Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Sie sollten in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehren. Das wäre die sauberste Lösung. Wie ich schon gestern gesagt habe: Nach den Ergebnissen der letzten Wahlen – minus 12 % im Jahr 2008, 40.000 Stimmen verloren im Jahr 2009 – sollten Sie überlegen, ob Sie nicht mit dem Personal in Hessen anders umgehen. Diese Politik nach Gutsherrenart sollten Sie endlich beenden.
Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schott für die Fraktion die LINKE.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt sind Sie sprachlos wegen Berlin! – Zuruf: Wieso will sie nicht? – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das muss sie erst einmal verarbeiten! Jetzt muss erst einmal in Berlin angerufen werden!)
Man kann sich laut Geschäftsordnung zu Wort melden. Man kann auch laut Geschäftsordnung seine Wortmeldung zurückziehen;das hat Frau Kollegin Schott gemacht. Herr Bellino hat eine Wortmeldung abgegeben. Er wäre als Nächster an der Reihe gewesen. Demzufolge hat er jetzt das Wort. – Herr Bellino, bitte.
(Minister Volker Bouffier: Die sind so was von fer- tig, dass wir in einem Boot sitzen; das ist für die ein Problem!)
Frau amtierende Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Sorge, ich ersetze hier nicht Frau Schott. Ich möchte auch nicht in ihre Fußstapfen treten oder für sie ihre Rede halten, sondern ich spreche selbstverständlich für die CDU-Landtagsfraktion.
Wenn man gehört hat, was bisher gesagt wurde, und Vermutungen darüber anstellt, was noch kommen wird, kann man feststellen, dass es noch zu früh für eine Bewertung und vor allen Dingen noch zu früh für eine Kritik ist. Die Gespräche finden nämlich, wie wir wissen, erst morgen statt bzw. beginnen erst morgen.
Streckenweise war es auch zu polemisch, insbesondere dort, wo es wirklich ernst ist, wo es um die Situation unserer Bediensteten in Hessen geht. Lieber Herr Kollege Frömmrich,streckenweise gingen Sie auch am Thema vorbei.
Nach unserer Meinung sollte das Land Hessen, ebenso wie das Land Berlin, auch zukünftig die Chancen nutzen, die die Föderalismusreform bietet: Chancen für mehr Flexibilität und die Chancen dafür,einen eigenen Hessen-Tarif durchzusetzen bzw. zu erhalten, um die Besonderheiten unseres Landes abzubilden. Das muss aber immer mit der Zustimmung beider Seiten erfolgen – das ist doch logisch –, denn die Gesetze der Tarifautonomie gelten nach wie vor.Die standen und stehen nicht zur Diskussion oder zur Disposition.
Hier und auch bei den anstehenden Verhandlungen wird das Zusammenspiel der Gewerkschaften und des Arbeitgebers funktionieren.Auch hier wird es mit Sicherheit ein öffentliches Ringen geben. Auch hier – das vermuten wir sehr stark – wird es nachher einen Kompromiss geben,mit dem beide Seiten nicht nur leben können, sondern den auch beide Seiten unterschreiben, weil sie ihn gut finden.
Daher kann es auch entgegen der Forderung, die hier gestellt wurde, keine vorbehaltlose Übernahme der Tarifvereinbarung im öffentlichen Dienst geben. Es kann kein Übernahmediktat geben.
Dies widerspricht der Zielsetzung eines eigenständigen Hessen-Tarifs und verbietet sich auch aus anderen Gründen. Die Situation in den einzelnen Bundesländern ist nicht vergleichbar. Die Situation der Beschäftigten in diesen Bundesländern ist nicht vergleichbar. Denken wir nur – gerade bei der Polizei – an die Ausbildung und an die Ausstattung. Wir haben auch in unserem öffentlichen Dienst Regelungen, die andere Länder nicht oder nicht in diesem Ausmaß haben. Stellvertretend dafür nenne ich die Ortszulagen, den Familienzuschlag und Sonderzahlungen.
Deshalb hilft auch bei dieser Diskussion eine differenzierte Betrachtung des Zusammenspiels von Sonderzahlungen und Zulagen auf der einen Seite und der Entlohnung auf der anderen Seite. Deshalb hilft eine differenzierte Betrachtung auch beim Interessenausgleich zwischen einer vernünftigen Entlohnung auf der einen Seite und der Verpflichtung gegenüber dem Steuerzahler und den zukünftigen Generationen auf der anderen Seite.
Bei dieser Gelegenheit nenne ich auch die „Operation sichere Zukunft“.Sie haben da einen Sprachfehler.Es heißt „sichere Zukunft“.
Fragen Sie sich einmal, ob wir, wenn diese „Operation sichere Zukunft“ nicht stattgefunden hätte, heute in der Lage wären,ein Sonderinvestitionsprogramm aufzulegen, um unsere hessische Wirtschaft und die Arbeitsplätze in der Wirtschaft zu sichern. Das ist einzigartig in Deutschland, und es ist auch deshalb möglich, weil diese Maßnahmen ergriffen wurden.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass morgen die Spitzengespräche stattfinden. Das heißt, sie beginnen
morgen. Deshalb ist es heute zu früh für eine Kritik. Daher wollen wir nicht heute im Plenum das Verhandlungsergebnis vorwegnehmen. Wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir mit Vorfestlegungen in diese Verhandlungen gingen bzw. versuchen würden, unseren Minister mit solchen Vorfestlegungen auszustatten. Warten wir doch gemeinsam den Stil und das Ergebnis der Verhandlungen ab.Anschließend können wir das, was dabei herausgekommen ist, kommentieren.
Wir gehen davon aus, dass es eine für beide Seiten vernünftige – ich wiederhole: eine für beide Seiten vernünftige – Lösung geben wird und dass wir uns mit ver.di und der Tarifunion des Beamtenbundes einigen werden. Wir wünschen allen Seiten und allen, die daran beteiligt sind, eine faire und konstruktive Verhandlungsführung.
Wir gehen ebenfalls davon aus, dass es eine Übertragung der Ergebnisse dieser Verhandlungen für die Tarifbeschäftigten auf die Beamten und auf die Versorgungsempfänger geben wird.Auch dies gehört nämlich zu einer Partnerschaft und zu der von mir vorhin schon geforderten differenzierten Betrachtung. – Besten Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bellino. – Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Schaus für die Fraktion die LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sommer 2008 hat der Hessische Landtag mehrheitlich beschlossen, dass Hessen wieder Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder wird. Aufgrund der Weigerung der geschäftsführenden Landesregierung wurde diese Rückkehr jedoch niemals bei der TdL beantragt.
Die LINKE hatte damals gleichzeitig die Reduzierung der Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Beamtinnen und Beamten auf einheitlich 39 Stunden pro Woche gefordert. Das wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Herr Kollege Frömmrich, Sie haben dem Landtag in der 17.Wahlperiode nicht angehört. Ich wollte Sie darüber informieren, weil Sie sich als besonders arbeitnehmerfreundlich darstellen.
Ich wollte Sie auch darüber informieren – im Hessischen Landtag habe ich auch dazu schon etwas gesagt –, dass die Situation in Berlin seinerzeit dadurch entstanden ist, dass die Regierung Diepgen die Beschäftigten aus dem Ostteil der Stadt genauso bezahlen wollte wie die aus dem Westteil und dass Berlin deshalb aus der Tarifgemeinschaft ausgeschlossen wurde. Darauf ist die Situation zurückzuführen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wissen Sie,wann Diepgen Regierender Bürgermeister in Berlin war?)
Wir fordern weiterhin die Rückkehr in die TdL und auch die Reduzierung der Arbeitszeiten. Ich warte auf eine Stellungnahme von Ihnen zu dieser Frage.
Meine Damen und Herren, es ist nicht gerechtfertigt, dass in Hessen lediglich aus ideologischen Gründen ein Sonderweg beschritten wird, zu dem Sie im Übrigen im letzten Jahr bei der Beamtenbesoldungsanpassung beigetragen haben, den Sie als GRÜNE sozusagen herbeigeführt haben.
In fast allen anderen Bundesländern gibt es die gleichen Arbeitsbedingungen auf der Grundlage von Arbeitsverhältnissen, wie sie in Hessen nicht bestehen. Mit 42 Stunden haben wir im Land Hessen bundesweit die höchste wöchentliche Arbeitszeit. Hessen muss wieder zurück in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Dafür werden wir uns auch weiterhin im Landtag einsetzen.
Wir begrüßen es sehr, dass die Gewerkschaft im Einklang mit der bundesweit geführten Tarifverhandlung auch in Hessen die gleichen Forderungen erhoben hat. Über Jahre mussten die Beschäftigten des Landes Hessen auf Einkommenserhöhungen verzichten. Auch ihre Realeinkommen sind gesunken. Gerade jetzt ist es aber besonders notwendig, dass die Binnenkonjunktur massiv gestärkt wird.Wenn Hunderte Milliarden c für die Banken vorhanden sind, dann muss auch genug Geld für die Beschäftigten im privaten wie im öffentlichen Sektor vorhanden sein.
Nun lässt der Herr Minister über seinen Sprecher plötzlich mitteilen,er strebe eine eigenständige Lösung an.Das ist zunächst einmal zu kritisieren. Es ist aber, was das Ergebnis anbelangt, interpretationsfähig. Weiterhin lässt er verkünden,Ziel sei es,einen Abschluss zu erzielen – ich zitiere –, „der Arbeitnehmer in Hessen fair behandelt“. Das hört sich auch noch gut an.
Dann kommt es aber. Denn gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass der Herr Minister natürlich auch „Sachwalter des Steuerzahlers“ ist. Damit wird klar, in welche Richtung das geht. Jetzt weiß jeder Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes Hessen, was los ist. Es geht darum, das hinsichtlich des Tarifs erzielte Ergebnis nicht zu übertragen. Es geht darum, die Beschäftigten des Landes Hessen, sowohl die tariflich Angestellten wie auch die Beamtinnen und Beamten weiterhin, zur Ader zu lassen.
Das werden wir nicht mitmachen. Wir unterstützen die Forderung, das erzielte Ergebnis sowohl auf die tariflich Beschäftigten als auch auf die Beamtinnen und Beamten voll zu übertragen.