Protocol of the Session on November 17, 2010

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ganz klar: Wer eine Politik betreibt, die auf den Weiterbetrieb alter, risikoreicher Atomkraftwerke baut, wer eine Politik betreibt, die den Neubau eines klimaschädlichen Kohlekraftwerks von E.ON in Großkrotzenburg unterstützt, der hat immer noch nicht kapiert, was eine nachhaltige Umweltpolitik bedeutet.

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir unsere Vorstellungen mit entsprechenden Konzepten untermauert und haben dazu Anträge in den Haushalt eingebracht. Wir haben zwei wichtige Ziele im Klimaschutz und im Energiebereich. Das heißt, wir wollen 40 % der Klimaschadgase einsparen – sprich: Kohlendioxid –, und wir wollen eine Energieversorgung im Strombereich durch erneuerbare Energien zu 100 % bis zum Jahre 2030.

Für den gesamten Umweltbereich inklusive Verkehr und nachhaltige Entwicklung wollen wir daher die Ansätze um insgesamt rund 75 Millionen € erhöhen. Wir haben ein Konzept der Schuldenbremse. Uns ist aber auch klar, es gibt drei Bereiche, in denen weiter investiert werden muss. Das ist einmal der Umweltbereich, das ist der Sozialbereich, und das ist der Bildungsbereich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir nehmen die Schuldenbremse sehr ernst. Aber wir wissen auch, dass es Bereiche gibt, die nicht unter dem Dekret der Einsparung stehen dürfen, da in die Zukunft hinein investiert werden muss. Deswegen wollen wir mit unseren Haushaltsanträgen darstellen, wie das geschehen soll.

Wir wollen, dass endlich eine Zukunftsenergie- und Klimaschutzagentur im Lande Hessen eingerichtet wird, die sich dieses Problems annimmt, konkrete Umsetzungsschritte vorschlägt und versucht, das Ganze mitzubegleiten und am Ende auch umzusetzen.

Wir wollen einen Energieeffizienzfonds. Es gibt zahlreiche Untersuchungen darüber, welche positiven Wirkungen ein solcher Energieeffizienzfonds hat. Auch im Lande Hessen brauchen wir ein solches Instrument, und wir sind bereit, dafür Mittel einzustellen.

Meine Damen und Herren, weiterhin brauchen wir eine Positivkampagne für die Windenergie. Wer viele Jahre lang feststellen muss, dass gerade diese Erzeugungsart im Lande Hessen verteufelt wird, der muss wissen, hier besteht Nachholbedarf. Dann muss man auch Mittel in die Hand nehmen und sagen, wir machen eine Positivkampagne, gerade für die Windenergie.

(Leif Blum (FDP): Warum sollten wir das denn machen?)

Meine Damen und Herren, aber auch für die Solarenergie muss die Unterstützung des Landes weitergehen. Ich sage ganz deutlich: Gerade hier ist das Land als Vorbild gefordert. In den landeseigenen Liegenschaften muss Solarenergie eingesetzt werden. Und nochmals der Hinweis zur Marburger Solarsatzung: Auch dort dürfen Sie keinen Riegel vorschieben.

Meine Damen und Herren, die Verantwortung für den Natur- und den Verbraucherschutz nehmen wir ebenso ernst wie die Stärkung einer gentechnikfreien und klimafreundlichen Landwirtschaft. Deshalb wollen wir auch die Mittel für die Entwicklung und die Umsetzung von Strategien zur Erhaltung der Artenvielfalt erhöhen, ebenso die Mittel für Natura 2000. Aufgrund des neuesten Waldzustandsberichts sind wir in unserer Auffassung bestärkt, dass gerade im Rhein-Main-Gebiet mehr Mittel zur Sanierung der Wälder zur Verfügung gestellt werden müssen.

Es soll eine Landesstiftung hessischer Tierschutz geben. Wir wollen die Tierheime unterstützen, die sich in schwierigen finanziellen Situationen befinden. Wir wollen die steigenden Anforderungen an die Verbraucherberatung sowie an die Ämter für Verbraucherschutz kompensieren und dort eine Verbesserung der Finanzausstattung herbeiführen. Auch hier wollen wir die Ansätze deutlich erhöhen, gerade weil die Mittel auch in unser Smiley-Projekt fließen sollen. Denn mit dieser Smiley-Plakette sollen Betriebe in der Lebensmittelbranche ausgezeichnet werden, die sich mit besonderer Hygiene und korrekter Kennzeichnung hervortun wollen.

Im Gegensatz zu Ihnen setzen wir auf eine gentechnikfreie und klimafreundliche Landwirtschaft. Daher wollen wir zum einen eine Informationskampagne für das OhneGentechnik-Siegel auf den Weg bringen und zum anderen den ökologischen Landbau als die klimaschonendste Anbauweise unterstützen. Schulen und Kitas sollen mit regional, ökologisch und gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln sowie mit frischem Schulobst versorgt werden.

Meine Damen und Herren, unsere Änderungsanträge zeigen nicht nur wichtige Handlungsfelder auf, sondern sind auch ordnungsgemäß gegenfinanziert. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schönen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Döweling gemeldet. Bitte schön, Herr Döweling.

Also, meine liebe Frau Kollegin Hammann, ich mache es ganz kurz.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das heißt auch „Kurzintervention“!)

Genau, Frau Wissler. – Ich habe schlicht und ergreifend nur eine Frage: Waren Sie schon einmal im Vogelsberg? Wenn nicht, dann empfehle ich Ihnen dringend eine Bereisung des Vogelsbergs.

Sie stellen sich hierhin und sagen, wir brauchen eine Positivkampagne für die Windenergie. Der Vogelsberg hat die höchste Windenergiedichte in Hessen. Es mag sein, dass das in anderen Regionen noch sehr ausbaufähig ist. Aber Sie fordern hier eine Positivkampagne. Gehen Sie einmal dorthin, und sprechen Sie dort mit den Leuten über die Windenergie, über die 120-m-Anlagen, die dort gebaut werden. Es sind auch Ihre Wählerklientel und, wie ich weiß, auch Mitglieder Ihrer Partei, die dort auf die Barrikaden gehen und sagen, sie wollen diese Windkraftanlagen nicht mehr vor ihrem Ort haben. Sie aber stellen sich hierhin und sagen, wir brauchen eine Positivkampagne, wir brauchen noch mehr. Wir sind da bereits auf einem sehr guten Weg. Ich kann Ihnen sagen, die Windenergie wird von den Bürgern akzeptiert, aber nur bis zu einem gewissen Maß. Das sollten Sie als GRÜNE endlich einmal erkennen. Sie sollten ein bisschen differenzieren und hier nicht immer wieder pauschalisieren und der Landesregierung diese Vorwürfe machen. Die sind nämlich nicht haltbar.

Ich empfehle Ihnen: Machen Sie einmal eine kleine Hessenrundreise, und kommen Sie einmal in der Realität der Bürgerinnen und Bürger an.

(Beifall bei der FDP)

Zur Entgegnung, Frau Kollegin Hammann.

(Norbert Kartmann (CDU): Frau Hammann meint die Rheinaue!)

Wissen Sie, sehr geehrter Herr Kollege, ich glaube, wir befinden uns mehr in der Realität als Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sonst dürften Sie nicht für die Atomkraft streiten. Denn nachgewiesenermaßen lehnen sehr viele Bürgerinnen und Bürger gerade diese Energieerzeugungsart massiv ab.

Wenn Sie vom Vogelsberg sprechen, dann schauen Sie bitte auch in die anderen Regionen. Wir haben in Hessen mehr Flächen zur Verfügung, die windhöffig sind und für die Installation von Windkraftanlagen und zur Erzeugung von umweltfreundlicher Energie genutzt werden können.

Im Gegenzug aber möchte ich gerade Sie fragen: Wie, glauben Sie denn, können Sie Ihr Ziel erreichen, das Sie sich zusammen mit der CDU gesetzt haben: 20 % erneuerbare Energien in Hessen bis zum Jahr 2020? Ohne den Ausbau der Windenergie werden Sie dieses Ziel nicht erreichen.

(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))

Deshalb können Sie sich Sonntagsreden sparen. Sie müssen erkennen: Wenn man über viele Jahre Emotionen schürt – „Windkraftmonster“, „Vogelschredderanlagen“ –,

(Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

dann bleibt bei vielen Menschen ein negativer Gedanke zurück, gerade was die Windenergie angeht.

Ich sage Ihnen: Wer diese Saat gesät hat, der sollte jetzt auch die Ernte erkennen und dagegensetzen, der sollte eine andere Energiepolitik auf den Weg bringen. Dazu gehört die Windenergie. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Schönen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Schott das Wort. Bitte schön Frau Schott.

Ich darf vielleicht doch noch einmal die Kolleginnen und Kollegen bitten, im Saal etwas mehr Ruhe walten zu lassen und die Gespräche außerhalb zu führen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Stephan, ich habe gehört, Sie finden es gut, dass das Biosphärenreservat Rhön als solches erhalten bleiben soll. Dann bitte ich Sie doch dringend, sich dafür einzusetzen, dass die Bundeswehr aufhört, die Kernzone dort als Schießbahn zu benutzen. Denn schießen und die Kernzone eines Bio sphärenreservats, das geht nun einmal nicht zusammen. Kernzone heißt, Menschen haben dort nichts verloren, Schießerei noch viel weniger.

(Beifall bei der LINKEN – Norbert Kartmann (CDU): Das ging die ganzen Jahre zusammen!)

Das geht überhaupt nicht zusammen.

Ansonsten schließe ich mich der Kollegin Hammann an: Es fällt einem schwer, hier etwas Neues zu sagen. Denn leider sind die Defizite der letzten Jahre die gleichen geblieben.

Gott sei Dank müssen wir wahrscheinlich über das Ferienresort Beberbeck nicht mehr reden, denn das Luftschloss hat sich erledigt.

Aber der Flughafen Kassel-Calden ist ein nicht nur aus umweltpolitischer Sicht desaströses Projekt, das hier angesprochen werden muss. Die Kosten für einen Flughafen, den die Fluggesellschaften nicht anfliegen wollen, haben sich um 50 % auf 225 Millionen € gesteigert. Dieser Vor

gang ist so obskur, dass der Antrag auf Genehmigung der öffentlichen Investitionen im Rahmen der EU-Beihilfenkontrolle, das sogenannte Notifizierungsverfahren, vom Bundesverkehrsminister erst einmal zurückgehalten wurde. Hintergrund ist, dass bei dem ersten Notifizierungsverfahren vonseiten der Hessischen Landesregierung getrickst und gelogen wurde; die Kosten wurden bewusst zu tief kalkuliert. Die Notwendigkeit dieses Flughafens wurde unter anderem mit einer Ausweichfunktion für Nachtflüge aus Frankfurt begründet. Nachtflüge sind aber für Kassel-Calden überhaupt nicht beantragt, und wir in Nordhessen wollen die auch nicht.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, das nordhessische Stuttgart 21 ist, wie das Original, ein Prestigeobjekt einer kleinen Clique.

(Norbert Kartmann (CDU): Was verstehen Sie unter „Clique“?)

Die Notwendigkeit als wichtiges Infrastrukturprojekt für diese Region wird wild konstruiert.

(Norbert Kartmann (CDU): Was verstehen Sie unter „Clique“?)

Der Lobby-Regierung geht es darum, die Wirtschafts interessen einer kleinen, aber mächtigen Minderheit zu bedienen. Das macht sie mit lukrativen Lügen – so für die Fraport AG im Falle des Nachtflugverbots für den Flughafen Frankfurt –, mit Hinterzimmerverträgen, die die Umweltgesetzgebung unterlaufen, wie für den DAXKonzern Kali + Salz. Das war doch ein Hinterzimmervertrag: bei Nacht und Nebel am letzten Tag der Amtszeit eines Ministers irgendwo in der Pampa unterschrieben. Dazu gehört auch das beschleunigte Genehmigungsverfahren für Europas größtes Kohlekraftwerk Staudinger für E.ON, und weil es ja gerecht zugehen muss, verlängert die Atomkoalition auch die Laufzeit für die Altreaktoren des Scheinkonkurrenten RWE.