Protocol of the Session on September 8, 2010

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Aber da dies offenkundig ist, hat der Bundesumweltminister in den letzten Tagen davon gesprochen, dass alte Atomkraftwerke nachgerüstet werden müssen und dass bei dieser Frage die Gefahr von Flugzeugabstürzen und der Bau einer Betonhülle eine Rolle spielen. Bei alten Atomkraftwerken müsste etwas gemacht werden.

Frau Ministerin, dazu gebe ich Ihnen den Hinweis: Die Bibliser Kraftwerke sind alt, sehr alt. Ihre Ausrüstung entspricht schon lange nicht mehr dem heutigen Stand von Sicherheit und Technik.

Ich habe über mögliche Flugzeugabstürze gesprochen. Da haben wir eine irre Situation. Es existierte eine Sicherheitsanalyse in Form von Gutachten, die das Ministerium in Auftrag gegeben hat. Dann hat man das berechnet – man hat aber nur die neueren Atomkraftwerke genommen – und ist zu dem Ergebnis gekommen, das kann gut gehen. Dann hat man gesagt, die alten Atomkraftwerke seien so schlecht, dass man da gar keine Berechnungen anstellen würde.

Auch das ist jetzt vorbei. In dem Moment, in dem eine Laufzeitverlängerung in dieser Dimension ansteht, müssen die Anlagenkonzeption und auch die Folgen eines möglichen Unfalls,etwa eines Flugzeugabsturzes,in Biblis konkret berechnet werden. Sie müssen der Bevölkerung darlegen, welche Folgen das haben könnte. Meine Damen und Herren, auch das wird Ihre Aufgabe in den nächsten Wochen sein. Frau Ministerin, das trifft gerade auf Sie zu.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssten auch einmal darstellen, wie Sie das Problem mit der Endlagerung lösen wollen, welche Vorstellungen Sie dazu haben. Das ist auch nicht ganz unspannend.

Ich denke, es ist völlig verantwortungslos, die Laufzeiten der AKWs im Durchschnitt um zwölf Jahre zu verlängern, ohne bei der Entsorgung auch nur 1 m weitergekommen zu sein. Im Gegenteil, die Meldungen aus Gorleben zeigen doch die Probleme auf.

Aber dass sich Herr Stephan hierhin stellen und RotGrün einen Vorwurf wegen Gorleben machen kann, finde ich unglaublich. Ich denke da an ehemalige CDUBundesumweltminister – speziell an eine Bundesumweltministerin –: Es gab auch Eingriffe aus dem Kanzleramt. Entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Fachkenntnissen aus dem eigenen Haus sowie von Instituten,die man selbst beauftragt hatte,wurde die politische Weisung erteilt – Hauptsache, es ist eine politische Entscheidung –:Macht Gorleben.– Dann stellen Sie sich hierhin und sagen, Rot-Grün habe das nicht fortgeführt. Meine Damen und Herren, das ist unglaublich.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Pe- ter Stephan (CDU))

Da ist manipuliert und betrogen worden, und jetzt sagen Sie, wir hätten das Endlagerproblem nicht gelöst. Haben Sie das Problem denn in der Koch-Ära, nein, in der KohlÄra – in der Koch-Ära schon gar nicht – gelöst? CDU und FDP haben doch 16 Jahre lang regiert. An welcher Stelle sind wir denn bei dem Problem der Endlagerung vorangekommen? In dieser Phase ist doch manipuliert worden.

(Beifall bei der SPD)

Reden Sie von der CDU niemals über die Endlagerung. Es läuft ein Untersuchungsausschuss, in dem noch einiges dazu zutage gefördert werden wird, wie an dieser Stelle manipuliert worden ist.

Frau Ministerin, Sie werden auch etwas zu der Frage sagen müssen, ob die Verlängerung der Laufzeiten ohne ein Votum des Bundesrats beschlossen werden soll, ob man also in Hessen tatsächlich der Meinung ist, Hessen muss nicht gehört werden. Das finde ich interessant.

Übrigens hat das Land Hessen in dieser Frage einmal vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Ich finde, auch das werden Sie heute beantworten müssen. Die Linie für das, was hier geht, ist also klar.

Frau Ministerin – ich kann es fast nicht mehr hören –, Sie haben auch von der „Brückentechnologie Atomkraft“ gesprochen. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich dazu sagen soll. Möglicherweise ist das eine Brücke, aber eine Brücke in die Sackgasse – im guten Fall.Im schlechten Fall ist es eine Brücke in den Abgrund, wie der Unfall in Tschernobyl gezeigt hat.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Peter Stephan (CDU): Er weiß nicht, was eine Brücke ist! Eine Brücke ist keine Sackgasse!)

Ich komme zu meinen letzten Sätzen. Die Laufzeitverlängerung blockiert Innovationen, die Einführung neuer Technologien und Investitionen für die Zukunft. Umwelttechnologien,die Nutzung erneuerbarer Energien und die Technologieeffizienz werden blockiert, verdrängt und verhindert. Die Stadtwerke sagen das auch. Sie haben noch einmal appelliert und gesagt: Macht das nicht.

Übrigens geht es auch da wieder um die Kommunalfeindlichkeit der Landesregierung. Auch da werden die Kommunen wieder ganz hart bedroht. Die Monopole werden wieder gestärkt.Auch das ist ein Ergebnis dieser Politik.

Deswegen sage ich Ihnen: Der Ausstieg aus dem Ausstieg ist ein ganz schwerer Fehler, der den gesellschaftlichen Konsens aufkündigt. Das Stichwort dazu lautet Akzeptanz.

Etwas anderes wäre notwendig gewesen. Da gibt es eine ganz hohe Akzeptanz, nämlich bei 90 % der Bevölkerung, den Einstieg in die Nutzung der erneuerbaren Technologien fortzuführen. Meine Damen und Herren, das wird aber durch Sie behindert. Das ist das ganz Schlimme an diesem elenden Beschluss, der hergestellt wurde. – Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Kollege Schmitt, vielen Dank. – Für die FDP-Fraktion erhält jetzt Herr Rock das Wort. Herr Rock, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich führen wir in jeder Plenarwoche die Diskussion zum Klimaschutz und zur Nutzung der Atomenergie. Die Argumente sind hinlänglich bekannt. Sie wurden reihenweise ausgetauscht.

Dennoch möchte ich noch einmal ganz deutlich für meine Fraktion erklären: Klimaschutz ist ein wichtiges Anliegen, zu dem wir stehen. Daran arbeiten wir auch konstruktiv.

Diese Landesregierung, die von uns und den Mitgliedern der CDU-Fraktion gestützt wird, hat dazu Aussagen getroffen und sich Ziele gesetzt, die ich für sehr ambitioniert halte. Ich glaube, sie zeigen auch deutlich, dass wir an diesem Thema ernsthaft arbeiten.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das Argument eingehen, die regenerativen Energien wären dabei die Verlierer. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass in dem Konzept, das die Bundesregierung vorgelegt hat, die Nutzung der regenerativen Energien eine ganz zentrale Rolle spielt. Es sind alle wichtigen Problemfelder nachhaltig dargestellt und auch eine Lösung aufgezeigt worden.

Da kann man vielleicht noch über gewisse Prozentwerte streiten. Man kann auch über gewisse Zeiträume streiten. Ich glaube aber, behaupten zu können, dass die Bundesregierung mit ihrem Energiekonzept den Schwerpunkt deutlich auf die Nutzung regenerativer Energien gesetzt hat, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Etwas anderes kann niemand ernsthaft von dieser Stelle aus oder von dem Sitzplatz dort drüben aus behaupten. Da spricht das Konzept eine eindeutige und deutliche Sprache.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Schmitt hat die Debatte über die Frage der Sicherheit aufgemacht. Ich glaube, da braucht man sich nicht so zu echauffieren und künstlich aufzuregen.

Ich möchte einmal eines deutlich sagen: Wenn es Bedenken hinsichtlich der Sicherheit in der Form gibt, wie Sie das immer vortragen, dann hätten die Bundesumweltminister der hier sitzenden Parteien – natürlich außer den LINKEN – längst Konsequenzen ziehen müssen.

(Zuruf von der SPD: Er hat es nicht verstanden!)

Eines wurde doch klar und deutlich gesagt: Die Sicherheit ist ein ganz zentraler Bestandteil. Wir werden das genau verfolgen.

Das Thema Flugzeugabsturz ist jetzt sozusagen das neue Modethema.

(Zuruf von der SPD:Was?)

Wenn das Thema Flugzeugabsturz bei Ihnen eine so zentrale Rolle gespielt hat, warum haben Sie denn nicht nach dem 11. September 2001, also z. B. am 12. September 2001, alle Kraftwerke vom Netz genommen?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will einmal versuchen, die ganze Angelegenheit stärker politisch zu bewerten. Ich höre immer wieder, das sei ein schmutziger Deal, die Bundesregierung habe einen schmutzigen Deal beschlossen.

Die Bundesregierung hat sich in einem Ausstiegsszenario auf einen Zeitpunkt für den Ausstieg verständigt. Das ist geschehen, nichts anderes.

Ich frage jetzt Rote und GRÜNE: Was ist der zentrale Unterschied zu Ihrem Vertrag mit den entsprechenden Energieunternehmen? Sie haben einen Vertrag mit den Energieunternehmen geschlossen, um den Ausstieg zu organisieren. Jetzt wird der Ausstieg halt ein paar Jahre später erfolgen.Aber eines ist ganz klar:Auch Schwarz-Gelb hat erklärt, wann das Atomkraftwerk in Biblis vom Netz gehen soll.

Eines ist doch ganz klar: Sie reiten hier ein totes Pferd. Mehr machen Sie nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich frage jetzt einmal: Welche wissenschaftliche Grundlage hatte denn der Ausstiegszeitpunkt, den Sie mit den Energieversorgern verhandelt haben? War das ein Abwägungsprozess? Haben Sie während dieses Prozesses mit den Vertretern der Energiekonzerne in irgendeiner Form zusammengesessen? Gab es da keine Gespräche?

Ich will Ihnen sagen: Was Sie hier veranstalten, ist, wenn man es von der logischen Seite sieht, überhaupt nicht nachvollziehbar. Das Einzige, was Sie kritisieren können, ist, dass ein Abwägungsprozess der neuen Bundesregierung dazu geführt hat, dass der Ausstieg etwas später erfolgen wird.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Wilhelm Diet- zel und Kurt Wiegel (CDU))

Vom Grundsatz her können Sie aber immer noch feststellen, dass auch im parlamentarischen Bereich klar geworden ist:Es wird einen Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zu einem gewissen Zeitpunkt geben.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie das Problem sehen, dass Ihnen vielleicht in zwei Landtagswahlkämpfen die Themen ausgehen. Sie müssten sich überlegen, für diese zwei Landtagswahlkämpfe wieder einmal Ihr Programm umzuschreiben. Das könnte doch wirklich ein Anlass sein, der Sie so aufregt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir es objektiv betrachten, stellen wir doch fest, dass es tatsächlich so ist, dass nur noch versucht werden kann, dieses politische Thema höchstens bis zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aktuell zu halten. Das ist doch die einzige Möglichkeit, die Sie noch haben, die Medien oder die Bürger in irgendeiner Weise mit Angstszenarien in Aufregung zu versetzen. Das ist doch die einzige Möglichkeit.

Frau Hammann, Sie haben doch immer wieder gesagt, wenn die Nutzung der Atomenergie weiterlaufen sollte, dann würden die Kohlekraftwerke nicht gebaut werden. Wir wissen, dass Sie gesagt haben, die wären dann nicht wirtschaftlich; dann würden gewisse Kohlekraftwerke nicht mehr gebaut werden.

Es ist doch ganz klar: Die Nutzung der Atomenergie ist doch CO2-arm. Das sage ich jetzt einmal so. Wenn man den gesamten Herstellungsprozess in Betracht zieht, könnte man auch dazu noch etwas argumentieren.