Protocol of the Session on September 9, 2010

Ich habe vorhin schon versucht, Ihnen ein paar Zahlen zu sagen. Ich argumentiere hier nicht nur rein fiskalisch.

(Hermann Schaus: Was denn sonst? – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Weil die Leute früher sterben?)

Ich habe Ihnen vorhin deutlich gesagt, dass es Parameter gibt, die man in einer solchen Debatte einfach zur Kenntnis nehmen muss, und dass man einfach auch einmal zur Kenntnis nehmen muss, wohin die demografische Entwicklung geht, wohin die Aufteilung und die Steigerung der Versorgungslasten gehen, wohin die Steigerung der Personalkosten gehen, und dass Sie darauf eine Antwort finden müssen, wie Sie das finanzieren wollen.

Nun habe ich mir vorhin die Mühe gemacht, auf der Internetseite der LINKEN, die ich nicht so oft besuche, zu schauen, was eigentlich Ihre Vorschläge sind. Sie schlagen eine Vermögensteuer in der Größenordnung von 1,2 Milliarden c vor. Dann schlagen Sie vor, dass man die Unternehmensteuerreform zurücknimmt, was dem Landeshaushalt 200 Millionen c bringen würde. Dann sagen Sie, Sie wollten die Erbschaftsteuer erhöhen, und das bringe 450 Millionen c. Das macht zusammen 1,85 Milliarden c.

Herr Kollege Schaus, wir haben im hessischen Haushalt ein strukturelles Defizit, das bei 2,2 Milliarden c liegt. Wenn Sie eine Antwort darauf geben wollen, wie Sie dieses strukturelle Defizit abbauen und wie Sie im Sinne von Generationengerechtigkeit die Schulden nicht auf die nächsten Generationen verschieben wollen, reichen Ih

nen diese 1,85 Milliarden c noch nicht einmal dafür aus, das strukturelle Defizit dieses Haushalts auszugleichen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das war doch schon einmal ein Anfang!)

Das ist schlichtweg unsinnig, was Sie hier erzählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der CDU und der FDP)

Von daher glaube ich, dass Sie sich wirklich einmal mit den Fakten und Tatsachen beschäftigen sollten. Es ist einfach so, und darüber freuen wir uns doch alle, dass die Menschen heute wesentlich länger leben und ihren Ruhestand und ihre Altersbezüge wesentlich länger genießen können.

Sie müssen eine Antwort darauf geben, wie immer weniger Menschen – Stichwort: demografischer Wandel – immer länger Versorgungslasten bezahlen sollen und das Ganze so gestaltet wird, dass auch die nächste Generation noch leben und wirtschaften kann. Diese Antwort bleiben Sie mit dem, was Sie hier permanent von sich geben, ganz einfach schuldig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 45 und 63 beendet.

Wir kommen zur Abstimmung.Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Dienst-Unrechts-Reform zurück auf null, Drucks. 18/2766, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? – Das übrige Haus. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Übertragung der Rente mit 67 auf die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen, Drucks. 18/2798.Wer stimmt zu? – Die GRÜNEN und die SPD. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und LINKE. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 11:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften – Drucks. 18/2733 –

Den Gesetzentwurf bringt der Kollege Müller von der FDP-Fraktion ein. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf in der Tat den MetropolregionGesetzentwurf hier einbringen.

Ich beginne mit der Feststellung, dass die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main der Motor der hessischen Wirtschaft ist.Die Rhein-Main-Region ist eine prosperierende Region mit einer hervorragenden Infrastruktur und einem sehr hohen Mobilitätsangebot. Sie hat eine gute Position im europäischen und internationalen Gefüge. Es gilt, diese Position weiter zu verbessern.

Die Regierungskoalition aus CDU und FDP ist sich der herausragenden Bedeutung der Rhein-Main-Region für ganz Hessen durchaus sehr bewusst. Daher setzt sie sich gemeinsam mit der Landesregierung für den Ausbau des Frankfurter Flughafens, für die Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt, für die Stärkung der Universitäten in der Region und auch für den Ausbau des Mobilitätsnetzes in der Rhein-Main-Region ein.

Den hohen Mobilitätsstandard müssen wir weiter ausbauen.Das ist der Dreh- und Angelpunkt.Deswegen ist es das richtige Signal, dass wir nachdrücklich für den Ausbau des Frankfurter Flughafens eintreten und sich die neue Landebahn im Bau befindet. Mit dem Frankfurter Flughafen steht und fällt die Entwicklung in unserer Region.

Unser gemeinsames Ziel muss weiterhin sein, die Attraktivität der Region für die Unternehmen und Fachkräfte zu steigern. Es muss einfach deutlich werden, dass wir auch über hervorragende weiche Standortfaktoren, wie Kultur, Erholung,Freizeitgestaltung und Natur,verfügen.Hierbei können die Stadt Frankfurt und das Land wechselseitig voneinander profitieren. Wir haben in der Region drei Staatstheater: in Mainz, in Wiesbaden und in Darmstadt. Wir haben in Frankfurt die Alte Oper, das Rheingau-Musik-Festival, den Regionalpark Rhein-Main und zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, z. B. das Museumsuferfest in Frankfurt. All das gibt es schon, und wir müssen daran arbeiten, dass wir das noch besser „verkaufen“, damit auch Fachkräfte und Besucher aus dem Ausland diese Veranstaltungen kennen und schätzen lernen.

Es ist ein großes und ehrgeiziges Ziel, die Rivalität zwischen Frankfurt und den Nachbarkommunen zu einem für alle vorteilhaften fairen Wettbewerb zu entwickeln. Den Kommunen muss aber klar sein, dass bei aller Konkurrenz, die es gibt – auch um Gewerbesteuern –, die gesamte Region profitiert, wenn Unternehmen in das Rhein-Main-Gebiet geholt werden, egal ob sie sich in Frankfurt, in Eschborn oder in Bad Homburg ansiedeln.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb hoffe und erwarte ich, dass sich die Region in Fragen der Wirtschaftsförderung und des Standortmarketings zusammenrauft. Ich sage Ihnen aber auch: Nur dadurch, dass wir die Kommunen verpflichten und dazu zwingen, in diesem Bereich zusammenzuarbeiten, werden die vorhandenen Rivalitäten nicht beseitigt. Deswegen bringen wir heute diesen Gesetzentwurf ein. Er entwickelt die Strukturen in der Region sinnvoll weiter. Ausgangspunkt ist und bleiben dabei die freiwillige Zusammenarbeit der Kommunen und die kommunale Selbstverwaltung. Die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt müssen sich aus der Region heraus entwickeln, wie dies schon bei der Abwasserentsorgung, der Wasserversorgung und der Abfallbeseitigung gelungen ist. Es haben sich Zweckverbände und Gesellschaften gegründet, die diese Aufgaben hervorragend erledigen. Ich nenne beispielhaft auch den RMV, der hervorragend funktioniert und den ÖPNV in der Region auf gesunde Füße stellt.

(Beifall bei der FDP)

Ich erinnere an den Regionalpark Rhein-Main, ein weiteres Erfolgsprojekt. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit in der Region überall dort funktioniert, wo es auf der Hand liegt.

Der erste wichtige Punkt in dem Gesetzentwurf ist die Umbenennung von „Planungsverband“ in „Regionalverband“.

(Zurufe von der SPD)

Ich komme auch zu den anderen Punkten; haben Sie Geduld. – Diese Umbenennung ist für Unternehmen, die neu in das Rhein-Main-Gebiet kommen, oder für Unternehmen, die das noch tun wollen, ein wesentlicher Vorteil insofern, als sie jetzt wissen: Das ist der Ansprechpartner für die Region. – Hier geht es also nicht nur um Planungsaufgaben,sondern um die Vermarktung in der Region insgesamt.

(Marius Weiß (SPD):Warum lehnen die Unternehmen den Gesetzentwurf dann ab?)

Herr Weiß, die Unternehmen lehnen dieses Gesetz definitiv nicht ab. Sie sollten einmal mit den Unternehmen reden und genau zuhören. Dann werden Sie hören, dass viele Punkte in dem Gesetzentwurf von den Unternehmen gelobt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir halten weiterhin an der Aufstellung eines regionalen Flächennutzungsplans fest. Der erste regionale Flächennutzungsplan wird in Kürze aufgestellt sein. Es ist unstreitig, dass das ein sehr komplexes Verfahren ist. Meine Damen und Herren, wir werden diesen regionalen Flächennutzungsplan in Kraft treten lassen, und dann wird sich zeigen, dass er seinen Zweck, eine übergreifende regionalen Planung, erfüllt.

Drittens. Die wesentliche Änderung besteht in der Auflösung des Rats der Region. Der Rat der Region konnte die ihn gesetzte Hoffnungen auf Impulse für die Region, auf neue Ideen nicht erfüllen. Stattdessen werden künftig im Regionalvorstand die Oberbürgermeisterin von Frankfurt, weitere Oberbürgermeister und die Landräte der Region mit Stimmrecht vertreten sein. Dieses neue Gremium, der Regionalvorstand, ist einem Kreisausschuss oder einem „Magistrat“ für den Regionalverband vergleichbar, und er hat die Aufgabe, sich über die Flächennutzungsplanung hinaus auch mit anderen Aufgaben in der Region zu beschäftigen. Der Gebietszuschnitt ergibt sich aus dem regionalen Flächennutzungsplan. Für dieses Gebiet ist die Verbandskammer zuständig. Wir haben aber auch geregelt, dass bei allen Aufgaben, die in der Region wahrgenommen werden können, die aber über das Zuständigkeitsgebiet hinausreichen, weitere Kommunen, z. B. die Stadt Wiesbaden und die Stadt Darmstadt, mitarbeiten können und durchaus auch mitarbeiten sollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Damit wird die Zusammenarbeit in der Region im Regionalvorstand konzentriert. Zudem wird es das Gesetz ermöglichen, dass die Kommunen in der Region weitere Aufgaben auf den Regionalvorstand übertragen, so es denn eine Mehrheit in den jeweiligen Vertretungskörperschaften gibt. Damit werden, da bin ich sicher, die vorhandenen Strukturen an den Punkten verbessert, wo sich in den letzten Jahren Mängel gezeigt haben.

Wir haben mit dem Gesetzentwurf eine auf die RheinMain-Region zugeschnittene Lösung erarbeitet und vorgelegt. Ich bin überzeugt, dass wir damit eine gute Grundlage geschaffen haben, dass sich das Rhein-Main-Gebiet mit seiner besonderen Bedeutung für die Wirtschaftskraft

Hessens weiterhin positiv entwickeln kann und positiv entwickeln wird. Auch die Landesregierung wird weiterhin ihren Beitrag dazu leisten; denn nur mit einer guten und positiven Entwicklung im Ballungsraum Rhein-Main kann Hessen seine guten wirtschaftlichen Eckdaten halten und ausbauen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat der Kollege Weiß, SPDFraktion.

(Leif Blum (FDP): Haben wir denn eine Kreistagssitzung?)

Warten wir einmal ab, wer noch zu Wort kommt. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bereits im letzten Jahr haben wir mit einem eigenen Antrag versucht, die Landesregierung aus ihrer Lethargie zu erwecken, die sie bei der Weiterentwicklung der Rhein-Main-Region befallen hat. Das Erwecken der Landesregierung hat zwar geklappt, doch das, was uns nun als Ergebnis der Novellierung des Ballungsraumgesetzes vorliegt, lässt das RheinMain-Gebiet weiter im Dornröschenschlaf verharren. Auch der neue Ministerpräsident Bouffier ist nicht der schöne Prinz, der es wachzuküssen vermag.

(Heiterkeit bei der SPD)

Bis auf einen neuen Namen hat sich nicht viel geändert. Das sieht eher nach heißer Nadel denn nach gründlicher Evaluation aus. Die Rhein-Main-Region ist kopflos, ohne festen Verantwortlichen und von einer Vielzahl offenbar unkoordiniert agierender Vereine und Institutionen geprägt.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Du solltest einmal den Gesetzentwurf lesen!)

Frankfurt sowie der Hochtaunuskreis und der Main-Taunus-Kreis beschließen, ein Haus der Region zu gründen, das im Ballungsraumgesetz so gar nicht vorgesehen ist. Die Landesregierung schweigt dazu.Der Hessische Rechnungshof bemängelt bei der Prüfung des Planungsverbands die fehlenden politischen Signale der Landesregierung zur Zukunft der Region, und auch darauf erfolgt keine Reaktion. Die schöne Prinzessin Rhein-Main schlummert friedlich weiter.

Der Kollege Müller hat im Rahmen der Debatte über das Ballungsraumgesetz eben die schönen Theater in Mainz, in Wiesbaden und in Darmstadt gelobt und dabei offensichtlich gar nicht mitbekommen, dass genau diese drei Städte gar nicht vom Ballungsraumgesetz erfasst sind.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP):Aber natürlich! Ich habe es doch erklärt!)

Beim Gebietszuschnitt gibt es keine Änderungen. Es bleibt die Seltsamkeit, dass die Landeshauptstadt Wiesbaden und die Stadt Darmstadt nicht Mitglieder des neuen Regionalverbands sein sollen. Der Rheingau-TaunusKreis soll übrigens auch nicht Mitglied werden, obwohl man sich etwas anderes denken könnte; denn hier sprechen gleich vier Leute aus dem Untertaunus dazu.