Wir sagen: Ein Umsteuern ist möglich. Der Staat, das Land Hessen hat kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem. Eine andere Steuerpolitik, wie wir sie seit Langem fordern, scheuen Sie aber wie der Teufel das Weihwasser. Egal, ob wir die steuerpolitischen Vorstellungen von ver.di
Herr Kollege Döweling, es sind nicht alles Kommunisten –, GEW, Attac oder anderen nehmen, sie ähneln den unseren sehr.
Sie laufen darauf hinaus, dass in diesem Land Milliarden Euro mobilisierbar sind und dass mit diesem Geld Sinnvolles getan werden kann und muss.
Ich hätte gern noch etwas zu Herrn Rentsch gesagt. Sie sagen, DIE LINKE sei nicht in der Realität angekommen. – Ich dagegen sage: Realitäten sind nicht einfach da, man kann sie gestalten; und man muss es natürlich auch wollen.
Wir brauchen diese Milliarden Euro, um eine tatsächliche Qualitätsoffensive Bildung, wie wir es einmal nennen wollen, 2011 zu starten. Ich will die zehn Punkte dieser Offensive kurz benennen, damit klar ist, was gute Bildung in Hessen tatsächlich braucht. Wir werden es auch rechtzeitig einreichen.
Wir wollen erstens das JeKi-Programm nicht beenden, sondern massiv ausbauen, mit einem Plus von 1,6 Millionen €. Wir wollen zweitens die Mittel für die Lernmittelfreiheit um 12 Millionen € erhöhen. Drittens wollen wir die Schülerbeförderung bis zum Abschluss der Sekundarstufe massiv ausweiten, was round about 30 Millionen € kosten wird. Wir wollen viertens 500 neue Stellen in der Schulsozialarbeit und der Schulpsychologie schaffen. Wir wollen fünftens die Sternchenregelung sofort und flächendeckend an allen Schulen abschaffen, was ein Plus an 1.000 Stellen bedeutet.
Wir wollen sechstens ein Sofortprogramm für die landesweite Etablierung des Unterrichtsfachs Deutsch als Zweitsprache. Das veranschlagen wir mit etwa 500 Stellen. Siebtens wollen wir es 300 Schulen in Hessen ermöglichen, zeitnah zu echten rhythmisierten Ganztagsschulen zu werden. Das bedeutet ein Plus von 1.000 Stellen. Wir wollen achtens die Deputatstunden erhöhen. Wir wollen neuntens statt der bisherigen 95 % Abdeckung der Unterrichtsversorgung wirkliche 100 oder gar 105 % des Lehrerbedarfs zuweisen. Das bedeutet für uns 2.500 Stellen. Wir brauchen zehntens schließlich eine zehnprozentige qualifizierte Vertretungsreserve an Lehrkräften.
Gerade die letzten drei Maßnahmen führen direkt zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte
die notwendig ist, um den Beruf für den dringend benötigten Nachwuchs überhaupt wieder attraktiv zu machen. Mit Ihrer Bildungspolitik werden Sie für mögliche Lehrer keine Attraktivität herstellen können. Dann können Sie immer wieder sagen: Wir haben keine Lehrer; wir können keine Lehrer einstellen, usw. – Doch so geht es nicht.
Wir reden alles in allem über 10.000 Stellen, die wir im Laufe einer Legislaturperiode zusätzlich für notwendig halten und schaffen wollen und die aus unserer Sicht auch tatsächlich finanzierbar sind, wenn man es denn will.
Der Kleckerbetrag von etwa 50 Millionen € käme noch für die Maßnahmen hinzu, die nicht von Stellen abhängen, also für den notwendigen Ausbau des JeKi-Programms, die Erhöhung der Mittel für die Lernmittelfreiheit und die Schülerbeförderung usw.
(Leif Blum (FDP): „Kleckerbetrag von 50 Millionen €“, deswegen sagen wir, dass Sie nicht in der Realität angekommen sind!)
Dabei ist jetzt wichtig: Sollten die eingepreisten Stellen nicht zu besetzen sein, sind die hierfür vorgesehenen Mittel so lange für die Ausbildung neuer Lehrerinnen und Lehrer sowie für Maßnahmen der Weiterqualifizierung ausgebildeter Lehrerinnen und Lehrer auszugeben, bis das gewünschte Personal vorhanden ist.
Auch die GEW hielt kürzlich fest: „An Kitas, Schulen und Hochschulen fehlen mehrere Zehntausend Lehrende. Die Unterrichtsversorgung an Schulen wird immer schlechter, weil die Länder zu wenige Lehrkräfte ausbilden und einstellen. Schon jetzt sind an den Schulen in Deutschland rund 25 % weniger qualifizierte Lehrende beschäftigt als im OECD-Schnitt“, so die Sicht der GEW.
Reden wir also nicht immer nur larmoyant über den Lehrermangel, sondern tun endlich etwas dagegen, und lassen Sie uns nicht immer nur über die gravierenden Probleme im Land reden und sie nur verwalten, sobald wir regieren.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Waren Sie in Berlin, oder wo waren Sie die ganze Zeit?)
Lassen Sie uns das Übel an der Wurzel packen und in der Bildung endlich einen grundlegenden Paradigmenwechsel einleiten
ich habe noch zwei Sätze –, hin zur inklusiven Gemeinschaftsschule für alle, und dafür brauchen wir eine Qualitätsoffensive Bildung.
Wir sind uns sicher – das ist mein letzter Satz –, dass Qualitätsverbesserungen, auch hier in Hessen, eher erreicht werden können, wenn Bund und Länder kooperieren dürfen. Daher unterstützen wir wie schon immer im Bund und auch in den Ländern die Aufhebung des Kooperationsverbots und begrüßen die Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wagner, es ist richtig rührend, wie Sie sich um mich sorgen und sich hier aufregen. Zum Schluss sind Sie schon ganz heiser gewesen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass diese Aufregung völlig umsonst ist. Ich bin ganz konsequent und zielstrebig dabei, alle diese Ziele umzusetzen, die ich als Oppositionspolitikerin vorgeschlagen habe und die sich in unserer Koalitionsvereinbarung niederschlagen. Herr Kollege Wagner, abgerechnet wird am Ende einer Legislaturperiode.
Auch angesichts schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen hat die CDU/FDP-Landesregierung die Bildung weiterhin mit höchster Priorität versehen. Wir geben im Jahr 2011, das muss man sich einfach einmal auf der Zunge zergehen lassen, 3,32 Milliarden € für die Bildung aus. Das sind 1 Milliarde € mehr als vor zehn Jahren. Daran können Sie sehen, wie die Entwicklung der letzten zehn Jahre war.
Trotz der Einsparvorgabe von rund 45 Millionen € sind die Rahmenbedingungen an hessischen Schulen unverändert gut. Die Zahl der neu geschaffenen Lehrerstellen ist schon erwähnt worden. Wir haben davon insgesamt schon 2.150 geschaffen; wir hatten in der Koalitionsvereinbarung 2.500 versprochen. Es fehlen also noch 350 Lehrerstellen; dieses Ziel ist schon fast erreicht.
Frau Faeser hatte vorhin nach den Schülerzahlen gefragt, als Florian Rentsch hier am Rednerpult stand. Frau Faeser, die Schülerzahlen, die Sie vorhin nachgefragt haben, betrugen im Jahr 2004/2005 noch 900.600; und im Schuljahr 2010/2011 sind es nur noch 841.000 Schülerinnen und Schüler. Das heißt: Es kommen den Schülerinnen und Schülern noch sehr viel mehr Lehrerstunden zugute.
Beim Haushalt haben wir weitere 9,3 Millionen € für Schulen in freier Trägerschaft und 33,9 Millionen € für die Lehrkräfte, die in Altersteilzeit gehen. Das sind Zahlen, die im Haushalt des Kultusministeriums etatisiert sind.
Liebe Frau Cárdenas, wenn Sie dann einmal richtig rechnen, stellen Sie fest, dass der Haushalt des Kultusministeriums um 71,5 Millionen € gewachsen ist. Davon mussten wir 45 Millionen € einsparen; das macht immer noch 26,5 Millionen € mehr.
Die Kürzungen, die wir vorgenommen haben, werden die Qualität des Unterrichts nicht betreffen; und das nenne ich intelligent sparen. Wenn Sie sagen, dass wir bei den VSS-Mitteln 10 Millionen € wegnehmen, stelle ich fest: Das sind 10 Millionen €, die in den letzten drei Jahren nie gebraucht worden sind. Ich denke, dann ist es auch berechtigt, dass man sie zurückfährt.
Wir haben keine Kürzung beim gemeinsamen Unterricht, bei der Hochbegabtenförderung, bei der Gewaltprävention oder beim freiwilligen sozialen Jahr. All diese Dinge bleiben unangetastet. Was wir mit den zusätzlichen Lehrerstellen als ganz Wichtiges machen, ist: Wir verkleinern die Klassen.
Da Sie immer mit den 105 % anfangen, will ich Ihnen jetzt einmal eine Rechnung aufmachen. Wenn wir die Sternchenregelung nicht abgeschafft und die Klassen nicht verkleinert hätten, sondern diese Lehrerstellen dafür benutzt hätten, um die 100 % aufwachsen zu lassen, dann wären jetzt alle Schulen bei 102 %.