Roland Koch wollte Hessen einmal zum Musterland für erneuerbare Energien machen. Sein Nachfolger nimmt dieses Wort nicht mehr in den Mund. Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat in seiner Regierungserklärung eine eher untergeordnete Rolle gespielt, um das einmal ganz vorsichtig zu sagen.
Frau Ministerin, Ihre Regierung will den Anteil an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 auf 20 % erhöhen – ohne Verkehr. Das ist natürlich ein sehr wenig ambitioniertes Ziel und bleibt weit hinter dem Nötigen zurück.
Herr Arnold, aber nicht einmal dafür haben Sie ein Konzept vorgelegt. Deshalb frage ich Sie erneut, Frau Ministerin:Wo bleibt eigentlich Ihr Konzept?
Show-Veranstaltungen wie die Nachhaltigkeitskonferenz helfen nicht weiter.Sie ändern nichts am bestehenden Zustand. Sie halten weiter fest an klimaschädlichen Kohlekraftwerken wie dem Neubau von Block 6 in Staudinger, statt die dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren Energien voranzubringen. Und Sie machen den Stadtwerken durch die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke das Leben schwer. Denn man darf nicht vergessen: Die Milliardengewinne der Atomkonzerne sind die Milliardenverluste der kommunalen Energieversorger.
Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzentwurf der GRÜNEN zu beurteilen. Er findet schon deshalb unsere Zustimmung, weil wir denken, dass jeder Schritt in die richtige Richtung hilft. Der Gesetzentwurf zur Förderung erneuerbarer Energien im Landesplanungsgesetz ist dabei ein Beitrag. Es ist nicht der große Wurf; es ist ein Baustein in einem möglichen Mosaik, dessen Teile sich aus anderen sinnvollen Initiativen ergeben können.
Diese weiteren Anstrengungen sind von der Regierung zu erbringen, und zwar vor allem in der Landesplanung und auch in der Verkehrspolitik. Hessen ist ein Transitland. Das erklärt den erhöhten Anteil des Verkehrs am CO2Ausstoß aber nur teilweise. Vor allem sollte es der Landesregierung doch ein Ansporn sein, Innovation und Umweltschutz in diesem Bereich voranzutreiben. Es kann nicht sein, dass ein Bundesland, das aufgrund seiner geografischen Lage ein besonders hohes Verkehrsaufkommen hat, diesen Zustand einfach als völlig unveränderlich hinnimmt wie die Umweltministerin, die in der letzten Plenarwoche erklärt hat, der Anteil der erneuerbaren Energien sei in Hessen deshalb so niedrig, weil der Energieverbrauch so hoch ist. Dann muss man auch Konzepte vorlegen, wie man den Energieverbrauch senken kann.
Hessen sollte Vorreiter bei Technik und Methoden zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene sein, aber das sehen wir nicht.
(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Das ist wahrscheinlich aus Ihrem nächsten Schüleraufsatz, was Sie da erzählen!)
Herr Müller, ich finde – ich sage es mal vorsichtig – Ihr machohaftes Diskussionsverhalten heute ziemlich unangenehm, ehrlich gesagt.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Lieber Macho als so wie Sie! Aber ehrlich!)
Der Landesentwicklungsplan mag die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs als Ziel nennen. Fakt ist aber, dass die sehr begrüßenswerte Zunahme bei dem öffentlichen Personennahverkehr nicht mit der Zunahme des Gesamtverkehrs mithalten kann. Das Problem ist, dass Sie den ganzen Verkehrsbereich ausnehmen bei Ihrem Ziel: 20 % bis 2020.
Wenn Sie meinen, der vorliegende Vorschlag sei untragbar und unnötig, weil sich einzelne Regelungen schon anderswo finden, dann, Frau Ministerin, liebe CDU-Fraktion, liebe Herren von der FDP, machen Sie doch zur Abwechslung selbst einmal konkrete Vorschläge.
Sonst müssen Sie sich natürlich den Vorwurf gefallen lassen, alle zukunftsweisenden Ansätze in der Umwelt- und Energiepolitik zu blockieren, um den Atom- und den Kohlekonzernen das Geschäft zu erleichtern. Danach sieht Ihre Politik aus. Das ist genau die Zielrichtung, warum Sie nicht auf den Ausbau von Erneuerbaren setzen, sondern an dieser veralteten Technologie festhalten. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Rolf Müller (Geln- hausen) (CDU): Wer Sie hört, lernt Rosa Luxemburg schätzen!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eben gedacht,ich bin nicht ganz auf der richtigen Veranstaltung. Denn viele der Dinge, die eben diskutiert worden sind, haben eigentlich mit dem Regelungsinhalt dessen, was in dem Gesetz enthalten ist, nichts zu tun, Herr Kollege Warnecke.
Wir können wirklich an passender Stelle darüber diskutieren,ob es vertretbar ist,zu welchen Kosten das AKW in Greifswald abgerissen wird. Das hat aber mit den Zielsetzungen, die Sie hier in dem Gesetzentwurf diskutieren wollen, überhaupt nichts zu tun.
Der Gesetzentwurf will,dass das Land Hessen seinen Beitrag zu den globalen Klimaschutzanstrengungen nur leisten kann, wenn auf allen Planungs- und Raumnutzungsebenen Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes ergriffen werden. Dazu – jetzt komme ich zum Inhalt – schlägt das Gesetz Grundsätze der Raumordnung vor, mit denen der Verbrauch von Strom, Wärme und Antriebsenergie reduziert und der Ausbau und die Nutzung von erneuerbaren Energien vorangetrieben werden sollen.
Es geht also um die Frage, mit welchen Instrumenten man dieses Ziel – darüber sind wir in vielen Bereichen gar nicht so weit auseinander – erreichen kann. Da, das haben wir schon im Laufe der Diskussion gesagt, kommen wir zum Ergebnis – ich will das nur in aller Kürze begründen –, dass die vorgeschlagenen Regelungen in diesen Grundsätzen teilweise rechtswidrig sind, sachlich teilweise nicht geboten sind und teilweise bereits Gegenstand von Festlegungen im Landesentwicklungsplan und in den Regionalplänen sind.
Es sind – lassen Sie mich das auch begründen – keine dezidierten Grundsätze im Hessischen Landesplanungsgesetz notwendig, sondern Zieldefinitionen. Es ist eine klare Verständigung über verbindliche quantitative und qualitative Vorgaben im Landesentwicklungsplan erforderlich. Die Vorstellungen hierzu sind Ihnen von der Landesregierung, von der Umweltministerin, bereits dargestellt worden, und sie werden Gegenstand des Landesentwicklungsplans sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, wenn Sie dies mit landesplanerischen Grundsätzen zu erreichen versuchen, ist das rechtswidrig. Diese landesplanerischen und regionalplanerischen Grundsätze sind daher ein völlig ungeeignetes Instrument, denn sie sind
Das funktioniert also vor dem Hintergrund der Vorschriften des Bundesraumordnungsgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eben nicht. Hiernach muss ein Planungsträger, sofern er z. B. erreichen will, dass Windenergieanlagen in Vorranggebieten tatsächlich errichtet werden, den übrigen Planungsraum ausschließen – Stichwort:Vorranggebiete.Genau das werden wir mit dem Landesentwicklungsplan machen.
Ich will es wiederholen:Das Instrumentarium,das Sie hier vorgeschlagen haben, ist nicht geeignet, dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. Wir werden die energiepolitischen Vorstellungen der Landesregierung im Landesentwicklungsplan, der als Rechtsverordnung erlassen wird und der Zustimmung dieses Hauses bedarf, umsetzen.
Wir sind in der Erarbeitung des Landesentwicklungsplans. Dann werden wir Ihnen das vortragen und vorschlagen.
Das heißt, wir benötigen eine klare Verständigung darüber, welche quantitativen und qualitativen Vorgaben in den nächsten Landesentwicklungsplan eingefügt werden sollen. Es gibt hier noch eine ganze Menge anderer Überlegungen; mir kommt das manchmal wie ein Sammelsurium verschiedener Wünsche vor.Es ist doch nicht so,dass wir im Bereich des Straßenbaus keine Pläne hätten. Wir haben als Land den Bundesverkehrswegeplan in Auftragsverwaltung umzusetzen. Es gibt andere planerische Vorgaben,auf deren Grundlage wir die Zielsetzungen,die ich überhaupt nicht bestreiten will, in unterschiedlicher Weise umsetzen werden. Dies haben wir im Verlauf der zwei Lesungen des Gesetzentwurfs bereits deutlich gesagt.
Das Instrumentarium, das Sie vorschlagen, ist vielleicht gut gemeint, rechtlich aber nicht geeignet, diese Zielsetzungen tatsächlich zu erreichen. Deswegen halten wir Ihren Gesetzesvorschlag für nicht realisierbar.
Wir kommen in dritter Lesung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die LINKEN und die GRÜNEN.Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich der Stimme? – Die SPD. Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf in dritter Lesung bei Gegenstimmen von CDU und FDP, bei Zustimmung von LINKEN und GRÜNEN und bei Enthaltung der SPD abgelehnt worden ist.
Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 45, Tagesordnungspunkt 66, Tagesordnungspunkt 74 und Tagesordnungspunkt 79 auf:
Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Laufzeitverlängerungen für die Atomkraftwerke – Drucks. 18/2872 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Biblis B: 80 Sicherheitsmängel sind 80 weitere Abschaltgründe – Drucks. 18/2906 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Atomkraftwerk Biblis: statt verharmlosen und verschweigen – Risikogutachten offenlegen – Drucks. 18/2916 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Zwischenfall im Atomkraftwerk Biblis A – Drucks. 18/2922 –
Vereinbarte Redezeit: fünf Minuten je Fraktion. Die Regierung hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile Frau Puttrich das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe gewünscht, dass ich als Erste das Wort erhalten kann, weil ich Ihren Anträgen entnehme, dass Sie nicht nur ein Informationsbedürfnis haben, sondern dass hier auch einiges klargestellt werden muss, bevor man in eine engagierte Debatte geht. Ich entnehme Ihren Anträgen, dass einiges, was Sie behaupten, schlicht und einfach falsch ist. Ich bin der Meinung, wir sollten die Diskussion versachlichen, indem ich Ihnen vorab ein paar Informationen gebe.