sind wir uns doch wohl einig?)