Protocol of the Session on September 30, 2010

Meine Damen und Herren, wer angesichts all dieser Maßnahmen behauptet, es sei in den vergangenen Jahren im Bereich der Lärmbekämpfung nichts passiert, der geht an der Realität vorbei.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nicht nur die Anhörung im Landtag, sondern auch schon die Anhörung der Experten in Kelsterbach hat gezeigt, dass noch viele Fragen offen sind.Alle diese offenen Fragen wollen wir so weit wie möglich klären.

Wenn wir uns mit dem Lärm im Rhein-Main-Gebiet beschäftigen, wollen wir darüber hinaus die Belastungen durch andere Lärmquellen, insbesondere durch den Straßen- und den Bahnverkehr,untersuchen;denn auch durch diese Formen des Verkehrs werden die Bürger mitunter immens belastet.

Meine Damen und Herren, was den neuen Streitpunkt, die Dauer der Studie, anbelangt, waren sich schon in Kelsterbach die Experten einig, dass man eine Längsschnittstudie braucht, um zu verlässlichen Ergebnisse zu kommen. Nur dann haben wir eine verlässliche Grundlage, auf der wir weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen oder eine fundierte Lärmminderungsplanung angehen können. Herr Grumbach, wenn Sie behaupten, die hätten wir schon, dann weiß ich nicht, über was am Donnerstag und Freitag der letzten Woche hier im Plenarsaal diskutiert wurde. Da wurde nämlich über sehr viele offen Fragen diskutiert. Diese offenen Fragen müssen wir klä

ren, und dann können wir entsprechende Maßnahmen ergreifen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Es ist niemandem geholfen, wenn wir in 18 Monaten ein Gutachten bekommen, dessen Ergebnisse wieder Raum für Diskussionen lassen, z. B. das Studiendesign in die Kritik gerät. Das hat ja die Greiser-Studie gezeigt, die noch vor ihrer Veröffentlichung eilig in den Kommunen präsentiert wurde und in der anschließenden wissenschaftlichen Diskussion erhebliche Kritik geerntet hat. Ich will gar nicht ausschließen, dass das bei einer längere Zeit in Anspruch nehmenden Studie in ein modulares System eingebracht werden kann oder Zwischenergebnisse – oder was auch immer – vorgelegt werden können. Diese müssen dann aber verlässlich sein, damit wir uns nicht an vorläufigen Ergebnissen auseinanderdiskutieren.

Unabhängig davon muss an der Lärmreduzierung schon jetzt gearbeitet werden; das darf nicht erst in eineinhalb oder in fünf Jahren geschehen. Das ist ein wichtiger Punkt. Das passiert auch schon. Das Forum Flughafen und Region hat vor Kurzem ein Maßnahmenpaket zum aktiven Schallschutz vorgelegt. Das sind wichtige Maßnahmen, und wir begrüßen diese Initiative. Aber auch diese Maßnahmen müssen unter dem Motto laufen, dass es, absolut gesehen, nicht mehr Lärm geben darf. Gerade beim Thema Flugrouten müssen wir da noch einmal genau hinschauen.

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt. Ein weiteres Ergebnis der Anhörung ist, dass es in den letzten Jahrzehnten beim Schallschutz erhebliche Fortschritte gegeben hat. Diese wurden jedoch durch das Wachstum der Luftverkehrswirtschaft fast vollständig aufgefressen. Das bedeutet, wir müssen hier noch besser werden, und wir müssen noch mehr Druck ausüben. Die Planungen und Forschungen müssen forciert werden. Es ist unsere Aufgabe als Politiker, alle Wege und Möglichkeiten nutzen, dafür zu sorgen, dass die dort entwickelten Techniken schneller auch in den Flugzeugen eingesetzt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das wird zwangsläufig mit höheren Investitionen verbunden sein. Genau das ist aber ein Ansatzpunkt, mit dem wir den Lärm auch in der Rhein-Main-Region, insbesondere den Fluglärm, deutlich reduzieren können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Kollege Müller. – Das Wort hat Herr Staatsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf das Ergebnis und die Diskussion der Anhörung sind die Vorredner bereits eingegangen. Ich glaube, man kann zusammenfassend feststellen, dass unterschiedliche Auffassungen vertreten worden sind, insbesondere inwieweit die Kausalität zwischen Fluglärm und Krankheitsbildern, z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bereits nachgewiesen worden ist. Es dürfte deutlich geworden sein, dass

es Zusammenhänge gibt, diese aber im Detail untersucht werden müssen. Herr Kollege Dr. Arnold hat in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die Greiser-Studie, die bei der Erarbeitung des Fluglärmschutzgesetzes seinerzeit nicht ausreichend berücksichtigt worden ist, und darauf hingewiesen, dass bei dieser Studie Vorbelastungen und ähnliche Dinge, die bei den einzelnen Probanden möglicherweise zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führten, eben nicht berücksichtigt worden sind. Man könnte sagen: Es kann eine Kausalität bestehen, sie muss aber nicht bestehen. Es wird darauf ankommen, was die näheren Untersuchungen in diesem Zusammenhang jetzt ergeben.

Deswegen sage ich für die Landesregierung: Wir begrüßen die Vorbereitungen des Forums Flughafen und Region für eine Studie bezüglich der Lärmwirkung. Man muss aber differenzieren: Derzeit ist die Ausschreibung des Studiendesigns im Gange. Die Ergebnisse hieraus werden den Inhalt und die Module der eigentlichen Studie bestimmen.

Herr Grumbach, so, wie Sie es gemacht haben, darf man es nicht relativieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen will ich noch einmal die Punkte darstellen, die das Forum Flughafen und Region – bezogen auf diese Untersuchung – festgehalten hat.

Erstens.Wirkung von Fluglärm unter Berücksichtung von Straßen- und Schienenlärm auf die Gesundheit. Natürlich ist es richtig, hier sämtliche Lärmquellen einzubeziehen. Eine isolierte Betrachtungsweise führt nicht zu ausreichenden Ergebnissen.

Zweitens. Kausalzusammenhänge zwischen Belästigung und Gesundheitswirkung, insbesondere in Richtung der Kausalität, zur Quantifizierung der Dosis-Wirkung-Beziehung. Auch hier wird also dargestellt, dass weiterhin Aufklärungsbedarf besteht.

Drittens. Entwicklung der Belästigung in der Region, langfristige Effekte, veränderte Belastungssituationen, Gewöhnung, Überschuss.

Viertens.Identifikation von relevanten Moderatoren,z.B. Sensitivität, Sozialstrukturen sowie Risikofaktoren und deren Einfluss auf das Belästigungsempfinden und die Gesundheit.

Fünftens. Wirkung von Maßnahmen des aktiven Schallschutzes, z. B. Lärmpausen, Wirkungsunterschiede bei gleichen Pegeln, Neubelastung versus Zusatzbelastung, Einzelpegel versus Dauerschall in Bezug auf die Belästigungsurteile.

Sechstens.Wirkung bestimmter Informationsmaßnahmen in Bezug auf die Belästigungsquelle und gesundheitliche Lebensqualität, z. B. Wirkung von Information und Kommunikation,Vorabbekanntgabe der wahrscheinlichen Betriebsrichtung, Lärmmonitoring, Kommunikationsformen der Hauptakteure.

Siebtens. Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Auswirkungen auf deren schulische und persönliche Entwicklung, z. B. Lernverhalten, Leseverständnis etc.

Wenn das kein Katalog ist, an dem jetzt gearbeitet wird, dann weiß ich nicht, worüber wir hier diskutieren. Das ist Inhalt des Auftrags, der hier erteilt wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Mit der Zustimmung zu der Studie dokumentieren wir erneut sehr bewusst, dass das Thema Fluglärm und Gesundheitsstörungen über die Maßgaben des einschlägigen Fluglärmschutzgesetzes hinaus von der Landesregierung ernst genommen wird. Ansonsten hätte es ja keine Mediation gegeben,ansonsten hätte es das RDF nicht gegeben, und es gäbe auch kein Forum Flughafen und Region.

(Breifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, wir wissen aus der Geschichte des Frankfurter Flughafens, dass dieses Thema mit besonderer Aufmerksamkeit nicht nur beobachtet, sondern auch umgesetzt werden wird. Deswegen begrüßen wir diese Maßnahme, die vom FFR realisiert und in Auftrag gegeben werden soll. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass einzelne Module recht bald vorgelegt werden sollen, sodass sie noch vor Inbetriebnahme der Landebahn abgeschlossen sein können. Es wird z. B. eine Basiserhebung geben, die die Fluglärmbelästigung unter Berücksichtigung der Aspekte Belastung, Belästigung und Empfindlichkeit untersucht.

Meine Damen und Herren, ich sage in aller Deutlichkeit aber auch: Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses war und ist das Fluglärmschutzgesetz des Bundes, das 2007 erlassen worden ist.Ich lege sehr großen Wert auf die Feststellung: Wenn sich aus den Diskussionen ein Veränderungsbedarf ergibt, dann muss sich der an den Gesetzgeber im Deutschen Bundestag richten, denn Grundlage der juristisch zu beantwortenden Frage, was zu erfüllen ist und was nicht, sind ausschließlich die Vorgaben des Bundes.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen sollten wir nicht den Eindruck erwecken, dass diese Ergebnisse in weiter gehende Verfahren unmittelbar Eingang finden; denn das hängt davon ab, was das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Dies ist mein Selbstverständnis. Wenn wir zu der politischen Auffassung kommen,dass die im Fluglärmschutzgesetz genannten Grenzwerte nicht ausreichend sind, ist der Gesetzgeber gefordert, aus diesen Untersuchungen die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Herr Staatsminister, denken Sie bitte an die Redezeit.

Das wird die Grundlage für weiter gehende Diskussionen in diesem Zusammenhang sein. Deswegen bedauere ich angesichts der Gemeinsamkeit und der Ernsthaftigkeit, mit der die Frage in diesem Hause diskutiert wird, dass dies in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Nachtflugverbot gebracht wird.Über diese Frage wird das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Herr Kollege Al-Wazir, Sie haben neulich wider besseres Wissen gehandelt, als Sie in der „Frankfurter Rundschau“ erklärt haben, dann müsse das umgesetzt werden, was die Kasseler Richter der Regierung aufgegeben haben, näm

lich ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 23 und 5 Uhr. Sie wissen ganz genau, dass dies nicht Gegenstand der Entscheidung ist. Wir haben hinreichend darüber diskutiert, dass wir diese Entscheidung einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht zuführen werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank,Herr Staatsminister Posch.– Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache. Wir haben vereinbart, dass die drei Anträge – Tagesordnungspunkt 69, Tagesordnungspunkt 80 und Tagesordnungspunkt 83 – zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. – Das findet Zustimmung.

Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Arbeitslosengeld-II-Regelsätze sichern das Existenzminimum – Bildungspaket ermöglicht mehr Teilhabe und höhere Bildungschancen für Kinder von Arbeitslosengeld-II-Empfängern, Drucks. 18/2936. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 84 und wird, da keiner widerspricht, nach den Tagesordnungspunkten 57, 58 und 59 aufgerufen und gemeinsam mit den anderen Anträgen an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Gesundheitssystem auf eine tragfähige Grundlage stellen, Drucks. 18/2937.Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Antrag Tagesordnungspunkt 85 und kann, wenn niemand widerspricht, zusammen mit Tagesordnungspunkt 44 aufgerufen werden.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 57 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Teilhabe für alle sichern – Regelsatz angemessen gestalten – Hessen muss Willkür bei der Grundsicherung im Bundesrat stoppen) – Drucks. 18/2901 –

in Verbindung damit Tagesordnungspunkt 58:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Verfassungsgerichtsurteil zu Hartz IV be- achten – auch hessische Kinder brauchen mehr zum Le- ben) – Drucks. 18/2902 –

hierzu Tagesordnungspunkt 59:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Grundsicherung: Verantwortung statt Popu- lismus) – Drucks. 18/2903 –

Es gibt zehn Minuten Redezeit je Fraktion. Im Anschluss an die Beratung werden wir die drei genannten Anträge, die zwei Dringlichen Anträge und den Dringlichen Entschließungsantrag, an den Sozialpolitischen Ausschuss überweisen.